«mmra
HEYDEN REICH
FAMILIENGESCHICHTLICHE
QUELLENKUNDE
* '
SEINER MAJESTÄT
FRIEDRICH AUGUST III.
KÖNIG VON SACHSEN
SEI DIESER
BEITRAG ZUR FÖRDERUNG DES FAMILIENSINNES
BEI ADEL UND BÜRGERTUM
MIT ALLERHÖCHSTER GENEHMIGUNG
IN TIEFSTER EHRFURCHT
VEREHRUNGSVOLL DARGEBRACHT
VOM
VERFASSER UND VERLEGER
/ 1
FAMILIEN-
GESCHICHTLICHE
QUELLENKUNDE
HERAUSGEGEBEN AUF VERANLASSUNG DER
ZENTRALSTELLE FÜR DEUTSCHE PERSONEN-
UND FAMILIENGESCHICHTE, SITZ LEIPZIG
VON
REGIERUNGSRAT PROFESSOR
D5 EDUARD HEYDENREICH
KOMMISSAR FÜR ADELSANGELEGENHEITEN
IM KÖNIGLICHEN MINISTERIUM DES INNERN ZU DRESDEN
RITTER pp.
Motto : Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,
Der froh von ihren Taten, ihrer Größe
Den Hörer unterhält und still sich freuend
Ans Ende dieser schönen Kette sich
Geschlossen sieht. Goethe.
LEIPZIG
H. A. LUDWIG DEGENER
1909
Heil dem Manne, der die Blicke
Gern zu seinen Ahnen kehrt,
Seiner Väter soll sich freuen,
Wer sich fühlt der Väter wert.
Hesekiel.
Am Baum der Menschheit drängt sich Blut an Blüte,
Nach ew'gen Regeln wiegen sie sich drauf;
Wenn hier die eine matt und welk verglühte,
Springt dort die andre voll und prächtig auf;
Ein ewig Kommen und ein ewig Gehen
Und nun und nimmer träger Stillestand,
Wir sehn sie auf-, wir sehn sie niedergehen;
Und ihre Lose ruhn in Gottes Hand.
Freiligrath.
Alle Rechte vorbehalten, auch das der Übersetzung
und einschließlich der Länder, welche der Berner
Konvention nicht angehören.
HAROLD B. LEE LIBRARV
BRIGHAM YOUNQ UNIVErtSITV
PROVO. UTAH
Vorwort.
In gotis namen amen. Wenn alle ding, so gesehen in der zeit,
sich verrücken und verlaufen, dieweil das menschliche gedechtnus mit
manch geschieht und sorgnis gehindert ist: dorumb hat des menschen
synn erdacht, was do geschiet von den vorderen, daß man daz beveste
mit der schrift oder mit warem gezygnisse den nachkomelingen zu irkennen.
So bleibet es bey der warheit und ewiglichen ungeletztheit.
Anfang einer alten Urkunde nach Bernhard Koerner
im Vorwort zum 7. Bande (1900) des Genealogischen
Handbuches bürgerlicher Familien.
Wie man familiengeschichtliche Forschungen unternehmen soll und schließ-
lich zu einer das gesammelte Material zusammenfassenden, lesbaren Darstellung
gelangen kann, ist in neuerer Zeit wiederholt in Kürze auseinandergesetzt worden.
In besonders glücklicher Weise geschah dies in der kleinen, sehr populär ge-
haltenen Schrift von W. L. Freiherrn von Lütgendorff-Leinburg, „Familien-
geschichte, Stammbaum und Ahnenprobe. Kurzgefaßte Anleitung für Familien-
geschichtsforscher", Frankfurt, Verlag von Heinrich Keller.
Eine einigermaßen erschöpfende, die einschlagenden Fragen kritisch erörternde
familiengeschichtliche Quellenkunde gab es bis jetzt nicht. Die Zahl der Familien-
forscher ist in den letzten Jahren sehr gestiegen, das Bedürfnis nach umfassen-
den Quellennachweisen und brauchbaren bibliographischen Zusammenstellungen
sowie nach kritischen Orientierungen immer dringender geworden; wenn nicht
alle Zeichen trügen, wird sich in Zukunft die Zahl der Familienforscher nament-
lich aus bürgerlichen Kreisen noch stark vermehren. Der Unterzeichnete hat daher
einen Versuch gewagt, diese Lücke auszufüllen. Er hat sich bestrebt, keine für
den Familienforscher irgendwie wichtige Quellenart zu übergehen; denn es ist
völlig richtig, was von Schlechta-Wssehrd im Monatsblatt der K. K. Heraldischen
Gesellschaft „Adler" III, 1891, Seite 49, bemerkt: „Für den genealogischen Forscher
ist die Benutzung möglichst vieler Hilfsquellen die wesentlichste Bedingung einer
gediegenen Facharbeit." Dem Unterzeichneten lag es ganz fern, bloß für einen
einzelnen Stand, z. B. etwa nur für den Adel, zu schreiben, dessen Bedürfnissen
er allerdings ausführlich Rechnung getragen hat. Vielmehr will er die Quellen der
Familiengeschichte für alle Stände angeben; er bietet daher auch für bürgerliche
und bäuerliche Geschlechter alle nötige die Quellen betreffende Auskunft, wie
VI
er andererseits über die regierenden Herrscherhäuser die genealogische Literatur
in größerem Umfang nachweist als dies bisher irgendwo geschehen ist. Im
Mittelpunkte der Darstellung stehen Deutschland und Österreich -Ungarn. Aber
auch die übrigen europäischen Staaten sind ausführlich behandelt, und selbst über
außereuropäische Verhältnisse, die für den Familienforscher in Betracht kommen,
finden sich Nachweise.
Speziell habe ich alle Quellen und Hilfsmittel berücksichtigt, welche der im
Königreich Sachsen Staatsangehörige Adel, einschließlich des aus Polen stammen-
den, in die Lage kommen kann zu dem Zwecke zu gebrauchen, daß er gemäß
dem Gesetze vom 19. September 1902 seinen Adel zur Eintragung in das säch-
sische „Adelsbuch" (Adelsmatrikel) nachweist.
Die folgenden Erörterungen und bibliographischen Nachweise sind in erster
Linie für diejenigen bestimmt, welche eingehendere historische Studien nicht ge-
trieben haben. Doch wird auch der Historiker von Fach gar manches bequem
zusammengestellt finden, was er sich erst mit großem Zeitaufwand suchen müßte.
Denn sowohl meine gegenwärtige öffentliche Stellung, als auch mein früheres
archivalisches Amt gaben mir Gelegenheit, aus dem Vollen zu schöpfen und auch
zu dem geistreichen, noch immer klassischen Werke von Ottokar Lorenz, Lehr-
buch der gesamten wissenschaftlichen Genealogie (Berlin 1898) Ergänzungen zu
bieten. Insbesondere enthalten die bibliographischen Angaben Nachträge zu
Dahlmann- Waitz-Brandenburgs Quellenkunde zur Deutschen Geschichte,
die bei vielen Vorzügen doch gerade über Familiengeschichte, wie ich in meiner
Anzeige der neuesten Auflage in der Berliner Zeitschrift für das Gymnasial-
wesen, herausgegeben von H. J. Müller, Jahrgang 1905, Seite 440 — 446 und
Jahrgang 1906, Seite 736 — 738 näher begründet habe, äußerst lückenhaft ist.
Es war mein Bemühen, durch Rücksicht auf kulturgeschichtliche Momente und
dadurch, daß ich die Quellen gelegentlich selber sprechen ließ, den an sich
etwas trockenen Gegenstand möglichst zu beleben. Die eingelegten Proben des
Wortlautes einzelner interessanter Quellenstücke sollen dem Neuling auf diesem
Gebiet die Orientierung erleichtern. Die Auswahl des Stoffes, insbesondere der
bibliographischen Nachweise ist in der Weise getroffen, daß auch diejenigen
Familienforscher, welche fern von Bibliotheken und Archiven wohnen, durch die
vorliegenden Zusammenstellungen in ihren Studien gefördert werden. Man wird
aus meiner Arbeit entnehmen können, welche Bücher man sich von einer Bibliothek
oder einem Buchhändler bestellen bezw. welche archivalischen Quellen man ein-
sehen muß, um in den familiengeschichtlichen Studien vorwärts zu kommen. Aus
der Geschichte einzelner Familien habe ich zur Charakterisierung des quellen-
kundlichen Materials und der familiengeschichtlichen Methode eine Anzahl Speziali-
täten aufgenommen; diese waren zum Teil bisher nicht gedruckt.
Das „Autorenregister" stellt durch die beigefügten Seitenzahlen die genaueren
Titel der besprochenen und zitierten Arbeiten zusammen und bietet dadurch zu-
gleich eine Bibliographie der wichtigeren, für familiengeschichtliche Forschungen
in Betracht kommenden Literatur. Das erschöpfende „Personen- und Sachregister"
läßt ersehen, wo im vorliegenden Buch über die genannten Personen und Sachen
gehandelt ist. In dieses Register sind auch die Orte hineingearbeitet, in denen
VII
die einzelnen Bücher, Archivalien und sonstigen Hilfsmittel liegen. Durch kleinere
Schrift habe ich Seite 190 — 195 andeuten wollen, daß die genannten Arbeiten für
den gegenwärtigen Stand der Familienforschung weniger in Betracht kommen, als
die mit größerer Schrift verzeichneten. An allen übrigen Stellen, wo Petit im
Text verwendet ist, soll hierdurch nicht ein Werturteil ausgesprochen, sondern
lediglich die Übersichtlichkeit gefördert werden, so namentlich auch Seite 246—279.
Es ist in den letzten Jahrzehnten eine lange Reihe wissenschaftlicher Arbeiten
über die Geschichte einzelner Familien erschienen. Eine Bibliographie derselben
lag außerhalb der diesem Buche gezogenen Grenzen. Ich erwähne hier aus dieser
Literatur beispielsweise: Fraustadt, Geschichte des Geschlechts von Schönberg
meißnischen Stammes, Leipzig 1878; Generalmajor Ernst Freiherr von] Friesen,
Geschichte der reichsfreiherrlichen Familie von Friesen. 2 Bände. Dresden 1899;
Kypke, Chronik des alten Adelsgeschlechtes der von dem Lentcze nebst den
bürgerlichen Abzweigungen der Lenz (Lentze, Lentz), Halle a. S. 1904; J. Loserth,
Genealogische Studien zur Geschichte des steirischen Uradels. Das Haus Stuben-
berg bis zur Begründung der habsburgischen Herrschaft in Steiermark (= For-
schungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark. Heraus-
gegeben von der Historischen Landes-Kommission für Steiermark, VI. Band, 1. Heft),
Graz 1905; F. v. Meyenn, Urkundliche Geschichte der Familie von Pentz,
Schwerin 1891; G. A. von Mülverstedt, Geschichte des altadligen Geschlechts
von Oppen (mit Urkundenbuch und dem Tagebuch des Matthias von Oppen),
4 Bände. 1893 — 98; B. Schmidt, Geschichte des Geschlechts von Maltzan und
von Maltzahn (N. F. Bd. V bis VII, 1902 der „Baltischen Studien", und Schleiz
1907); G. Schmidt, Die Familie der Grafen von Hohenthal, Halle 1896; ders.,
Das Geschlecht von Bismarck (= Geschichte des Fürsten Bismarck in Einzel-
darstellungen, herausgeg. v. Johannes Penzier, I), Berlin 1908; ders., Das Ge-
schlecht von der Schulenburg (Ursprung, Wappen, Lehenswesen usw.), Bretgen-
dorf 1908, zu beziehen durch die Hofbuchhandlung von Mittler in Berlin; Wolf
von Tümpling, Geschichte des Geschlechtes von Tümpling, 3 Bände, Weimar,
Böhlau 1888 — 1894. Derartige Werke zeigen deutlich, wie wichtig die Familien-
geschichte nicht nur für die einzelne Familie, sondern auch für die Geschichte
des Landes werden kann, in welchem diese gewohnt und gewirkt hat. Möchte
meine Arbeit dazu beitragen, daß sich die familiengeschichtlichen Studien weiter
verbreiten und vertiefen! Denn die Verse, welche der Kaiserliche Legationsrat WoTf
von Tümpling als Motto für die Geschichte seines Geschlechtes gewählt hat,
ind wahr und beherzigenswert:
Rühmlich, christlich, auch tröstlich ist,
Daß man zu keiner Zeit vergißt
Der alten, lieben Vorfahren,
Die vor uns in dem Leben waren.
Die Herren Chas. A. Bernau, Pendeen, Bowes Road, Walton -on-Thames,
England, Königlich Bayerischer Ministerresident in Bern, früher Chef des Königlich
Bayerischen Reichsheroldsamtes und des Königlich Bayerischen Geheimen Haus-
und Staatsarchivs Exzellenz Dr. Ritter von Böhm, Dr. Ritter von Borosini
Edler von Hohenstern in Loschwitz und Berlin, Königlicher Kammerherr
VIII
von Boxberg auf Großwelka, Rechtsanwalt Dr. Breymann, Vorsitzender der
Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig, Exzellenz
Generalleutnant Baron O'Byrn in Dresden, Oberst von Domarus in Klotzsche-
Königswald, D. G. van Epen, Directeur des Centraal Bureau voor Genealogie en
Heraldiekin 's-Gravenhage, Generalmajor Freiherr von Friesen in Dresden, II. Staats-
archivar Dr. Hegi in Zürich, Kammerherr Dr. jur. et phil. Kekule von Stra-
donitz und Dr. Kurt Klemm in Groß-Lichterfelde bei Berlin, Bücherwart des
Vereins „Roland", Vereins zur Förderung der Stammkunde, Inspektor a. D. Neefe
und Amtshauptmann Dr. Krug von Nidda in Dresden, Oberstleutnant Freiherr
von Oer in Fulda, Geheimer Regierungsrat Dr. von Oppen, Vortragender Rat im
Königl. Sächsischen Ministerium des Innern, und Hofmarschall Graf von Rex in
Dresden, Pfarrer emer. Scheuffler, Obmann der Dresdner Ortsgruppe des „Roland",
Vereins zur Förderung der Stammkunde, in Klotzsche- Königswald, Ständischer
Bibliothekar Dr. Armin Tille und Studienrat Prof. Dr. Unbescheid, Vor-
sitzender des „Roland", Vereins zur Förderung der Stammkunde in Dresden,
Exzellenz Obersthofmarschall Graf Vitzthum von Eckstädt auf Lichtenwalde,
Hof- und Gerichtsadvokat Dr. Witting in Wien und Arthur Freiherr von
Zedtwitz in Dresden stellten mir Material zur Verfügung. Allen diesen Herren
spreche ich hierdurch meinen besten Dank aus. Besonderen Dank schulde ich
auch Herrn Reichsarchivrat z. D. Dr. Pius Witt mann in München, der mir eine
Reihe von Einzelheiten namentlich über süddeutsche Verhältnisse mitteilte und
mich bei der Korrektur der Druckbogen unterstützte.
Vorschläge zu Änderungen und Nachträgen werden gewissenhaft geprüft und
für eine zweite Auflage tunlichst berücksichtigt werden.
Zum Schlüsse dieser Vorbemerkungen möchte ich die Worte wiederholen,
die einer unserer bedeutendsten Historiker, der selbst um Familiengeschichte
rühmlichst verdiente Geheime Archivrat Dr. H. Grotefend in Schwerin, in seiner
Arbeit über Stammtafeln (Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte
und Altertumskunde, 70. Jhrg., Schwerin 1905, Seite 1 ff.) hinsichtlich des Wertes
der Geschlechterforschung gesprochen hat:
„Es ist ein erfreuliches Bild, daß in einer Zeit, die voll ist von zersetzenden
gesellschaftsfeindlichen Bestrebungen, sich überall der Familiensinn geltend macht,
und daß in adligen wie in bürgerlichen Familien der Wunsch hervortritt, sich
fester aneinander zu schließen, um in der Familie den festen Halt zu gewinnen,
den bei der größeren Zerstreuung über das, gottlob!, geeinte Deutsche Reich das
einzelne Familienmitglied leicht zu verlieren Gefahr läuft."
„Gerade in unserer Zeit, wo durch einseitiges und übermäßiges Hervorheben
des Einzelwesens und seiner vermeintlichen Rechte das Gesamtleben in seinen
Wurzeln mehr und mehr verletzt wird, in einer Zeit, wo mehr als jemals die
Selbstsucht über den Gemeinsinn zu siegen sucht, ist die Flucht in die Familie
und die Einkehr in ihre Geschichte gewiß die reinste und ergiebigste Quelle des
Mutes für den, der noch selbstlos genug ist, die Interessen einer Gemeinschaft
über die Interessen der sie bildenden Einzelwesen zu stellen."
„Die Familie ist die erste und ursprüngliche Gemeinschaft im Leben, sie ist
die Grundlage und das Vorbild aller gesellschaftlichen und staatlichen Gemeinsam-
IX
keitsgebilde. Sie ist daher auch am ersten geeignet, wenn nur der gute Wille
nicht fehlt, dem Menschengeiste auf dem Fluge zum Idealen die Schwingen zu
stählen, ihn stark zu machen für den Kampf mit dem einzelnen Ich, das sich
groß zu machen sucht gegenüber dem doch zumeist, wenn nicht allein berech-
tigten Wir der Gemeinschaft, in die es gestellt ist."
„Man sehe daher nicht mit spöttischem Lächeln, wie es so oft in den Kreisen
der sogenannten Gebildeten geschieht, auf das Treiben derer hin, die sich be-
streben, das Dunkel zu klären, das etwa über der Herkunft ihrer Familie ruht,
die Glied um Glied ihre Vorväter und deren Abkömmlinge aneinander reihen,
um zu wissen, mit wem zum gemeinsamen Kampf des Lebens das Schicksal sie
am meisten verbunden hat."
„Alle die sich so bestreben, wollen ja teil haben an dem Segen, den Goethe
durch den Mund der Iphigenie über sie ausspricht" :
„Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,
Der froh von ihren Taten, ihrer Größe
Den Hörer unterhält und still sich freuend
Ans Ende dieser schönen Reihe sich
Geschlossen sieht."
Dresden, im Februar 1909.
Eduard Heydenreich.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Kirchenbücher und Standesamtsregister 1
Geschichte der Kirchenbücher 1
Die Nürnberger Totengeläutbücher 8
Sammlung von Kirchenbuchauszügen über Hugenottenfamilien in Leiden 9
Mittelnamen 10
Eintragungen der unehelichen Geburten in die Kirchenbücher . . . • 11
Die Kirchenbücher als historische Quelle 14
Ausfüllung genealogischer Lücken in den Kirchenbüchern 15
Mängel des Kirchenbuchwesens 16
Herkunftszeugnisse, Geburtsbriefe 19
Staatliche Buchungen, die Personenstandsverhältnisse und das Eherecht 20
Die Personenstandsbeurkundungen in Frankreich 21
Die Personenstandsbeurkundungen in Belgien 22
Die Personenstandsbeurkundungen in den Niederlanden 22
Die Personenstandsbeurkundungen in der Schweiz 23
Die Personenstandsbeurkundungen in Italien 23
Die Personenstandsbeurkundungen in Spanien 24
Die Personenstandsbeurkundungen in England 24
Die Personenstandsbeurkundungen in Österreich 26
Die Personenstandsbeurkundungen in Deutschland 36
Ein Mangel bei den Standesregistern 40
Familienstammbücher 41
Zusammenfassende Betrachtung 42
Gebetsverbrüderungen, Nekrologien und verwandte Quellen des Mittelalters 44
Familiengeschichte und Heraldik 54
Quellen der Heraldik 54
Nationale Kennzeichen 57
Kennzeichen des Standes 58
Das Lehnsverhältnis und die Wappengruppen 59
Wappengleichheit und Genealogie 62
Heraldische Andeutungen unehelicher Geburt 70
Wappen und Besitzverhältnisse 71
Symbolik der Wappenfiguren 73
Namenwappen 75
Hausmarken 77
Wappen-Comptoirs 79
Verzeichnis hervorragender Wappenmaler und Graveure 81
XII
Seite
Numismatik und Familiengeschichte 82
Allgemeine Hilfsmittel der Numismatik . • 82
Ausscheidung von Fälschungen 83
Legende 87
Porträt 89
Wappen 94
Die monumentalen Quellen der Familiengeschichte 98
Burgen 98
Kirchen und Klöster 105
Häuser 108
Steinmetzzeichen. Künstlerzeichen 111
Glasmalereien 112
Hausgerät 114
Grabdenkmäler 115
Wappen auf Grabdenkmälern 124
Ahnenproben auf Werken der bildenden Kunst 125
Glocken 127
Das Porträt. Deutung der Gesichtszüge (Physiognomik) 131
Die mündliche Tradition 139
Die Eigennamen und der Gebrauch des Wortes „von" (de, di). Mit einer Übersicht über
die Wörterbücher der deutschen Dialekte 142
Die Museen als familiengeschichtliche Hilfsmittel 162
Die bibliothekarischen Hilfsmittel des Familienforschers 170
Allgemeines: Die für den Familienforscher wichtigsten Bibliotheken und die Literatur
über dieselben 170
Werke, welche allgemein über die Familie überhaupt handeln 174
Praktische Winke bei der Benutzung von Bibliotheken 175
Die ältere familiengeschichtliche Literatur in Deutschland und Österreich bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts 179
Genealogien deutscher Fürstenhäuser aus dem 19. Jahrhundert 190
Leichenpredigten 195
Trauergedichte (Epicedien) 198
Ordnungen bei Trauungen, Einholungen, Begräbnissen und anderen Gelegenheiten 199
Stammbäume 200
Kalender und Almanache 202
Jubiläumsschriften. Berufshandbücher. Arbeiten über Visitationen 205
Schulschriften 208
Universitätsmatrikeln 210
Bürger- und Ratslisten 225
Adreßbücher 227
Steuerlisten 227
Innungsverzeichnisse 228
Ranglisten und Regimentsgeschichten 229
Ordensgeschichtliche Literatur 230
Exulanten-Literatur 234
Biographische Literatur 237
Memoiren und Selbstbiographien 243
Gelcgenheitsdichter 245
Theaterzettel 246
XIII
Seite
Zeitungen 246
Der Handapparat des Familienforschers: Kritische Besprechung der wichtigsten
Druckwerke des In- und Auslandes 246
Anhang: 1. Literatur über Siegelkunde. Nachweis größerer Siegelsammlungen . . . 270
2. J. Siebmachers Wappenbuch 276
3. Die genealogischen Taschenbücher 279
4. Familiengeschichtliche Zeitschriften 280
5. Genealogische Antiquariate 282
6. Verzeichnis von Herren, welche genealogische Nachforschungen gegen
Entgelt übernehmen 283
Die archivalischen Quellen des Familienforschers 287
Allgemeines: Die Aufgaben der Archive und die familiengeschichtliche Forschung . 287
Gesuche um Vorlage von Archivalien 290
Archivbenutzungsordnungen 291
Inventarisationsarbeiten über Archive 294
Sphragistisch-heraldisch-genealogische Sammlungen in Archiven 297
Das Adelsarchiv bei dem K. K. Ministerium des Innern in Wien 301
Praktische Winke für die Forschungsarbeit in den Archiven 303
Die wichtigsten Handbücher über die historischen Hilfswissenschaften 305
Register, Lehnbriefe und Verwandtes 308
Gerichtsakten. Testamente. Ehestiftungen . . ■ • 313
Grundakten 318
Das Wetzlarer Reichskammergerichtsarchiv 320
Schöffenbücher 322
Die polnischen Grodbücher 323
Stadt-, Grund-, Flur-, Gewähr-, Stock-, Lager-, Sal-, Erbebücher 323
Landtafeln 335
Achtbücher 337
Protokollbücher 339
Eigentumsübertragungen auf dem Lande 340
Steuerübersichten. Rechnungen 340
Bewerbungsschreiben. Stipendienakten 342
Schuldbücher der Landschaften und Städte 343
Listen 345
Volkszählungszettel 352
Melderegister. Schiffahrtsregister 354
Wappen-, Adels-, Freiherrn- und Grafendiplome 355
Urkundenfälschungen 364
Ahnentafeln 367
Aufschwörbücher 374
Ritterbank-Protokolle 375
Adelsmatrikeln 376
Stadt-Chroniken 376
Darstellungen von einzelnen Seiten des städtischen Wesens . • 380
Klosterchroniken 380
Familien- und Hauschroniken („Hausbücher") 381
Memoiren und Tagebücher 383
Kürzere genealogische Zusammenstellungen 384
Fälschungen von Chroniken • 385
XIV
Seite
Briefe und Briefbücher 387
Furierzettel 388
Stammbuchblätter und Stammbücher 389
Autogramme. „Handschriftendeutungskunde" (Graphologie) 393
Schenkungsurkunden. Traditionsbücher. Urbare und urbariale Aufzeichnungen . . 395
Fürbitter und Zeugen in mittelalterlichen Urkunden 403
Heroldsämter und verwandte Behörden. Nebst Angaben der wichtigsten zusammenfassen-
den adelsgeschichtlichen Literatur 407
Allgemeines: Schutz von Adelsprädikaten und Adelstiteln 407
Heroldamtliche Archive 408
Preußen 409
Bayern 411
Sachsen 412
Württemberg 417
Baden 417
Die übrigen deutschen Staaten 418
Die Schweiz 418
England 420
Frankreich 425
Italien 428
Spanien und Portugal . . . . " 429
Niederlande und Belgien 430
Dänemark 434
Schweden • 435
Rußland 436
Österreich-Ungarn 445
Autorenregister • 450
Personen- und Sachregister 485
Abkürzungsverzeichnis.
A Archiv der Gesellschaft für ältere
deutsche Geschichtskunde.
AF Archiv für Frankfurter Geschichte und
Kunst.
AG Zeitschrift des Aachener Geschichts-
vereins.
AKDV Anzeiger für Kunde der deutschen
Vorzeit (Organ des Germanischen
Museums in Nürnberg).
ANR Annalen des historischen Vereins für
den Niederrhein.
AÖG Archiv für Österreichische Geschichte.
ASG Archiv für Sächsische Geschichte.
ASW Archiv für Stamm- und Wappenkunde.
AVN Annalen des Vereins für Nassauische
Altertumskunde.
AZ Archivalische Zeitschrift.
BAW Berichte und Mitteilungen des Alter-
tumsvereins zu Wien.
BJ Bremisches Jahrbuch, hrsg. von der
Historischen Gesellschaft des Künst-
lervereins.
BS Baltische Studien, hrsg. von der Ge-
sellschaft für Pommersche Geschichte
und Altertumskunde.
BW Burgwart (Organ der „Vereinigung
zur Erhaltung deutscher Burgen").
DGB Deutsche Geschichtsblätter, hrsg. von
Tille.
DH Der Deutsche Herold, Zeitschrift für
Wappen-, Siegel- und Familienkunde.
FBAB Familiengeschichtliche Blätter für ad-
lige und bürgerliche Geschlechter.
FBP Forschungen zur Brandenburgischen
und Preußischen Geschichte.
FDG Forschungen zur DeutschenGeschichte.
GGA Göttinger Gelehrte Anzeigen.
GWP Geschichtsblätter für Waldeck und
Pyrmont.
HGB Hansische Geschichtsblätter.
HT Historisches Taschenbuch (Leipzig).
HV Historische Vierteljahrschrift (Leipzig).
HZ Historische Zeitschrift (München).
HZJ Hohenzollern -Jahrbuch, Forschungen
und Abbildungen zur Geschichte
der Hohenzollern in Brandenburg-
Preußen.
JAW Jahrbuch der K. K. Heraldischen Ge-
sellschaft „Adler" in Wien.
JBL Jahrbuch der Gesellschaft für Loth-
ringische Geschichte und Altertums-
kunde.
JSs Jahresbericht der schlesischen Gesell-
schaft für vaterländische Kultur.
JVH Jahresberichte des Vogtländischen alter-
tumsforschenden Vereins zu Hohen-
leuben.
KGV Korrespondenzblatt des Gesamtvereins
der deutschen Geschichts- und Alter-
tumsvereine.
MaG Mannheimer Geschichtsblätter.
MAGZ Mitteilungen der antiquarischen Gesell-
schaft in Zürich.
MAW Monatsblätter der K. K. Gesellschaft
„Adler" in Wien.
MDGL Mitteilungen der Deutschen Gesell-
schaft für Erforschung vaterländi-
scher Sprache und Altertümer in
Leipzig.
MF Märkische Forschungen.
MFA Mitteilungen des Freiberger Altertums-
vereins.
MG Magdeburger Geschichtsblätter.
MGDB Mitteilungen des Vereins für die Ge-
schichte der Deutschen in Böhmen.
MGB Mühlhäuser Geschichtsblätter.
MGBn Mitteilungen des Vereins für die Ge-
schichte Berlins.
MGSS Monumenta Germaniae, Abteilung der
Scriptores.
MIÖG Mitteilungen des Instituts für Öster-
reichische Geschichtsforschung.
XVI
Mon. Boic. = Monumenta Boica.
MRWG Monatsschrift für Rheinisch -West-
fälische Geschichtsforschung und
Altertumskunde.
MSK Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Köln.
MZK Mitteilungen der K. K. Zentralkom-
mission in Wien.
NA Neues Archiv für ältere deutsche Ge-
schichtskunde.
NASG NeuesArchivfürSächsischeGeschichte.
NBV Verhandlungen des historischen Ver-
eins für Niederbayern.
NF Neue Folge.
NLM Neues Lausitzer Magazin.
OBA Oberbayerisches Archiv für vater-
ländische Geschichte.
OR Verhandlungen des historischen Ver-
eines von Oberpfalz und Regensburg.
PfG Pfälzische Geschichtsblätter.
PPA Publikationen aus den Königlich
Preußischen Staatsarchiven.
SHL Zeitschrift der Gesellschaft für die
Geschichte der Herzogtümer Schles-
wig, Holstein und Lauenburg.
TVG Taschenbuch für vaterländische Ge-
schichte, hrsg. von Hormayr.
ÜB Urkundenbuch.
UFA Archiv des historischen Vereins für
Unterfranken und Aschaffenburg.
VAG Mitteilungen des Vereins für Anhal-
tische Geschichte U.Altertumskunde.
VGG Aus der Heimat. Blätter des Vereins
für Gothaisehe Geschichte.
VJH Vierteljahrsschrift Herold. Viertel-
jahrsschrift für Heraldik, Sphragistik
und Genealogie, (später) f ürWappen-,
Siegel- und Familienkunde.
VKR Mitteilungen des Vereins fürGeschichte
u. Altertumskunde zu Kahla u. Roda.
VLG Mitteilungen des Vereins für Lübecker
Geschichte.
VMG Jahresberichte des Vereins für Mecklen-
burgische Geschichte.
VMSA Verein für das Museum schlesischer
Altertümer.
VNS Zeitschrift des historischen Vereins
für Niedersachsen.
WJb oder WVL Württembergische jahrbücher
für Statistik und Landeskunde. Stutt-
gart, Kohlhammer.
WZ Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte
und Kunst.
ZBG Zeitschrift des Bergischen Geschichts-
vereins.
ZHbG Zeitschrift des Vereins für Hamburger
Geschichte.
ZHG Zeitschrift des Vereins für hessische
Geschichte.
ZHGP Zeitschrift der Historischen Gesell-
schaft für die Provinz Posen.
ZHV Zeitschrift des Harzvereins für Ge-
schichte und Altertumskunde.
ZKu Zeitschrift für Kulturgeschichte.
ZLG Zeitschrift des Vereins für Lübeckische
Geschichte.
ZOR Zeitschrift für die Geschichte des
Oberrheins.
ZPF Mitteilungen der Zentralstelle für
deutsche Personen- und Familien-
geschichte.
ZTG Zeitschrift des Vereins für thüringische
Geschichte und Altertumskunde.
ZWG Zeitschrift des Westpreußischen Ge-
schichtsvereins.
Also heißt z. B. AZ NF 8, 10: Archivalische
Zeitschrift, Neue Folge, Band 8, Seite 10.
Die übrigen Zeitschriften sindohne
derartige Abkürzungen zitiert.
Kirchenbücher und Standesamtsregister.
ÜCHER, welche Getaufte erwähnen, müssen schon früh im Gebrauch ge-
wesen sein; Hinkmar, Erzbischof von Rheims, erklärt auf dem Konzil von
Soissons (853), daß das System und die Geltung der kirchlichen Gesetze
dahin gehe, für alle kirchlichen Handlungen die Schriftlichkeit zu verlangen,
so, daß, wer der Taufe teilhaftig wird, gehalten ist, seinen Namen anzugeben. Ver-
zeichnisse aus Hinkmars Zeiten sind keine mehr vorhanden. Die frühesten Kirchen-
register, die sich bis in unsere Zeit erhalten haben und die den Stand einer Person
festlegen, sind aus Italien bekannt 1 ). Als Alessandro Vellutello sich ums Jahr 1525
*) Es ist in neuester Zeit viel aus Kirchenbüchern exzerpiert, viele Tauf-, Ehe- und
Sterberegister der einzelnen Pfarreien sind inventarisiert worden. Trotzdem habe ich mit Jakobs,
dessen verdienstvollen Darlegungen ich im Text gefolgt bin, die Ansicht von v. Inama-
Sternegg, daß sich die Geschichte der Kirchenbuchführung erst auf Grund des vollen
Überblickes über ihren Bestand werde schreiben lassen. (Statistische Monatsschrift, herausgeg.
v. d. K. K. Statistischen Zentralkommission in Wien, XV. Jahrg., S. 440.) Über die Kirchen-
bücher ist folgende Literatur vorhanden: Arenstorf f, A. v., Auszug aus den Kirchenbüchern
zu Mierow in Mecklenburg, VJH 26. — Auerbach verzeichnete die Kirchenbücher vom
Fürstentum Reuß j. L. im JVH 74. 75. — Baetheke, Aus Gräfenhains Kirchenbuch, VGG 2. —
Bär, Max, Die Kirchenbücher der Provinz Westpreußen (= Abhandlungen zur Landeskunde
der Provinz Westpreußen. Hrsg. v. d. Provinzialkommission zur Verwaltung der westpreußischen
Provinzialmuseen, Heft XIII), Danzig, Kommissionsverlag von L. Sauniers Buchhandl. 1908. —
Benoit, Extraits des Actes de Bapteme conserves ä la Mairie de Luneville, JAW 1884. —
Chas. A. Bernau, Bonds to Secure Parish against charges, The genealogist's Pocket library,
vol I Some special studies in genealogy, chapter III : the genealogy of the submerged. Verlag
des Verf. Walton-on-Thames, England. — Blanckmeister, Die sächsischen Kirchen-
bücher. Leipzig 1893, Verlag von Fr. Richter: „Aus dem kirchlichen Leben des Sachsenlandes.
Kulturbilder aus vier Jahrhunderten", Heft IV; derselbe KGV 1901; „Alter und Bestand der
Kirchenbücher im Königreich Sachsen", Neues sächsisches Kirchenblatt 1900, Nr. 52, Sp. 821 ff.;
„Die Kirchenbücher im Königreich Sachsen" (mit Unterstützung des Kgl. Sachs. Hauptstaats-
archives; nach ausführlicher Einleitung wird hier eine genaue Statistik dargeboten, welche
ersichtlich macht, aus welcher Zeit sich in den einzelnen Pfarrarchiven Tauf-, Trau- und
Totenregister erhalten haben), Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte, 15. Heft, Leipzig
1901. — Philipp Freiherr von Blittersdorff, Der Adel in den Kirchenbüchern der Stadt
Braunau am Inn in Oberösterreich, MAW 4. — Bobbe, Über die Kirchenbücher in Anhalt,
VAG 7. — A. Bötticher, Die zwanzig ältesten Berliner evangelischen Kirchen und ihre
Kirchenbücher, ASW 7. — von Bötticher, W., Nachrichten über Adelsgeschlechter aus den
Kirchenbüchern von Göda (Kgl. Sachs. Amtshauptmannschaft Bautzen), VJH 21. — Brooke,
J. M. S., The Parish Registers of London, St. Mary Woolnoth and St. Mary Woolchurch Haw
from 1538—1760, edited by J. M. S. Brooke and A. W. C. Hallen 1886. — Bruiningk",
Heydenreich , Familiengeschtchtliche Quellenkunde. 1
mit der Herausgabe und Bearbeitung von Petrarcas Schriften beschäftigte und
dabei auch persönliche Nachrichten über Laura, Petrarcas Geliebte, sammelte,
sah er sich nach den Kirchenbüchern ihrer provenzalischen Heimatgegend um.
Er wandte sich an den Pfarrer von Cabrüres, Dep. Vancluse und fand zwei Re-
gister, die von 1305 bis 1375 und 1378 reichten. Daraus ergab sich, daß Laura
am 4. Juni 1314 getauft war. Etwas später war diese Einrichtung auch schon
H. v., Die älteren Kirchenbücher Livlands, Sitzungsber. der Gesellsch. f. Gesch. u.Altertumsk. der
Ostseeprovinzen Rußlands f. d. Jahr 1897. — Brunstorf f, Einiges über englische Kirchenbücher,
DH 34. — Bulkeley, E. W., The Parish Registers of St. Mary, Stockport, Cheshire, con-
taining the Baptisms, Marriages and Burials from 1584—1620, with Notes. 1889. — Conrad,
Familiennachrichten aus ostpreußischen Kirchenbüchern, VJH 26. — Crain, Das Kirchenbuch
des Grauen Klosters zu Wismar, VMG 6. — Croston, James, The Register Book of
Christenings, Weddings and Burials within the Parish of Prestbury within the County of
Chester 1560—1636. 1881. — v. Dassel, O., Auszüge aus dem Trauregister der Evangelischen
Hof- und Sophienkirche zu Dresden, FBAB 2.3; Auszüge aus den Kirchenbüchern der katho-
lischen Kirche zu Endersdorf in Schlesien, Bd. 3. — Decker, Geschichte der evangelischen
Parochien in der Provinz Posen. Posen 1898. — Egli, Zwingli und die Pfarrbücher,
Zwingliana Nr. 1, S. 86; Nochmals Zwingli und die Pfarrbücher, Zwingliana Nr. 2, S. 125. —
Ehrhardt, Drei interessante Auszüge aus dem Kirchenbuch der Kirche Divi Blasii zu Mühl-
hausen i. Thür., MGB 6. — Elvius, Sofus, Aus dänischen Kirchenbüchern, DH 25. — Ersch
und Grubers Allgemeine Enzyklopädie II, 36. — Farner, Die pfarramtlichen Register im
Gebiet des Kantons Zürich, ihre Geschichte und wissenschaftliche Ausbeute, Züricher
Taschenbuch 1899. — Feilitzsch, Hnr. E. Ferd. von, Zur Familiengeschichte der Deutschen,
insonderheit des Meißnischen Adels von 1570 bis ca. 1820. Kirchenbuchauszüge. Großenhain
und Leipzig 1896; derselbe, Zur Kenntnis der alten Kirchenbücher, in: Der Wahrheitszeuge,
Christi. Monatsbl. f. d. Kirchengemeinden Wittgensdorf, Glösa u. Auerswalde (Druck u. Verlag
v. Oskar Schirrmeister in Wittgensdorf) 4. Jahrg. 1908. — Finster, von, Evangelische Pfarr-
amtsarchive in Russisch-Polen, ASW 1905. — Fischer, Adlige Familiennachrichten aus dem
Sterberegister der Kirche St. Aegidii zu Braunschweig 1754 — 1812, DH 33. — Fishwick, H.,
The Registers of the Parish Church of Rochdale in the County of Lancashire from October
1582 to March 1641. 2 vols. 1888/89. — Flanß, R. v., Auszüge aus den Kirchenbüchern der
benachbarten Kirchspiele Wittgendorf, Heuckewalde im Zeitzer Kreise, Gr.-Aga im Fürstentum
Reuß j. L, Polzig und Dobitschen im Herzogtum Sachsen-Altenburg, VJH 13. — Foster, Jos.,
London Marriages Licenses 1521 — 1869. 1887. — Fothergilt, Gerald, Parish Registres, be-
treffend Emigrants to America in: „Some special studies in genealogy" (= Bd. I von: The
Genealogist's Pocket Library, hrsg. v. Chas. A. Bernau, Walton -on-Thames, England). —
Franke, Aus Zwickaus alten Kirchenbüchern, in: Kirchl. Mitteilungen für Zwickau 1893,
Nr. 10. — Gatty, The First Book of the Marriage, Baptismal and Burial Registers of Eccles-
field Parish Church, Yorkshire, from 1558 to 1619, also the Churchwardens Accounts from
1520 to 1546. 1878. — Gibbons, Alf r., Marriage Licenses. An abstract of the Allegation
Books preserved in the Registry of the Bishop of Lincoln 1598 to 1628. 1888.— Gibson, E. P.,
Parish Register of Stock Harvard. Essex 1563—1700. 1881. — Glanville-Richards, The
Parish Registers of Windelsham, Surrey, from 1677 to 1783 with Biographical Notices of
some Past and Present Families now Residing in the Parish etc. 1881. — Gmelin, Die
Verwertung der Kirchenbücher, DGB 1; vgl. Tille DGB 7, 22. — Frhr. von Gutten-
berg KGV43. 45. — Hach, Über Kirchenbücher in Lübeck, VLG 7.— Handel-Mazzetti,
Victor, Frhr. von, Miszellaneen aus den Kirchenmatrikeln Oberösterreichs, als Beitrag zur
Geschichte des Adels in Oberösterreich, MAW 4, 205 ff. — Has, Kirchenbücher im Kreise
Minden, ASW 8. — Havergal, Reverend F. T., Records of Upton Bishop, Hereford, con-
tainmg hst of all the Marriages 1571—1883. 1883. — Herzog-Haugk, Realenzyklopädie
für protestantische Theologie und Kirche XVI. — Hof er, Paul, Die schweizerischen Zivil-
standsregister. Ihre Entstehung und Entwickelung und ihr Verhältnis zur Statistik (hier
weiter nach Norden, nach Mittelfrankreich, vorgedrungen und aus dem Städtchen
Givry, Depart. Saone et Loire, ist noch ein Eheregister von 1336 — 1350 und von
Begräbnissen zwischen 1335 — 1348 auf uns gekommen. Daß hier diese Register-
führung noch neu war, dürfen wir daraus schließen, daß diese Verzeichnisse sich
an ein Lagerbuch der Pfarrei anschließen. Er hielt anscheinend gleichen Schritt
mit der Verbilligung des Schreibmaterials. Von Süden her verbreitete sich der
werden auch die Kirchenbücher der Schweiz behandelt; beigegeben ist eine „Photographische
Nachbildung der zwei ersten Seiten des Taufregisters von Pruntrut von 1481" in Großquart)
in: Zeitschr. f. schweizerische Statistik, Jahrg. 1907. — Hof mann, J. H., Uit de Utrechtsche
begrafenis-boeken (1623 — 1722), Rijswijk 1900; derselbe, Uit het dodenboek der momber-
kramer van Utrecht (1710—1749), Rijswijk 1903. — Horst, Frhr. v. d., VJH 27, DH 1896
bis 1899. — Hovenden, Rob., 1) The Register-Booke of christenings, Marriages and Burialls
within the precinct of the Cathedral and Metropolitical Church of Christ of Canterbury,
Kent 1878. 2) Extract from the Parish Registres of Erith, Kent 1879. 3) The Parish-Registres
of London, St. James, Clerkenwell, 3 vols, Harlian Society 1888. — Hugo, C. v., Das
Kirchenbuch zu Holzhausen, VJH 30. — Jakobs, KOV 1901 u. 1902. — Jewers, The Parish
Registers of St. Columb Major, Cornwall 1540—1780. 1881. — Kelleter behandelt die älteren
Kölner Kirchenbücher, MSK 9. — Kleinwächter, Hnrch., Das älteste protestantische Kirchen-
buch der Stadt Posen, HZGP 9. — Kortzfleisch, G. von, Vollständige Zusammenstellung
aller in dem Taufregister der Löbenichtschen Kirche zu Königsberg 1654 — 1684 enthaltenen
Taufen, soweit dieselben adelige Familien betreffen. — Krieg, Alter und Bestand der
Kirchenbücher in Lippe, Birkenfeld, Lübeck, Waldeck und Schaumburg, VNS 1895; über die
Kirchenbücher Mecklenburgs, VMG 60. 68; derselbe KGV 43. 45. 47 und 1907 und in: Neue
Mittlgn. aus dem Gebiet histor.-antiquar. Forschungen XIX, 1, 1895; derselbe, „Das Alter und
der Bestand der Kirchenbücher im Herzogtum Braunschweig", ZHV 28; derselbe, Inventari-
sationen der Kirchenbücher, KGV 1907. — Kröber, F. E., Das Pfarrarchiv und das Studium
desselben in seinem Nutzen für Amt und Gemeinde, im Neuen Sachs. Kirchenblatt IV, 1897,
Sp. 517 ff. — Lange, Auszüge aus dem Kirchenbuch in der Hauptmannschaft Windau in
Kurland, VJH 17. — Langley, Alfr., The Parish Registers of Broseley, Shropshire 1570
bis 1700. 1889. — Legat, G. Th. v., Auszüge aus den Kopulationsregistern und Sterbe-
registern des Kirchenarchivs zu Staßfurt (1608—1738), VJH 20. — Lobe, Ernst, Nachrichten
über Adelige aus den Kirchenbüchern der Parochie Orlamünde, VKR 6. — Mach, Anton
von, Aus den Kirchenbüchern des katholischen Pfarramtes Sullenczin im westpreuß. Kreise
Carthaus, VJH 13. — Macholz, Ernst, behandelt die Kirchenbücher in Ostpreußen in den
„Mitteilungen der Literarischen Gesellschaft Masovia", 10. Jahrg. (Lötzen 1904), S. 192 ff.; in
den „Oberländischen Geschichtsbüchern", 7. Heft, Mühlhausen 1905, S. 177 ff.; in der „Zeit-
schrift der Altertumsgesellschaft Insterburg", 9. Heft, Insterburg 1905, S. 23 ff,; in VJH 34;
in den „Mitteilungen der Litauischen Literarischen Gesellschaft in Tilsit", 5. Bd. (Tilsit 1906);
derselbe, Familiennachrichten aus altpreußischen Kirchennachrichten, I. Das Kirchenbuch der
reformierten Kirchengemeinden Soldau-Morungen, Oberland. Geschichtsblätter, 9. Heft. —
Margerison, Registers of the Parish Church of Calverley, Yorkshire, with a Description
of the Church, and a sketch of its History prior to 1650. 3 vols. 1870—77. — Marshall,
The Parish Registers of Perlethorpe, Notts 1887. — Metzsch. G. v., Beiträge zur
Geschichte adliger Familien aus den Kirchenbüchern der Umgebung Leipzigs, ZPF 2;
Auszüge aus den Kirchenbüchern der Nikolaikirche zu Leipzig, FBAB 4, 1906. — Meyer, H.,
im Jahrbuch der Historischen Gesellschaft für den Netzedistrikt 1898. — Muelen, J. C.
van der, De registers der graven in de Kloosterkerk te 's-Gravenhage. 's-Gravenhage
1886. — Nathusius, v., Die Frankfurter Kirchenbücher, im Archiv f. Frankfurter Gesch.,
3. F., VI, 1898. — Newman, Josiah, Index to Births, Marriages and Deaths, betreffend
die Quäker- Urkunden, The Genealogist Pocket Library, vol. I. Some special studies in
genealogy, hrsg. v. Chas. A. Bernau, Walton -on-Thames, England. — Oberländer,
Eine notwendige Inventarisierung, ASW 8. — Pauls, E., Auszüge aus den älteren Zivil-
1*
4
Brauch dann weiter nach Norden. Im Jahre 1406 schreibt der Bischof von Nantes
die Führung von Taufregistern vor, der von Angers im Jahre 1504. Ein noch
erhaltenes derartiges Register zu St. Jean en Greve in Paris setzt 1515 ein.
In Italien können wir selbst aus kleineren Orten kirchliche Register nach-
weisen, welche bis ins H.Jahrhundert zurückreichen, so die mit dem Jahre 1374
beginnenden Totenregister zu St. Sepolcro, Provinz Arezzo, und das Taufregister
Standsregistern der Pfarre Raeren (Kreis Eupen), VJH 6. — Poirier, F. J., Documents
genealogiques d'apres les registres des paroisses 1561 — 1792, Paris 1899, vgl. dazu
W[olfram], JBL 11. — Quadt, v., Genealogisches aus den Kirchenbüchern zu
Wickrathberg, DH 32. — Rfaab], C. v., Auszüge aus den Kirchenbüchern der im
sächsischen Vogtland gelegenen Pfarren, VJH 13. 14. 16. 18. — Radcliffe, John,
The Parish Registers of Saddleworth. York 1613 to 1751. 1887. — Rahden, A. v.,
Notizen aus Mitauischen Kirchenbüchern, VJH 20. — Rodde, C. Frhr. v., Aus Mecklen-
burgischen Kirchenbüchern, FBAB 1908, Oktober. — Rosbund, Felix, Einige Mitteilungen
über die Kirchenbücher Niederschlesiens, ASW 1905. — Rose, Rieh., Die Kirchenbücher
der Provinz Westpreußen, ASW 6. — Sägmüller, Die Entstehung und Entwickelung der
Kirchenbücher im katholischen Deutschland bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, Theologische
Quartalschrift B. 81, 1899. — Schell bez. d. Landgerichtsbezirk Elberfeld, KGV 40. —
Schön, Theod., Aus württembergischen Kirchenbüchern, DH 37. — Scholler bez. den
Regierungsbez. Aachen, AG 13. — -Schulze, Exzerpte aus Kirchenbüchern von Schlaben-
dorf, VJH 27. 29. — Schwarz, Paul, Die Kirchenbücher der Neumark, der Kreise Ost-
sternberg, Weststernberg, Züllichau-Schwiebus und Kronen (= Schriften des Ver. f. Gesch.
d. Neumark, Die Kirchenbücher der Mark Brandenburg 1), Landsberg a. W. 1900. — Seuber-
lich, Notizen über Bürger der Kreisstadt Werden in Livland nach Pastor H. von Baumanns
Manuskript, sowie dem ältesten Kirchenbuche Wendens (1758 — 1773), ASW 7. — A. Spring-
born, Mitteilungen aus einem Frankfurter Kirchenbuch, ZHGP 2. — Squire, J. T., The
Registers of the Parish of Wandsworth, Surrey, 1603—1787. 1887—1889. — Stolze, Nach-
richten über Adelige aus den Kirchenbüchern der Ephorie Kahla, VKR 5. — Stuhr ver-
zeichnet den Bestand der Kirchenbücher Mecklenburgs, VMG 60. — Tille NR 63 u. ZPF 2. —
Turner, „Northowham, orColey Register, the Nonconformist Register of Baptisms, Marriages
and Deaths;;, compiled by Rev. O. Heywood, and T. Dickenson 1644—1702, 1702—1752. 1881. —
Uihlein, Über den Ursprung und die Beweiskraft der Pfarrbücher, Archiv für zivilistische
Praxis, Bd. 15. — Vorberg, Schriften des Vereins für Geschicte der Neumark, 15. Heft,
1906; derselbe, Die Kirchenbücher im Bezirk der Generalsuperintendentur Berlin und in den
Kreisen Lebus und Stadt Frankfurt, Veröff. d. Ver. f. Gesch. d. Mark Brandenburg, Leipzig,
Duncker u. Humblot 1905. — Vorsterman van Oyen, A. A., De oude Kerkregisters in ons
Land, 's-Gravenhage 1892; teilweise sind die Kirchenbücher auch veröffentlicht in: Verslagen
omtrent's Ryks oude Ankieven (Staatspublikation). — Voß, H. v., Aus alten Kirchenbüchern
(Lohma SA), VJH. — Wasch, C. J., Een doopregister der Hollanders in Brazilie 1889,
s-Gravenhage. — Waters, R. E. ehester, Parish Registers in England, their History and
Contents, with suggestions for securing their better Custody and Preservation. New
edition 1883. — Wehrmann in den Baltischen Studien XLII, 1 ff., Quartalblatt des histor.Ver.
f.d. Großherzogtum Hessen 1897; derselbe, Die Kirchenbücher in Pommern, Archiv für Frankfurter
Geschichte VI, 1898. — Welzl, Über mährische Pfarrarchive, Zeitschr. d. Ver. f. d. Gesch.
Mährens u. Schlesiens, 3. Jahrg., Brunn 1899, S. 225 ff. — Wetzer u. Weite, Kirchenlexikon
oder Enzyklopädie der katholischen Theologie u. ihrer Hilfswissenschaften, 2.Aufl., VII, S. 522.—
Winning, v., Das Kirchenbuch zu Buchholz, Kreis West-Sternburg, VJH 27. — Wolfram,
Über die Kirchenbücher der Stadt Metz, KGV 41. — Zahn, W., Genealogische Mitteilungen
aus den Kirchenbüchern der St. Stephanskirche zu Tangermünde, DH 25. — Zeitschel, im
„Evangelischen Kirchenblatt für die Niederlausitz" 17. Jahrg. 1891, Nr. 16—18, auch abge-
druckt in den „Niederlausitzer Mitteilungen", 2. Bd., Guben, 1892, S. 50ff. — H., Hand-
schriftenproben aus Kirchenbüchern der Jahre 1558—1567, ASW 7. — Zeller, H. M., Nach-
zu Gemona, Provinz Udine, das 1379 anfängt. Von Florenz hören wir, daß die
gewöhnlich am spätesten einsetzenden Totenregister 1450 ihren Anfang nahmen
und daß bereits 1490 die Personenregister an den Diözesan eingesandt werden
mußten. Zu Ravenna sind die Taufregister von 1492 an im Archivio del battisterio
erhalten.
Auf der Iberischen Halbinsel konnten die christlichen Fürstentümer jahr-
hundertelang nur mühsam ihr eigenes Kulturleben entfalten. Hier hören wir
daher auch nicht so früh wie in der Provence und Italien Nachricht von Kirchen-
büchern. Im Jahre 1497 veranlaßte Erzbischof Ximenes von Toledo die daselbst
versammelte Synode, die Führung von Geburts- und Trauregistern seitens aller
Pfarrer zu verordnen. Diese Einrichtung wurde durch heillose Zustände im Lande
veranlaßt. Es wurden nämlich in leichtsinnigster Weise Ehen geschlossen und
mit dem Vorgeben gelöst, daß zwischen den Gatten ein von der römischen Kirche
statuiertes Ehehindernis, eine Patenschaft, eine cognatio spiritualis stattfinde, und
stets fanden sich gewissenlose Leute, die das beschworen. Um dem vorzubeugen,
sollten hinfort amtliche Tauf- und Eheregister mit Angabe der Zeugen und Bürg-
schaftsleister geführt werden. Etliche Jahrzehnte scheint dieser Vorgang auch auf
Portugal eingewirkt zu haben; denn wir hören, daß der Infant Alfons, Erzbischof
von Lissabon, auf einer daselbst im Jahre 1536 abgehaltenen Synode die Kirchen-
buchführung anordnen ließ.
In England wurden alle drei Hauptregister von Taufen, Trauungen und Be-
gräbnissen zwei Jahre nach der Trennung von der römisch-katholischen Kirche
richten aus Kirchenbüchern von Borna usw., VJH 17; Nachrichten aus Kirchenbüchern und
Urkunden, VJH 22. 23. — Die Kirchenbücher Schlesiens beider Konfessionen, herausgeg. vom
Verein f. Gesch. Schlesiens, Breslau 1901. Die evangelischen Register hat Eberlein, die
katholischen Jungnitz bearbeitet. — Aus den Tauf-, Trau- und Begräbnis-Registern der
evangel. Schloßkirche zu Goschütz, DH 33. — Auszug aus den im Archiv des evangelischen
Pfarramts A. C. zu Wien aufbewahrten Matrikeln der königl. dänischen und königl. schwe-
dischen Gesandtschaften, DH 21. — Etwas aus den Kirchenbüchern zu Unteröwensheim im
Kraichgau (Großherzogtum Baden) VJH 27. — Exzerpte aus alten Kirchenbüchern VJH 8, 9,
11, 12. — Verzeichnis der Militärkirchenbücher vor 1806, wo sie sind und wie weit vor-
handen, VJH 20. — Der 10. Band der „Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Neue
Folge" enthält ein „Register der in Nr. 1—17 der , Mitteilungen der Badischen Historischen
Kommission' veröffentlichten Verzeichnisse der Archivalien, der Gemeinden, Pfarreien,
Grundherrschaften" usw. — Hierzu kommt noch eine Fülle gelegentlicher kleiner Notizen
aus Kirchenbüchern in Hunderten von Zeitschriftennummern. Für Deutschland fehlt es
gegenwärtig noch an einem großem zusammenfassenden Werk über die Kirchenbücher. In
England gibt es einen „Schlüssel zu den alten Pfarr-Registern von England und Wales",
welcher ein großes Material in einem handlichen Band zusammenfaßt. Dieses Werk ist be-
titelt: Key to the ancient Parish Registers of England and Wales by Arthur Meredyth Burke,
London 1908. 8°. Was die Schweiz betrifft, so mußten auf Anordnung des eidgen. Justiz-
und Polizeidepartements, als Aufsichtsbehörde über das Zivilstandswesen, in allen Kantonen
Verzeichnisse über die vorhandenen alten Pfarrbücher (Kirchenbücher) aufgenommen werden.
Das Ergebnis dieser Aufnahme für den Kanton Luzern wird mitgeteilt im „Vaterland", Luzern
13. März 1901, Beilage zu Nr. 60. In Holland sind mehrere Kirchenbücher vollständig publi-
ziert von der Genealogisch-heraldiek Genootschap „De Nederlandsche Leeuw" (Praesident:
Kolonel a. D. Wagner, 's-Gravenhage), a) im „Algemeen Nederlandsch Familieblad" (17 Jahr-
gänge), b) im „De Wapenheraut" (13. Jahrgänge), c) in „Geneal. Herald Bladen" (3 Jahr-
gänge). Weiter finden sich solche noch in De Navorscher (57 Jahrgänge).
durch Verordnung König Heinrichs VIII. vom Jahre 1538 eingeführt und fanden
ungemein schnelle Verbreitung, in Schottland erst seit 1551, in Irland viel später.
In Deutschland, wo wir vereinzelt Taufregister schon im 15. Jahrhundert von
Synoden angeordnet sehen, ist das älteste Überbleibsel eines Kirchenbuches in
neuerem Sinne das Bruchstück eines Taufbuchs von St. Theodor in Basel von
1490—1497, seit 1861 ins Britische Museum nach London gelangt. Es ist als
ein echtes, dem öffentlichen kirchlichen Gemeindegebrauch dienendes Register
gedacht und angelegt. Aber trotz dieses öffentlichen Charakters erwies sich dieses
Unternehmen als ein verfrühter Versuch seines Urhebers. Das war Johann Surgaut,
ein Sohn des Oberelsaß, ein tüchtiger Gelehrter, viermal Rektor der Baseler Uni-
versität. Als Hörer der Sorbonne mußte er in Frankreich die kirchliche Register-
führung, insbesondere die der Taufbücher, kennen gelernt haben und suchte die-
selbe auch an seinem späteren Wirkungsort einzuführen. Aber so sehr war dieses
Unternehmen auf seine Person angewiesen, daß, als er im Jahre 1497, vielleicht
infolge von Krankheit oder Arbeitslast, mit den Einzeichnungen aufhörte, die Sache
liegen blieb. Nachdem er 1503 gestorben war, legte auch der Pfarrer nicht Hand
an. Als aber im Jahre 1529 nicht nur zu St. Theodor, sondern an allen Kirchen
von Basel die Kirchenbuchführung Eingang fand, war eine neue Zeit angebrochen.
Die Reformation war es, welche, in Deutschland die Kirchenbuchführung erzeugte:
überall von den Alpen bis an den Harz, von den Vogesen bis nach Schlesien,
in der Schweiz, im Elsaß, in Schwaben, in der Wetterau, in Frankfurt a. M., Nürn-
berg, Böhmen, Sachsen-Thüringen und Schlesien finden wir Kirchenbücher von
den ersten Anfängen der Reformation bis zum Jahre 1540. So sehr war diese Ver-
zeichnung der an Personen vorgenommenen heiligen Handlungen damals in Deutsch-
land Sache der Reformationsverwandten, daß z. B. im Mai 1533 der Rat der Reichs-
stadt Lindau anordnete, daß, soweit die Stadt zwinglisch geworden, die Kinder,
die das Taufsakrament empfangen, von den Geistlichen in ein Buch verzeichnet
werden sollten, wie das im Jahre darauf in entsprechender Weise mit den Ge-
trauten geschah. Für die Katholiken wurden diese Bücher hier, wie überall
anderswo, erst viel später eingeführt. Recht merkwürdig und augenfällig tritt
dieser Unterschied bei späteren Staatenbildungen zutage, die, wie Württemberg
und Baden, aus mannigfaltigen Gebieten verschiedenen Bekenntnisses zusammen-
gesetzt sind. Während also in Baden die seit 1531 bis in die sechziger Jahre
erhaltenen 13 ältesten Kirchenbücher alle protestantisch sind, beginnt das älteste
katholische Kirchenbuch, das von Hagnau am Bodensee, im Jahre 1569. Auch
nach der Mitte des 16. Jahrhunderts fuhr man in der Einführung kirchlicher Re-
gisterbücher fort; diese fanden z. B. Eingang im Braunschweigischen 1569, in
Kurbrandenburg 1573, und zwar in beiden Ländern alle drei Register, in Olden-
burg 1573 nur die Taufbücher, im Schleswig-Holstein 1587, in Mecklenburg 1602
Tauf- und Eheregister, in Pommern 1617 alle drei Register usf. Im allgemeinen
kann man sie je weiter nach Norden und den Küsten des deutschen und baltischen
Meeres zu um so später einsetzen sehen, so insbesondere bei den großen See-
städten Bremen und Hamburg, wo teilweise die eigentlich auswärtigen nieder-
ländischen Register die ältesten sind.
Obwohl in verschiedenen abendländischen Kulturländern die Taufen, Ehen,
teilweise auch die Todesfälle oder Begräbnisse schon weit früher geführt waren,
so wurden in der römischen Kirche als solcher die Tauf- und Ehebücher doch
erst durch die 24. Sitzung des Tridentiner Konzils am 11. November 1563 allgemein
angeordnet. Es hat geraume Zeit gedauert, ehe diese wichtigen Dekrete öffentlich
verkündet wurden; in Deutschland geschah es in den verschiedenen Bistümern inner-
halb mehr als eines halben Jahrhunderts, und auch dann wurde die Anordnung
keineswegs allgemein befolgt. Prag und Ermeland gingen 1564 und 1565 voran,
1567 folgte Konstanz, 1569 Trier, Breslau 1580, Mainz 1582, andere später, Chur
1604, Münster 1616. Dringend anempfohlen, wenn auch nicht verfügt, wurden
alle drei Hauptregister, außerdem noch die der Gefirmten und des Status animarum,
durch das mittels Breve Papst Paul V. vom 16. Juni 1614 veröffentlichte Rituale
Romanum. Wie die Geschichte der Kirchenbücher in den katholischen Gegenden
verlief, läßt sich an Tirol und Salzburg zeigen. Kaum irgendwo in deutschen
Landen ist aus dem überlieferten Bestand der Gang der Dinge so klar zu er-
kennen wie hier. Wenige Jahre nach dem Tridentium beginnen die Tiroler
Kirchenbücher, keines eher; dann aber mehren sie sich allmählich, so daß gegen
Ende des 17. Jahrhunderts, abgesehen von den Begräbnisregistern, entschieden die
meisten Pfarreien mit dieser wichtigen kirchlichen Personalurkunde versehen sind.
Durchgängig heben die Pfarrer die kanonischen Bücher, wie sie hier zu Lande hießen,
sorgfältig im „Trühele", der kleinen festen Truhe, auf. Von Verlust durch Brand
ist wenig die Rede. In der Riesenfeste seiner heimischen Berge entging Tirol
auch den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges. So konnte es kommen, daß
hier, soweit die Ottenthal-Redlichschen Archivberichte dies bisher berechnen lassen,
zwischen 1618 und 1650 nicht weniger als 79 Register ihren Anfang und regel-
mäßigen Verlauf nehmen. Ähnlich steht es mit Salzburg. Auch hier nehmen die
Register erst nach dem Tridentinum ihren Anfang, das älteste 1575, aber von 124
beginnen 62, also gerade die Hälfte, zwischen 1601 und 1650, darunter die
meisten während des Dreißigjährigen Krieges. Durch den Italiener Feliciano
Ninguarda erhielten die Salzburger Kirchenbücher und von hier später auch die
in den Suffraganbistümern eine besonders praktische Einrichtung durch die An-
ordnung von Pfarrzugehörigkeits- und Familienbüchern. Während im
deutschredenden Teile Tirols sämtliche Kirchenregister erst nach dem Tridentinum
anheben, treten sie in dem wälschredenden Teile schon am Schluß des Mittel-
alters hervor: alle drei Register zu Tione an der Sarca nehmen im Jahre 1500
ihren Anfang. Zu Graun und Meano fangen die Taufbücher 1518 und 1519 an.
Ähnlich verhält es sich mit den österreichischen Küstenländern an der Adria, so-
weit mit den Italienern italienische Kultur hier einzog.
Je weiter sich Glieder vom Körper unseres alten Reiches nach Osten vor-
streckten oder davon gesondert unter fremden Völkern angesiedelt saßen, um so
weniger reicht ihre Registerführung in frühe Zeit zurück. Unter 46 evangelischen
Pfarreien Siebenbürgens reichen die zwölf ältesten in die Zeit von 1612 bis 1649
zurück, 31 gehören mit ihren Anfängen noch dem späteren 17. Jahrhundert an.
In den baltischen Provinzen Rußlands begann die kirchliche Registerführung zu
Ende des 16. Jahrhunderts; es sind aber meist nur jüngere Bücher auf uns ge-
kommen. Nach Skandinavien, Dänemark, Norwegen, Schweden kamen die Kirchen-
bücher erst 1646, 1685 und 1686, obwohl in allen drei Reichen eine Anzahl von
Registern weiter ins 17. Jahrhundert zurückreicht 1 ).
Wo Kirchenbücher fehlen, bieten an einzelnen Orten die losen Zettel einen
Ersatz, auf Grund deren die Eintragungen in die Kirchenbücher erfolgten. Eine
sorgfältig gebundene Sammlung solcher Zettel besitzt das Pfarrarchiv der Kreuz-
kirche in Dresden.
Eine besondere Erwähnung verdienen die Nürnberger Totengeläutbücher 2 ).
Die Reichsstadt Nürnberg hatte nur zwei Pfarreien: St. Sebald für die Stadt-
seite rechts der Pegnitz und St. Lorenz für die Stadtseite links der Pegnitz. In
beiden Pfarreien gehen die Kirchenbücher bis ins 16. Jahrhundert zurück: Die
Ehebücher beginnen mit Michaelis 1524, die Taufbücher mit dem Januar 1533,
während die Totenbücher bei St. Lorenz mit dem Jahre 1547, bei St. Sebald erst
mit dem 19. Juni 1557 ihren Anfang nehmen.
Einen Ersatz für die Totenbücher gewähren die sogenannten Totengeläut-
bücher, die weit ins 15. Jahrhundert zurückreichen. Erhalten sind im Original
oder in Abschriften:
1. Das I. Großtotengeläutbuch von St. Sebald aus den Jahren 1439 — 1517.
2. Das II. Großtotengeläutbuch von St. Sebald aus den Jahren 1517 — 1572.
3. Das Großtotengeläutbuch* von St. Lorenz aus den Jahren 1454 — 1517.
Auf das II. Großtotengeläutbuch von St. Sebald ist bereits des öfteren in den
Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum hingewiesen worden, und
Jordan hat darüber gehandelt.
Den Ausdruck „Totengeläut" kennt man jetzt in Nürnberg nicht mehr; es
wird von den Protestanten gegenwärtig bei der Beerdigung nur einmal auf den
Kirchhöfen geläutet, wenn die Leiche dort vom Leichenhause aus zu Grabe getragen
wird, aber dieses Geläut führt keinen besonderen Namen. Daß jedoch das Toten-
geläut nicht identisch gewesen sein kann mit dem Sterbegeläut, dem Läuten kurz
nach dem Absterben eines Menschen, das noch heut in katholischen Gemeinden
üblich ist und je nach der Gegend mit den Bezeichnungen „Ausläuten" („der
Tote wird ausgeläutet"), „Schiedung", „Zügenglöcklein", „Sterbeglöcklein", „Toten-
glocke" belegt wird, geht schon daraus hervor, daß bei dem Sterbegeläut von
jeher nur immer eine, und zwar eine kleinere Glocke gezogen wird, während in
Alt-Nürnberg bei dem großen Totengeläut mehrere, und zwar die großen Glocken
in Tätigkeit traten. Auch wurde das Totengeläut nicht, wie bei dem Sterbegeläut
zu erwarten gewesen wäre, in der Pfarrei, zu welcher der Verstorbene gehörte,
J ) Formulare für alle Kirchenbuchforscher, Nr. 1—3, st. 3 Pfg. der Bogen;
Probesendung: 3 Titelbogen und 4 Einlagebogen, gegen Einsendung von 30 Pfg. in Marken.
Ludwig Striepling in Hameln a. d. Weser, Buch- und Steindruckerei, entworfen von v. Unger.
— Fragebogen zur Aufstellung von Genealogien von Q. v. Jordan, Straßburg i. E.
Preis das Stück 5 Pf., 50 Stück 2 M. nebst Erklärung, Anleitung zur Verwendung derselben
Preis 20 Pf. bei Gebr. Vogt, Verlag und Kunstdruckerei Papiermühle S.-A.
*) Alfr. Bauch, Über die ältesten Totengeläutbücher von St. Sebald und St. Lorenz in
Nürnberg, Archival. Zeitschrift N. F. VIII, 119 ff. — Chr. Jordan, Einiges von den Nürnberger
Kirchenbüchern aus dem 16. Jahrhundert, in Th. Koldes Beiträgen zur bayer. Kirchengeschichte
3. Bd., Erlangen 1897, S. 151—170-
auschließlich geläutet, sondern jeder konnte das Totengeläut in beiden Pfarr-
kirchen und in anderen Kirchen der Stadt, wie dies auch sonst vielfach vorkommt,
läuten lassen. Endlich wurde es öfter — und das ist ausschlaggebend — erst
zwei oder drei Tage nach dem erfolgten Tode geläutet, so daß also das Toten -
geläut nur das Geläut bei der Beerdigung gewesen sein kann.
Dienten die Totengeläutbücher ursprünglich als Behelfe für das Kassenwesen,
so sind sie für uns eine wichtige historische Quelle zunächst für genealogische
Studien. Es sind in den ältesten Großtotengeläutbüchern von St. Sebald und
St. Lorenz sämtliche Nürnberger Patrizierfamilien mit ihren verstorbenen Mit-
gliedern vertreten, für welche sich Einträge über das Geläut zumeist in beiden
Pfarreien gebucht finden. Aber auch für die ehrbaren, nicht patrizischen Ge-
schlechter und die begüterten oder sich zu den besseren Ständen zählenden bürger-
lichen Familien sind die Großtotengeläutbücher eine nicht genug zu schätzende
Fundgrube für biograpische Forschungen. Insbesondere sind sie für die Genea-
logie des Patriziates noch viel zu wenig ausgebeutet. Die Stammtafeln der Nürn-
berger Patrizierfamilien sind nur zu häufig auf den Angaben der Epitaphien, der
Totenschilde und der in den Kirchen angebrachten Gedächtnistafeln aufgebaut.
Allein die Inschriften auf denselben wurden vielfach erst nachträglich angebracht
und leiden an großen Irrtümern. Hier würden die Totengeläutbücher ein weit
zuverlässigeres Material an die Hand geben. Aber auch für die Familiengeschichte
Nürnberger Künstler und Gelehrten sind sie noch viel zu wenig benützt, wie die
vielen unrichtigen Mitteilungen in der gedruckten Literatur über die Todesjahre
beweisen. Es werden in den Großtotengeläutbüchern außerdem eine große Zahl
Adeliger genannt, die in Nürnberg entweder beamtet waren, wie die Reichs-
schultheißen, oder zuletzt ihren Wohnsitz in Nürnberg genommen oder zufällig
dort ihren Tod gefunden hatten, endlich auch solche, denen der Rat, weil er zu
ihnen in enger Beziehung gestanden, das Totengeläut als letzte Ehrung zuteil
werden ließ.
Bei der hohen Gebühr für das Großtotengeläut, die einen Gulden rheinisch,
nach heutigem Gelde etwa 7 Mark, betrug, ist es klar, daß weniger vermögende
Bürger ihre verstorbenen Angehörigen mit dem Kleintotengeläut beerdigen ließen.
Über Michael Wolgemuts Vater z. B., den Maler Valentin Wolgemut, der um
1469 starb, findet sich weder im Großtotengeläutbuche von St. Sebald noch
St. Lorenz ein Eintrag. Wären Kleintotengeläutbücher, auch wenn nur privatim
von den Mesnern geführt, auf uns gekommen, wir hätten in ihnen für genea-
logische und andere Zwecke eine ebenso wichtige, ja in mancher Beziehung viel-
leicht noch wichtigere Quelle als die erhaltenen Großtotengeläutbücher von
St. Sebald und St. Lorenz.
Die Commission de l'histoire des eglises wallones, welche seit 1877 eine
segensreiche Tätigkeit entfaltet hat, hat sich u. a. die Aufgabe gestellt, eine
„Collection de fiches", d. h. eine Zettelsammlung anzulegen, in welcher alles
dasjenige enthalten ist, was sich auf die Genealogie der einzelnen Familien huge-
nottischen Ursprungs bezieht. Zu diesem Zwecke sind auf gleich große Zettel
ausgezogen die bisher erreichbaren Kirchenbücher — Taufen, Trauungen, Todes-
fälle, die Liste der Offiziere französischen Ursprungs von 1668 — 1808, die Listen
10
französischer Damen von 1746—1792, welche eine Pension erhalten haben, die
Listen der Refugies, welche in Amsterdam und Leiden von 1685 — 1688 unter-
stützt worden sind.
Diese Zettel, aufgestellt in der Bibliothek der Universität Leiden, füllten
schon 1894 über 100 Kästen, von denen jeder 1000 Zettel enthält. Sie sind
chronologisch und alphabetisch geordnet, so daß man sofort feststellen kann, ob
etwa und was über eine Familie vorhanden ist. Auch die Wappen der einzelnen
Familien sind, soweit sie erreichbar waren, beigefügt. Diese Zettelsammlung um-
faßt keineswegs nur Auszüge aus holländischen Akten, sondern auch solche aus
Frankreich und Deutschland.
Abschriften aus der Sammlung sind zu erhalten auf einen Antrag an den
Sekretär der Kommission, dessen jeweilige Adresse die Direktion der Universitäts-
bibliothek in Leiden mitteilen kann. Die Kosten betragen für jeden Auszug
20 Pfennig und für die Nachforschung bei jeder Familie 50 Pfennig, sowie das
Porto. „Jedenfalls", so bemerkt mit Recht Befringuier] 1 ), „ein geringfügiger Preis
für das Material, welches dem Genealogen gewährt wird."
Die Amerikaner geben ihren Kindern sogenannte Mittelnamen, die weder
Vornamen noch Familiennamen sind, die aber dem Gesamtnamen Rundung und
Fülle verleihen. Ein Kind mag den Familiennamen der Mutter als Mittelname
erhalten, ein anderes den eines geschichtlichen Helden, in welchem Falle meist
Vorname und Familienname des Helden dem eigenen Familiennamen des Kindes
vorgesetzt werden : etwa Theodore Roosevelt Brown, George Washington Bings u. dgl.
Der Vater des Georg von Lengerke Meyer, des bisherigen amerikanischen Bot-
schafters (früher in Rom), der als Generalpostmeister in Roosevelts Kabinett be-
rufen wurde, hatte einen Geschäftsteilhaber des Namens von Lengerke, und diesen
Namen gab er seinem Sohne Georg als Mittelnamen. Dabei ergab sich aber eine
Schwierigkeit: der Mittelname wird meist nur mit dem Anfangsbuchstaben ge-
schrieben und so kommt es, daß der genannte Meyer jun. meistens als Georg
von L. Meyer erscheint. Auf diese Weise können die ältesten und stolzesten
Namen in amerikanischer Verjüngung nach Europa zurückgelangen; jeder Schmidt
kann seinem Sohne ein „von Bismarck" als Mittelnamen geben. Auch dem Hoch-
staplertum eröffnen sich hierdurch neue Möglichkeiten. Hier liegt offenbar eine
Lücke im amerikanischen Naturalisierungsgesetz oder doch in seiner Handhabung
vor. Das Gesetz verlangt, daß adelige Einwohner auf erbliche Titel und ihren
Adel verzichten, ehe sie das Bürgerrecht erhalten. Kein naturalisierter ehemaliger
Deutscher kann sich also als Amerikaner Graf oder Baron nennen, wohl aber
behält er häufig das Adelsprädikat „von" bei, als ob es wie das holländische
„van" nur ein Teil des Familiennamens wäre, nicht schon an sich den Namen
adelte. Wüßten die amerikanischen Gerichte oder der Kongreß, daß in allen
solchen Fällen kein völliger Verzicht auf den Adelsstand geleistet wurde, so
würden sie vermutlich einschreiten.
Mittelnamen sind auch in England und bei den Skandinaviern gebräuchlich.
So findet sich z. B in „Slaegtstavle over Familien Klem. d. Udgave, Kristiania
x ) Be[ringuier] in „Der deutsche Herold" XXV, 1894. S. 51.
11
1889," S. 61: Sophie Magdalena Lewetzan Schaf alitzky de Muckadd Klem, die
sich Schaffa nennt und mit ihrem Vetter Peter Grönbach Klem verheiratet ist.
Die Mittelnamen hat sie von ihrer Großmutter Sophie Magdalena (v.) Lewetzan
und von deren Mutter Gräfin Schafalitzky de Muckadd, 1749 — 1786, erhalten.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdient die Eintragung unehelicher
Geburten. Die Prüfung der Kirchenbucheinträge in dieser Beziehung ist schon
deshalb familiengeschichtlich wichtig, weil der Adel durch uneheliche Geburt ver-
loren geht. 1 )
Nach den Regeln über die Beweiskraft von Urkunden beweist eine Urkunde
nur dasjenige, über dessen Beurkundung sie ausgestellt ist. Ein Taufzeugnis be-
weist also in erster Linie zunächst nur, daß an dem und dem Orte das betreffende
Kind getauft worden ist und in der Taufe die aus der Eintragung ersichtlichen
Vornamen erhalten hat. Die Taufeintragung beweist weiter, daß das Kind die
aus der Eintragung ersichtlichen Paten bekommen hat. Die Taufeintragung be-
weist ferner, daß diejenigen Personen, welche die Vornahme der Taufe durch den
betreffenden Geistlichen herbeiführten, die aus der Eintragung ersichtlichen Per-
sonen als Eltern des Täuflings angegeben haben. Nicht beweist die Eintragnng,
daß diese Personen auch ehelich verbunden waren, ja sie beweist nicht einmal
die tatsächliche Existenz der in der Eintragung als Eltern genannten Personen.
Der Beweis, daß die im Taufschein genannten Eltern des Täuflings tatsächlich
rechtlich verbundene Eheleute gewesen sind, kann erst durch einen Trauschein
oder durch eine Urkunde von ähnlichem Inhalt und ähnlicher Beweiskraft (Ehe-
beeidung, Testament, Erbschaftsregulierung usw.) als erbracht gelten. Wenn sich
auch Beispiele finden, daß die in die Kirchenbücher eingetragenen Eltern des
Täuflings gar nicht gelebt haben, so sind dies doch seltene Ausnahmen. Wenn
die Eltern dem taufenden Geistlichen genau bekannt sein mußten, so wird man
in der Regel den Angaben über die Eltern des Täuflings auf den Trauscheinen
Glauben schenken dürfen.
Wenn es sich um die Taufen unehelich geborener Kinder handelte, pflegten
die Geistlichen die Unehelichkeit im Kirchenbuche ausdrücklich hervorzuheben;
jedoch ist dieses nicht immer der Fall. Wenn es sich um uneheliche Kinder
adeliger oder vornehmer Väter handelte, suchten nicht selten die Geistlichen den
Tatbestand zu verschleiern. In dieser Beziehung gibt der Stand der Paten wert-
volle Fingerzeige. Sind nämlich die Paten, welche aus dem Kirchenbuch ersicht-
lich sind, bei Kindern protestantischer, adeliger oder aus höheren Gesellschafts-
kreisen stammender, bürgerlicher Eltern ganz oder fast ausschließlich auffallend
niederen Standes, so muß der betreffende Taufschein mindestens als verdächtig
*) Zwei Rechtsstreite (Heimburg gegen Heimburg und Lothmer gegen Lothmer) sind in
jüngster Zeit zur Entscheidung durch das Reichsgericht in Leipzig gelangt in dem Sinne, daß
den Nachkommen unehelicher Sprößlinge zweier bekannter Adelsfamilien das Recht zur
Führung des Namens und Adelszeichens des unehelichen Erzeugers auf Antrag berechtigter
Mitglieder der betreffenden Adelsfamilie aberkannt wurde, obwohl die Nachkommenschaft
den adeligen Namen, auf Grund unberechtigter Eintragung des Namens des unehelichen Er-
zeugers im Kirchenbuch, seit mehreren Generationen, unbeanstandet geführt hatte. Kekule
von Stradonitz, JAWNF 15, u. Ausgew. Aufs, aus d. Geb. d. Staatsrechts u. d. Genealogie,
N. F. 1907, S. 102.
12
angesehen werden. Bei den Katholiken ist dieser Gesichtspunkt deshalb nicht
durchschlagend, weil diese, um die verschiedenen Unannehmlichkeiten bei der
Patenwahl, Taufgeschenke usf., zu vermeiden, zeitweise arme Leute absichtlich
als Paten wählten. Was aber die Protestanten betrifft, so ist hier auf das Merk-
mal Gewicht zu legen, ob die Paten aus Bevölkerungsschichten stammten, mit
denen ein gesellschaftlicher Verkehr derjenigen Gesellschaftsschichten, welchen der
vornehmere Teil der Eltern angehört, nicht zu bestehen pflegt. Belanglos ist
hier naturgemäß der Unterschied zwischen Adel und Bürgerstand. Mit dem
höheren Bürgerstande und seinen gebildeten Klassen verkehrte der Adel stets ge-
sellschaftlich. Sind aber die Paten beispielsweise Handwerker, Tagelöhner,
Arbeiter u. dgl., so ist für angeblich adelige oder sonst vornehme Geburten die
Ehelichkeit als ungemein zweifelhaft zu bezeichnen. Selbst in Fällen von Not-
taufen pflegte man auf die Standesmäßigkeit der Paten Rücksicht zu nehmen,
und wenn keine solchen zu finden waren, sich mit der Wahl des Küsters und
dessen Ehefrau und ähnlicher Personen zu helfen. Die Verschleierung der Un-
ehelichkeit geschah besonders häufig in der Weise, daß beim Taufvermerk in das
Kirchenbuch der Name des adeligen Vaters, als ob er der eheliche Vater des
Täuflings wäre, beim letzten Paten aber der Vermerk „unehelich" eingetragen
wurde: gemeint ist, daß nicht der letzte Pate, sondern der Täufling unehelich
geboren ist. Hierfür ist die Eintragung über die Taufe von Johann David Ludwig
(von) Jork, dem später so berühmt gewordenen General der Freiheitskriege und
nachherigen Grafen York von Wartenburg, ein gutes Beispiel. Die Kirchenbuch-
eintragung ist aus folgender Kopie zu ersehen:
Abschrift.
S. 786.
Namen
Geburts-
Jahrgang 1759
Namen der Eltern.
der
und
N.
Söhne.
Tauftag.
P. Hr. David von Jork,
Johann David
September
Hr. Lieut. v. Jork
71
Cap. v. 2ten Bat. Garde
Ludewig
26
v. Schenkendorff. Rgt.
M. Maria Sophia Pflügen
30
Mstr. Pflug
Fr. Schlobachen
Fr. Haken (unehelich)
Die Richtigkeit der wörtlichen Abschrift bescheinigt
Potsdam, den 26. Mai 1900.
Der Königliche Hofprediger und Garnisonspfarrer,
(L. S.) Gez. Keßler.
Die Unehelichkeit ist hier dadurch angedeutet, daß das Wort „unehelich"
zwar nicht in der zweiten Spalte, unter dem Täufling, wohin es eigentlich ge-
hören würde, aber doch zur letzten Patin, auf die es sich aber nicht bezieht,
eingetragen ist. Der niedere Stand der Paten: „Mstr. Pflug, Fr. Schloßachen,
Fr. Haken", die neben dem Bruder des Vaters des Täuflings, dem „Hr. Lieut.
v. Jork v. Schenkendorff. Rgt.", auftreten, würde die Ehelichkeit der Geburt des
13
Täuflings — auch ohne den Vermerk „unehelich" — verdächtig machen.
Vgl. J. G. Droysen, Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg
(Leipzig 1890, 2. Bd., S. 6), der indessen die Unehelichkeit der Geburt nicht er-
kannt hat.
Es kommt auch der Fall vor, daß die Eintragung ins Kirchenbuch in raffi-
nierter Weise zwar nicht behauptet, daß der Täufling ehelich geboren ist, aber
durch kein Wort den Tatbestand der Unehelichkeit erkennen läßt. In solchem
Falle läßt sich, namentlich wenn auch die Schwierigkeit, standesmäßige Paten zu
beschaffen oder durch den niederen Stand der Paten die Unehelichkeit für später
erkennbar zu machen, geschickt umgangen wird, nur aus der ungewöhnlichen
Fassung des Eintrags ein Verdacht gegen die Ehelichkeit schöpfen. 1 )
Ein Beispiel hierfür ist folgendes:
Ev. Pfarramt Falkenberg-Ferchlig.
Kirchenkreis Seehausen (Altmark). Falkenberg, den
Geburts- und Taufschein.
Auf Wunsch wörtliche Abschrift:
1755.
„Den 16. Febr. ist Sophie Schultzen aus Betzendorff gebürtig von einem jungen
Sohn, davon der hiesige älteste Herr Baron von Bülow Vater ist, entbunden,
welcher an eben dem Tage getauft und Friedrich Wilhelm benahmst worden. Weil
das Kind die Nothtaufe empfangen, so sind keine Gevattern erbeten, sondern der
Vater hat es zur Taufe gehalten."
Solches wird hiermit auf Grund des Kirchenbuches von Falkenberg pfarr-
amtlich bescheinigt.
Falkenberg, den 18. Mai 1900. Das evangelische Pfarramt
gez. Rungworth, ev. Pfarrer.
Der Täufling dieses „Geburts- und Taufscheines" ist der nachmals berühmt
gewordene Kriegsheld: Graf Bülow von Dennewitz. Hier ist die Unehelichkeit
aus dem Taufschein nicht erkennbar, wenn dieser auch jedem Genealogen von
Fach verdächtig erscheinen muß. Zwar ist die Bezeichnung der Mutter als Ehe-
frau des Vaters vermieden. Allein kein Vermerk wie „unehelich", „spurius" kenn-
zeichnet den Tatbestand. Die Schwierigkeit, standesmäßige Paten zu beschaffen,
oder durch den niederen Stand der Paten die Unehelichkeit für später erkennbar
zu machen, ist geschickt umgangen.
Es ist auch gelungen, tatsächlich die Unehelichkeit der Geburt des berühmten
Feldmarschalls lange Zeit hindurch zu verbergen. Sowohl in der Familiengeschichte
der von Bülow, von Paul von Bülow, Berlin 1858, als in Varnhagen von Enses
Monographie über ihn (Leben des Generals Grafen Bülow von Dennewitz (Berlin
1853) erscheint er als ehelich geboren. Seine Mutter erscheint hier als Super-
*) Stephan Kekule von Stradonitz, Über Eintragungen der Taufen unehelicher
Kinder aus höheren Ständen in den Kirchenbüchern älterer Zeiten unter besonderer Berück-
sichtigung preußischer Verhältnisse, JAWNF 15; wieder abgedruckt in seinen Ausgewählten
Aufsätzen aus d. Gebiet d. Staatsr. u. d. Genealogie, Neue Folge, Berlin 1907, S. 79 ff.
14
intendenten-Tochter. Erst durch Dietrichs und Parisius, „Bilder aus der Altmark",
Hamburg 1883, Bd. 2, S. 270, wurde die Wahrheit bekannt, indem hier der Trau-
schein des Vaters des Feldmarschalls mit der angeblichen Superintendenten-, in
Wahrheit Kantorstochter veröffentlicht wurde. Die Trauung fand sieben Jahre
nach der Geburt des Feldmarschalls statt.
Ich füge noch ein Beispiel an für die Eintragung von Personen als Eltern
eines unehelichen Kindes ins Kirchenbuch, welche unter diesem Namen gar nicht
existiert haben.
Konsistorium
der Französischen Kirche
zu Berlin. Le 23. Fevrier 1804 Mr. le P. Hauchecorne
le 7. November 1821. a baptise en chambre Elisabeth Marie Aimee, nee
autorise par le Consistoire le 2. Janvier 1804 (a: c:) ä lO 1 ^ heures du Soir,
Rimidalv changement — Fille de Pierre Michel Rimidalphe et de Marie
Aimee de Vobul. Elle a ete presentee par Mr.
le Conseiller Formey et par M me Formey nee
Krüger. Les parain et maraine.
(L. S.) Unterschrift.
Durch Gerichtserkenntnis ist später festgestellt worden, daß das hier genannte
Kind als Tochter der Frau von Tscherkoff aus Moskau, Gemahlin eines russischen
Generals, zu Berlin in aller Heimlichkeit zufolge Ehebruchs geboren worden ist.
Der Erzeuger des Kindes war ein russischer Fürst mit dem Vornamen Peter
Michael Wladimir. Dreht man den Vornamen Wladimir um, so erhält man den
Familiennamen „Rimidalphe" oder „Rimidalv", unter dem das Kind in das Kirchen-
buch eingetragen wurde. Bemerkenswert ist auch hier der Stand der Paten.
Eine umfassende Kirchenbücherforschung ergibt außer familiengeschichtlichen
auch allgemein interessante, kulturhistorische Aufschlüsse, so z. B. über die Geschichte
der Namen, der Güterbewegung, der Berufsstände, der Vererbung von Talenten.
In dem Stammbuch Tizians z. B. findet man neun Maler in ganz richtiger Gene-
rationsfolge verzeichnet. Es gibt 29 ansehnliche Tonkünstler, lauter Verwandte
von Sebastian Bach, innerhalb eines Zeitraums von 200 Jahren; und in derselben
Familie zählt man überdies über 50 Musiker. In der Wissenschaft steht die
Familie Bernoulli als ein ebenso merkwürdiges Beispiel der Vererbung physi-
kalischer und mathematischer Talente da, wie die Familie De Jussieu in bezug
auf Vererbung botanischer Gelehrsamkeit 1 ). Freilich; manche Talente, die in
früheren Zeiten von Geschlecht zu Geschlecht sich vererbten, sind in diesen
Geschlechtern erloschen. Das Werk des Geheimen Archivrates Dr. v. Mülverstedt 2 )
*) O. Lorenz, Leopold v. Ranke, Die Generationenlehre und der Geschichtsunterricht
(= Die Geschichtswissenschaft in Hauptrichtungen und Aufgaben, 2. Teil). Berlin, S. 267 ff.
Vgl. weiter unten unter: „Ahnentafeln".
*) Der abgestorbene Adel der Provinz Sachsen (ausschließlich der Altmark), bearbeitet
von G. A. v. Mülverstedt, illustriert von Ad. M. Hildebrandt, Nürnberg 1884 (= Sieb-
macher, Großes und allgemeines Wappenbuch, 6. Bd., 6. Abtig.), dazu Ergänzungsband
(= Siebmachers Wappenbuch, 7. Bd., Nürnberg 1901).
15
über den ausgestorbenen Adel der Provinz Sachsen und ähnliche Bücher reden
eine mächtige Sprache über den Verfall einzelner Familien. Verhältnismäßig nur
wenigen aus dem Mittelalter hergewachsenen Geschlechtern war es vergönnt, im
Urstamme bis zur Gegenwart fortzutreiben 1 ). Zu ihnen gehören z. B. die Bünau,
Schönberg, Pflug und Schleinitz, welche man die vier Säulen des Meißnischen
Adels genannt hat 2 ).
Wenn man nur den Ort, etwa eine Großstadt weiß, aus welcher ein Familien-
glied stammt, nicht aber die betreffende Kirche, wo es getauft, getraut oder auf
welchem Kirchhof es beerdigt wurde, so empfiehlt es sich, daß man an die oberste
kirchliche Behörde in dieser Stadt geht, oder an den zuständigen Superintendenten
oder Bischof mit der Bitte, ein Rundschreiben an die unterstellten Geistlichen zu
erlassen, worin diese zu den einschlagenden Kirchenbuchforschungen, ob der Be-
treffende an ihrer Kirche getauft, getauft, bzw. beerdigt worden sei, aufgefordert
werden. Wenn die Kirchenbücher der betreffenden Pfarre verbrannt sind, so
frage man zunächst bei den zuständigen kirchlichen Behörden, z. B. den Super-
intendenturen, an, ob ein Duplikat vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, so ist
zunächst die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, ob in den Akten der kirchlichen
Oberbehörde oder der weltlichen Kircheninspektionen (im Königreich Sachsen der
a ) So zahlreich der deutsche Adel zur Zeit der Stauten war, so wenig ist davon mehr
übrig, von hundert Geschlechtern kaum eins. Der damals weit reichere Kindersegen reichte
nicht aus, weil dem Adel der Kriegsdienst zu Roß, welcher ihm anfangs ausschließlich und
noch bis zum dreißigjährigen Kriege größtenteils oblag, an seiner Zahl großen Abbruch tat;
es sind ja oft zwölf und mehr von einem Geschlecht auf einem Schlachtfeld gefallen; dazu
nahm der ehelose geistliche Stand mindestens den vierten Teil seiner Sprossen in Anspruch.
Pusikan, VJH 4. Klein, Der Verfall der Adelsgeschlechter, Leipzig 1882. Was F. X. von
Wegele, Vorträge und Abhandlungen, 1898, S. 52, über die Schicksale der alten Adels-
geschlechter der Provinz Ostfranken sagt, gilt mehr oder weniger auch von den übrigen
Teilen Deutschlands: „Schon im Verlauf des dreizehnten und noch vielmehr des vierzehnten
Jahrhunderts erlischt hier wie anderwärts eine verhältnismäßig gute Anzahl derselben und
tritt vom Schauplatze ab, um der ungeduldig nachdrängenden Geschlechterreihe jüngeren
und bescheideneren Ursprungs Platz zu machen. Wenn wir uns nach dem Grunde dieser
Tatsache fragen, so reicht die Berufung auf ein allerdings in der menschlichen Natur be-
gründetes Gesetz nicht aus. Sehen wir doch, wie solche Geschlechter oft mitten in der
stolzesten Blüte körperlicher und geistiger Kraftfülle dahingehen. Wir müssen also noch
nach anderen Erklärungsgründen suchen, und diese liegen nahe genug. Von den stets wieder-
kehrenden Römerzügen und Kriegsheerfahrten nicht zu reden, sei nur an die niemals ruhen-
den kleinen Kriege und die Fehden erinnert, die selten massenhafte, aber um so ununter-
brochener ihre Opfer forderten. Ferner die zur Regel gewordene Sitte, daß die nach-
geborenen Söhne der adligen Häuser, den Forderungen der Familienpolitik entsprechend,
in die geistlichen Stifte eintraten und sich so dem Gebote der Ehelosigkeit beugten. Weiter-
hin an die ganz außerordentlichen Wirkungen, von welchen die Kreuzzüge mit allen ihren
Zutaten in dieser Richtung begleitet waren: sie haben einerseits einen kaum schon zur Ge-
nüge gewürdigten Besitzwechsel im Gefolge gehabt und andererseits in den Bestand der
einzelnen Familien häufig in der empfindlichsten Weise eingegriffen. Wer hat die Ge-
schlechter schon gezählt, die auf diesem Wege ein Haupt oder einen Zweig ihres Namens
vor der Zeit verloren, deren Gebeine auf den Schlachtfeldern des Morgenlandes bleichten,
oder die, was nicht selten vorkam, bei Gelegenheit der Überfahrt in den Tiefen des Meeres
ihr Ziel fanden?"
2 ) Fr. Alb. Voigt, VJH 21, 346.
16
zuständigen Amtshauptmannschaften 1 ) sich einschlagendes Material findet. An
einzelnen Orten, z. B. in Frankenthal in der Pfalz haben sich Kirchenbücher seit
dem 16. Jahrhundert im städtischen Archiv erhalten. („Stadtgemeinde Franken-
thal. Verzeichnis der im städtischen Archiv befindlichen Akten und Urkunden."
1901, S. 7 ff.)
Zur Feststellung des Ortes, bzw. der Kirche, wo eine Eintragung in die
Kirchenbücher zu vermuten ist, leisten auch diejenigen Bücher gute Dienste,
welche die Geistlichen eines Ortes, einer Gegend oder eines Landes zusammen-
fassen und ferner Zusammenstellungen über die zu je einer Parochie gehörenden
Ortschaften. Indem ich auf das verweise, was ich weiter unten unter „Berufs-
handbücher", „Listen" und unter „Gerichtsakten" zusammengestellt habe, nenne
ich hier noch: Das evangelische Deutschland, Jahr- und Adreßbuch zum
praktischen Gebrauch für die kirchlichen Behörden und die gesamte evangelische
Geistlichkeit. Nach amtlichen Unterlagen zusammengestellt (3. Jahrg. 1900, Leipzig,
Schulze u. Co., Langestr. Nr. 28). Auf katholischer Seite kommen hier die
sogenannten Diözesanschematismen in Betracht. Eine größere Anzahl unserer
Kalender leistet in dieser Hinsicht, wenn auch nur für einen je nach der Art des
Kalenders beschränkten Umkreis, brauchbare Dienste.
Wenn alle diese Wege zu keinem Ergebnis führen, müssen die sonstigen
Quellen zur Ausfüllung der übriggebliebenen genealogischen Lücken herangezogen
werden. Im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin wird die Benutzung der Kirchen-
bücher dadurch wesentlich erleichtert, daß die älteren Kirchenbücher der Kirchen
landesherrlichen Patronats sämtlich im Großherzoglich mecklenburgischen Geheim-
und Hauptarchiv aufbewahrt werden, während Abschriften aller Kirchenbücher,
auch diejenigen der Kirchen privaten Patronats, seit etwa 1740 bei den Super-
intendenturen zu finden sind.
Diese Zentralisation der älteren Kirchenbücher in Mecklenburg ist grund-
sätzlich als Vorbild für andere Staaten zu bezeichnen. Daß in den Pfarren alte
Kirchenbücher aufbewahrt werden, ist nicht nur häufig wegen feuergefährlicher
oder sonst (Feuchtigkeit, Insekten) ungünstiger Aufbewahrungsräume nicht zu
wünschen, sondern auch deswegen, weil die damit herbeigeführte Zerstreutheit
der Quellen dem Forscher ganz gewaltige Erschwerungen, der betreffenden Kirchen-
gemeinde aber gar keinen Nutzen bringt. Wenn man gesagt hat, der Pfarrer
müsse die ihm anvertrauten alten Kirchenbücher als Archivar behandeln und dem-
entsprechend vorlegen, so ist dabei häufig nicht beachtet worden, daß der Pfarrer
in der Regel über archivalische Vorkenntnisse nicht verfügt, auch sie zu erwerben
häufig weder Gelegenheit noch Zeit hat, und daß ein Pfarrrer mit ausgedehntem
*) Gemeinde- und Ortsverzeichnis für das Königreich Sachsen. Verzeichnis der Stadt-
und Landgemeinden und der selbständigen Outsbezirke, sowie der zugehörigen Wohnplätze
und der einen besonderen Namen führenden Ortsteile, nach Kreis- und Amtshauptmannschaften
geordnet, nebst alphabetischem Ortsregister. Dritte Auflage des „Alphabetischen Verzeich-
nisses der im Königreich Sachsen belegenen Stadt- und Landgemeinden usw." Bearbeitet
durch das Statistische Bureau des Kgl. Ministeriums des Innern, Dresden 1904. Druck und
Kommissionsverlag von C. Heinrich. (Hier auch verzeichnet die zugehörigen Amts- und
Landgerichte der evangelisch-lutherischen Kirchspiele.)
17
Amt ein Recht hat, unter Hinweis auf seine seelsorgerischen Pflichten eine irgend-
welche archivalische Tätigkeit, sei es auch nur ein Entgegenkommen den Familien-
forschern gegenüber, schon mit Rücksicht auf deren stets mehr anwachsende Zahl,
grundsätzlich abzulehnen. Daher ist es auch im Interesse des pfarramtlichen
Dienstes gelegen, wenn die alten Kirchenbücher den zerstreuten Dorfgemeinden
abgenommen werden. Es kommt leider noch ein dringlicher Grund hinzu, den
man bei einem pflichttreuen Beamten nicht erwarten sollte, am wenigsten bei
einem Geistlichen. Tatsache ist, daß einzelne Geistliche in sträflichem Leicht-
sinn die unersetzlichen Kirchenbücher an Familienforscher in deren Privatwohnung
übersenden, was mit Recht bei allen Beständen öffentlicher Archive streng ver-
boten ist. Daraus oder aus anderem Leichtsinn erklärt es sich, daß Kirchenbücher,
die von Familienforschern in unseren Tagen benutzt wurden, inzwischen spurlos
verschwunden sind. Mit Recht bemerkt der „Deutsche Herold", 39. Jahrg. 1908,
Nr. 3, S. 48: „Herr von Trebra erzählte Betrübendes über das Verschwinden von
Kirchenbüchern, die er selbst vor einigen Jahren noch benutzt hat. Es ist wirk-
lich die höchste Zeit, daß Anstalten zur Sicherung der Kirchenbücher getroffen
werden." Es würde ein großer Fortschritt sein, wenn die kirchlichen Oberen
aller Bekenntnisse die älteren Bestände der Kirchenbücher in Zentralstätten ver-
einigten; die Spesen könnten dabei, wie es ebenfalls in Mecklenburg bereits durch-
geführt ist, an die betreffenden Einzelkirchen, die ja auf die Spesen ein altes Recht
haben, auch in Zukunft abgeführt werden. BeiSuperintendentur-oderDiözesanarchiven
läßt sich auch die Anstellung eines irgendwie im Lesen alter Schriften kundigen Beamten
wohl ermöglichen. Daß bei gutem Willen für wichtige kirchliche Archive — und
kirchliche Zentralstellen der gekennzeichneten Art wären für den Familien-, Kirchen-
und Kulturhistoriker in der Tat sehr wichtig — viel getan werden kann, dafür
gibt z. B. die tatkräftige und erfolgreiche Fürsorge Seiner Eminenz des Fürst-
bischofs Kardinal Kopp für das Breslauer Diözesanarchiv einen schlagenden Be-
weis. (J. Jungnitz, Das Breslauer Diözesanarchiv in der Zeitschrift des Vereins
f. Gesch. und Altertum Schlesiens, 39. Bd., Breslau 1905, S. 52 ff.) Die alten
Kirchenbücher aus den früheren Jahrhunderten — über einen Termin könnte man
sich ja bald einigen, etwa die vor 1800 — haben auf unseren Dörfern oft gar
keinen Zweck mehr. Dasselbe gilt überhaupt von älteren Urkunden und Akten,
deren Verbleib in Pfarrarchiven wir z. B. aus den Archivberichten von Ottenthai
und Redlich über Tirol erkennen (s. u.). Mit Recht hat daher z. B. die Stadt Mühl-
hausen in Thüringen veranlaßt, daß die bereits mit dem Jahre 1318 beginnenden
Urkunden des Pfarramtes zu Görmar, das unter Mühlhauser Patronatsrecht steht,
an das Archiv der Stadt Mühlhausen abgeliefert und daselbst deponiert wurden 1 ).
Wie für die Urkunden, so kommen auch für die alten Kirchenbücher neben den
Superintendenturen und Staatsarchiven, auf die sich in Mecklenburg die genannte
Zentralisation beschränkt, auch die Stadtarchive als zentrale Aufbewahrungsorte
ernstlich in Betracht. Denn die Kirchspiele hatten in einer Reihe von Städten,
besonders am Rhein, ursprünglich zwar nicht, wie Arnold behauptet, 2 ) polititsche,
x ) K. v. Kauffungen, Regesten zu den im Archiv der Stadt Mühlhausen i. Th. depo-
nierten Urkunden des Pfarramtes zu Görmar MGB 8.
J ) Arnold, Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte II, S. 230.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 2
18
wohl aber kommunale Bedeutung 1 ). Die Kirchspiele sind im 14. Jahrhundert zu
Territorien geworden, die verliehen, verkauft, verschenkt werden. Dieser äußeren
Entwicklung ging eine innere zur Seite. Ursprünglich hatten die Parochien nur
eine kirchliche Bedeutung, aber indem sie ihre Angehörigen zu einer Gemeinsam-
keit in Kirchenbesuch und Totenbestattung zusammenschlössen, bildeten sie für
die Ansätze einer kommunalen Entwicklung die geeignetsten Haltpunkte. Daß
die Kirchspiele eine kommunale Tätigkeit durch die Gemeinsamkeit der Leistungen
und der für deren Erhebung eingesetzten Beamten übte, umschreibt eine Urkunde
von 1238 2 ) mit den Worten: „in cesura lignorum in animalibus nutriendis, in
pecoribus pascendis et aliis rebus libertatem habeant et potestatem hoc est
Gewalt in der Gemeynden." In den Rheinlanden haben die Parochialgemeinden
die Bedeutung von Gerichtsbezirken erlangt. In Dithmarschen haben sich die
Kirchspiele als Kommunalbezirke bis auf den heutigen Tag erhalten 3 ). Es liegt also
Grund genug dafür vor, daß neben den kirchlichen auch die kommunalen Behörden,
insbesondere auch die Stadtarchive die älteren Kirchenbücher in sich ver-
einigen, sicher aufbewahren und der Forschung zugänglich machen. Einzelne
Ansätze hierzu sind bereits vorhanden. So enthält z. B. das Stadtarchiv zu
Ochsenfurt Taufmatrikeln der St. -Andreas -Pfarrkirche von 1672 — 1809, ferner
Traumatrikeln 1652 — 1822 und Totenbücher 1641—1834. (Paul Glück und
Alois Mitterwies er, Das Stadtarchiv zu Ochsenfurt, Archival. Zeitschr. N. F.
XII, 1905, S. 278.)
Das Verhalten der Pfarrer gegenüber der familiengeschichtlichen Forschung
bedarf an manchen Orten mehrfach einer Verbesserung. So sehr einerseits ein
weitgehendes Entgegenkommen derselben gerühmt werden muß, so kommen doch
leider auch nicht selten unliebsame Ausnahmen vor. Die Pfarrer sollten sich,
wie es bei jedem Berufe die Pflicht des gesellschaftlichen Anstandes erfordert,
bei Anfragen der Familienforscher über Eintragungen in die Kirchenbücher nicht
einfach in Stillschweigen hüllen, sondern in angemessener Frist, etwa innerhalb
vier bis sechs Wochen, antworten, wobei, wenn der Anfrager das Rückporto nicht
beigelegt hat, die Zusendung als „portopflichtige Dienstsache" oder, wo dies nicht
angängig ist, unfrankiert erfolgen könnte. Zur Beantwortung bestimmt formu-
lierter Anfragen, welche ausreichende Anhaltspunkte für die Forschung angeben,
hätte der Pfarrer entweder selbst die Listen durchzusehen oder sich um eine
dafür geeignete Person zu bemühen; der Auskunft Begehrende hätte für die
Mühe des Durchsehens ein Stundenhonorar zu entrichten. Gehörig legiti-
mierten und ihrem Bildungsgrad nach zur Durchsicht befähigten Personen
wäre die persönliche Einsichtnahme in die Kirchenbücher unter entsprechen-
der und angemessener Aufsicht seitens des Pfarrers oder eines beauftragten
Stellvertreters zu gestatten. Dies gilt in erhöhtem Grade bei den alten Kirchen-
büchern, deren Entzifferung nicht selten paläographische Kenntnisse verlangt;
1 ) Georg Liebe, Die kommunale Bedeutung der Kirchspiele in den deutschen Städten.
Ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte des deutschen Mittelalters. Berlin 1885.
2 ) Lacomblet, Niederrheinisches Urkundenbuch IV, Nr. 659.
3 ) Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte I, S. 91, 261. Liebe, Die kommunale Be-
deutung des Kirchspiels, S. 11.
19
hier kann der Pfarrer, dem dergleichen Kenntnisse in der Regel fehlen, leicht
durch Lesefehler irreführen, während ein paläographisch geschulter Familien-
forscher diese Irrwege unschwer vermeidet. Mit Recht hat das Evangelische
Konsistorium zu Danzig am 8. März 1905 der Zentralstelle für deutsche Personen-
und Familiengeschichte zu Leipzig sich bereit erklärt, auf die Geistlichen, bzw. Ge-
meindekirchenräte seines Aufsichtsbezirkes dahin einzuwirken, „daß auch sie zur
Förderung familiengeschichtlicher Forschungen von Privatpersonen in der Weise
beitragen, daß sie gehörig legitimierten und geeigneten Persönlichkeiten die
Einsichtnahme in die alten Kirchenbücher gestatten, damit zunächst die für jene
Forschungen wichtigen Eintragungen ermittelt und näher festgestellt werden
können". Aber auch die Gebührenordnungen für Kirchenbuchszeugnisse bedürfen
vielfach einer Revision; denn dieselben nehmen meist auf solche Fälle Rücksicht,
wo es sich um Rechtsansprüche handelt, während der Familienforscher häufig rein
wissenschaftliche Zwecke verfolgt. 1 ) Auch von einem vielbeschäftigten katholischen
Pfarrer kann erwartet werden, daß er auf Kosten der Familienforscher wenigstens
den Versuch macht, einen Stellvertreter zu beschaffen, unter dessen Aufsicht die
Kirchenbücher gegen entsprechende Bezahlung eingesehen werden können.
Die Ausfüllung solcher Lücken, welche durch Vernichtung von Kirchenbüchern
dem Genealogen in seinen Stammbäumen entstehen, auf Grund anderer Hilfs-
mittel, wie solche in Büchern und Archivalien gegeben sind, ist oft sehr zeit-
raubend und sehr schwierig. Am einfachsten ist es, wenn ein Herkunftszeugnis
das Kirchenbuchzeugnis ersetzen kann. Wer nämlich ein zünftiges Handwerk er-
lernen wollte, mußte ein Herkunftszeugnis vorlegen. Da zum Eintritt in eine
Zunft die ehrliche Abstammung erforderlich war, ist in den von der weltlichen
Obrigkeit ausgestellten Zeugnissen, wenigstens seit dem 17. Jahrhundert, auf
Grund der Kirchenbücher das Geburtsdatum, aber nicht minder das Heiratsdatum
der Eltern und ihre Herkunft angegeben, so daß mitunter in einem Zeugnis über
drei Generationen Angaben enthalten sind. 1 ) Einen solchen Geburtsbrief hat
Tille in der Zeitschrift „Niedersachsen", 11. Jahrg., Nr. 5 (1. Dez. 1905), S. 85,
veröffentlicht. Darin bezeugen am 12. November 1745 Schultheiß und Schöffen des
Kirchspiels Altenbruch im Lande Hadeln, daß David Hermann Stender verwaist,
geboren sei als Sohn des Diakonus Henri cus Stender und seiner Gemahlin
Anna Magdalena, Tochter des Ulrich Johann Voigt. Der Großvater väterlicher-
seits hieß Justus Stender, seine Frau Margaretha. Der Großvater mütterlicher-
seits war Ulrich Johann Voigt, seine Frau, Anna Sophie, eine geborene Wurf fei. 2 )
*) ZPF 2, 5 f., 21 f. Rooyen, A. J. Servaas van, Inventaris van de Buurboeken, Buurt-
brieven, en losse stucken, betr. de Buurten, berustende, in het Ond-Archief der gemeente
s'„Gravenhage", 1903.
2 ) Mehr über diese Herkunftszeugnisse und die damit verwandten Lehrbriefe bei
Tille in den Mitteilungen der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte,
2. Heft, Leipzig 1906, S. 61. Allerdings enthalten nicht alle Qeburtsbriefe die Namen der
Eltern. So enthält z. B. der Geburtsbrief des Chemnitzer Abtes Heinrich für Pawel Rudel
aus Borna bei Chemnitz vom 6. März 1429 nach dem Text von Buchwald (Mitteilungen d.
Ver. f. Chemnitzer Geschichte VII, 1891, S. 148, 149) nichts weiter als die Bekundung, daß Pawel
Rudel ehelicher Sohn ist und sich fromm und ehrbar gehalten hat.
2*
20
Auch Gevatterbriefe 1 ) und Eheberedungen und Familienverträge aller Art können
dazu dienen, die fehlenden Angaben von Kirchenbüchern zu ergänzen.
Außer den kirchlichen kommen auch die staatlichen Buchungen über
Personenstandsverhältnisse als eine Quelle ersten Ranges für den Familien-
forscher in Betracht. Dieser muß daher wissen, seit welchem Zeitpunkt es solche
staatliche Buchungen gegeben hat. Dieser Zeitpunkt war in den verschiedenen
Staaten verschieden. Hierüber wollen die nachfolgenden Zeilen orientieren.
Die Beschaffenheit der von Staats wegen vorzunehmenden Buchungen über
die Personenstandsverhältniss 2 ) sind aufs engste mit der Geschichte des Ehe-
rechtes verknüpft. Ein anderes als ein konfessionell, katholisch oder evangelisch
gestaltetes Eherecht gab es ursprünglich nicht. Die Toleranz und die Parität
ließen es immer mehr unangemessen erscheinen, ein solches konfessionelles Recht
andern Religionsverwandten aufzudrängen. Die Zulassung eines besonderen und
2 ) Ein fürstlicher Gevatterbrief, Mühlhäuser Geschichtsblätter 1906.
*) Mayrhofer, Handbuch für den polit. Verwaltungsdienst, 1895. Hinschius, Kirchen-
recht, 1878. Friedberg, Das Recht der Eheschließung, 1865. Stein, Innere Verwaltungs-
lehre. H eifert, Von den Rechten und Pflichten der Pfarrer und ihrer Gehilfen und Stell-
vertreter, 1832. Seidl, Matrikenführung nach den in Österreich geltenden kirchl. und staatl.
Gesetzen und Verordnungen, 3. Aufl., 1897. Ferd. Schmid, Die Standesregister in Öster-
reich, Statist. Monatsschrift, 15. Jahrg. 1889. Alfred Lorenz, Das Matrikenwesen in Öster-
reich, Jahrbuch der K. K. heraldischen Gesellschaft „Adler", N. F., 15. Bd., Wien 1905, 235 ff.
Ludw. Schiviz von Schivizhoff en, Der Adel in den Matriken der Grafschaft Görz und
Gradiska, Görz 1904, statistisch bearbeitet von v. Inama-Sternegg, Statistische Monats-
schrift, 9. Jahrg., N. F., 1904, S. 202. — Stephan Kekule von Stradonitz, Über Ein-
tragungen der Taufen unehelicher Kinder aus höheren Ständen in den Kirchenbüchern älterer
Zeiten unter besonderer Berücksichtigung preußischer Verhältnisse, Jahrbuch der K. K. Heral-
dischen Gesellschaft „Adler", N. F., 15. Bd., S. 197 ff. Ludwig Maurer, Das Verehelichungs-
wesen in Bayern, Augsbnrg 1892. Örtel, Das Personenstandesgesetz usw. zum Handgebrauch
für Justiz- und Verwaltungsbehörden, Staatsbeamte und Pfarrämter, Flöha i. S. 1903. Peter,
Die Zivilehe nach ihren Ursachen und Folgen, Dresden, ohne Jahresangabe. W. Rathmann,
Zehn Jahre Zivilstandesgesetz in Preußen, 1886 (= Zeitfragen des christlichen Volkslebens,
Bd. 12, Heft 3.) Hinschius, Das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes
und die Eheschließung vom 6. Februar 1875. Mit Kommentar in Anmerkungen, Berlin 1875,
3. Aufl., 1890. O. Philler, Das Deutsche Reichs -Zivilehegesetz, das Gesetz über die Beur-
kundung des Personenstandes und der Eheschließung vom 6. Februar 1875, Berlin 1875.
Wohlers, Das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe-
schließung vom 6. Februar 1875 nebst den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen, In-
struktionen und Entscheidungen des Bundesrates und des Preußischen Ministeriums, nach den
Ministerialakten bearbeitet und herausgegeben, 3. Aufl., Berlin 1886. Stötzel, Das Ehe-
schließungsrecht im Gebiet des Preußischen Gesetzes vom 9. März 1874, Berlin 1874. Der
Kommentar zum Personenstandsregister von Roger erschien in 3. Aufl., von Damos,
Ansb. 1900, von Käubier, Leipzig 1901, von Sartorius, München 1902. Kruse, Das
Standesamt, Handbuch für Standesbeamte, 6. Aufl. des Wohlersschen Kommentars, Berlin
1902. Erichsen, Die Führung der Standesregister, 9. Aufl. von Weiße, Berlin 1904. Weiße,
S<andesamtsarchiv, Sammlung der bis zum Jahre 1900 ergangenen Gesetze, Berlin 1904.
Manlik, Anleitung zur Matrikenführung, Prag 1905. Ungenannt, Auszug aus den Matriken
der K. K. Hof- und Burgpfarre in Wien, Jahrbuch der Gesellschaft „Adler", N. F., 12, 1902,
S. 1—75. Riegler, Ungarns staatliche Matrikelämter samt zugeteilten Ortschaften mit ihren
ungarischen, deutschen, slawischen und rumänischen Benennungen nach Komitaten und alpha-
betisch geordnet, Graz 1903. Bachern, Staatslexikon, Verlag von Herder in Freiburg i. Br.,
2. Aufl., 1903, 4. Bd., Personenstand-Beurkundung.
21
eigenen Eherechtes für jede Konfession und religiöse Sekte war andererseits, ohne
die Zerstörung der Rechtseinheit und Herbeiführung von Kollisionsfällen für ge-
mischte Ehen nicht möglich. Unter diesen Verhältnissen bleibt allein eine ein-
heitliche Regelung des Eherechtes durch den Staat von seinem Standpunkt aus
übrig, indem er es dem Gewissen des einzelnen überläßt, die religiösen Gebote
zu befolgen, welche seine Kirche oder Religionsgesellschaft aufstellt.
Den größten, aus dem konfessionellen Eherecht hervorgehenden Übelständen
hatte man schon frühe durch vereinzelte Maßregeln abzuhelfen versucht. Schon
1580 wurde die fakulative Zivilehe in den Provinzen Holland und Westfriesland
und 1653 die obligatorische in England eingeführt. 1 )
In Frankreich wies erst die Ordonnance von Blois 1579, welche eben im
Anschlüsse an die Bestimmungen des Tridentinums die kirchliche Trauung als abso-
lutes Erfordernis der Eheschließung aufstellte, die Überwachung der Eheregister
den Greffiers zu; ihnen hatten die Geistlichen die abgeschlossenen Kirchenbücher
zu überbringen. Seither hat sich die Staatsregierung in Frankreich oft und ziem-
lich eingehend mit der Regelung des Standesregisterwesens beschäftigt. Unter
Heinrich IV. ging die eben erwähnte Funktion der Greffiers auf die übrigens bald
wieder verschwundenen Greffiers des insinuations ecclesiastiques über. Es folgen
dann wiederholt königliche Verordnungen, insbesondere in den Jahren 1629, 1653
und 1667, welche den Geistlichen die in der Ordonnance von Blois ausgesprochene
Verpflichtung zur Vorlage der von ihnen geführten Register an die Greffiers von
neuem in Erinnerung brachten und auch über viele Details entsprechende Be-
stimmungen trafen. Im Laufe der Zeit wurden noch verschiedene andere Kontroll-
ämter geschaffen, wie die Greffiers gardes et conservateurs des registres de bapteme,
mariages et sepultures (1691), die Contröleurs des registres et des extraits de
baptemes, mariages et sepultures (1705) und viele andere. Letztere wurden
durch ein Edikt von 1716 wieder aufgehoben, nachdem sie tatsächlich schon
längst zu bestehen aufgehört hatten. Alle diese Verfügungen waren aber größten-
teils nur formeller Natur; erst die Deklaration vom 9. April 1736, welche die
Beobachtung der älteren Normen neuerlich streng anordnete, enthielt auch wesent-
liche Bestimmungen materiellrechtlichen Inhalts.
Diese Anordnungen galten, obwohl zunächst nur für die Katholiken erlassen,
doch auch für die Protestanten, bis in der Folge durch die vielfachen Protestanten-
verfolgungen das Standesregisterwesen dieser Konfessionsgenossen in Unordnung
geriet, welcher erst durch das Edikt vom 28. November 1787, das die fakultative
Zivilehe in Frankreich einführte, ein Ende bereitet wurde. Kurz darauf führte
die französische Revolution jene vollständige Umgestaltung des Standesregister-
wesens in Frankreich herbei, welche durch die in der französischen Kirchen-
wissenschaft herrschend gewordene Doktrin der Trennung von Sakrament und
Kontrakt in der Ehe längst vorbereitet worden war.
Die Konstitution vom 14. September 1791 erklärte, daß das Gesetz die Ehe
nur als bürgerlichen Vertrag betrachte, und daß die gesetzgebende Gewalt für
alle Staatsbürger den Modus festsetzen werde, wie die Geburten, Heiraten
Das Folgende aus Alfred Lorenz a. a. O.
22
und Todesfälle konstatiert und die darüber aufgenommenen Akte aufbewahrt
werden sollen.
Diese grundsätzlichen Bestimmungen fanden in dem Gesetze vom 20. September
1792 ihre Ausführung, dessen sonstiger Inhalt im wesentlichen den königlichen
Dekreten von 1667 und 1736 entnommen war. Ein Gesetz vom 28. pluviöse
des Jahres VIII (18. Februar 1800) betraute die Maires und ihre Adjunkten mit
der Führung der neuen Register; diese Bestimmungen sind dann in den Code
civil als II. Teil des actes de l'etat civil übergegangen und bilden noch heute im
großen und ganzen die Grundlage des französischen Standesregisterwesens. 1 )
Die erste Hauptform des modernen Standesregisterwesens charakterisiert sich
einerseits durch die vollständige Loslösung dieses Instituts von dem kirchlichen
Registerwesen und anderseits durch ihren engen Zusammenhang mit den Kom-
munalbehörden, deren Organe zugleich mit der Führung der Register betraut sind.
Auf diesen Grundlagen ruht gegenwärtig das Standesregisterwesen in Belgien,
Holland, der Schweiz, in Italien, Rumänien, im Deutschen Reiche, sowie in
Spanien und Griechenland.
In Belgien datiert die Einführung von Zivilstandsregistern seit dem Gesetze
vom 17. Juni 1796, welches die Bestimmungen des französischen Gesetzes vom
20. September 1792 auch für dieses Land rezipierte. Übrigens hatte es die Staats-
regierung auch früher schon nicht an Versuchen fehlen lassen, in das kirchliche
Registerwesen, das sich trotz der tridentinischen Bestimmungen keineswegs überall
im besten Zustande befand, Ordnung zu bringen. Dies bezweckte schon ein
1611 erlassenes Edikt, das im allgemeinen die Grundsätze der französchen
Ordonnance von Blois adoptierte und ein späteres Edikt Maria Theresias vom
6. August 1778. Im Art. 9 der belgischen Verfassung von 1831 wurde das In-
stitut der Zivilstandesregister neuerdings mit den Worten sanktioniert: „la re-
daction des actes de Petat civile et la tenue des registres sont exclusivement
dans les attributions des autorites communales." Dies wurde dann durch das
Gemeindegesetz dahin ausgeführt, daß der Bürgermeister oder ein vom Gemeinde-
kollegium hierzu delegierter Schöffe die Funktionen des Standesbeamten zu ver-
sehen habe.
In den Niederlanden hatten die Provinzen Holland und Westfriesland schon
im 16. Jahrhundert die fakultative Zivilehe eingeführt, und bereits vor der Revo-
lution war dieselbe für die Reformierten ein allgemeines Institut. Im Zusammen-
hange damit finden sich denn auch schon vor der französischen Herrschaft in
Holland Anfänge von Zivilstandesregistern. Nach der Vereinigung des Landes
mit Frankreich wurde allgemein die obligatorische Zivilehe eingeführt, und dem-
zufolge sind auch hier die Prinzipien des französischen Zivilstandsregisterwesens
zur Geltung gekommen; ihre nähere Ausführung haben dieselben im bürgerlichen
Gesetzbuche (burgerlijk wetboek) und in den Gemeindegesetzen gefunden. 2 )
*) Zivilstandsregister aus der Zeit der französischen Okkupation haben sich im Ham-
burger Staatsarchiv erhalten. Über die sonstigen Hamburger Tauf-, Trau- und Sterberegister,
sowie die Zivilstandsregister orientiert Hagedorn, Das Hamburger Staatsarchiv und die
Personenforschung, DH 1908.
2 ) Auf dem Standesamte werden auch alle Kirchenbücher vor 1812 aufbewahrt.
23
Die Einheitsbestrebungen in der Schweiz dehnten sich auch auf das Zivil-
standeswesen aus. Im Gesetz vom 15. Februar 1799 über die Munizipalitäten
und Gemeindeverwaltungen werden die Munizipalitäten (Einwohnergemeinden)
verpflichtet, sich mit den Geburts-, Sterbe- und Eheregistern der Bürger „zu be-
schäftigen", ohne jedoch die Pfarrer der Pflichten zu entledigen, die sie bis dahin
über diese Gegenstände gehabt haben. Allein nur im Kanton Waadt scheint
dieses Gesetz durchgreifend ausgeführt worden zu sein. 1 ) Indessen wurde auch
dort die Zivilstandsregisterführung 1801 ebenfalls wieder den Pfarrern übergeben.
Genf, das damals französisch war, hatte seit 1798 die rein bürgerliche Zivil-
standsregisterführung, gemäß des französischen Gesetzes vom 20. September 1 793.
Es behielt dieselbe in der Folge bis 1876 bei. Am Vorabend der Einführung des
schweizerischen Zivilstandsgesetzes findet man eine wahre Musterkarte von ver-
schiedenen Systemen der Zivilstandsregisterführung im Gebiete der Schweiz. In
den Kantonen Obwalden, Nidwaiden, Appenzell 1. Rh. war die Personenstands-
registerführung ganz der Kirche überlassen, ebenso in Uri, wo daneben zur Kon-
trolle noch eine rein bürgerliche bestand. Ähnlich, wenn auch in größerer Ab-
hängigkeit vom Staate, war sie im Thurgau organisiert. In Genf, Neuenburg und
Tessin war sie rein bürgerlich im engen Anschluß an die französische Gesetz-
gebung. Auch St. Gallen hatte die rein bürgerliche Registerführung, aber mehr
in Anlehnung an österreichisches Vorbild. Auch in den nicht mit Pfarrern ver-
sehenen katholischen Gemeinden im bernischen Jura bestand seit 1773 die rein
bürgerliche Zivilstandsregisterführung. Die übrigen Kantone endlich hatten noch
das Zwitterding der bürgerlich-kirchlichen Registerführung beibehalten, jeder mit
Variationen eigener Art. 2 ) Die Vereinheitlichung des gesamten Zivilstands-
registerwesens erfolgte für die Schweiz durch das Bundesgesetz vom 24. Dezember
1874, betreffend Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und der Ehe.
Dieses Gesetz ist seit dem 1. Januar 1876 in Kraft; es spricht jedoch nur das
allgemeine Prinzip aus, daß dreierlei Standesregister zu führen seien, und zwar
unter der Bezeichnung: Geburts-, Toten- und Eheregister, und daß die mit der
Führung zu betrauenden Funktionäre weltlichen Standes sein müssen; die nähere
Regelung im einzelnen ist den Kantonen überlassen, so insbesondere die Ein-
teilung der Sprengel und die Bestimmungen über die Ernennung und Entlohnung
der Zivilstandesbeamten.
In Italien war schon unter der napoleonischen Herrschaft unterm 27. März
1806 das Zivilstandsrecht des französischen Code civil eingeführt worden. Wie-
wohl später nach dem Zusammenbruche der französischen Herrschaft das Institut
der obligatorischen Zivilehe wieder abgeschafft wurde, erhielt sich doch in einigen
Teilen des Landes die bürgerliche Registerführung. Das in Parma und Piacenza
am 23. März 1820 eingeführte bürgerliche Gesetzbuch und das für Modena er-
a ) Vgl. den Artikel „Etat civil" im Supplement du dictionnaire historique, geographique
et statistique, du canton de Vaud, 2 e livraison, Lausanne 1887.
2 ) Näheres über die Personenstandsregisterführung in der Schweiz findet man in der
höchst lehrreichen, sorgfältigen Abhandlung von Paul Hof er, Die schweizerischen Zivilstands-
register, ihre Entstehung und Entwicklung und ihr Verhältnis zur Statistik, Zeitschrift für
schweizerische Statistik, Jahrg. 1907.
24
lassene Regolamento vom 2. Dezember 1814 hielten die Einrichtung der bürger-
lichen Standesregister aufrecht; das gleiche geschah auch im Königreiche Neapel,
wo das Gesetz vom 12. Dezember 1816 die Funktionen des Standesbeamten
auch fernerhin dem Syndikus der Gemeinde übertrug. Dagegen war in Sardinien
die kirchliche Registerführung wiederhergestellt worden, allerdings unter staat-
licher Kontrolle.
Erst durch den mit dem königlichen Dekrete vom 25. Juni 1865 publizierten
Codice civile wurden im Königreiche Italien allgemein zugleich mit der obligato-
rischen Zivilehe auch bürgerliche Standesregister eingeführt; dieselben werden bei
den Munizipalbehörden geführt. In einigen großen Gemeinden bestehen mehrere
Standesamtsbezirke, kleinere Gemeinden halten vielfach gemeinsam einen Sekretär;
dieser übt jedoch die Funktionen eines Standesbeamten nur kraft Delegation des
Sindaco aus, der, wie in Frankreich der Maire, allein als der kompetente Standes-
beamte erscheint.
In Spanien waren durch das Gesetz vom 18. Juni 1870 die obligatorische
Zivilehe und Zivilstandsregister eingeführt worden. Durch das Dekret vom
9. Februar 1875 wurde zwar für die Katholiken die kirchliche Trauung als Ehe-
schließungsform gesetzlich wiederhergestellt, die Führung der Standesregister
jedoch verblieb den Munizipalrichtern in den Gemeinden oder Gemeindedistrikten,
und die katholischen Pfarrer sind verpflichtet, die von ihnen erfolgten Ehe-
schließungen bei den Munizipalrichtern zur Eintragung in die bürgerlichen Ehe-
register anzumelden.
Die kirchlichen Trauungsregister und die daraus gezogenen Urkunden ge-
nießen nur dann öffentliche Beweiskraft, wenn sie gemäß den gerichtlichen Regle-
ments legalisiert sind. Die katholische Kirche besitzt allein das Recht zur
Führung von Eheschließungsregistern, allerdings nur mit der eben erwähnten
Beschränkung ihrer Beweiskraft, während für die Angehörigen aller übrigen
Glaubensgemeinschaften überhaupt nur bürgerliche Registerführung besteht.
Durch das seither in Kraft getretene neue bürgerliche Gesetzbuch für Spanien
ist an diesem Rechtszustande nichts geändert worden.
Neben dem französischen Systeme und seinen Nachbildungen steht als zweite
Hauptform des Standesregisterwesens das englische System.
In England hatte, wie schon erwähnt, die Staatsregierung schon in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts die Führung der Kirchenbücher zu regeln begonnen.
Infolgedessen sah sich die in ihrem Selbstbestimmungsrechte bedrohte Kirche,
als in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts neue Pläne einer Verstaatlichung
des Registerwesens auftauchten, genötigt, die Regelung des allerdings immer mehr
in Verwirrung geratenden Registerwesens selbst zu versuchen, was insbesondere
durch die Verordnungen der Synode von Canterbury vom 25. Oktober 1597 geschah.
Unter dem Einflüsse des Independentismus verfügte eine unter Cromwell
erlassene Verordnung (der Commonwealth) vom 14. August 1653 für England die
Einführung von Zivilstandsregistern; dasselbe geschah bald darauf auch für Schott-
land und Irland.
Nach der Restauration kam jedoch die Führung dieser Register wieder ab,
ohne daß eine förmliche Aufhebung dieser Gesetze jemals erfolgt wäre.
25
Im 17. und 18. Jahrhundert erließ die englische Gesetzgebung zur Bekämpfung
der heimlichen Ehen viele Bestimmungen über die ordnungsmäßige Führung der
Kirchenbücher, Bemühungen, welche selbst bis in unsere Zeit noch fortgesetzt
blieben.
Noch das Statut 52 vom Jahre 1812 (An act for the better regulating and
preserving parish and other registers of births, baptisms, marriages and burials
in England), wodurch eine durchgreifende Neuregelung der Kirchenbücher an-
gestrebt wurde, hielt an dem Prinzipe der kirchlichen Registerführung fest.
Erst als durch den Bericht einer vom Parlament 1830 zur Prüfung des eng-
lischen Registerwesens eingesetzten Kommission ein höchst unerfreulicher Zustand
desselben enthüllt worden war, entschloß sich die englische Gesetzgebung zu
einer gründlichen Reform, welche durch die von Lord Rüssel zustande gebrachte
Act of registering bearths, deaths and marriages in England durchgeführt wurde.
(Publiziert am 17. August 1836.)
Das Standesregisterwesen wurde hiernach verstaatlicht, und in Anlehnung an
die durch das Statut 4 und 5 von 1834 erfolgte Neuregelung des Armenwesens
wurden die Organe der neuen Armensprengel (Boards of Guardians) als Super-
intendent Registrars mit der Überwachung der neuen Zivilstandsregister betraut.
Die genannten Beamten sind berechtigt, ihre Bezirke mit Genehmigung des
General-Registrar, welchem die oberste Leitung des Registerwesens zusteht, in
Unterbezirke zu teilen und für jeden derselben eine hierzu geeignete Person als
eigentlichen Registrar zur Führung der Register zu bestellen.
Die Pfarrgeistlichen der Staatskirche behielten das Recht zur Führung staat-
lich anerkannter Trauungsbücher, sind jedoch verpflichtet, ihre Aufschreibungen
auf den gesetzlich vorgeschriebenen Formularen zu machen und vieteljährlich
Duplikate an das Registrars-Office, d. i. das Zentralarchiv des General-Registrars
einzusenden; die besonderen Zivilstandesbeamten führen nur ergänzende Ver-
zeichnisse über die Eheschließungen, die nach anderen als den staatskirchlichen
Formen erfolgen, und üben rücksichtlich der Trauungen überhaupt nur eine kon-
trollierende und ergänzende Funktion.
Diese Grundsätze des englischen staatlichen Registerwesens sind durch
Statut 7 und 8 vom 29. August 1844 auf Irland und 17 und 18 vom 17. August
1854 auch auf Schottland ausgedehnt worden; für diese beiden Länder bestehen
besondere Generalregisterämter.
Das englische System der Standesregister, welches sich auf ganz selbständiger
Grundlage und in eigenartiger Weise entwickelt hat, unterscheidet sich vom franzö-
sischen dadurch, daß es sich einerseits nicht unmittelbar an den Organismus der
Gemeindeverwaltung anschließt, sondern zur Führung der Register besondere
Organe beruft, andererseits die bürgerlichen Standesbeamten nur in Ausnahms-
fällen als Trauungsorgane bestellt und die Vornahme dieses Zivilstandesaktes
vielmehr in der Regel ebenso wie die Führung der Trauungsregister den kirch-
lichen Funktionären überläßt.
Mit dem englischen System des Standesregisterwesens stimmt im großen und
ganzen, von einigen Abweichungen abgesehen, auch das in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika bestehende System überein.
26
Die Staatsgesetzgebung in Österreich beginnt erst unter Maria Theresia, die
Ordnung der Kirchenbücher in den Bereich ihrer Tätigkeit zu ziehen. Es ge-
schah dies schon durch die Verordnung von 6. Oktober 1770 und mit dem Patente
vom 10. März 1773. Durch eine Verordnung vom 2. März 1771 wurden die
Ordinariate angewiesen, die Pfarrer zu überwachen, daß sie die Kirchenbücher,
für welche in dieser Zeit schon der Ausdruck „Matriken" erscheint, nach den
bestehenden Vorschriften führen. Von Maria Theresia stammen auch die ersten
Maßnahmen her, welche die Schaffung von Standesregistern für die Israeliten be-
zweckten. Es waren dies die Verordnungen vom 27. Januar 1766 und vom 25. No-
vember 1779.
Aber erst das bekannte Patent Kaiser Josefs II. vom 20. Februar 1784 schuf
für das österreichische Matrikenwesen jene feste Grundlage, auf welcher dasselbe
im wesentlichen noch heute ruht. Die einleitenden Worte zu diesem Patente
beweisen, in wie hohem Maße die damalige Staatsverwaltung die Wichtigkeit
eines gut geregelten Matrikenwesens zu würdigen wußte.
Der Inhalt dieses Patentes ist in großen Zügen folgender: Nach § 1 des-
selben ist jeder Pfarrer verpflichtet, für seinen Sprengel drei gesonderte Bücher
zu führen, eines zur Eintragung der Geborenen, ein Trauungsbuch und ein drittes
über die Gestorbenen.
Die Form der Eintragungen wurde im einzelnen durch Erlassung einheit-
licher Formularien des näheren geregelt; die Aufsicht über die Matriken wurde
den Bischöfen, welche sie bei Gelegenheit ihrer kanonischen Visitation auszuüben
hatten (§ 7), und den Kreisbeamten (§ 8) übertragen. Das Recht und die Pflicht
zur Führung von Handregistern mit voller bürgerlicher Beweiskraft kam jedoch,
abgesehen von den Israeliten, nur den Pfarrgeistlichen der römisch- und griechisch-
katholischen und der griechisch-orientalischen Kirche zu. Den protestantischen
Seelsorgern war zwar die Führung von Registern zum Privatgebrauche seit dem
Toleranzpatente vom 13. Oktober 1781 gestattet, sie hatten jedoch alle Matriken-
fälle den katholischen Matriken behufs Eintragung in die katholischen Matriken
anzuzeigen, da nur diesen volle bürgerliche Beweiskraft zukam.
Das Hofdekret vom 22. Februar 1784 sanktionierte diesen Rechtszustand,
wie er sich im Anschlüsse an das Toleranzpatent entwickelt hatte. Erst durch
die Allerhöchste Entschließung vom 20. November 1829, bzw. durch das Hofdekret
vom 26. November 1829 erhielten auch die protestantischen Pfarrgeistlichen das
Recht zur Führung öffentlicher Matriken; doch blieb den katholischen Matriken-
führern immer noch ein gewisses Aufsichtsrecht gewahrt, weshalb ihnen auch
Duplikate der Eintragungen behufs Verzeichnung in den katholischen Matriken
zugesendet werden mußten.
Dies dauerte bis zum Jahre 1849, wo mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums
des Innern vom 30. Januar, Reichsgesetzblatt Nr. 107, die volle Gleichstellung
der Protestanten bezüglich ihrer Matriken mit den Katholiken ausgesprochen
wurde.
Für die griechisch-orientalischen Pfarrgeistlichen dagegen galten die Be-
stimmungen des Josefinischen Patentes ohne Einschränkung wie für die katho-
lischen, dessen Vorschriften durch das Hofreskript von 29. April 1786, Z. 11 (§ 44),
27
speziell für die griechisch-orientalische Pfarrgeistlichkeit nochmals ausgesprochen
wurden.
Vor der Erlassung des Josefinischen Patentes wurden weder in der Bukowina
noch in Dalmatien von den orientalischen Griechen ordentliche Matriken geführt 1 ).
Auch für das Registerwesen der griechisch-katholischen Kirche bedeutet das
Josefinische Patent einen großen Fortschritt. Ob und welche Vorschriften in
dieser Beziehung von der kirchlichen Gesetzgebung vorher erlassen worden sind,
oder ob in Ermangelung partikulärer Normen die Bestimmungen des tridentinischen
Konzils als anwendbar erachtet wurden, entzieht sich unserer Kenntnis.
Eines aber ist sicher, daß die Führung ordnungsmäßiger Register seitens der
griechisch-katholischen Pfarrgeistlichen vor dieser Zeit ziemlich selten war, daß
diese Register vielmehr erst durch das Josefinische Patent zu einer allgemeinen
Institution wurden.
Sowohl den griechisch-orientalischen als auch den griechisch-katholischen
Pfarrgeistlichen kam, wie schon erwähnt, das Recht zur Führung öffentlicher
Matriken zu; eine Ausnahme bestand nur bezüglich des griechisch-katholischen
Pfarrers in Wien, welcher zwar das Recht der Matrikenführung für seine Zwecke
besaß, jedoch jeden Matrikenfall dem römisch-katholischen Pfarrer zur Eintragung
in dessen Kirchenbücher anzeigen mußte. Diese Bestimmung des Hofdekretes
vom 15. Januar 1815 beweist, daß sich die österreichische Gesetzgebung bei der
Regelung des Matrikenwesens der nicht der herrschenden römisch-katholischen
Kirche angehörenden Glaubensgenossen seit dem Josefinischen Patente nicht mehr
ausschließlich von konfessionellen, sondern in erster Linie von Zweckmäßigkeits-
gründen leiten ließ, da die Führung besonderer Register für eine beschränkte
oder zerstreute Zahl von Glaubensgenossen naturgemäß mit mannigfachen Schwierig-
keiten und Unzukömmlichkeiten verbunden ist.
Was die Israeliten betrifft, so hatte die schon vorher erwähnte Verordnung
Maria Theresias vom 27. Januar 1766 die israelitischen Gemeinden in Böhmen
zur Führung von Geburtsbüchern verpflichtet, ohne jedoch dieses Ziel zu erreichen.
Erst das Josefinische Patent schrieb im § 6 auch für die Israeliten allgemein
die Führung von drei Registern vor, welche von dem Ortsrabbiner, bzw. von dem
dem betreffenden Orte am nächsten wohnenden Rabbiner geführt werden sollten.
Doch ließen die neu angelegten jüdischen Matriken viel zu wünschen übrig be-
züglich ihrer Genauigkeit und Zuverlässigkeit, so daß sich die österreichische
Gesetzgebung noch unter Kaiser Josef II. und auch später wiederholt gezwungen
sah, zur Erzielung größerer Richtigkeit dieser Matriken die Kontrollvorschriften
und die Anzeigepflicht zu verschärfen, z. B. mit den Verordnungen für Böhmen
vom 25. Oktober und vom 22. November 1887 u. a. m.
Die für die einzelnen Länder erflossenen Judenpatente trafen dann noch ge-
nauere Bestimmungen, die zum Teil darauf hinausgingen, das bestehende Auf-
sichtsrecht der katholischen Pfarrgeistlichen auch auf die jüdischen Matriken aus-
zudehnen; letzteres geschah durch das Judenpatent für Böhmen vom 3. August
*) Zuschriften der Konsistorien von Cattaro und Zara an die statistische Zentral-Kom-
mission vom 26. November 1888, Z. 1592, und vom 27. November 1888, Z. 1239.
28
1797 (§9), während jenes für Galizien vom 7. Mai 1789 (§30) die Gemeinde-
vorstände als Aufsichtsorgane beruft. In Mähren trafen die Verordnungen vom
27. Januar 1795 und vom 30. Januar 1825 behufs genauerer Evidenzhaltung der
außerhalb der Gemeinde lebenden Israeliten verschärfte Bestimmungen.
In Niederösterreich kam die Führung der israelitischen Matrikenbücher dem
Magistrate in Wien zu; sie ging später auf einen eigenen Judenkommissär und
hierauf von diesem auf die Polizeidirektion über, welche sie auch noch nach
dem Regierungszirkular vom 11. September 1849 zu führen hatte, freilich nicht
primär, sondern nur als Zentralaufsichtsbehörde; in erster Linie kam sie den
jüdischen Religionslehrern zu.
In Schlesien, wo kein Rabbiner einen Sitz hatte, waren die Steuerkollektoren
mit der Führung der israelitischen Matriken betraut.
In den südlichen Landesteilen Österreichs waren infolge der französischen
Okkupation unter Napoleon Zivilstandesregister zur Einführung gelangt; sie wurden
von den Bürgermeistern geführt, die in dieser Eigenschaft in den italienischen
Gebieten ufficiali dello stato genannt wurden; an diese mußten von den Seel-
sorgern die Matriken abgeliefert werden.
Nach dem Sturze der französischen Herrschaft wurden die von den Pfarrern
geführten Bücher den letzteren wieder zurückgestellt, während die inzwischen
von den Zivilstandesbeamten geführten Register den Gemeindeverwaltungen und
den Zivilgerichten zur Aufbewahrung übergeben werden sollten. Nach den
Dekreten der Zentralhoforganisationskommission vom 21. August 1815 und vom
14. März 1818 und einer besonderen Verordnung für Tirol vom 21. September
1815 sollten jene Pfarrer, welche die Kirchenbücher auch während der französischen
Herrschaft nach den Vorschriften des Josefinischen Patentes fortgesetzt hatten,
dieselben mit den Zivilstandsregistern vergleichen und vorkommende Abweichungen
anzeigen, jene aber, welche die Bücher nicht fortgeführt hatten, für ihre Pfarr-
bezirke Auszüge aus den Zivilstandsregistern machen.
In Dalmatien insbesondere hatten vor der französischen Herrschaft wenigstens
für die Registerführung der orientalischen Griechen gar keine Vorschriften be-
standen, und es waren auch demgemäß nur von sehr wenigen Seelsorgern dieser
Konfession Matriken geführt worden.
Seit dem Josefinischen Patente ist in Österreich eine prinzipielle Neuregelung
des Matrikenwesens nicht erfolgt; Gesetzgebung und Verwaltung waren vielmehr
nur bemüht, durch spezielle Bestimmungen jene Änderungen herbeizuführen, welche
durch das mittlerweile zur allgemeinen Anerkennung gelangte Prinzip der kon-
fessionellen Gleichheit und der Religionsfreiheit geboten waren.
So wurde durch den Ministerialerlaß vom 30. Januar 1848, R.-G.-Bl. Nr. 107,
den von der evangelischen Geistlichkeit unter ihrer alleinigen Fertigung aus-
gestellten Matrikenauszügen die Beweiskraft öffentlicher Urkunden verliehen.
Durch das Gesetz vom 10. Juli 1868, R.-G.-BL Nr. 12, betreffend die Beweis-
kraft der Geburts-, Trauungs- und Sterbematriken der Israeliten, wurde die bis
dahin zu Recht bestehende Kontrolle, Beglaubigung und Vidierung der israeliti-
schen Matrikenbücher, bzw. der Auszüge aus denselben durch die katholische
Geistlichkeit aufgehoben. (Art. IL)
29
Für Galizien und die Bukowina wurden in Ausführung dieses Gesetzes be-
sondere Verordnungen erlassen (kundgemacht am 14. September 1876, L.-G.-Bl.
Nr. 55, bzw. am 13. Februar 1877, L.-G.-Bl. N. 3) und Mähren wurde zufolge
des Erlasses des Ministeriums des Innern vom 12. Juli 1877, Z. 15. 552, in
55 israelitische Matrikenbezirke eingeteilt; in den übrigen Ländern gelten be-
züglich der Matrikenführung der Israeliten im großen und ganzen noch die alten,
oft recht lückenhaften Bestimmungen.
Mit der Verordnung vom 18. Oktober 1877, R.-G.-BI. Nr. 99, erhielt die alt-
katholische Kirche in Österreich die staatliche Anerkennung und damit auch das
Recht zur Führung staatlich anerkannter Matriken durch ihre Pfarrgeistlichen;
die Einrichtung derselben wurde durch die Verordnung vom 8. November 1877,
R.-G.-Bl. Nr. 100, näher geregelt.
Auf Grund der mit der Verordnung vom 30. März 1880, R.-G.-Bl. Nr. 40,
ausgesprochenen Anerkennung der evangelischen Brüderkirche (Herrnhuter) kommt
auch den Seelsorgern dieser Religionsgenossenschaft das Recht zur Führung
staatlich anerkannter Matriken zu (Ministerialverordnung vom 26. November 1882).
Die gleiche Eigenschaft besitzen auch die Register der armenisch-orientalischen
Kultusgemeinde in Suczawa, teilweise auch der kleinrussischen Bauernsekte der
Lipowaner in der Bukowina, die dortselbst fünf Kultusgemeinden besitzen, end-
lich auch die Bücher der Sekte der Karaiten in Halicz, ohne daß bezüglich der
letzteren eine Regelung im gesetzlichen oder im Verordnungswege ei folgt wäre;
ihre öffentliche Geltung beruht lediglich auf dem Herkommen.
Was die Militärmatriken anbelangt, welchen ich doch einige Worte mehr
widmen möchte, so erklärt sich ihre Besonderheit aus der Exemption vom Pfarr-
vorstande, welche die in aktiven Militärdiensten stehenden Personen in Öster-
reich frühzeitig erlangt haben.
Schon das Militärreglement vom Jahre 1768 sagt, daß die Matrikenbücher
für die Militärpersonen von den Militärgeistlichen zu führen seien; nach späteren
Vorschriften unterschied man zwischen Personen, welche zur militia vaga, und
solchen, welche zur militia stabilis gehörten; für die letzteren führte der Zivil-
seelsorger die Matriken, für die ersteren regelmäßig die Militärgeistlichkeit. Er-
folgte ein Ausmarsch, so waren die Militärmatriken abzuschließen und dem Feld-
superiorate der Provinz am Sitze des Landesgeneralkommandos zur Aufbewahrung
zu übergeben. Über die im Felde vorkommenden Matrikenfälle wurden Manual-
protokolle geführt.
Von aufgelösten Regimentern waren die Matriken an den Feldsuperior des
Landes, in welchem sie ihren Werbbezirk hatten, von aufgelösten Feldspitälern
und sonstigen Heeresanstalten an den Feldsuperior des Landes, in welchem die
Auflösung geschah, abzugeben. Bei den Feldsuperioren waren sie durch drei
Jahre hindurch aufzubewahren und sodann dem Feldkonsistorium einzusenden.
In neuerer Zeit wurde die Führung der Militärmatriken durch die Zirkular-
verordnung des k. u. k. Reichskriegsministeriums vom 5. Juli 1887, Präs.-Nr 3401,
(V.-Bl. 23), geregelt, 1 ) wodurch die Bestimmungen der Zirkularverordnung vom
J ) Mayrhofer, Handbuch 1895, II, S. 1130.
30
26. Mai 1869, Präs.-Nr. 2014, teilweise abgeändert wurden. Dieselbe enthält
genaue Bestimmungen über die Führung der Militärmatriken im Frieden einer-
seits und im Kriege andrerseits.
Im Frieden obliegt die Matrikenführung den Militärpfarrern, den Militär-
kuraten, den exponierten katholischen und allen griechisch-orientalischen Militär-
kaplänen, den geistlichen Professoren, welche mit der Ausübung der Seelsorge in
den Militärerziehungs- und Bildungsanstalten betraut sind, den evangelischen
Militärseelsorgern, welchen gemäß der Zirkularverordnung des Reichskriegsministe-
riums vom 30. August 1883, Präs.-Nr. 4098, der Titel: evangelische Militär-
prediger zukommt, und schließlich den in größeren Garnisonorten mit der
subsidiarischen Militärseelsorge betrauten Zivilgeistlichen.
Diese haben Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher und außerdem Duplikate
derselben zu führen; letztere sind mit Ende jedes Jahres abzuschließen und von
den Militärkuraten, den exponierten katholischen und den griechisch-orientalischen
Militärkaplänen, dann von den mit der subsidiarischen Militärseelsorge betrauten
Zivilgeistlichen dem an der Spitze des Militärseelsorgebezirkes stehenden Militär-
pfarrer einzusenden, welcher die eingelangten Duplikate zu überprüfen und einen
Monat nachher gleichzeitig mit den von ihm selbst geführten Duplikaten dem
apostolischen Feldvikariate zur* Aufbewahrung vorzulegen hat. In gleicher Weise
sind die Duplikate auch von den Seelsorgern der Militärerziehungs und -bildungs-
anstalten und von den evangelischen Militärseelsorgern jährlich abzuschließen und
von den ersteren dem apostolischen Feldvikariate unmittelbar, von letzteren aber
durch das vorgesetzte Korps- (Militär-) Kommando dem Reichskriegsministerium vor-
zulegen, welches dieselben wieder dem apostolischen Feldvikariate zur Auf-
bewahrung übermittelt.
Von jedem Militärpfarrer wird nebst den Matriken der zugewiesenen Truppen-
körper und -anstalten usw. noch die Militärpfarrmatrikel geführt, welche für den
Amtssitz des Militärpfarrers zugleich als Garnisonsmatrikel anzusehen ist; dieselbe
dient überdies zur Aufnahme jener Matrikenfälle, die sich bei den im betreffen-
den Militärterritorialbezirke angestellten, nicht im Verbände eines Truppenkörpers
oder einer mit eigenen Matriken dotierten Anstalt stehenden Militärpersonen
ergeben. Im übrigen enthält die zitierte Zirkularverordnung in ihrem ersten
Teile noch genaue Vorschriften über die Matrikenführung durch die oben genannten
Organe, insbesondere über das Vorgehen bei Eheschließungen, im zweiten Teile
aber genaue Bestimmungen über die Matrikenführung im Kriege. Den bei den
höheren Kommandos der Armee im Felde eingeteilten Militärgeistlichen werden
keine gebundenen Martrikeln beigegeben; dieselben haben daher die vorkommen-
den Matrikelfälle für jeden der ihnen zugewiesenen Truppenkörper und desgleichen
für jede Anstalt auf besonderen, je nach Bedarf in Hefte gefaßten Matrikelbogen
aufzunehmen, wobei die allenfalls vorkommenden Fälle über die nicht zum Ver-
bände eines Truppenkörpers oder einer Anstalt gehörigen Einzelpersonen (auch
jener des Zivilstandes im Gefolge der Amee) in einem eigenen Hefte gemein-
schaftlich nachzuweisen sind. Bei Sterbefällen wird dem Militärgeistlichen der
Totenbeschauzettel oder das vom Militärarzte bestätigte Legitimationsblatt zugestellt,
ev. nachträglich auch noch das Nationale bekannt gegeben. Nach vollzogener
31
Funktion hat der Militärgeistliche sogleich den Auszug aus dem Matrikelhefte
dem Standeskörper (Kommando) zu übergeben, von welchem dieses Dokument
im Wege des Ersatz-(Stamm-)Körpers, bzw. der Stammanstalt, ev. des Reichs-
Kriegsministeriums an den nach § 2 der Verordnung zuständigen Militärpfarrer
einzusenden ist; dieser nimmt den Fall in die betreffende Matrikel auf und über-
mittelt den Auszug nach beigesetzter Bestätigung der Protokollierung der mit der
Führung des Hauptgrundbuches betrauten Verwaltungskommission.
Es folgen dann noch nähere Bestimmungen über die Immatrikulierung der
auf dem Schlachtfelde gebliebenen und der in den Divisions-Sanitätsanstalten ver-
storbenen Personen. Zu bemerken ist schließlich noch, daß die von den Militär-
geistlichen im Felde geführten Matrikelbogen (Hefte) mit Ende eines jeden Monates
abzuschließen, von dem Militärgeistlichen unter Beidruck des Dienstsiegels zu
fertigen und sodann von den Divisionsseelsorgern und dem Seelsorger des Armee-
oberkommandos dem vorgesetzten Feldsuperior, von den evangelischen Divisions-
seelsorgern dem evangelischen Seelsorger der Armee einzusenden sind. Der Feld-
superior sendet die an ihn gelangten Matrikelbogen (Hefte), ferner die ihm von
den Feldspitalskuraten zugekommenen Matrikelduplikate samt den von ihm selbst
geführten Matrikelbogen an das apostolische Feldvikariat. Der evangelische Seel-
sorger der Armee und der Feldrabbiner leiten die Matrikelbogen im Wege der
Militärabteilung des Armee-Generalkommandos an das Reichs-Kriegsministerium,
welches diese Matrikelbogen an das apostolische Feldvikariat übermittelt; dasselbe
hat bei eintretender Demobilisierung zu geschehen.
Nach der Zirkularverordnung des Landesverteidigungs-Ministeriums vom 4. Mai
1876, Z. 4757/VI, ist für die im Verbände der aktiven Landwehr und der Landes-
schützen stehenden Militärpersonen im Frieden die Zivilgeistlichkeit zur Matriken-
führung berufen; bei eingetretener Mobilisierung steht diese Funktion den Militär-
seelsorgern zu.
Zur Matrikenführung für die Gendarmerie 1 ), welche nach dem Gesetze vom
26. Februar 1876, R.-G.-Bl. Nr. 19, ein militärisch organisiertes Wachtkorps ist, sind
die Geistlichen des stehenden Heeres berufen; das gleiche gilt auch bezüglich
der Militärwachtkorps für die Zivilgerichte Wiens und der Polizeiwachtkorps in
Lemberg und Krakau.
Die Zirkularverordnung des Reichs-Kriegsministeriums vom 3. Februar 1870,
Abt. I Marinesektion, regelt die Matrikenführung bei der österreichisch-ungarischen
Kriegsmarine. Danach obliegt die Führung der Tauf-, Trauungs- und Sterbe-
matriken bei der Marine dem Marinepfarrer in Pola, dem selbständigen Marine-
kuraten des daselbst befindlichen Marine-Haupthospitals, dem Kuraten der Marine-
akademie in Fiume und dem griechisch-orientalischen Marinegeistlichen; die in
Orten außerhalb des Amtssitzes des Marinepfarrers angestellten Marinegeistlichen
und Zivilgeistlichen, welche mit der . subsidiären Seelsorge in einer Marinestation
oder -Anstalt betraut sind, haben nur Tauf- und Sterbematriken, die an Bord
der Kriegsschiffe befindlichen Marinekapläne nur die üblichen Handprotokolle zu
führen. Die Standesangelegenheiten der Marinepersonen evangelischen Bekennt-
x ) C. Seidl, Matrikenführung 1897, S. 402.
32
nisses sind vom nächsten Militärseelsorger des betreffenden Glaubensbekenntnisses
zu registrieren.
Eine gute Übersicht über die Zahl der in Österreich bestehenden Militär-
matrikenstellen ist in zwei Tabellen in der Statistischen Monatsschrift, XV. Jahrg.
(1889), S. 423, länderweise zusammengestellt.
Eine erwähnenswerte Anomalie liegt darin, daß sich mitunter mehrere Seel-
sorgestationen in die Führung der einzelnen Matriken für eine oder die andere
Ortschaft teilen.
So z. B. führt die Dechantei St. Nikolaus in Eger für einige Orte, wie Honners-
dorf, Langenbruck, Reichersdorf, Reißig, Schiada, Sebenbach, Stein, Tirschnitz
und Triesenhof, nur Tauf- und Trauungsmatriken, während die Sterbematriken
von anderen Pfarreien, z. B. für die Ortschaften Honnersdorf, Langenbruck, Reichers-
dorf, Sebenbach und Tirschnitz von der Pfarre Trebendorf, für die Ortschaft
Schiada von der Pfarre Ober-Lohma geführt werden.
Die Dechantei Königgrätz führt für einige Ortschaften, wie Lotha, Malschowa,
Maleschowitz und Swinar die Tauf- und Trauungsmatriken, das Pfarramt Neu-
Königgrätz aber die Sterbematriken usw.
Diese Ausnahmen, die wohl in lokalen Verhältnissen ihre Erklärung finden
dürften, sind mit dem ja noch immer in Kraft stehenden Josefinischen Patente
nicht gut vereinbar; denn dieses schreibt ausdrücklich vor, daß jeder Pfarrer zur
Führung dreier gesonderter Matriken für seinen Sprengel verpflichtet ist; einige
spätere Verordnungen aus dem Jahre 1784 bestimmen dann noch, daß, falls einer
Pfarre mehrere Ortschaften einverleibt sind, zur Vermeidung von Irrungen die
Matriken für jeden Ort abgesondert zu führen sind.
Aus den Bestimmungen des Josefinischen Patentes scheint ferner auch hervor-
zugehen, daß nur Pfarrgeistlichen das Recht zur Führung staatlich anerkannter
Matriken zustehen soll, und daß dieses Recht zugleich auch die Pflicht zur
Führung aller drei Matriken, der Tauf-, Trauungs- und Sterbebücher, in sich
schließen soll; auch die eben erwähnten Nachtragsverordnungen sprechen immer
nur vom „Pfarrer", während das Hofdekret vom 1. Juni 1784 schon den Ausdruck
„alle angestellten Seelsorger" gebraucht, jedoch an einer anderen Stelle wieder
von Eintragungen in die „Pfarr-Register" spricht.
Nichtsdestoweniger hat die spätere Praxis die Bestimmungen des Josefinischen
Patentes auf alle Seelsorger, welche einer Seelsorgestation selbständig vorstehen,
wie die Pfarradministatoren, Lokalkapläne, Expositen usw. angewendet und be-
trachtet alle diese kirchlichen Funktionäre, später mitunter sogar auch die nicht
selbständigen als zur Führung staatlich anerkannter Matriken berechtigt, ohne
daß jedoch diese Praxis bisher eine gesetzliche Sanktion gefunden hätte.
Veranlassung zu dieser extensiven Interpretation der Josefinischen Bestim-
mungen durch die Praxis gab insbesondere die in den südlichen Ländern schon
lange verbreitete Einrichtung der „curati amovibiles", und so hat sich namentlich
in Südtirol und Krain die Gepflogenheit herausgebildet, daß eine beträchtliche
Anzahl von Kuraten und Expositen entweder nur Tauf- und Sterbebücher, hier
und da auch nur Taufbücher führt, während die Führung der Trauungs-, bzw.
der Sterbematriken dem zuständigen Pfarrer vorbehalten ist; auch in anderen
33
Kronländern finden sich vereinzelte Beispiele dieser Art. Man muß jedoch bei
diesen — Professor Schmid nennt sie: Matrikenstellen mit beschränkter Berech-
tigung — unterscheiden zwischen solchen, bei welchen der betreffende Kurat,
Exposit usw. die Matriken nur in Form von Vormerksprotokollen führt, deren
Inhalt in regelmäßigen Zeitabschnitten den übergeordneten Pfarrstellen zur Ein-
tragung in die Pfarrmatriken bekanntgegeben wird, und solchen, bei welchen der
genannte Vorgang nicht stattfindet, sondern die Eintragungen des betreffenden
Kuraten usw. gleich als vollwertige Matriken angesehen werden; eigentlich sind
nur die letzteren als Matriken mit „beschränkter Berechtigung" im vollen Sinne
des Wortes zu bezeichnen, während die ersteren eigentlich nur als Hilfsprotokolle
zu betrachten sind, welche zur Erleichterung der Geschäftsführung, zu internen
Zwecken, sozusagen pro domo geführt werden; in der Praxis ist freilich die
Grenze zwischen diesen beiden Matrikenarten oft nicht leicht zu ziehen, und es
bestehen da manche Unklarheiten, die noch durch einen anderen Usus, der
gleichfalls mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruche steht, vermehrt
werden.
Es ist dies nämlich die Gepflogenheit, daß an gewissen Anstalten von einem
anderen Geistlichen als dem zuständigen Pfarrer und unabhängig von diesem
Matriken geführt werden. Das Hofdekret vom 15. September 1786 schon hatte
den Grundsatz ausgesprochen, daß für Zivilkrankenanstalten, Gebär- und Findel-
häuser nicht die für diese Anstalten etwa bestellten Seelsorger, sondern die
Pfarrer, in deren Sprengel die Anstalten gelegen sind, die Matriken zu führen
haben; entgegen dieser Bestimmung hat jedoch die Praxis manchen in Kranken-
häusern, Straf- und sonstigen Anstalten zur Ausübung der Seelsorge berufenen
Geistlichen die Führung entweder sämtlicher oder doch gewisser Matriken zu-
gestanden; der Umfang dieser Berechtigung ist, wie es scheint, nur durch interne
Ordinariatsinstruktionen geregelt, ähnlich wie bei den oben besprochenen Matriken-
stellen mit beschränkter Berechtigung. Der Inhalt derselben gibt auch hier öfters
zu dem Zweifel Veranlassung, ob die Führung dieser Bücher nur pro domo oder
mit äußerer Rechtswirkung stattzufinden habe; aber auch wo das erstere der Fall
ist, werden die Matrikenfälle regelmäßig nicht an den parochus Ordinarius, in
dessen Sprengel die Anstalt liegt, wie es das eben erwähnte Hofdekret vorschreibt,
sondern meist an die Seelsorger des letzten Wohnsitzes der Immatrikulierten be-
kannt gegeben. Natürlich weicht die Praxis bezüglich aller dieser Punkte in den
einzelnen Kronländern vielfach ab.
Im folgenden sollen einige Beispiele von Matrikenstellen mit beschränkter
Berechtigung aus mehreren Ländern gegeben werden:
In Niederösterreich führen die Filiale Velm (politischer Bezirk Mödling) und
das Benefizium Schönau (politischer Bezirk Baden) seit dem Jahre 1874 nur Tauf-
matriken, während die übrigen Register in Moosbrunn, bzw. Sollenau (politischer
Bezirk Wr.-Neustadt) geführt werden. Das Benefizium in Zwölfaxing (politischer
Bezirk Brück a. d. L.) führt seit 1843 Vormerkprotokolle über Taufen und Sterbe-
fälle, die eigentlichen Matriken befinden sich jedoch bei der Pfarre in Schwechat.
In Steiermark führt das Krankenhaus in Graz Tauf- und Sterberegister, die
Kaplanei Maria-Grün nur Taufregister.
Heydenreich, Famiiiengeschichtliche Quellenkunde. 3
34
In Krain werden in der Männerstrafanstalt in Laibach Sterbe- und in der
Weiberstrafanstalt in Vigaun (politischer Bezirk Radmannsdorf) und im Landes-
spitale Tauf- und Sterbematriken geführt; zehn Exposituren führen teilweise schon
seit dem 18. Jahrhundert Tauf- und Sterbebücher, während die Trauungsmatriken
sich beim übergeordneten Pfarramte befinden.
Im Küstenlande werden im Zivilspitale und für das Armenhaus in Triest alle
drei Matriken geführt. Die Matrikenführung des Armenhauses ist zwar mit jener
der Pfarre Neustadt vereinigt, doch bestehen für beide Matrikenstellen getrennte
Register; außerdem haben in der Triester Diözese noch ca. 30 Kaplaneien und
Exposituren das Recht zur Registerführung; dieselben sind jedoch verpflichtet,
die Matrikenfälle monatlich den zuständigen Pfarrämtern zur Eintragung bekannt-
zugeben, die allein befugt sind, Matrikenscheine auszustellen. Auch der Expo-
situs von S. Pietro de Nembi in der Diözese Veglia hat ähnliche beschränkte
Befugnis zur Registerführung; auch er muß die verzeichneten Matrikenfälle, und
zwar wöchentlich dem Pfarrer von Lussin grande mitteilen. In der Oörzer Diözese
führen jedoch die Vikariatsämter: Begliano, Pieris und Viscone Tauf- und Sterbe-
bücher mit voller äußerer Rechtskraft. Bis 1877 hatte auch das Vikariatsamt
Borgnano nur die Berechtigung zur Führung dieser beiden Matriken. In der
Strafanstalt in Gradisca werden nur Sterberegister geführt.
Am häufigsten jedoch kommen diese Matrikenstellen mit beschränkter Be-
rechtigung vor in Tirol und speziell in der Diözese Trient. In der Diözese
Brixen sind nur drei Exposituren zur Führung von Tauf- und Sterberegistern
berechtigt, nämlich Müselbach, Trafoi und Tschötsch; eine beschränkte Befugnis
hat ferner der Kurat der Landes-Gebäranstalt in Innsbruck; nach der Ordinariats-
Instruktion in Innsbruck vom 26. Juni 1876, Z. 2382, obliegt demselben die
Führung von Tauf- und Sterbebüchern bezüglich der in der Anstalt verpflegten
Personen, während die kirchliche Jurisdiktion über die Beamten der Anstalt und
deren Familien der Stadtpfarre in Innsbruck zusteht; die Führung dieser Matriken
geschieht jedoch nur pro domo, denn alle Eintragungen müssen gemäß der ge-
nannten Instruktion den betreffenden zuständigen Seelsorgern zur Aufnahme in
ihre Matriken bekanntgegeben werden.
In der Trienter Diözese hingegen besitzen ca. 80 Seelsorgestellen das Recht
zur Führung bloß von Tauf- und Sterbebüchern, wobei die letzteren mitunter
nur zur Registrierung verstorbener Kinder bestimmt sind, während die Todes-
fälle der erwachsenen Personen ebenso wie die Trauungen in die Pfarrmatrik
eingetragen werden.
Es wäre zu weitläufig, wollte man die Namen aller jener Seelsorgestellen in
Tirol anführen, welche ihre Matriken nur mit beschränkter Berechtigung und
nicht im vollen Umfange führen. Dieselben sind in der Statistischen Monats-
schrift, 15. Jahrgang 1889, S. 429, zusammengestellt.
In den übrigen Ländern finden sich Matrikenstellen mit beschränkter Berech-
tigung ziemlich selten und fast nur in Kranken- und Strafanstalten.
In Böhmen führt die Weiberstraftanstalt in Repy (politischer Bezirk Smichov)
Tauf- und Sterbematriken, in Mähren die Strafanstalt für Männer in Mürau (poli-
tischer Bezirk Hohenstadt) und die Landes-Gebäranstalt in Brunn Sterbematriken.
35
Ferner besitzt die Expositur in Schwillbogen (politischer Bezirk Hohenstadt) seit
1880 eine Taufmatrik.
In Galizien werden von dem Krankenhause in Lemberg alle drei Matriken
und in den Männerstrafanstalten in Lemberg und Stanislau nur Sterbematriken,
und zwar getrennt nach den verschiedenen Konfessionen, geführt.
In der Bukowina endlich bestehen bei den Gerichtsgefängnissen in Czernowitz
und Suczawa Tauf- und Sterberegister, die allerdings nur pro domo geführt werden.
Die Register der nicht-katholischen, insbesondere der nicht-christlichen Religions-
gesellschaften in Österreich sind weit weniger alt als die der römisch-katholischen
Kirche und können sich auch, was Genauigkeit und Vollständigkeit derselben
anbelangt, mit jenen größtenteils nicht messen. So z. B. reicht von den 16 grie-
chisch-katholischen Matriken in der Bukowina keine über das Jahr 1800 zurück;
die ältesten, die sich in Czernowitz befinden, datieren aus dem Jahre 1813.
Die Matrikenführung der orientalischen Griechen in der Bukowina beginnt
erst mit der Okkupation des Landes durch Österreich; etwas älter ist dieselbe
in Dalmatien, das immerhin einige Matriken, die bis in das 17. Jahrhundert reichen,
aufzuweisen hat; so z. B. Knin (1679), Smokovic (1612, bzw. 1629), Zagora (1636
und 1633). In bedeutender Anzahl und in geordnetem Zustande finden wir jedoch
die orientalisch-griechischen Matriken in Dalmatien erst von 1825 an.
Daß auch die evangelischen Matriken, die ja vor dem Toleranzpatente Josefs II.
keinen staatlichen Schutz genossen und volle Gleichstellung mit den katholischen
erst im 19. Jahrhundert erlangten, im allgemeinen kein hohes Alter aufzuweisen
haben, ist ja begreiflich. Nichtsdestoweniger finden wir insbesondere in Böhmen
manche evangelische Matriken, die aus dem 17., einige wenige sogar, die aus
dem 16. Jahrhundert stammen, so z. B. Asch (1650, fragmentarisch bis 1630),
Roßbach (1581). Sehr alte Matriken besitzen auch die in Preußen und Sachsen
gelegenen evangelischen Seelsorgestellen, deren Sprengel sich auch auf öster-
reichisches Gebiet erstreckt, z.B. Marklissa (1625), Seidenberg (1630), Regnitzlosau in
Bayern (1643) usw. Auch in Galizien gibt es mehrere Matriken, die über das Tole-
ranzpatent hinausreichen: Lemberg (1779), Zaleszczyki (1771, bzw. 1768 und 1767).
Über die Entwicklung des Matrikenwesens der Israeliten wurde schon ge-
sprochen; zu erwähnen wäre etwa noch, daß die ältesten israelitischen Matriken,
welche sogar über die Zeit Maria Theresias hinaufreichen, sich in Prag (1721)
befinden, ferner in Schüttenhofen (1759), Teplitz (1750), und daß es meist nur
Geburtsmatriken sind, welche soweit zurückdatieren.
Über das Alter der Militärmatriken läßt sich leider ein übersichtliches Bild
in kurzgefaßter Darstellung nicht gut geben; es mag daher genügen, anzuführen,
daß die ältesten (die meisten davon in den Militärseelsorgebezirken: Graz, Josef-
stadt und Krakau) aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen.
Von älteren Matriken, welche sich in Bibliotheken und Archiven von Stiftern,
Gutsverwaltungen, Stadtgemeinden usw. befinden, wären noch zu erwähnen die
in der Universitätsbibliothek in Lemberg befindlichen Tauf-, Trauungs- und Sterbe-
register der Gutsherrschaft Tarnowice (1784 — 1788). Im Archiv der Stadt Aussig
gibt es Aufzeichnungen über Taufen, Trauungen und Todesfälle aus dem Jahre 1745.
Sehr alte Matriken, teilweise in ruthenischer Sprache abgefaßt, besitzt das Osso-
3*
36
linskische National-Institut in Lemberg (die ältesten bis 1554 und mehrere aus
dem 17. und 18. Jahrhundert). Im Hauptarchiv der Stadt Wien sind Totenproto-
kolle aus der Zeit von 1648 bis 1799, jedoch vielfach unterbrochen; überdies
befinden sich einige Totenprotokolle im Archiv des Bürgerspitals.
Im Landesarchiv zu Graz befinden sich ältere Matriken der dortigen evange-
lischen Gemeinde, die Freiherr v. Hammer-Purgstall 1886 dem Grazer Landes-
ausschusse zum Geschenke machte. Die umfassendste Sammlung älterer und
auch neuerer Matriken (Militärmatriken) ist unstreitig im Archiv des apostolischen
Feldvikariates in Wien; die Zahl derselben soll sich auf 1435 1 ) (80 Nummern)
belaufen. Hier erscheint der Gedanke eines Zentralarchivs, dessen Aufgabe die
Ordnung, Erhaltung und Zugänglichmachung aller Matriken sein soll, schon in
glücklicher Weise verwirklicht.
In Deutschland schieden sich die Länder, in denen die französische Gesetz,
gebung eingeführt war, also die preußische Rheinprovinz 2 ), die bayrische Rhein-
pfalz 3 ), Rheinhessen 4 ), das hessen-homburgische Oberamt Meisenheim 6 ), von denen,
welche von der fremden Gesetzgebung unberührt geblieben waren. In diesen
letzteren behielt das frühere konfessionell ausgebildete und gesonderte Eherecht
Geltung, ja, dieser Zustand blieb auch für solche Länder, welche die französische
Gesetzgebung angenommen hatten, so für Baden und für das oldenburgische
Fürstentum Birkenfeld nicht ohne Einfluß, insofern als im erstgedachten Lande
nach Einführung des zum badischen Landrecht umgearbeiteten Code Napoleon im
Jahre 1809 durch das Edikt vom 6. Juni 1 8 1 1 6 ) die Pfarrer sämtlicher christlichen
Konfessionen zu Beamten des bürgerlichen Standes behufs Führung der Standes-
bücher in ihren Sprengein ernannt wurden, und für Birkenfeld das Organisations-
edikt vom 2. September 1817 7 ) angeordnet hatte, daß außer der durch Artikel 165
des Code angeordneten Form zur Gültigkeit der Ehe noch die kirchliche Form
notwendig sein sollte.
Als im Jahre 1848 die Trennung von Staat und Kirche die Losung der Parteien
geworden war, stellten die von diesen Anschauungen beeinflußten deutschen Grund-
rechte das Prinzip der obligatorischen Zivilehe und der bürgerlichen Standes-
buchführung auf. Ihre §§20, 21 lauteten:
„Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Zivil-
aktes abhängig; die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung des Zivilaktes
stattfinden. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehindernis. Die
Standesbücher werden von der bürgerlichen Behörde geführt."
*) Nach dem Stande des Jahres 1887.
8 ) Philippi, Die Zivilstandsgesetze i. d. preuß. Rheinprovinz, 3. Aufl., Elberfeld 1865, S. 17.
8 ) Siebenpfeiffer, Handb. d. Verfassung, Gerichtsordnung usw. Rheinbayerns, 3. 207 ff.
*) Köhler, Handb. d. kirchl. Gesetzgebung des Großh. Hessen- Darmstadt 1847, 2, 682,
706, 716.
b ) Lottner, Sammlung der für die preuß. Rheinprovinz ergangenen Gesetze 7, 202.
6 ) Bad. Regierungsblatt v. 1811, Nr. 16, S. 65 ff., vgl. dazu Stalin in Dove u. Fried-
berg, Zeitschrift für Kirchenrecht 5, 188.
7 ) Diese Vorschrift ist durch das Gesetz vom 24. August 1870 (u. a. abgedruckt im All-
gemeinen Kirchenblatt v. 1871, S. 559) beseitigt worden. Über die Verhältnisse im ehe-
maligen Großherzogtum Berg vgl. Philippi a. a. O. S. 19 u. Stalin a. a. O. 4, 366.
37
Unter dem Einfluß dieser in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen
Anschauungen wurde die obligatorische Zivilehe und die bürgerliche Standes-
buchführung in Anhalt-Köthen und Dessau durch Gesetz vom 24. September 1849 1 )
und in Frankfurt a. M. durch die beiden Gesetze vom 19. November 1850 2 ), in
Kurhessen dagegen nur die erstere durch Gesetz vom 29. Oktober 1848 3 ) ein-
geführt. Die Verfassungen anderer deutscher Staaten, so die preußische vom
5. Dezember 1848, die oldenburgische vom 18. Februar 1849, die schwarzburg-
sondershausensche vom 12. Dezember 1849, die waldecksche vom 23. Mai 1849,
die mecklenburgische vom 10. Oktober 1849, die Reuß-Schleizer vom 30. November
1849, und die anhalt-bernburgische vom 28. Februar 1850, welche unter dem Einfluß
der Bewegungen des Jahres 1848 zustande gekommen waren, nahmen zwar die
erwähnten Bestimmungen der Grundrechte auf, behielten aber ihre Ausführung
späteren Gesetzen vor. 4 ) Diese sind indessen niemals ergangen, ja zum Teil auch
die betreffenden Verfassungsurkunden selbst bald wieder beseitigt worden. Ein
gleiches Schicksal hatten die bereits erwähnten Gesetze für Anhalt und Kurhessen,
da in dem ersteren Lande das Gesetz vom 18. November 1851 die obligatorische
kirchliche Trauung wieder herstellte 5 ) und in Kurhessen die Verordnung vom
13. April 1853 6 ), welche freilich nicht von den Ständen genehmigt war, das Gesetz
von 1 848 für die Anhänger der bestehenden christlichen Kirche außer Wirksamkeit
setzte. So blieb die obligatorische Zivilehe allein in Frankfurt a. M. bestehen,
und im übrigen war es schon viel, wenn wenigstens eine verfassungsmäßige Ver-
heißung der Einführung der Zivilehe und der bürgerlichen Standesbuchführung
in den revidierten Staatsgrundgesetzen, wie in der preußischen Verfassungsurkunde
vom 31. Januar 1850 (Art. 19), ausgesprochen wurde.
Außerdem war es eine dauernde Folge der Bewegungen des Jahres 1848, daß
in Braunschweig und Hessen-Homburg noch in demselben Jahre 7 ) und in Hamburg
im Jahre 1849 8 ) durch Einführung der Zivilehe für diesen besonderen Fall die
Eheschließung zwischen Christen und Juden ermöglicht, sowie in Oldenburg 9 ) die
fakultative Zivilehe eingeführt wurde.
Ferner verstand man sich auch dazu, für den Fall, daß die Anhänger der
christlichen Kirchen eine Eheeingehung vor dem Geistlichen ihrer Konfession nicht
ermöglichen konnten, durch die Gewährung der Notzivilehe zu helfen. Teils
geschah dies noch unter dem fortwirkenden Einfluß der Bewegungen des Jahres 1848,
*) Friedberg, Das Recht der Eheschließung, Leipzig 1865, S. 678, 679, 772.
2 ) Gesetz- und Statuten -Sammlung der freien Stadt Frankfurt a. M., Bd. 10, Frankfurt
1853, S. 345, 354, s. auch Friedberg a. a. O. S. 662, 765.
3 ) Samml. v. Gesetzen für Kurhessen, Bd. 11, Jahrg. 1846—1848, S. 133 ff.; Friedberg
a. a. O. S. 745, 806.
*) Friedberg a. a. O. S. 665, 667, 668, 670, 704, 738.
6 ) Friedberg a. a. O.
°) Friedberg a. a. O. S. 679.
7 ) Samml. v. Gesetzen usw. für Kurhessen, Bd. 13, Jahrg. 1853, S.33; Friedberg a.a.O.
S. 746.
8 ) Braunschweiger Gesetz v. 23. Mai 1848 bei Friedberg a. a. O. S. 814, Hessen-Hom-
burger Gesetz v. 21. Juni 1848.
°) Verordn. v. 24. Oktober 1849, s. Friedberg a. a. O. S. 676.
38
teils gab aber dazu die verschärfte Geltendmachung eines rigorosen Standpunktes
seitens der Geistlichkeit der christlichen Kirche Veranlassung. Es gehören hierher
die Gesetze, welche für Lübeck (vom 27. April 1852 1 ), für Württemberg (vom
l.Mai 1855 2 ), für Baden (vom 3. Oktober 1860 3 ) und für das Königreich Sachsen
(vom 20. Juni 1870 4 ) ergangen sind.
Endlich hatte die Notwendigkeit, eine staatliche Eheschließungsform für die
Anhänger der nicht anerkannten christlichen Kirchen zu schaffen, zur Gewährung
der Zivilehe für die sog. Dissidenten und Juden geführt. Für beide war in Alt-
preußen schon durch die Verordnung vom 30. März 1847 (für Dissidenten) und
das Gesetz vom 23. Juli 1847 (für Juden 5 ) die Zivilehe als einzige Eheschließungs-
form hingestellt. In betreff der ersteren wurde dieselbe auch in Anhalt-Bernburg
(Gesetz vom 13. Februar 1851) 6 ), in Württemberg, in Nassau (durch Gesetz vom
19. November 1863) 7 ), in Sachsen-Weimar (durch Gesetz vom 9. April 1864) 8 ), in
der Provinz Hannover (durch Verordnung vom 29. September 1867) 9 ), in Bayern
(durch Gesetz vom 2. Mai 1868) 10 ), in Reuß jüngere Linie (durch Gesetz vom
19. Oktober 1872) 11 ) als Eheeingehungsform offen gelassen, obligatorisch aber ein-
geführt für Anhänger „solcher Religionsgesellschaften, welche weder der prote-
stantischen noch der römisch-katholischen Kirche angehören" in Sachsen-Koburg-
Gotha (durch Gesetz vom 2. Juli 1863) 12 ), für Dissidenten im Königreich Sachsen
(durch das schon zitierte Gesetz) und in Schwarzburg-Sondershausen (durch Gesetz
vom l.März 1872) 13 ).
In Hamburg ist später durch das Gesetz vom 17. November 1865 14 ) die
Führung der Zivilstandsregister, sowie die Vornahme der Eheaufgebote auf staat-
liche Beamte übertragen, aber die Zivilehe als fakultative fortbestehen gelassen.
Dagegen sah sich Baden infolge der Konflikte, welche die Notzivilehe hervor-
*) Gesetz v. 31. Mai 1855 bei Friedberg a. a. O. S. 767.
') Friedberg a.a.O. S. 739 ff., 805. Hier ist aber auch zugleich die fakultative
Zivilehe gestattet worden, da der § 1 des Gesetzes lautet: „In allen anderen Fällen da-
gegen, in welchen die christliche oder jüdische Trauung von den Verlobten nicht begehrt
wird, oder nicht statthaft ist, muß die Ehe, wenn sie zivilrechtliche Wirkungen haben soll,
nach den Vorschriften dieses Gesetzes geschlossen sein."
3 ) Friedberg a. a. O. S. 682, 777.
5 ) A. a. O. S. 687, 784.
*) U. a. abgedruckt bei Dove und Friedberg, Zeitschr. f. Kirchenrecht 9, 460; aber
§§ 16, 17 beschränken die Statthaftigkeit auf den Fall, daß jeder Teil einer anderen vom
Staate anerkannten Religionsgesellschaft angehört. — Auch in Anhalt war wenigstens mit
landesherrlicher Erlaubnis für jeden Einzelfall die Notzivilehe gestattet, Gesetz v. 18. Nov. 1851,
ausgedehnt durch Gesetz v. 2. April 1868 auf Bernburg (Gesetzsamml. für Anhalt, Bd. 4, 1870,
S. 1145).
ö ) Friedberg a. a. O. S. 786, 793.
') Friedberg a. a. O. S. 738, 803.
8 ) A. a. O. S. 754, 815.
9 ) U. a. abgedruckt in Dove u. Fried berg, Zeitschr. f. Kirchenrecht 8, 479.
10 ) A. a. O. 8. 485.
u ) Abgedruckt im Allg. Kirchenblatt f. d. evangel. Deutschland, Jahrg. 1873, S. 148.
») Friedberg, Recht der Eheschließung, S. 750, 809.
13 ) Abgedruckt im Allg. Kirchenblatt f. d. evangel. Deutschland, Jahrg. 1873, S. 417.
u ) Hamburg, gedruckt bei Meißner 1865.
39
rief 1 ), veranlaßt, durch Gesetz vom 21. Dezember 1869 2 ) die obligatorische
Zivilehe einzuführen.
Dieser Zustand blieb bis zur Errichtung des Norddeutschen Bundes und
während der Dauer desselben in Deutschland bestehen. Der Bund selbst erließ
nun ein Gesetz betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personen-
standes von Bundesangehörigen im Auslande (vom 4. Mai 1870), welches für solche
die fakultative Zivilehe insofern gestattete, als es dem Reichskanzler die Befugnis
gewährte, diplomatischen Vertretern des Bundes oder Konsuln desselben die Er-
mächtigung zu den erforderlichen Amtshandlungen zu erteilen. 3 )
Der bunte Rechtszustand, welcher in den deutschen Ländern bezüglich der
Registerführung herrschte und dem deutschen Reichstage durch eine vom Bundesrate
am 24. Mai 1872 vorgelegte Übersicht klargelegt wurde, ist durch das Reichsgesetz
über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar
1875 beseitigt. Dieses Reichsgesetz bedeutete vor allem insofern einen wesentlichen
Fortschritt für Deutschland, als durch dasselbe die bis dahin mangelnde Einheit in der
Beurkundung des Personenstandes und in der Eheschließungsform hergestellt wurde.
Die Prinzipien, welche in diesem Gesetze zum Ausdrucke gelangen, sind, was
die äußere Form der Registerführung betrifft, im wesentlichen die des französischen
Rechtes. Die Standesamtsbezirke, deren Bildung in die Kompetenz der höheren
Verwaltungsbehörde fällt, sollen sich möglichst an die Sprengel der Gemeinden
anlehnen und in denselben regelmäßig die Vorsteher der Gemeinden die Geschäfte
der Standesbeamten besorgen, sofern nicht hierfür besondere Standesbeamte durch
die höhere Verwaltungsbehörde bestellt sind. Die Kosten der ganzen Institution
tragen die Gemeinden, die Aufsicht führen die Verwaltungsbehörden, und zwar
zunächst die unteren, in höherer Instanz die übergeordneten, sofern nicht die
Landesgesetze andere Aufsichtsorgane bestimmen.
Es sind drei Register zu führen unter der Bezeichnung Geburts-, Heirats- und
Sterberegister, und zwar für jeden Standesamtsbezirk ohne Rücksicht auf die Zahl
und die Größe der dazu gehörigen Gemeinden.
Es besteht jedoch kein Hindernis, daß in jenen Ländern, in welchen auch
noch andere Arten von Registern geführt werden, auch die Führung dieser den
Standesbeamten übertragen werde, ohne daß jedoch diesen Registern die Bedeutung
reichsgesetzlicher Standesregister zukäme; dies gilt z. B. von den in Württemberg
seit alter Zeit hergebrachten Familienregistern, die dort für jede Ortsgemeinde
geführt werden. Diese Familienregister wurden in Württemberg bisher für jede
Ortsgemeinde in der betreffenden Parochie geführt, und zwar in der Art, daß jeder,
x ) Friedberg, Der Staat und die katholische Kirche im Großherzogtum Baden, Leipzig
1871, S. 69 ff.
2 ) Abgedruckt in der zitierten Schrift von Friedberg, S. 322, bei Dove u. Friedberg,
Zeitschr. f. Kirchenrecht 10, 113; auch bei Kah, Die Ehe und das bürgerliche Standesamt
nach badischem Recht, 2. Aufl., Heidelberg 1872, S. 47.
3 ) Bundesgesetzblatt v. 1870, S. 599. Dasselbe ist nunmehr Reichsgesetz, s. Gesetz betr.
die Verfassung des deutschen Reichs v. 16. April 1871 , Reichsgesetzblatt S. 63 und dazu
Reichsgesetzblatt v. 1870, S. 647, 656, ferner Gesetz betr. die Einführung von deutschen
Bundesgesetzen in Bayern v. 22. April 1871 (Reichsgesetzblatt S. 87), in Elsaß -Lothringen v.
8. Februar 1875 (Gesetzblatt f. Elsaß-Lothringen S. 9).
40
der einen eigenen Haushalt hat, auf besonderem Blatte nach alphabetischer Ordnung
aufgeführt und auf dem Blatte nach vorgedrucktem Formulare jede Veränderung
in seiner Familie, sowie jede die Familie betreffende Nachricht aus den Kirchen-
registern eingetragen wurde.
Andere Verpflichtungen als die Führung der Standesregister und die Vornahme
der dazu gehörigen Geschäfte legt das Reichsgesetz den Standesbeamten nicht auf,
es schließt aber nicht aus, daß dies durch die Bundesgesetzgebung geschehen kann.
So war den preußischen Standesbeamten im Bereiche des Gesetzes vom
9. März 1874 u.a. zur Pflicht gemacht:
1. Alle Geburts- und Sterbefälle, welche eine Bevormundung erforderlich
machen, dem zuständigen Gerichte behufs Einleitung einer solchen anzuzeigen,
durch Reskripte der Ministerien des Innern und der Justiz vom 8. September 1874
(preuß. Min.-Bl. f. d. innere Verwaltung S. 196 und Justiz-Min.-Bl. S. 247).
2. Die Totenlisten für die Zwecke der Erbschaftssteuer-Verwaltung anzufertigen
und den Erbschaftssteuer-Ämtern periodisch einzureichen, s. Zirkular-Reskript des
Finanzministers und Ministers des Innern vom 15. August 1874 (preuß. Min.-Bl.
f. d. innere Verwaltung, S. 243); Gesetz vom 30. Mai 1873 betr. die Erbschafts-
steuern § 29 (Ges.Samml. S. 329); Zirkular-Verf. des Finanzministers vom 2. Dezember
1873 (u.a. in der Zeitschrift -der Standesbeamten Nr. 2, S. 13); — im Bezirk des
Appellhofes zu Köln, namentlich
1. die vorhin zu 2 gedachten Listen aufzustellen und einzureichen,
2. den Friedensrichtern die Sterbefälle mitzuteilen, wenn Minderjährige hinter-
bleiben,
3. die Sterbefälle der Gemeindeverwaltung zur Veröffentlichung wöchentlich,
4. dem Kreisphysikus wegen der Medizinalpolizei vierteljährlich unter Angabe
der Krankheit und des Namens des behandelnden Arztes anzuzeigen.
Für Baden, vgl. Verordn. v. 7. Januar 1870, den Vollzug und die Überwachung
der Leichenschau und die statistischen Erhebungen aus den Standesbüchern betr.
(Ges.- u. Verordn.-BI. Nr. 2, auch bei Kah a.a.O., S. 154). Alle diese und ähn-
liche Vorschriften bleiben neben dem Reichsgesetze in Kraft.
Die heutigen standesamtlichen Urkunden enthalten zwar alles, was über den
betreffenden Einzelfall wissenswert ist, dagegen fehlt ihnen ein ausreichender
Zusammenhang untereinander. Hierzu wäre es nötig, daß jede einzelne Urkunde
einen Hinweis auf eine der zurückliegenden Urkunden enthielte, daß jede einzelne
Urkunde den Schlüssel zu der gesamten Abstammung derjenigen Personen böte,
auf die sie sich bezieht. Einen derartigen Hinweis enthalten aber heute nur die
Sterbeurkunden und die Heiratsurkunden. Erstere geben das Alter und den Geburts-
ort des Verstorbenen an, so daß seine Geburtsurkunde beschafft werden kann ; die
Heiratsurkunden aber nennen den Geburtsort und Geburtstag des Eheschließenden
und ermöglichen dadurch die Ermittlung ihrer Geburtsurkunden. Wenn nun auch
die Geburtsurkunde einen Hinweis auf die Heiratsurkunde der Eltern des be-
treffenden Kindes enthielten, so würde ein ausreichender Zusammenhang der
wichtigsten Urkunden untereinander gestellt sein. Denn alsdann würde verweisen :
1. jede Sterbeurkunde: auf die Geburtsurkunde des Toten;
2. die Geburtsurkunde: auf die Heiratsurkunde der Eltern:
41
3. die Heiratsurkunde der Eltern: auf ihre Geburtsurkunde;
4. die Geburtsurkunde der Eltern: auf die Heiratsurkunden der Großeltern,
und auf demselben Wege immer weiter zurück.
Um nun einen Zusammenhang zwischen einer Geburtsurkunde und der Heirats-
urkunde der Eltern des betreffenden Kindes herzustellen, genügt es, wenn in der
Geburtsurkunde mit wenigen Worten der Ort der Heirat der Eltern angegeben
wird (bei unehelichen Kindern der Geburtsort der Mutter). Den Zeitpunkt der
Heirat anzugeben ist nicht nötig und auch nicht ratsam. Ein dahinzielender
Vorschlag ist von Heinrich Dillmann in Nieder-Schönhausen bei Berlin dem
deutschen Reichskanzler unterbreitet worden. Dieser Gedanke ist sehr beachtenswert
und wohl auch praktisch durchführbar. Dagegen scheitert die Ausführbarkeit des
von verschiedenen Seiten (Lots in der Deutschen Juristen-Zeitung, herausgegeben
vonLabandund Staub, 8,1903, Nr. 23, S. 5447 und ASW VII, 17; Oppermann, „Ein
großer Mangelposten in den Geburtsregistern der Standesämter", Archiv für Stamm-
und Wappenkunde, 1903, S. 35) angeregten Planes, bei dem Geburtsdatum des
Kindes durch die Standesämter auch Ort und Zeit der Geburt der Eltern an-
zugeben, schon daran, daß viele kleine Leute darüber keine Auskunft geben können.
Langwierige Ermittlungen dienen aber nicht dem Interesse der schnellen Be-
urkundung, würden auch die Arbeitslast der Standesbeamten unverhältnismäßig
erhöhen. Auch der Vorschlag, daß den Standesbeamten aufzugeben sei, „durch
Meldekarten 1. bei Eheschließungen den Standesbeamten des Geburtsortes jedes
Ehegatten, 2. bei Geburten den Standesbeamten des Geburtsortes der Mutter,
3. bei Todesfällen den Standesbeamten des Geburtsortes zu benachrichtigen", geht
über das praktisch Durchführbare hinaus, so sehr auch eine derartige Erweiterung
der Pflichten der Standesbeamten der familiengeschichtlichen Forschung nützen
würde (Lots a. a. O.), weil sie auf die häufige Anmeldung von Geburten durch
die Hebamme nicht Rücksicht nimmt und nur auf einen bestimmten Fall zu-
geschnitten ist, nämlich den, wo der Ehemann den Geburtsfall anmeldet. Um alle
in § 18 des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 genannten Anzeigefälle zu treffen,
hat deshalb eine vom „Roland, Verein zur Förderung der Stammkunde" nieder-
gesetzte Kommission, in deren Auftrag Dr. jur. Drechsel, Regierungsrat, einen im
„Roland, Verein zur Förderung der Stammkunde" (Beilage zum Archiv für Stamm-
und Wappenkunde) Nr. 57, 1. Februar 1907, abgedruckten Bericht erstattet hat,
empfohlen, daß an geeigneter Stelle, etwa hinter dem Namen der Eltern, in der
Urkunde eingeschoben werde: „Eheschließungsort: Düsseldorf". Es erscheint Ände-
rung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 durch ein Reichsgesetz notwendig,
und zwar wäre im § 22 des Gesetzes in Punkt 5 hinter „Gewerbe" zu setzen:
„Eheschließungs- und Wohnort der Eltern". Eine in diesem Sinne abgefaßte Ein-
gabe des Vereins Roland an den deutschen Reichskanzler Fürsten von Bülow in
Berlin ist von H. Unbescheid in der Rolandbeilage Nr. 65 des Archivs für
Stamm- und Wappenkunde veröffentlicht.
Nicht wenige Standesämter lassen es sich jetzt angelegen sein, den Familien-
sinn zu heben und den Wert einer zusammengestellten Chronik den breiteren
Volksmassen klarzumachen. Es wird z. B. in Berlin jedem neuvermählten Paar
auf Wunsch ein Familienstammbuch von den Standesbeamten gegen Entrichtung
42
von 50 Pf. ausgefertigt, das gleich mit Eintragung und Beglaubigung in betreff
der Eheschließung versehen ist. Wenn man bedenkt, daß jede Ausstellung einer
Urkunde bei den Standesämtern allein 50 Pf. kostet, so ist das in sehr gediegener
Ausstattung, ganz in Leinen mit Goldpressung gebundene und aus bestem Schreib-
papier bestehende, 55 Seiten starke Familienstammbuch geradezu ein Geschenk
der Reichshauptstadt, welches das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet; denn
dieses Buch vereinigt in seinem Innern sämtliche Urkunden, sowohl die standes-
amtlichen wie kirchlichen auf kleinstem Raum, empfiehlt sich also schon durch
seine Übersichtlichkeit und bietet außerdem noch den Vorteil, daß Eintragungen
von Geburts- und Sterbefällen, welche Familienmitglieder betreffen und unmittelbar
nach der Anmeldung erfolgen, gebührenfrei erteilt werden und dennoch den vollen
Wert der Urkunde, beglaubigt durch Stempel und Unterschrift des Standesbeamten, bzw.
des vollziehenden Geistlichen, besitzen. Das Inhaltsverzeichnis eines solchen Buches
weist folgende Abschnitte auf : Vorwort 1. Ehegatten, 2. die Kinder, 3. Großeltern
der Ehegatten, 4. Gedenkblätter. Ein Anhang enthält: 1. Die Vorschriften für die
Anmeldung und Beurkundung der Geburten und Sterbefälle, 2. den Gebührentarif.
Derartige Familienstammbücher werden auch in zahlreichen anderen Orten,
z. B. in Leipzig und Dresden, von den Standesämtern ausgegeben. Es würde von
großer Bedeutung für die FamiHenkunde sein, wenn es gelingen sollte, bei allen
Standesämtern die Einführung von Familienstammbüchern durchzusetzen. Dafür
macht Manfred Mayer, „Die Genealogie bürgerlicher und bäuerlicher Geschlechter"
in den von E. Oelenheinz und H. von Kohlhagen herausgegebenen heraldisch-
genealogischen Blättern für adlige und bürgerliche Geschlechter, IV. 1907, S. 164,
mit Recht folgende Punkte geltend: Erstens wird der Familiensinn und das Gefühl
für Zusammengehörigkeit gehoben. Zweitens wird in juristischer Beziehung Auf-
klärung bei Erbstreitigkeiten und anderen Dingen geschaffen. Drittens wird der
sozialen Wissenschaft eine Handhabe geboten zur Feststellung des Standeswechsels
der einzelnen Generationen der Bevölkerungsbewegung, des Vermischungsgrades.
Leider hat selbst der Magistrat der Haupt- und Residenzstadt München die
merkwürdige Erklärung abgegeben : Für die Einführung von Familienstammbüchern
bei den Standesämtern sei kein Bedürfnis vorhanden. Der Wert der Geschichte
ihrer eigenen Familie wurde somit von den Herren Magistratsräten und Gemeinde-
bevollmächtigten äußerst gering eingeschätzt und ein neuer Beweis dafür geschaffen,
daß über die Genealogie als Wissenschaft nicht nur breitere Volksschichten, sondern
selbst die sog. gebildeten Klassen noch bedeutender Aufklärung bedürfen.
Wie aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlich ist, haben sich Kirche und
Standesamt um die Familienforschung große Verdienste erworben (H. Reichert,
Kirche und Standesamt im Dienste der Familienforschung, Archiv für Stamm- und
Wappenkunde, 4, 1904, S. 116 f.). Dabei soll nicht geleugnet werden, daß einzelne
Kirchenbücher 1 ) infolge von Vakanzen, Nachlässigkeiten und schlechter Einrichtung
Mängel aufweisen. Es gibt z. B. Taufbücher, die zwar das Taufdatum, aber nicht
das Geburtsdatum, Register, die zwar das Beerdigungsdatum, aber nicht den Todes-
*) J. S. Grimm, Über Pastoralarchive und deren Nutzen, Neues Lausitzisches Magazin
XII, 315; Gmelin, DGB 1.
43
tag oder das Alter des Verstorbenen enthalten. In den Heiratsregistern fehlen
häufig die Angaben über die Eltern der Braut. Nach Einführung der standes-
amtlichen Beurkundungen durch Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 sind die Kirchen-
bücher beibehalten, werden aber nicht mehr denselben Wert und Bedeutung für
Vollständigkeit haben, da ein kirchlicher Akt nicht unbedingt vorgeschrieben ist.
Immerhin ist zu wünschen, daß auch die Kirchenbücher im ganzen Deutschen Reich
einheitlich nach einem Muster geführt werden möchten, wodurch UnVollständigkeiten
fast ausgeschlossen wären und die Übersicht erleichtert würde. In neuester Zeit legt
aber auch die evangelische Kirche vielfach Wert auf Mitarbeit an der Stammkunde,
indem sie bei Hochzeiten dem jungen Paare eine Traubibel oder ein Neues Testament
überreicht, in welchem vorn Platz zum Eintragen wichtiger Familienereignisse
gelassen ist. Es soll dadurch die gute alte Sitte der Familienbibel wacherhalten
werden. So dankenswert nun dieses Verhalten der Geistlichkeit auch ist, so bedarf
doch andererseits die Anlage einer solchen Beigabe von familienchronistischen
Eintragungen, wenn sie wirklich gut sein soll, der Beihilfe eines stammkundigen
Sachverständigen. Es ist dem Verfasser dieses Buches gelegentlich eine solche
Beigabe zu Gesicht gekommen, die er trotz aller Anerkennung des guten Willens
doch als sehr ungeschickt bezeichnen muß: ein unendlicher Platz für die kirch-
lichen Paten, aber fast gar keiner für die nächsten Anverwandten!
In einem Umfang, wie bisher wohl noch niemals, sind die im vorstehenden
erwähnten familiengeschichtlichen Quellen ganzer Länder inhaltlich ausgebeutet
worden in Österreich durch die beiden Werke: „Der Adel in den Matriken der
Grafschaft Görz und Gradisca", herausgegeben von Ludwig Schiviz von Schiviz-
hoffen (Görz 1904, Selbstverlag des Verfassers, Druck von Karl Gerolds Sohn in
Wien I, Barbaragasse Nr. 2, 510 S., 4°) und „Der Adel in den Matriken des Herzog-
tums Krain", herausgegeben von demselben (Görz 1905, Druck der „Gorisza
Tiskarna", A. Gabescek in Görz, Selbstverlag des Verfassers, 504 S., 4°). Schiviz
von Schivizhoffen ist, von den geistlichen Ordinariaten unterstützt, von Pfarrei
zu Pfarrei gezogen und hat alle adlige Personen betreffenden Einträge so, wie er
sie fand, sorgfältig abgeschrieben und im Druck der Öffentlichkeit vorgelegt. Die
Arbeit wurde in Görz-Gradisca dadurch etwas erleichtert, daß wenigstens seit 1835
Duplikate der Pfarrmatriken bei den Ordinariaten ruhen, so daß also von dieser
Zeit an die Durchsicht an den Sitzen der Ordinariate, in Görz und Triest, erfolgen
konnte. Wie der Herausgeber angibt, enthält das Buch über Görz und Gradisca
rund 20000 Kirchenbüchern entnommene Einzeldaten, und für Krain dürfte die
Zahl ungefähr dieselbe sein. Außerordentlich eingehende Register erleichtern die
Benutzung beider Bände und das Auffinden einzelner Daten, geben aber auch
negativ die Gewähr, daß Personen, die das Register nicht nennt, im Texte tat-
sächlich nicht erwähnt werden. Möchte diese vorbildliche mutige Tat 1 ) eines
Einzelnen recht viele gleich verdienstvolle Nachahmungen finden! 2 )
l ) Tille, DGB 7, 76 f. u. ZPF 1906, S. 28 f.
9 ) Formulare zu Personenaufnahmen (bei Abfassung von Familiengeschichten, Auf-
stellung von Stammbäumen, Ahnentafeln usw. kaum entbehrlich) nach den Vorschriften des
Vereins Herold, Preis pro 20 Stück M. 0,60 portofrei, 50 Stück M. 1,20, 100 Stück M. 2.—,
Packung zwischen Pappen 15 Pf. extra. Verlag von C. A. Starke in Görlitz.
Gebetsverbrüderungen, Nekrologien und verwandte
Quellen des Mittelalters.
EN seit dem 16. Jahrhundert allgemein üblichen pfarramtlichen Registern,
den Geburts- und Taufbüchern, Traubüchern, Totenbüchern und seit dem
19. Jahrhundert hinzugekommenen standesamtlichen Registern gehen im
Mittelalter die Totenbücher voraus. Der familiengeschichtliche Forscher
befindet sich allerdings bei Benutzung der mittelalterlichen Totenbücher im Vergleich
zu den späteren Kirchenbüchern und standesamtlichen Beurkundungen im Nachteil.
Denn während wir bei diesen späteren kirchlichen und profanen Registern eine genaue
Angabe nach Tag und Jahr antreffen, fehlt bei den mittelalterlichen Totenbüchern
in der Regel eine Jahresangabe; und wenn eine solche eingetragen ist, müssen
zu einem richtigen Ansatz nach moderner Zeitrechnung die in alter Zeit üblich
gewesenen verschiedenen Jahresanfänge in Rechnung gestellt werden. Auch er-
fordern die Abkürzungen in den den einzelnen Totenbüchern zugrunde liegenden
Kaiendarien eine genaue Kenntnis der Berechnungen des Sonnen- und Mondjahres. 1 )
Die Tagesangabe muß erst aus der mittelalterlichen Heiligenberechnung in die
moderne Tagesbezeichnung umgesetzt werden. Man pflegte im Mittelalter irgend-
einen der nach Ort und Diözese oft erheblich verschiedenen Heiligenkalender zu-
grunde zu legen und in diesen Kalender die Namen der im Laufe der Zeiten an den
einzelnen Tagen verstorbenen Gläubigen einzutragen, um für ihr Seelenheil am
Sterbetage beten, beziehentlich das Meßopfer darbringen zu können. Die ungefähre
Zeit der einzelnen Eintragung kann in der Regel nur durch die genaueste kritische
Untersuchung der paläographischen Einzelheiten der betreffenden Handschrift und
durch eine lautgeschichtliche und grammatische Prüfung der betreffenden Eigen-
namen erschlossen werden. Wo die Formen der Namen auf ältere Zeit, als die
Einzelheiten der Schriftzüge weisen, ist eine spätere Kopie eines früheren Originales
anzunehmen. Da die Einzelheiten der einschlagenden Wissensgebiete noch nicht
allseitig hinreichend festgestellt sind, so ist im Zweifelsfalle zu empfehlen, daß
das Urteil einer hervorragenden Fachautorität angerufen wird. Ist es schon möglich,
daß eine einfache Urkunde zu chronologischen Irrtümern Veranlassung gibt 2 ), wie
*) Zur augenfälligen Illustrierung dieses Gesichtspunktes sei auf Seh um, Exempla codicum
Amplonianorum Erfurtensium saeculi IX— XV, Berlin 1882, Tafel VIII und Text S. 5, verwiesen.
2 ) Herquet, Mühlhäuser Urkundenbuch, Urkunde 1297, 7. November, in Vergleich mit
ürotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters, II, 1892, 167.
45
viel mehr ist dies bei den nach Zeit und Schriftart so mannigfachen Eintragungen
in die mittelalterlichen Totenbücher der Fall. Wie mannigfach eine einzige Seite
eines solchen Totenbuches sein kann, zeigt die mittels Photographie und Licht-
druck vorzüglich hergestellte Abbildung einer Seite eines im Marburger Staats-
archiv aufbewahrten Nekrologiums in Arndt-Tangls Schrifttafeln zur Erlernung
der lateinischen Paläographie (2. Heft, 3. Aufl. 1898, Tafel 61). Zur weiteren Ver-
anschaulichung mittelalterlicher Totenbücher dienen die Faksimile des zweiten und
dritten Nekrologienbandes der Monumenta Germaniae historica. 1 ) Wie die laut-
geschichtliche und grammatische Form der Eigennamen zur chronologischen Fest-
stellung mittelalterlicher Niederschriften verwertet werden kann, zeigt die auf einem
weit ausgedehnten schwierigen Stoff aufgebaute, höchst lehrreiche Abhandlung von
Edward Schröder, „Urkundenstudien eines Germanisten" in den Mitteilungen
des österreichischen Institutes für Geschichtsforschung (XVIII, 1897). Trotz enormer
Verluste einschlagenden Materials hat sich doch, wie ein Blick in die Monumenta
Germaniae historica (Necrologia Germaniae I, 1888, ed. Baumann; II, 1904, ed.
Herzberg -Fränkel; III, 1905, ed. Baumann), oder wie das Verzeichnis gedruckter
Nekrologien in Wattenbachs Deutschen Geschichtsquellen (6. Aufl. 1893, I., 437 ff.)
zeigt, ein stattliches Material mittelalterlicher Totenbücher erhalten. Wie reich
dieses Material ist, lehren schon die indices zu den Nekrologienbänden der Monu-
menta Germaniae historica oder zu der Ausgabe der Konfraternitäts- oder Ver-
brüderungsbücher, welche Piper in den genannten Monumenta besorgt hat (Libri
confraternitatum sancti Galli Augiensis Fabariensis, edid. Paulus Piper, Berlin 1884).
Dieses reiche Material wird den Betätigungen christlicher Fürbitten verdankt.
Das „Seelbuch des Geschlechts von Langenau" z. B. spricht es klar aus, daß die
kirchlichen Gedächtnisfeiern für die Verstorbenen des Geschlechts von Langenau
zu dem Zwecke gehalten werden sollen, daß durch die christlichen Fürbitten der
allmächtige Gott sich bewegen lasse, den Verstorbenen die Pein im Fegefeuer zu
verkürzen und ihnen ewige Rast und ewige Ruhe zu geben. Der Anfang dieses
Seelbuches lautet wörtlich:
„Seelbuch des Geschlechts von Langenau. fol. 1. Memoria mortuorum
dominicis diebus et quatuor temporum.
Dyt ist daz selebuch der ganerben von Langenauwe und hait her Johan von
Langenauwe daz dun machen, uff daz man alle sondagis und besunder in den
viere fronefasten, dye in dem iare gelegin sint, aller der gedencken, dye hye inne
beschrieben sint und dye auch uffentlichen in der capellen also gelesen werden
und wer eyn capellain zu Langenauwe ist, der hayt da von, daz er dyt selebuch
lesit als vorgeschrieben ist sondagen und fronefasten, ye zu der fronefasten eyn par
schoe und dye sal eyn buwemeyster, de der capellen buwemeister ist, yme
bezalen.
Myne lieben frunde Cristi, duyt wale durch gotz wyllen und helffet uns
byeden vor der ganerben seien von Langenauwe, des namen hernae geschrieben
steent, abe dye seien sin in eyner pyne dez vegefurys, daz sye der almechtige got
x ) Vgl. das Faksimile einer Ostertafel bei Steffens, Lateinische Paläographie, II, Tafel 58,
und dazu Rühl, Chronologie des Mittelalters und der Neuzeit, Berlin 1897, S. 113.
46
ire pyne wolle kurtzen und dar usz nemen und ine geben ewige rast und
ewige ruwe.
1. Item vor hern Hylgers von Langenau eyns rytters, des eyn anheber was
zu Langenawe und daz buweke und syner huysfrauwen und irer kinder.
2. Item vor hern Hylgers eyns ritters, der oiraniche waz hern Johans von
Langenauwe und fader was hern Friederichs von Langenauwe, hern Johans rechte
aniche.
3. Item vor frauwen Aylheiden Schencken von Lebensteyn, hern Friederichs
huys frauwen.
4. Item vor hern Johans eyns ritters ires sonis und frauwen Heylken von
Lurinburg syner huysfrauwen." *)
Die Jünger Christi kamen einander mit Tat und Gebet zu Hilfe. 2 ) Man betete
für den von Herodes eingekerkerten Apostel Petrus (Apostelgeschichte, Kap. 12,
Vers 5), Paulus gedenkt der Glieder der römischen Gemeinde in seinem Gebete
(Epistel an die Römer, Kap. 1, Vers 9 und 10; vgl. Epistel an die Epheser,
Kap. I, Vers 16 usw.) und bittet, daß auch sie ihm gleiche Dienste erweisen
mögen (Epistel an die Römer, Kap. 15, Vers 30; vgl. Epistel an die Korinther II,
Kap. 1, Vers 11 usw.). Aber die Gläubigen beschränkten ihre gebettätige För-
derung nicht einzig auf die rm Zeitlichen Wandelnden, sondern sie dehnten ihre
Teilnahme auch auf Verstorbene aus, und die Zurückgebliebenen beteten für
das Seelenheil ihrer ins Jenseits geschiedenen Glaubensbrüder. Dieser Liebes-
dienst, den wir von christlichen Gemeinden geübt sehen, mußte eine um so
eifrigere Leistung in den Klöstern finden, da sich diese ganz besonders auf die
Pflege des Gebets gewiesen sahen. Den Gliedern einer solchen monastischen
Gemeinde jedoch genügte es nicht, gegenseitig für einander zu beten, sondern sie
suchten dieser Fürbitte durch Vergesellschaftung verstärkte Wirkung zu verleihen.
Kloster trat zu Kloster, und ihre weltabgeschlossenen Insassen reichten über die
Mauer ihrer engen Umfriedigung zu Schutz und Hilfe in jeder geistigen Not
zum Gebete in und nach dem Leben einander verbrüdernd die Hand. Gebets-
verbrüderungen wurden entweder zwischen Klöstern untereinander oder zwischen
Kloster und Einzelpersonen vertragsmäßig erworben. Dieses brüderliche Verhältnis
*) W. Sauer, AVN 20, S. 57.
2 ) Ebner, Die klösterlichen Qebetsverbrüderungen (1890). — Zappert, Über sogenannte
Verbrüderungsbücher und Nekrologien im Mittelalter (Sitzungsberichte der philosophisch-
historischen Klasse der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Wien X, 1853, und XI, 1854. —
Delisle in der Bibliotheque de l'ecole des chartes, Serie II, Tome 3, Paris 1846. — Das
Verbrüderungsbuch von St. Gallen ist, nebst dem Buche der Gelübte, auch von A. Arbenz
herausgegeben und erläutert, Mitt. z. vaterl. Gesch. XIX, St. Gallen 1884. Vgl. auch C. Will,
Monumenta Blidenstatensia p. XX— XXII. — Über den Liber vitae von Remiremont vgl. NA 19,
47-83. — Mühlbacher MJÖG X, 449—479. — Wedekind, Über Nekrologien, in seinen
Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters, I, Hamburg 1823. — Herz-
berg-Fränkel und Baumann NA 13. — A. Molinier, Les obituaires francais au moyen
äge 1890. — Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, 1. Bd., 7. Aufl.,
1904, 69 ff. — B. Dudik, Über Nekrologe der Olmützer Domkirche, im Archiv f. Österreich.
Gesch. 1884, Bd. LXV, S. 489 ff. — P. Wittmann, Zwei Mortuarien des Hochstifts Augs-
burg, Jahrb. d. Histor. Ver. Dillingen, XII, 1899. — Ein Teil der folgenden Ausführungen ist
im „Dresdner Journal" 1904, Nr. 209 f. und MGB 5 veröffentlicht.
47
ist zwischen Klöstern ein einfach gegenseitiges, gegenüber Einzelpersonen aber
ein Beweis besonderen, meist auf Dankbarkeit beruhenden Wohlwollens. Man
hat die erstere Art als „rein klösterliche", die letzteren als „gemischte Gebets-
verbrüderungen" bezeichnet. In der Mitte stehen die „synodalen Gebetsverbrüde-
rungen", auch „Totenbünde" genannt, die von den auf Konzilien versammelten
Bischöfen und Äbten für sich und ihre Untergebenen geschlossen wurden. Im
Verfolge der Jahrhunderte sehen wir nicht nur Klöster mit Klöstern, sondern auch
Klöster mit Domkapiteln, Nonnen mit Mönchsklöstern, Domkapitel mit Domkapitel
in Verbrüderung treten und den Pakt urkundenförmlich mit Zeugenunterfertigung
bekräftigen. Die zur Ausführung des Gebets für die Verbündeten aufgestellten
Listen bieten eine große Fülle von Namen und müssen als wichtige Quelle der
Familiengeschichte bezeichnet werden. Das Verbrüderungsbuch von Reichenau, das
Piper in den Monumenta Germaniae historica herausgegeben hat, mag als Bei-
spiel dienen: kaum ein Jahrzehnt nach der Reformation des Klosters durch den
hl. Benedikt von Aniane angelegt, enthält dasselbe die Namenreihen von 54 Klöstern
und Kapiteln, zu denen noch im Laufe des 9. Jahrhunderts fast ebenso viele weitere
kommen. Es stand demnach Reichenau allein damals in Verbrüderung mit mehr
als 100 geistlichen Stiften im ganzen Umfange des fränkischen Reiches und noch
darüber hinaus von Benevent und Rom bis Lyon, Paris und Rouen, Corvey (bei
Höxter an der Weser in Westfalen) und Verdun. Alle diese Kapitel und Konvente
waren in gleicher Weise verpflichtet, die Namen ihrer Verbündeten aufzuschreiben,
und es darf kaum bezweifelt werden, daß dies wenigstens eine Zeitlang geschah,
wenn auch die Führung solcher „Bücher des Lebens" nicht überall mit gleichem
Eifer betätigt worden sein mag. Während andere Quellen nur für bestimmte
Stände als Quelle der Familiengeschichte gelten können, z. B. die Lehensurkunden
gewisser Gegenden nur für den Adel oder die in den Zünften geführten Listen
von Meistern, Gesellen, durchwandernden Burschen und Lehrjungen nur für bürger-
liche Kreise, führen uns die Namen der Gebetsverbrüderungen in alle Stände, selbst
in die Dienstleute und Leibeigenen. Ein Verbrüderungsbuch von St. Gallen zählt
2600 Namen auf, ein Reichenauer nicht weniger als 4000. Die Beurkundung bestand
im Eintrag des Namens in das Buch der Verbrüderten, in alter Zeit nur selten in
Abfassung eigener Urkunden; dagegen wurden in späteren Jahrhunderten einzelnen
Verbrüderten „Bruderschaftsbriefe" als Beleg der gewährten Gebetsgemeinschaft
gewöhnlich ausgefertigt.
Neben die Gebetsverbrüderungen von mehr oder weniger Klöstern und die
ihnen ähnlichen Totenbünde und zum Teil an ihre Stelle traten, begünstigt durch
den Aufschwung des Städtewesens, der zünftigen Organisationen und der Bettel-
orden, die kirchlichen Bruderschaften (confraternitates, fraternitates, sodalitates).
Bestehend entweder aus Geistlichen oder aus Geistlichen und Laien oder aus Laien
beiderlei Geschlechts, bezweckten sie, die Mitglieder zu fortgesetzter Übung be-
stimmter kirchlicher Aufgaben anzuhalten. Bruderschaften dieser Art begegnen z. B.
innerhalb der Geistlichkeit an einer Domkirche, z. B. in Konstanz, an einer Pfarr-
kirche, z. B. in Eßlingen und Heilbronn, in einem Dekanatssprengel. Sie konnten
gebildet werden zwischen einem Kloster und Teilen der städtischen Bürgerschaft
oder von Zünften, deren Angehörige sich dann einen Schutzheiligen wählten. Aus den
48
zuletzt genannten Vereinigungen sind in Niederdeutschland die Kaiandbrüder-
schaften hervorgegangen. 1 )
Wenn geistliche Genossenschaften in Gebetsverbrüderung traten, so pflegten
sie einander die Namen ihrer lebenden und verstorbenen Brüder mitzuteilen, auf
daß dieselben in das „Buch des Lebens" eingetragen würden. Bezüglich der Ver-
storbenen beschränkte man sich meist auf die letzte Generation und ging höchstens
mit den Namen der verstorbenen Bischöfe oder Äbte weiter zurück.
Die Eintragung des Sterbetages wurde teils durch mündliche, teils durch
schriftliche Anzeige vermittelt. Letztere erfolgte entweder als Anhang zu einem
Schreiben anderen Inhalts oder zu einem besonderen Privatschreiben, oder aber
als offizielle Todesanzeige, die man „Breve" nannte. Erfolgte der Hintritt einer
um die Kirche besonders hochverdienten Persönlichkeit des geistlichen oder auch
des Laienstandes, so erließ man nach dem Beispiele der ersten christlichen Jahr-
hunderte Trauerrundschreiben, in der lateinischen Sprache des Mittelalters „Rotuli"
genannt. Man richtete sie teils an alle Klöster des gleichen Ordens, teils auch,
wenigstens der Formel nach, an gesamte Kirchen. In manchen dieser Rotuli wird
bloß, wie im Breve, der Sterbetag des Hingeschiedenen angegeben, doch andere
bringen neben dem Sterbetag mit urkundenförmlicher Genauigkeit noch das Sterbe-
jahr des Betrauerten und zeigen zuweilen am Schluß des Schreibens noch einige
andere Verstorbene an, deren Andenken sie gleichfalls dem Gebete der Gläubigen
empfehlen.
Der Rotulus bestand aus einer langen Pergamentrolle, die durch einen besonderen
Boten (rotularius, gerulus, pelliger) in die Klöster herumgetragen wurde. Man
schrieb unterwegs auf solche Totenrotel die in den verbrüderten Klöstern ver-
storbenen Brüder ein. Auch bestätigte man den Empfang der Nachricht und ver-
merkte die Zeit der Ankunft, damit, wie es mehr als einmal in den Rotein heißt,
der Bote, der des beschwerlichen Reisens müde werden mochte, nicht „nach seiner
Gewohnheit" betrügen könne. Diese Bemerkungen nannte man „Tituli" und behielt
diese Bezeichnung auch bei, als diese Titel durch Aufnahme von Beileidsbezeigungen
in Prosa und in Versen einen ansehnlichen Umfang angenommen hatten. Die
Todesanzeige schrieb und empfing in vielen Klöstern der Bibliothekar, der auch
zuweilen die Stelle des Archivars mitbekleidete; sein Geschäft war es, die ad acta
gelegten Menschen, die abgeschlossenen Leben in das Buch der Toten zu regi-
strieren. Der Eintrag erfolgte ohne Unterschied des Standes, bloß in chronologischer
!) A. Qierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht I, Berlin 1868, S. 238 f. — Th. Kolde,
Die kirchlichen Brüderschaften und das religiöse Leben im modernen Katholizismus, Erlangen
1895. — Rautenstrauch, Die Kaiandbrüderschaften des Mittelalters, Dresden 1903. — Wer-
minghoff, Verfassungsgeschichte der deutschen Kirche im Mittelalter, im Grundriß der Ge-
schichtswissenschaft, hrsg.v. Aloys Meister, Leipzig, B.G.Teubner II, 6, 1907, S.65f.— Lisch,
Ein Kalandsbuch der Stadt Güstrow, VMG 44. Aus diesem Kalandsbuch hier einige Proben:
„Nomina fratrum vivorum. Dominus Johannes Berndes. Dominus Henricus Vichel . . . Do-
minus Johannes Ghoren; fideiusserunt pro eo domini Cosmas Raetge et Johannes Kleest. —
Dominus Joachim Schade; fideiusserunt pro eo domini Johannes Cleuena et Johannes Kleest . . .
Nomina illorum qui dederunt votiuas. Primo dominus Jacobus Worpel dedit triginta solidos . . .
Dominus Conradus Gantzow dedit unam marcam pro se et nomine parentum suorum Hennynghi
et Elizabeth Gantzouwen."
49
Ordnung: Geistliche und weltliche Fürsten, Päpste, Kaiser und Könige; vorzugs-
weise aber die Landesherren, Metropolitanen und Diözesanbischöfe; die Äbte,
Äbtissinnen, Pröpste usw. des Stifts selbst; seine Ordensmitglieder (nostrae con-
gregationis fratres); die Schüler und Pilger (peregrini), die im Kloster starben; die
bekehrten, in den Mönchsstand getretenen Sünder (conversi, monachi ad succur-
rendum); die in früher Jugend dem geistlichen Stande geweihten Jünglinge und
Jungfrauen (oblati, velatae, servi ac ancillae Christi); die eingezellten Büßenden
und Einsiedler (reclusi, inclusae, solitarii); dann auch die unteren Kirchenbedienten
(subdiaconi, acolythi) und die Ordensleuten dienenden Personen oder Laienbrüder
und Laienschwestern (fratres et sorores laici). Eine Hauptstelle nahmen die Stifter
(fundatores) mit ihren Familien ein; nicht weniger Raum beanspruchen die übrigen
Wohltäter (fautores et benefactores), die für ihre Gaben die Fraternität oder Brüder-
schaft des Klosters gewannen (fratres conscripti), oder doch sich und ihren Freunden
und Verwandten Seelmessen bedungen hatten. Ganz fremde Personen aus ent-
fernten Ländern kamen in die einheimischen Totenbücher, seitdem Stifter und
Klöster unter sich in Verbrüderung getreten waren.
Die Bücher, in welche die Namen der mit einem Kloster in Gebetsverbrüderung
stehenden Personen eingetragen wurden, waren verschiedener Art. Man scheidet
sie nach Zweck, Form und Inhalt in zwei Hauptgruppen: die „Bücher des Lebens"
(libri vitae) und die „Nekrologien". Erstere waren zum Gebrauch bei der Messe
bestimmt, letztere, wenigstens zunächst, zur Verlesung beim klösterlichen officium
capituli; und während die ersteren im Anschlüsse an die Form der altchristlichen
Diptychen die Namen von Lebenden und von Verstorbenen verzeichnen, enthalten
die letzteren nur Verstorbene, und zwar stets nach der Ordnung des Kalenders.
Der biblische Sprachgebrauch von einem himmlischen Buche, in das die zum Leben
der Gnade und Glorie Berufenen eingetragen sind, war dem Mittelalter in Urkunden
wie in liturgischen Gebeten sehr geläufig. Letzteres gilt besonders von der galli-
kanischen Liturgie. In den Orationen nach der Verlesung der Diptychen („post
nomina") betete man gern zum Herrn, es möchten die Namen derjenigen, die aus
diesem irdischen Buche verlesen worden seien, um des hochheiligen Opfers willen
bei ihm Gnade finden und eingeschrieben werden in das himmlische Buch des
Lebens. Was lag da näher, als hiervon diese Bezeichnung auf das irdische Abbild
zu übertragen und das Verzeichnis der in das Gebet und Opfer Eingeschlossenen
„liber vitae" oder „liber viventium" zu nennen? Dieser Name wurde allgemein
und blieb bis in das späte Mittelalter in Übung.
Hatte man sich in den älteren Zeiten damit begnügt, den Todestag einer
einem Kloster durch geistige oder zeitliche Wohltat besonders werten Persönlich-
keit im Kalendarium oder im Buche der Klosterregel anzumerken, so schwollen
bei der wachsenden Zahl der Namen die Supplementblätter dermaßen an, daß das
Necrologium als selbständiges Buch in die Reihe der Kirchenbücher trat. Das Mittel-
alter wählte zur Bezeichnung seiner Sterbetagsverzeichnisse jedoch nicht den heutigen
Namen Nekrologium, sondern gebrauchte die Bezeichnungen Calendarium, Calen-
darium mortuorum, Calendarium defunctorum, Liber defunctorum, Catalogus de-
functorum, Memoriale defunctorum, Rotulus defunctorum, Matricula, Mortilogium,
Regula usw.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 4
50
Eine besondere Art von Totenbüchern waren die „Anniversarien". Schon frühe
kam die Sitte auf, für Würdenträger der Gotteshäuser und besondere Wohltäter
jährlich an ihrem Todestage nicht nur im Chore zu beten, sondern für dieselben
jährlich einen eigenen sog. Jahrtag zu feiern. Derselbe bestand darin, daß für
die Verstorbenen eine Messe gelesen oder gesungen wurde; nicht selten aber wurde
dieser Gottesdienst noch erweitert, indem schon am Vorabend des Todestages für
den Verstorbenen alljährlich eine Seelenvesper gebetet wurde und am Tage selbst
nach der Messe eine Prozession über sein Grab ging u. dgl. Auch wurden im
Jahre für einen Verstorbenen mehrere Jahrtage gehalten.
Die volle Ausbildung gewannen die Anniversarienbücher seit dem 14. Jahr-
hundert namentlich in den bischöflichen Kirchen. Diese seitdem geschriebenen
Anniversarienbücher geben nämlich nicht nur an, aus wessen Mitteln der betreffende
Jahrtag gehalten werden müsse, sondern sie zählen auch ganz ins einzelne ein-
gehend auf, wie er zu feiern sei und wie das für ihn bestimmte Einkommen, die
Präbende, unter die Beteiligten zu verteilen sei. Schließlich verzeichnete man in
die Anniversarienbücher überhaupt alle Stiftungen, z. B. die besonderen Festtage,
bei denen Gelder zur Verteilung kamen. Ja man ging noch weiter. Man zögerte
nicht, auch anderweitige gottesdienstliche Handlungen, in sie einzutragen, wie Ab-
haltung von Prozessionen, Kirchen- und Altarweihen, Verleihung von Ablässen u.dgl.;
Hauptsache der Anniversarienbücher blieb immer, die Jahrestage, deren Feier und
Erträgnis festzulegen. Deshalb gab man ihnen nicht selten auch Abschriften der
Ordinationen, d. i. der Stiftungsurkünden, oder nach Orten geordnete Verzeichnisse
der Stiftungszinsen als Anhang bei, ja man schrieb diese Verzeichnisse sogar in
eigene Bücher ein. Endlich trieb man seit dem 14. Jahrhundert die Sorgfalt so
weit, daß man gleichzeitig mehrere Exemplare der Anniversarienbücher anfertigte.
Nekrologien und Anniversarienbücher sind nach ihrem Wesen verschieden.
Der Nekrolog diente unmittelbar im Chore, das Anniversarienbuch dagegen ge-
hörte nicht in den Chor, sondern in die Sakristei; es ist nur eine Anleitung,
wie an den einzelnen Tagen der Gottesdienst, selbstverständlich in erster Reihe
der für die Verstorbenen, gehalten werden solle.
In diesem Zusammenhang sind auch die „Toten-Annalen" zu erwähnen. Diese
sind von den Nekrologien durch die Anordnung verschieden; während die Nekro-
logien nach dem Kalender geordnet sind, geschieht die Anordnung der Totenannalen
nach den Jahren. 1 ) Es macht sich nämlich mit dem stets reger werdenden Sinne
für Geschichtliches auch das Streben bemerkbar, das Nekrologium nicht bloß für
religiöse, sondern auch für historische Zwecke nutzbar zu machen. Man zeichnete
gelegentlich welthistorische Ereignisse ein. So danken wir dem Gebete für Tote
auch die Kenntnis vieler Schlachttage. Namen, die sonst durch ungünstige Einflüsse
aus der Erinnerung verdrängt worden wären, fanden in den Totenbüchern ein Asyl:
Freund und Feind, Herrn und Knecht vereint eine Kolonne, zuweilen eine Zeile.
') Toten-Annalen sind z. B. aus Fulda von 779 — 1065 erhalten (erste vollständige Ausgabe
von G. Waitz: Annales necrologici Fuldenses, Monumenta Germaniae historica, Scriptores
XIII, 161—215) und an diese sich anschließend, aber weit weniger reichhaltig aus Prüm
von 1039—1104 (Ausgabe ebenda Seite 219—223) und aus St. Blasien 1036—1474 (Necrol. I,
329—333).
51
Als die Stiftung der Anniversarien sich sehr häufte und der Raum für die
eigenen Wohltäter kaum hinreichte, und als nach dem Beispiele des früheren
Allerheiligenfestes (1. November) im 13. Jahrhundert der Allerseelentag (omnium
animarum, 2. November) in den Kirchen Deutschlands allgemeiner geworden war,
begnügte man sich, diese Rollen in der Kapitelstube abzulesen und die Namen
in die allgemeine Fürbitte einzuschließen.
Eine besondere Erwähnung verdienen die alten Diptycha, in welche Namen
ohne Daten eingetragen wurden, um sie der Fürbitte teilhaftig werden zu lassen,
wobei auf die Ordnung nichts ankam; aus Fulda, Trier, Novara haben sich der-
gleichen erhalten. 1 )
Hierher gehört noch die Sitte, in Evangelienbücher Namen einzutragen,
wovon man sich gute Folgen für das Seelenheil versprach. So schrieb in einem
Evangeliar des Castorstifts in Koblenz der Schreiber selbst hinzu: „Waniggus
peccator nomen habeo. in vitae libro mei memoriam condo." Darauf folgen
andere Namen. 2 ) Beispiele davon kommen auch sonst in Sacramentarien vor. 3 )
Ausgelöscht wurden in den Totenbüchern Personen, wenn man später erfuhr,
daß sie irrgläubig gewesen waren oder zum Nachteil des Stifters und der Stifter-
familie gehandelt hatten. Auch fand im Nekrologium Löschung des Namens statt,
wenn der Verstorbene in die Zahl der Heiligen aufgenommen wurde; dann rückte
er aus dem Nekrologium in den Kanon vor. Die Ursache für die Löschung von
Namen in den Totenbüchern war häufig Mangel an Raum. Wenn das Totenbuch
überfüllt und noch kein neues angelegt war, mußten die alten Namen den neuen
Wohltätern Platz machen; dies Schicksal traf mitunter selbst die älteren Heiligen.
Auch bei der Umarbeitung eines Nekrologs ließ man manche bedeutende Namen
ausfallen, um so für weiter in der Folge stattfindende Einzeichnung Raum zu
gewinnen; alte Tote mußten neueren Platz machen. Mancher bedeutende Name
ging verloren, wenn das Geschäft des Einschreibens unwissenden Mönchen zufiel.
Versuchen wir, den Wert der vorgenannten mittelalterlichen Quellen näher
abzuschätzen, so sagen die Bücher des Lebens nicht mehr aus, als daß die Ver-
zeichneten in das Gebet eingeschlossen wurden; sie nennen bloße Namen, und
zwar in der Periode, aus welcher der größte Teil dieser Quellen stammt, Taufnamen,
bestenfalls mit dem geistlichen Titel versehen, aber ohne Beziehung auf Orts-
zugehörigkeit der Familie. Sie kämen deshalb fast nur für die Sprachforschung
in Betracht, böte nicht die Gruppierung des Stoffes nach gewissen Gesichtspunkten
die Möglichkeit, sie auch für die Geschichte zu verwerten; denn wenn man auch
einzelne Bischöfe und Äbte mit Sicherheit bestimmen kann, so läßt sich doch mit
Einträgen wie Karl oder Theoto oder mit einer langen Reihe von Mönchsnamen
nur dann etwas beginnen, wenn die Überschrift der Spalten: Ordo regum, ordo
ducum oder Fratres de S. Gallo einen Fingerzeig für die Deutung gibt. Und selbst
in diesem Fall ist der Gewinn gering, solange wir nicht den Nachweis erbracht
*) Das älteste stammt aus dem 6. bis 7. Jahrh. und befindet sich jetzt im Museum des
Louvre in Paris, vgl. Omont im Journal des Savants 1901, S. 101—105.
2 ) K. Lamprecht Westd. Zeitschr. IV, 156.
3 ) L. Delisle, Bibl. de l'Ecole des eh. 176, 484; Delisle, Mem. sur d'anciens sacra-
mentaires p. 85, 96, 99, 125 etc.
4*
52
haben, daß der Plan der Anlage genau und vollständig durchgeführt ist. Wenn wir
wissen, daß der Schreiber die Absicht hat, alle salzburgischen Bischöfe zu nennen
oder die bayrischen zusammenzufassen, oder wenn wir wissen, daß er bemüht ist,
sie nach der Zeitfolge zu ordnen, so sind weitgehende Folgerungen gestattet. Die
Namen z. B. der Brüder zu St. Gallen sind an sich nicht von großem Belang; erst
die Gewißheit, daß der Verfasser ein vollständiges Verzeichnis eintragen wollte,
gibt uns das Recht, die Meldung einer Chronik, dieser oder jener Mann sei damals
Mönch in St. Gallen gewesen, in Zweifel zu ziehen, wenn sein Name in jenem
Kataloge fehlt. Was die Frage der Vollständigkeit betrifft, so darf man an die
Leistungen mittelalterlicher Redaktoren keinen allzu strengen Maßstab anlegen. Am
ehesten wird man noch im Grundstock leidliche Genauigkeit finden, da hier meist
der ganze vorhandene Bestand von Namen zusammengefaßt werden soll. Auf die
gewöhnlich geringere Zuverlässigkeit der Zusätze wirken verschiedene Umstände
ein: daß man die erste Anlage in einer Blütezeit klösterlichen Lebens ausführte,
die nicht lange anzuhalten pflegt, daß die große Zahl der Fortsetzer die Einheitlich-
keit der Arbeit zerstört, daß der Zweck des Verbrüderungsbuches auch auf andere
Weise, etwa durch Eintragung des Namens in ein Sakramentar, erreicht wird, ohne
daß wir die Möglichkeit der Kontrolle hätten. Bei allen Folgerungen also, die von
der Vollständigkeit einer solchen Quelle ausgehen, insbesondere bei allen Beweisen
e silentio ist größte Vorsicht vonnöten. Die Ausdrucksweise der Nekrologien
ist anfänglich knapp und geht nicht weit über die der Verbrüderungsbücher hinaus;
allmählich gewinnen sie an Fülle und fügen zum Taufnamen oft den Bischofssitz,
das Alter, das Geschlecht oder den Ort der Herkunft hinzu. Jahresdaten aber darf
man noch am Ende des 12. Jahrhunderts nicht als regelmäßige Bestandteile ansehen.
Das bezeichnende Merkmal ist die Ordnung nach dem Kalender, die Angabe des
Todestages; darin liegt der Vorzug der Totenbücher vor den Büchern des Lebens,
daß sie nicht bloß aussagen: diese Menschen haben gelebt, sondern auch: diese
Menschen sind an diesen Tagen gestorben. Und im ganzen sind ihre Angaben bis
ins 13. Jahrhundert hinein verläßlich. Der Genealoge wird mit Freuden einen Fund
begrüßen, durch den er ein bisher unbekanntes Mitglied eines alten Geschlechtes
kennen lernt oder in dunkle Verwandtschaftsverhältnisse plötzlichen Einblick gewinnt. 1 )
Es sei mir gestattet, die allgemeinen Betrachtungen noch durch Vorführung
eines speziellen Beispieles zu erläutern. Ich wähle dazu das mittelalterliche Nekro-
logium im Archiv der Stadt Mühlhausen in Thüringen. Zugrunde gelegt ist diesem
Nekrologium ein Kalender, welcher, wie ich in den MGB 6, 25 ff. nachgewiesen
zu haben glaube, ein Vorläufer der vom Geheimen Archivrat Grotefend (Zeitrech-
nung II, 2, 1898, S. 37 ff.) veröffentlichten alten Franziskanerkalender ist. Die Ein-
tragungen in diesen Kalender geschahen am häufigsten derart, daß am Todestage
der betreffenden Person ein kurzes „es starb" mit folgendem Namen, häufig auch
mit Angabe des Ortes, woher der oder die Verstorbene gekommen war, vermerkt
wurde. So wurde ein Thfeodor] vom Steinweg eingetragen, so ferner ein Schüler
Bruder Eckhard aus Gottern, so der Bruder Konrad Tunkel, Guardian in Mühl-
hausen, so Johannes von Heiligenstadt, Heinrich von Gernrode, Elisabeth aus Tuder-
l ) Herzberg-Fränkel, MIÖG 14.
53
stad. Auch wird gelegentlich eine genealogische Bemerkung mit eingeschoben.
Bei der Eintragung des Todes von Albert Proyso von Stein findet sich so z. B.
der Zusatz, daß er der Sohn des Herrn Hermann war. Ferner wird zum Tode
des Junkers Reinhard Rost bemerkt, daß dessen Vater Peter hieß. Dergleichen
genealogische Notizen begegnen am ehesten bei der Angabe der jährlichen Ge-
dächtnisfeier einer einzelnen Familie. So erfahren wir, daß der Ritter Reynhard
Rost, der im heiligen Lande starb, eine Schwester Alhed von Greußen hatte; deren
Jahresgedächtnis wurde am Tage des heiligen Symon und des heiligen Judas
(28. Oktober) mit Vigilien und am folgenden Tage mit einer Messe begangen. Die
Jahresfeier des Herrn Wetekynd von Melre und seiner Gattin Elisabeth und ihrer
Töchter Alheyd und Margaretha fand im Dezember statt. Ebenso erfahren wir
gelegentlich einer Jahresfeier, daß Johann Hausen eine Gattin Elisabeth und eine
Tochter gleichen Namens hatte.
Sehr häufig wird bemerkt, daß der Tote auch hier, d. h. in Mühlhausen, be-
graben liegt. Mit der kurzen Notiz „hier begraben" sind z. B. eingetragen Volpate
von Kuzzeleyben, Herrin Elisabeth, die Gattin Hermanns von Forst, Herrin Adelheid
von Hagen, Nonne Adelheid von Germar, Herr Johannes von Seebach, Friedrich
von Langensalza, Nonne Adelheid von Langula, Herrin Tela von Wernrode, Herrin
Margareta von Kulstete, Witwe Jutta aus Göttingen, Herrin Thele von Weimar,
Ritter Heinrich Toppelstein, Herr Gieselher von Nordhausen, proconsul.
Ganz besonders häufig findet sich, wie dies bei einem klösterlichen Nekro-
logium natürlich ist, der Eintrag „Prediger und Beichtvater" (predicator et confessor).
Mit diesem Titel sind als Verstorbene z. B. eingetragen die Klosterbrüder Henricus
Wulburn, Paulus Segel, Joha[n] de bechstet, Conr. Tuderstad, Nicol[aus] de Erfordia,
Christan[us] de ho[n]nigede, Dekan Conrad von Eisenach, Hermann von Langen-
salza, Joh. Groß, der am Kirchweihtag 1424 starb.
Die Todesjahre werden nur selten beigefügt. So heißt es: „Im Jahre des
Herrn 1341 starb Junker Kozboth, geboren im Lande der advocati (d. i. im Vogtland),
hier begraben." „1369 starb Bruder Hermann von Speier, der hier viele nützliche
Gebäude aufgeführt hat."
Schließlich teile ich aus dem Januar noch folgenden Eintrag in deutscher
Übersetzung mit: „27. Januar. | Es starb | Herrin Ku[n]ne hopphen | Tochter | der
Mutter hed[wig] hopphe[n] | und | unsers | Bruders. Es ist zu bemerken, daß am
Mittwoch vor Maria Reinigung abends mit Vigilien und morgends mit einer Messe
die Brüder jenes Konventes jährlich die Jahresfeier abhalten müssen zu beständiger
Zeit der Herrin Katherine Beyern, der Herrin Michthildis von Worbis, deren Mutter,
deren Sohnes Johannes und der Schwester Katherina, der Töchter und aller Nach-
kommen von ihr selbst."
Familiengeschichte und Heraldik.
EICH und mannigfaltig sind die Quellen der Heraldik. 1 ) In Siegeln, auf
Münzen, auf Grabsteinen 2 ), in Fenstern 3 ) an den Toren der Burgen und
Häuser, an Pfeilern der Hallen oder im Schmuck der Decken, kurz, auf den
verschiedensten Gegenständen brachte man das Wappen, welches in seiner
farbenprächtigen Erscheinung auch eine beliebte Dekoration bildete 4 ), zur Dar-
stellung bald vollständig, bald nur einzelne Teile, Schild oder Helm oder auch nur
x ) Zur Einführung in die Heraldik sind zu empfehlen: Hildebrandt, Ad. M., Wappen-
fibel, 7. Aufl., Frankfurt a. M., Heinrich Keller 1909. — Sacken, Ed. Frhr. v., Grundzüge
der Wappenkunde, in Webers Illustrierten Katechismen, 7. Aufl. 1905. — F. Warnecke,
Heraldisches Handbuch. Mit 318 Abbildungen nach Handzeichnungen von E. Doepler d. J.,
8. Aufl., Frankfurt a. M., Heinrich Keller 1893. — H. G. Ströhl, Heraldischer Atlas, eine
Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbtreibende sowie für Freunde
der Wappenkunde, Stuttgart 1899. — Zur Einführung ist ferner gut geeignet das Buch von
E. A. Stückelberg, Das Wappen in Kunst und Gewerbe (2. Aufl., Leipzig 1906), dessen
erster Teil eine allgemeine Darstellung der Grundsätze der Wappenkunde enthält. Zur Ein-
führung ist auch zu empfehlen der Artikel „Heraldik" von Erich Gritzner im „©rundriß
der Geschichtswissenschaft", hrsg. von Aloys Meister (Leipzig, Teubner), I, 1906, S. 364 ff. —
Carl Ritter von Meyer, Heraldisches ABCbuch, München 1857. — Zur Lektüre sei ferner
empfohlen K. E. Graf zu Leiningen-Westerburg, Heraldische Sitten und Unsitten usw.
1884, sowie meine Arbeit „Über Heraldik", in der Wissenschaftl. Beilage der kgl. Leipziger
Zeitung 1908. — Ströhl, H. G., Deutsche Wappenrolle, Stuttgart 1897. — Ders., Öster-
reichisch-ungarische Wappenrolle, Wien 1890. — Ders., Heraldische Vorlagen, Stuttgart 1900.
— Alfred von Eberstein, Hand- und Adreßbuch der Genealogen und Heraldiker unter
besonderer Berücksichtigung der Familiengeschichtsforscher. Erste Abteilung des Handbuches
für den deutschen Adel, Berlin 1889, Verlag von Mitscher & Röstell.
2 ) Wie reich das hier einschlagende, zum Teil noch nicht veröffentlichte Material ist,
kann man beispielsweise ersehen aus den Arbeiten „Die Bronzeepitaphien der Friedhöfe von
Nürnberg" von Gerlach und Bosch, Wien 1896 ff. — Bosch, Katalog der im Germanischen
Museum befindlichen Bronzeepitaphien des 15.— 18. Jahrhunderts, Nürnberg 1891. — Lind,
Atlas kirchlicher Denkmäler im österreichischen Kaiserstaat, Wien 1872 (Abteilung 10 enthält
566 verschiedene Grabmäler von 1142 ab). — Gerlach, Totenschilder und Grabsteine,
Wien 1896. — Lind, „Die Totenschilde" im „Österreichischen Jahrbuche", hrsg. vom österr.
Volksschriften-Verein in Wien I, Salvatorgasse 12, VIII. Jahrgang 1884. — E. A. Stückelberg,
Das Wappen in Kunst und Gewerbe, Zürich 1901, 2. Aufl., Leipzig 1906. — Ad. M. Hilde-
brandt, Heraldisches Musterbuch für Edelleute, Kunstfreunde, Architekten usw., Berlin 1897.
— Ders., Heraldische Meisterwerke in der Heraldischen Ausstellung zu Berlin, Berlin 1882.
— Lion, I. M., Heraldieke Modellen, 's Gravenhage 1899 (vgl. „Der deutsche Herold", XXVI,
55
das Wappenbild. Die Heraldik ist jetzt nicht mehr, wie früher, nur ein Zweig
der Diplomatik oder eine historische Hilfswissenschaft; sie gehört auch nicht nur
als ein wichtiger Bestandteil der Ornamentik nur der bildenden Kunst an; die
Industrie, dieser Angelpunkt unseres nationalökonomischen Zeitalters, hat sich ihrer
bemächtigt und verwendet sie mit Gewinn. 1 )
Während im 18. Jahrhundert allenfalls Petschaftstecher und Maler der Ahnen-
tafeln sich mit Darstellung der Wappen beschäftigten, wird jetzt die Tätigkeit
nicht bloß etwa der Graveure und etwa noch der Steinmetzen, sondern auch der
Emaillemaler für Ordenszeichen und Bijouterien, der Porzellanmaler für Vasen,
Tassen und Pfeifenköpfe, der Lackierer für Wagen und Firmenschilder, der Gürtler
für Livreeknöpfe, für Stempel zum Stempeln des Briefpapiers, der Weber für
Wandteppiche, Tischdecken und Servietten, der Posamentierer für Livree- und
1895, S. 38). — H. Th. von Kohlhagen, Die Heraldik an äußeren Bamberger Bauten, und:
Die Bedeutung der Heraldik (beides zu beziehen vom Verfasser: Redaktion der „Heraldisch-
Genealogischen Blätter", Bamberg, Bayern). — Reiches Material enthalten auch die Inventa-
risationswerke der Bau- und Kunstdenkmäler. Über diese Werke gibt eine gute
Übersicht Polaczek in Tilles Deutschen Geschichtsblättern 1, 1899, S.270. Weitere spezielle
Literatur wird weiter unten in dem Abschnitt über die monumentalen Quellen der Familien-
geschichte verzeichnet. — Eine gute, knappe Übersicht über die geführten Wappen gibt
Rietstap, J. B., Armorial general, contenant la description des armoiries des familles nobles
et patriciennes de l'Europe, precede d'un dictionnaire des termes du blason, Gouda, Van Goor
1861. 2. Aufl., Gouda 1884— 87.
3 ) H. Meyer, Die schweizerische Sitte der Fenster- und Wappenschenkung vom 15. bis
17. Jahrhundert, 1884. — W. Wortmann, Oberdeutsche Wappenscheiben, in Archives Heral-
diques Suisses, XXI, 1907, Zürich, Schultheß & Co.
4 ) Freiherr von Hausen, Die Heraldik im Sinne von Ornamentik, 1879. — Zeller,
Das heraldische Ornament in der Baukunst, Berlin 1903. — H. Luchs, Die Heraldik eine
Hilfswissenschaft der Kunstgeschichte, Breslau 1864. — Lüdecke und Schultz, in der „Zeit-
schrift für Bauwesen", Berlin 1864. — v. Biedermann, Frhr., Anleitung zur praktischen
Darstellung und Ausführung heraldischer Ornamente für das gesamte Kunstgewerbe (Zeitschrift
des Kunstgewerbevereins in München, 1885). — Grenser, Alfred, Die Künstler im Dienste
der Heraldik, Wien 1876. — Ders., Über die gewerbliche, ornamentale und dekorative An-
wendung der Wappen (Blätter für Kunst u. Wissenschaft, Wien 1866, Nr. 1 — 3). — Hilde-
brandt, Heraldisches Alphabet, 2. Aufl., Frankfurt a. M., Heinrich Keller. — Ders., Heral-
disches Musterbuch (44 Seiten Text mit 48 Tafeln, Berlin, Mitscher & Rösteil, 1897). —
Doepler d. j., E., Heraldischer Formenschatz, Heraldische Kunstblätter aus dem 15. Jahrh.
bis in die neueste Zeit, Berlin 1898. — Fürst F. K. zu Hohenlohe-Waldenburg, Der
heraldische Styl, Kupferzeil 1881. — Hrachowina, Karl, Wappenbücher für Kunstjünger
und Kunsthandwerker, Wien 1883. — Otto, R., Heraldische Skizzen, Berlin, Selbstverlag des
Verf. — Warnecke, Kunstblätter, 2. Aufl., Görlitz 1891, und War necke, Musterblätter
(heraldische) für Künstler und Kunstgewerbtreibende, 2. Aufl., Berlin 1880, enthalten Repro-
duktionen der schönsten heraldischen Stiche und Handzeichnungen aus dem 15. bis 17. Jahr-
hundert. — Clericus, Ludwig, Vorlagen für Wappenstickerei auf Canevas, Dresden, Verlag
v. R. v. Grumbkow, 1887. — Über die japanische Heraldik sind zu vergleichen: H. G. Ströhl»
Japanische Familien-Zeichen, DH 41; ders., Einiges über das Wappenwesen der Japaner,
DH 35. „Bunsei bukan" (Spiegel der Büke oder Krieger aus dem Nengo oder der Periode
Bunsei, 1818—1829). „Kayei bukan" (Spiegel der Krieger aus dem Nengo Kayei, 1849—1859).
„Irohabiki moncho" (Wappenbuch nach dem Iroha, d. h. nach dem japanischen Alphabet
geordnet, mit 1314 Wappen (1881). „Kodai moyo. Koeki moncho" (Muster aus alter Zeit.
Vermehrtes Wappenbuch) mit 2340 Wappen (1891).
!) Grote, Münzstudien 3, 1863, S. 408.
56
Kutscherborten, der Buchbinder für Prachtbände, der Zinngießer für Sargverzie-
rungen, der Lithographen für Visitenkarten, der Stickmusterzeichner für zahllose
Hochzeits- und Geburtstagsgeschenke an Rückenkissen oder Portefeuilles, der Maler
zur Anfertigung von Fahnen für jede Stadt, jeden Flecken, jedes Dorf, dessen
Deputierte an irgend einem Kongresse teilnehmen sollen, der Architekten zur
äußeren und der Tapezierer und Dekorateure zur inneren Verzierung der Gebäude
aller Art und vieler anderer Gewerbtreiber von der Heraldik in Anspruch genommen.
Frühe war man bestrebt, heraldische Darstellungen zu kopieren. Von dem
löblichen Bestreben, Siegel abzuzeichnen, gibt manches Kopialbuch Zeugnis. Ein
Abt des Klosters Waldsassen ließ sogar die ältesten und wichtigsten Wappensiegel
in Farben ausführen. In glücklicher Stunde traf man in Waldsassen diese Vorsichts-
maßregel; denn jetzt fehlt der eine Teil der Siegel, der andere aber ist meist in
einem Zustande, welcher Bild und Legende nur schwer mehr erkennen läßt. Das
Bestreben, wertvolle Handschriften zu illustrieren, hat manch wichtige heraldische
Überlieferung bewirkt. So begegnen wir z. B. zahlreichen Wappenschilden und
Bannern mittelalterlicher Geschlechter im Codex Balduini Trevirensis über die
Romfahrt des Kaisers Heinrich VII. Die bunte Pracht der Wappen brachte diesen
viele Liebhaber und auch Sammler. Unter den ältesten Wappensammlungen 1 ) ist
die Züricher Wappenrolle besonders berühmt. Sie stammt entweder aus dem Ende
des 13. Jahrhunderts oder erst aus der ersten Hälfte des 14. und ist nicht nur
ein kostbarer Schatz für alle Freunde der „edlen Heroldskunst", sondern auch
eine reiche Quelle der Belehrung für die Kulturgeschichte unseres deutschen
Mittelalters. 2 ) Eine Reihe anderer Sammlungen folgte. Die moderne Technik poly-
chromer Vervielfältigungskunst hat einige derselben reproduziert und durch den
Buchhandel weiteren Kreisen zugänglich gemacht, so insbesondere das Wappenbuch
des Conrad Grünenberg von 1483. 3 ) Die umfangreichste heraldische Sammlung,
welche es gibt, zu deren Erläuterung eine weit zerstreute Literatur herangezogen
J ) Eine Übersicht über die Wappenrollen bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts hat
E. Gritzner veröffentlicht in seiner Abhandlung „Heraldik" in A. Meisters Grundriß der
Geschichtswissenschaft, I, 1906, S. 365 f. Vgl. Bach, „Über einige Wappenhandschriften des
15. Jahrhunderts und ihr Verhältnis zueinander", DH 1900, S. 120 ff. Die vollständigste Über-
sicht über die Wappensammlungen des 14. und 15. lahrhunderts bietet F. K. (d. i. Fürst
F. K. von Hohenlohe- Waidenburg) in den Beilagen zu seinem Buche „Das heraldische Pelz-
werk (1867) und in der Abhandlung „Verzeichnis gemalter Wappen aus der Zeit vor dem
Jahre 1500" im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1867, S. 172 ff. Hier erwähne ich
als Nachtrag zu E. Gritzner: „Die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. im Bilder-Zyklus des
Codex Balduini Trevirensis, hrsg. von der Direktion der Kgl. Preuß. Staatsarchive. Er-
läuternder Text von Georg Irmer" (Berlin 1881).— Herzberg-Fränkel, Die Brüderschafts-
und Wappenbücher von N. Christof auf dem Arlberg, MIÖG, 6. Ergänzungsband 1901. Dazu
kommt die Literatur über die Turnierbücher, s. weiter unten.
2 ) Die Wappenrolle von Zürich. Ein heraldisches Denkmal des 14. Jahrhunderts, hrsg. von
der antiquar. Gesellschaft in Zürich, im Selbstverlage der Gesellschaft. Über sie vgl.: Ernst
Edler von Franzenshuld in den Mitteilungen der K. K. Zentralkommission zur Erforschung
und Erhaltung der Baudenkmale, 11. Jahrg., Wien 1866, S. LI ff. — A. Weiß, JAW 1872,
175 ff. — Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg, JAW 1881, 1 f. — P. Ganz, Das Wappen-
buch des Stadtschreibers Rennward Cysat von Luzern 1581, Schweizer. Archiv f. Heraldik, 1900.
3 ) Ausgabe in Farbendruck von Graf Stillfried Alcantara und Ad. M. Hildebrandt
mit Ergänzungsband, Görlitz 1875—83.
57
werden kann, erscheint unter dem Titel: „J. Siebmachers Wappenbuch" im Verlag
von Bauer u. Raspe in Nürnberg, und umfaßt gegenwärtig bereits weit über
100 starke Quartbände. 1 ) Dieses reiche Material ist allerdings nur mit Kritik zu
benutzen. Denn zahlreiche Wappen sind im Laufe der Jahrhunderte willkürlich
entstellt worden. Häufig bedarf es zur Richtigstellung des alten, unverfälschten
Wappens sehr langwieriger und schwieriger archivalischer Forschungen. Aber trotz
dieses Übelstandes bietet das vorhandene heraldische Material, wie es teils durch
den Buchhandel veröffentlicht ist, teils noch ungehoben in den Archiven lagert,
eine wichtige Quelle für die Familiengeschichte.
Die Heraldik als familiengeschichtliche Hilfswissenschaft ist leider nicht so
bekannt, als wünschenswert ist. Kommt sie doch selbst in Knothes sonst so
mustergültigen Arbeiten nicht zu ihrem vollen Rechte. 2 ) Und doch bietet sie
gelegentlich die Möglichkeit, Nationalität, Stamm, Lehnsverhältnisse und Amt eines
Geschlechts zu erkennen, gleichnamige Geschlechter und Linien desselben Ge-
schlechtes zu scheiden, uneheliche Geburt, Besitz und genealogische Verhältnisse,
sowie besondere Vorkommnisse aus der Geschichte einzelner Familien zu erforschen
und die Namen des Geschlechtes aus dem Wappen abzulesen.
Es gibt gewisse Wappentypen, die für eine einzelne Nation charakteristisch
sind. So sind die ungeteilten Schilde mit einfachen Wappenfiguren und einem
Helme ohne Decken, auf welchem wiederum einfache Helmzierden sich befinden,
für den heraldischen Gebrauch beim polnischen Adel typisch. Frei über dem
Helme schwebende Helmzierden ohne Helm, welche mit dem Schilde in gar keiner
Verbindung stehen, sind charakteristisch für die englische Heraldik und finden
sich außerhalb Englands nirgends. 3 ) Die französische, auch in Rußland gebräuch-
liche Baronskrone ist ein mit Perlenschnur mehrfach umwundener goldener Reifen
ohne Zacken. Die schwedische Freiherrnkrone hat acht Perlen, auf welcher an
1 ) Neben Siebmacher sind die Wappenbücher von I. A. Tyroff gegenwärtig die voll-
ständigsten Sammlungen, nämlich: Wappenbuch der österreichen Monarchie, 36 Bde., Nürn-
berg 1831—68. — Wappenbuch der preußischen Monarchie, 29 Bde., 1844—68; Wappenbuch
des Kgr. Bayern, 24 Bde., 1818—61; Wappenbuch des Kgr. Württemberg, Bd. 1—3, 1833 ff.;
Wappenbuch der Sachs. Staaten, 13 Bde., 1852—67/8. Vgl. Siebenkees, Joh. Christian,
Geschlechts- u. Wappenbeschreibung zu dem Tyroff sehen Wappenwerke, 15 Hefte, Nürnberg
1792— 1808. — Da auch die Ex libris Material zur Heraldik enthalten, sei verwiesen auf
Warnecke, Die deutschen Bücherzeichen (Ex-libris) von ihren Ursprüngen bis zur Gegen-
wart; Berlin 1890, J. A. Stargard (255 S. mit einem Titelblatt von E. Doepler d. j., zahlreichen
Textillustrationen und 26 photographischen Tafeln). — Seiler, G. A., Illustriertes Handbuch
der Ex-libris-Kunde, mit 60 Abbildungen, Berlin 1895. — K. E. Graf zu Leiningen-Wester-
burg, Deutsche und österreichische Bibliothekzeichen, Exlibris. Ein Handbuch für Sammler,
Bücher- und Kunstfreunde, Stuttgart 1901. Derselbe Verfasser hat kurz in populär-wissen-
schaftlicher Weise über „Ex libris (Bibliothekzeichen)" gehandelt im Jahrb. f. Genealogie,
Heraldik und Sphragistik, 1895 (Mitau 1896), S. 122 ff. — Krahl, Ernst, Ex libris, MAW 5,
220 ff. — Ex libris, Zeitschrift für Bibliothekzeichen, Bücherkunde und Gelehrtengeschichte.
Organ des Exlibris-Vereins zu Berlin. Mit dem Jahre 1907 beginnt der 17. Jahrgang in ver-
änderter Ausgabe, und zwar umfaßt diese jährlich 3 Hefte unter dem Titel: „Zeitschrift für
Exlibris, Buchkunst und angewandte Graphik", sowie 5 Hefte „Mitteilungen des Exlibris- Vereins
zu Berlin" (Verlag von C. A. Starke).
2 ) von Mülverstedt, NASG 8, 349fg.
3 ) Über deutsche und englische Heraldik, DH 34.
58
der Seite und in der Mitte noch drei weitere Perlen ruhen. 1 ) Heraldische Unter-
schiede durch abweichende Schildeinfassungen weisen nach Spanien. 2 )
Kann man also in einzelnen Fällen, insbesondere in neuerer Zeit 3 ) aus dem
Wappen die Nationalität erkennen, so viel häufiger insbesondere auf deutschem
Gebiete den Stand. Am bekanntesten sind in dieser Hinsicht die verschiedenen
Kronen. Freilich herrscht gerade hier viel Mißbrauch. Auf wie manchem Grab-
stein unserer heutigen Friedhöfe prangt z. B. eine Freiherrnkrone bei einer dem
untitulierten Adel angehörenden Persönlichkeit, die doch nur auf die einfache
sogenannte Helmkrone Anspruch hat! Der offene Turnier- oder Spangenhelm 4 )
gibt für gewisse Zeiten einen Wahrscheinlichkeitsgrund für adligen Stand. Wir
finden nämlich, daß von der Mitte des 16. Jahrhunderts an der Turnierhelm den
Bürgerlichen abgesprochen wird. Bei Erhebung von Wappenbürgern in den Adels-
stand wurde seitdem häufig der Stechhelm zum Zeichen der Standeserhöhung
„eröffnet", d. h. in einen Spangenhelm verwandelt. Den Bürgerlichen aber wurde
fortan regelmäßig der Stechhelm verliehen. Wenn man auch nicht behaupten kann,
daß allen Bürgerlichen der Turnierhelm verboten war, so bestand doch die Absicht,
die Bürgerlichen auf den Stechhelm zu beschränken, zweifelsohne in den maß-
gebenden Kreisen. Auf deutschem Gebiete weist ein einfaches Wappen auf alte
Zeit, 6 ) ein kombiniertes, mit -zahlreichen Einzelheiten überladenes auf späte Zeit.
Eine uradlige Familie führte z. B., wie das große mit Unterstützung der Land-
stände der Provinz Westfalen herausgegebene Siegelwerk im Bild darstellt, ein
Kammrad im Schild, also ein sehr einfaches Wappen, auch eine einfache Helmzier,
nämlich zwei mit Pfauenfedern besteckte Scheiben oder das Kammrad wiederholt.
Dagegen führt eine andere gleichnamige, von Grote, Geschlechts- und Wappen-
buch des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig (Hannover 1843)
zum „Briefadel und erblich gewordenen Dienstadel" gerechnete Familie folgendes
Wappen: In Blau eine goldene Sturzbrücke, begleitet oben von je einer roten
goldbesamten Rose, unten von einem viereckigen, an den Rändern eingebogenen,
goldenen Schnallenrand ohne Heftel und Dorn und belegt mit goldenem Herz-
schild, in welchem ein schwarzer Löwe mit rot ausgeschlagener Zunge. Helm:
Wulst von Gold und Blau. Zwei Büffelhörner, übereck schräg von Gold und
Blau geteilt. Helmdecken: Golden und Blau. Bei einer Familie solchen Wappens
kann von „Uradel" nicht die Rede sein, es sei denn, daß vorliegend der Herz-
schild das Stammwappen bildete und der Rückschild die Zutat einer Wappen-
vermehrung sei.
x ) Die Kronenbildung bei Schweden ist so aufzufassen, daß auf dem Reifen drei Gruppen
von je drei Perlen stehen und dazwischen noch zwei einzelne Perlen, also gewissermaßen auch fünf
Teile. Es gehören drei Perlen immer zusammen und sind eigentlich als eine einzige aufzufassen.
2 ) Lorenz, Lehrbuch der Genealogie 1898, S. 186.
3 ) Häufig, aber keineswegs immer, weist die Lilie nach Frankreich; hier nahmen nicht
nur alle Nebenlinien des Königshauses, sondern auch zahlreiche Städte, endlich viele fremde
Söldner dieses Zeichen in ihren Schild.
4 ) Suttner, Gustav Freiherr von, Der Helm von seinem Ursprünge bis gegen die Mitte
des 17. Jahrhunderts, Wien 1878.
6 ) Leesenberg, Über Ursprung und erstes Vorkommen unserer heutigen Wappen,
Berlin 1877.
59
Eine wichtige Stelle in dem Kapitel „Familiengeschichte und Heraldik" be-
trifft das Verhältnis des Wappenwesens der Dienstmannen zu dem Wappen ihrer
Herren. Wolfram v. Eschenbach beschreibt uns am Anfange des 13. Jahrhunderts
das aus zwölf Fürsten bestehende Gefolge Josweizes, welche alle dessen Wappen
führen:
also was ouch Josweizes art:
durch daz die selben hervart
Josweizes dem swanen truoc
und landes herrn mit im genuoc
mit dem wäpen was bevangen.
ze halse gehangen
zwelf fürsten sine schilte
truogen durch sin milte. 1 )
Auch Herbort v. Fritzlar kennt diese Sitte. Er läßt die Gefährten des Königs
Remus, selbst die Grafen und die Herzoge alle das gleiche Wappen führen:
sine (Remus) gesellen waren wol gezogen
siben grafen, vier herzogen
manic ritter milde.
glich waren ir Schilde,
ir wapen und ir baniere
von einer harde ziere. 2 )
Häufig, zumal in späterer Zeit, waren die Dienstmannen indessen nicht ganz
ebenso wie ihr Herr gewappnet, sondern sie trugen entweder nur einen Teil des
Herrenwappens, etwa den Schild oder den Helm oder einen Teil des Wappen-
bildes, oder sie führten es in anderen Farben, so daß meist ein Unterschied
zwischen Herr und Gefolge bestehen blieb. Wolfram v. Eschenbach läßt die
bretagnischen Ritter das Wappen des Königssohnes Ilynot, das Gampilun, entweder
auf dem Schild oder auf dem Helm führen:
ouch hat jeglich Bertun
durch bekanntnisse ein gampilun
eintweder uf heim oder uf den schilt
nach Ilynotes wapne gesilt
daz was Artus werder suon. 3 )
In abweichender Tingierung läßt der Pleier (um 1280) die Ritter Eskilabons
das Wappen ihres Herrn führen. Eskilabon selbst trägt einen goldenen Adler
in Blau:
sin schilt was von lasure bla,
von arabischem golde da
was drufe erhaben ein richer ar. 4 )
!) Wilhelm v. Oranse, 386, 22.
2 ) Liet van Troye, 4007.
3 ) Parzival, 383, 1.
4 ) Garel, 3467.
60
Seine Ritter dagegen reiten unter weißen Bannern mit schwarzen Adlern:
nach de fuor des wirtes schar
unde vier banieren licht gevar:
die waren wiz snevar
dar innen swebete ein zöbelin ar. 1 )
Auch aus Courtoisie oder bei vorübergehenden Dienst- oder Genossenschafts-
verhältnissen wurde dieser Brauch geübt. Ulrich v. Liechtenstein erzählt, daß, als
er auf das Turnier zu Neuburg zog, der Domvogt von Regensburg und fünfzig
Ritter ihm zu Ehren seinen Schild trugen, dagegen ihr eigenes Helmkleinod:
alle, die den schilt min da
truogen —
sie truogen ir heim sunderlich. 2 )
Ähnlich trugen die von Wildon, welche Marschälle von Steiermark waren, zuweilen
den steiermärkischen Panther im Schilde, bei anderen Gelegenheiten aber ihr
eigenes Wappen, die drei Seeblätter. Schon Herrand von Wildon führt 1195 oben
im Schilde den steierischen Panther, unten die drei Seeblätter, Ulrich von Wildon
1223 nur die Seeblätter, Marschall Hartnid 1278 nur den Panther.
In einer Reihe von Fällen können wir aus den Wappen das Amt erkennen,
mit dem eine Familie belehnt war. So führten z. B. die Schenk von Basel einen
roten Doppelbecher in weißem Schild. Dasselbe Wappen führten die v. Liebenberg,
welche Schenken der Grafen von Kyburg waren. Berthold, Schenk von Kyburg,
siegelte so 1258 mit einem Doppelbecher im Schilde. Die Schenk von Brom-
garten führten ein goldenes Schenkgefäß in Blau, die Schenk von Roßberg einen
goldenen, mit schwarzen Hahnenfedern besteckten Becher als Helmkleinod; die
Truchseß von Diessenhofen einen schwarzen Becher in Silber, die Truchseß von
Ytlingen einen goldenen Kessel in Schwarz, die Truchseß von Lentzburg eine
silberne Schüssel in Rot. Bei anderen Familien ist das Amt aus den nach Art
der Beizeichen den Wappen hinzugefügten Emblemen zu erkennen. So legten die
Schenk von Limburg, die schon in der goldenen Bulle als mit dem Reichserb-
schenkenamte belehnt genannt werden, und die von Erbach einen goldenen Becher
auf die Herzstelle ihres Wappens wegen des Reichsschenkenamtes. Die Grafen
von Weinsberg, die vor den Hohenzollern das Reichserbkämmereramt besaßen und
selber von den Herren von Falkenstein, die schon in der goldenen Bulle damit
belehnt erscheinen, am Anfange des 15. Jahrhunderts es überkommen hatten,
führten in einer der Fahnen, mit denen ihr Helmkleinod besteckt war, ein goldenes
Zepter in Blau. Die Spaur gaben dem roten Löwen in Silber, den sie als Wappen
führten, einen goldenen Becher in die Tatzen, seitdem sie 1450 das Erbland-
mundschenkenamt von Tirol erhalten hatten.
Aus dem 14. und 15. Jahrhundert liegen in Westfalen, wie wir aus Ilgens
x ) Ebenda.
2 ) Vrouwendienst, hrsg. von Lachmann, Berlin 1841, S. 297, 7.
61
Untersuchungen 1 ) wissen, sichere Beispiele vor, daß Beamte die Wappenfiguren
ihrer fürstlichen Herren oder Herrinnen ganz oder teilweise in ihre Siegel auf-
nahmen. Der Richter der Neustadt Osnabrück, Everhard, genannt Cocus, der einen
Sparren im Schilde führte, auf dessen Spitze ein Rabe kauert, brachte in der
Siegelumschrift deutlich sein früheres Verhältnis zum Osnabrücker Bischof Ludwig
von Ravensberg zum Ausdrucke. Nicht minder interessant sind die Siegel des
abteilichen Richters in Herford, Levolds von dem Hove aus dem 15. Jahrhundert.
Unter zwei Äbtissinnen, Mathilde von Waldeck und Margarete von Gleichen, hat
er seines Amtes gewaltet. Er entstammt offenbar bürgerlichen oder bäuerlichen
Kreisen; denn in der unteren Hälfte des Schildes sieht man seine Hausmarke,
über dieser hat er nun, solange er der Äbtissin Mathilde diente, aus deren Wappen
den halben achtstrahligen Stern angebracht, während er als Richter unter Margarete
von Gleichen, deren Geschlecht einen gekrönten Löwen im Schilde trug, diesen
an Stelle des halben Stern setzte und ihn zwar nicht aufgerichtet, aber mit Rück-
sicht auf den verfügbaren Raum des Schildes schreitend darstellte. (Ilgen, S. 26, 27.)
Anspielungen auf die Lehensverhältnisse und Aufnahme des lehnsrechtlichen
Wappens mit veränderten Farben oder Beizeichen oder einzelne Teile desselben
kommen überhaupt häufig vor. Im Aar-, Thur- und Zürich-Gau ist das Bild des
Löwen deshalb so zahlreich vertreten, weil die Grafen von Kyburg und Harzburg,
die großen Landesherren, Löwen im Schilde führten. Den Habsburger Löwen
zeigen die Wappen ihrer Dienstmannen von Reinach (in Gelb roter Leu mit blauem
Kopf), von Iffenthal (in Gelb roter Leu mit blauem Querbalken), von Eschenz auf
dem Hauenstein (gespalten: 1. v. Habsburg und 2. dreimal schräg geteilt blauweiß).
Die von Erlach führen als Kastellane der Grafen von Nidau (gelber Pfahl mit
drei schwarzen Sparren in Rot) einen weißen Pfahl mit schwarzem Sparren in Rot.
Als Dienstleute der Grafen von Rapperswil (in Gelb drei rote Rosen) führen die
von Dübelstein bei Zürich in Rot zwei weiße Rosen, die vom Rambach im Amt
Grüningen in rot-weiß gespaltenem Schilde eine weiße und eine rote Rose, die
Marschälle von Rapperswil in Schwarz eine weiße Rose. Der Freiherrn von Regens-
berg Wappenbild (gepfählt von Blau und Weiß mit roten Querbalken) erscheint
im Schilde der von Lunkhofen (Zürich) nur gedreht (sechsmal geteilt von Blau
und Weiß' 2 ) mit rotem Pfahl), was sich durch ein Ministerialenverhältnis erklärt.
Im Uri haben die Vorsteher des Freistaates bis ins späte Mittelalter das
Wappenbild des Landes, den Stierkopf, als Familienwappen erwählt. Die Meyer
von Erstfelden führen in Weiß einen roten Stierkopf mit gelbem Stern, ebenso die
Meyer von Silinen und die zur Frauen in Gelb einen schwarzen Stierkopf von
zwei schwarzen Sternen begleitet. 3 )
x ) Die westfälischen Siegel des Mittelalters, 1. Heft von F. Philippi und G. Tumbült,
2. Heft von G. Tumbült, 3. und 4. Heft von Th. Ilgen. Münster 1882—1900.
2 ) Gelb und Weiß als Wappenfarben gibt es eigentlich nicht, wenn man sich auch dieser
Ausdrucksweise zu bedienen vielfach gewöhnt hat. Es ist eigentlich überall Gold und Silber
gemeint. Nur weil Gold und Silber nicht immer zu beschaffen waren, wurde zur Aushilfe
Gelb und Weiß genommen.
3 ) Ganz, Paul, Geschichte der heraldischen Kunst in der Schweiz im 12. und 13. Jahr-
hundert, 1899.
62
Man hat dementsprechend auch in anderen Gegenden die Wahrnehmung ge-
macht, daß einzelne Familien des niederen Adels, welche in Abhängigkeitsverhältnis
zu dynastischen Geschlechtern — und, selbstverständlich in diesem Falle, Herr-
schafts- und Schloßbesitzern — standen, Schilde oder Helmfiguren führen, die eine
größere oder geringere Ähnlichkeit mit den heraldischen Insignien ihrer Lehns-
herren, d. h. dieselben ganz oder teilweise zeigen. So sehen wir z. B., daß die
von Veitheim dasselbe Wappen führen wie die Grafen von Veitheim; ferner im
Wappen der von Osterburg, die Rauten, welche ihre Lehnsherren, die Grafen von
Osterburg, in der Fünfzahl führen, in der Dreizahl, die von Ritterbeck, deren
gleichnamiger Stammsitz im Gebiete der Grafen von Lichow liegt, führen im
Schilde die später in drei Würfel verwandelten Rauten aus dem Wappen ihrer
Lehnsherren. Eins der Burgmannsgeschlechter von Salza führt das gleiche Schild-
zeichen wie die Dynasten desselben Namens. Die von Zerbst, niederen Adels,
führen Kopf und Hals eines Löwen dreimal im Schilde, offenbar eine Variante des
einfachen wachsenden Löwen im Wappen ihrer Oberherren, der Dynasten von Zerbst.
Diese Wappengleichheit, bzw. Ähnlichkeit hat in vielen Fällen zu unbewiesenen
Behauptungen hinsichtlich einer Stammesgemeinschaft zwischen gleichnamigen
Dynasten- und Burgmannsgeschlechtern Veranlassung gegeben. Diese Behaup-
tungen, abgesehen von der Mangelhaftigkeit der betreffenden genealogischen De-
duktionen, zerfallen in nichts, sobald es gelingt, festzustellen, welchen Einfluß
überhaupt das Ministerialverhältnis auf die Gestaltung des Wappens eines Ge-
schlechtes ausgeübt hat.
Es scheint sich beweisen zu lassen, daß die Burgmannsfamilien und Ministe-
rialen einer größeren landesherrlichen Burg — wie z. B. Salzwedel, Spandau und
Mühlhausen — zur Kennzeichnung dieses Verhältnisses und gewissermaßen als
ein Erkennungs- und Abhängigkeitszeichen bezüglich ihrer Schloß-, Landes- und
Lehnsherren, deren Schildzeichen ganz oder teilweise führen durften oder vielleicht
auch mußten, ja es sogar oft allein an Stelle ihres altväterlichen Schildzeichens
setzten. Es werden hierher zu rechnen sein die zahlreichen Familien der Mark
Brandenburg, welche einen roten Raubvogelfuß (Adlerfuß, nicht wie meistens
blasoniert zu werden pflegt, Greifenklaue) im Schilde führten, wie die von Kerkow,
Gladow, Jeetze, Welstawe, Knesebeck, Schulenburg, Groben, Barth. 1 )
Der verewigte Freiherr von Ledebur hat in seiner verdienstlichen Abhandlung
über Wappengruppen in den Märkischen Forschungen, Band III, versucht, diesen
Geschlechtern mit gleichem oder ähnlichem Wappenbilde eine gemeinsame Ab-
stammung zu vindizieren, welche bei verschiedenen Namen durch die Gleichheit
des heraldischen Emblems zum Ausdruck gebracht sein soll. Jedoch hat der Be-
weis für eine tatsächliche Stammesgemeinschaft jener Familien bisher nicht geführt
werden können; es ist irrig, wenn noch vor kurzem A. von Schlippenbach (Ent-
stehung des deutschen Adels, in den Arbeiten des Uckermärkischen Museums- und
Geschichts-Vereins Heft 5) sich der Theorie des Freiherrn von Ledebur rückhaltlos
als einer richtigen anschließt. Es liegt vielmehr nahe, anzunehmen, daß das ge-
*) Vgl. auch Seyler, Das heraldische Lehnsrecht, Vierteljahrsschrift für Wappenkunde
I 1873, S. 1 ff.
63
meinsame Schildzeichen jener Familien der Mark Brandenburg nichts anderes ist,
als der heraldische Ausdruck ihres gemeinschaftlichen Verhältnisses zur Burg Salz-
wedel, der Residenz ihrer markgräflichen Lehnherren und zu diesen selbst, insofern
als in dem roten Adlerbein ein Teil des markgräflichen Wappentieres, des roten
Adlers, zu erblicken ist. Es wird hierdurch zugleich die auffallende Tatsache Er-
klärung finden, daß wir bei einzelnen Familien, wie denen von Veitheim, von dem
Knesebeck, zwei ganz verschiedene Wappen gleichzeitig in Gebrauch finden. Man
hat bisweilen angenommen, daß es sich in solchem Falle um verschiedene Familien
gleichen Namens handle. Die Wappenduplizität dürfte sich vielmehr darauf zurück-
führen lassen, daß ein Mitglied des betreffenden Geschlechtes infolge seines Burg-
manns- und Ministerialverhältnisses das lehnsherrliche Wappen ganz oder teilweise
annahm oder vielleicht annehmen mußte, und daß dessen Nachkommen dasselbe
weiter führten, während die nicht im Burgmannsverhältnis stehenden Geschlechts-
vettern das ursprüngliche Stammwappen beibehielten. 1 )
Es ist hierbei nicht außer acht zu lassen, daß in ähnlicher Weise auch in
späterer, ja selbst noch in neuester Zeit die vom römischen Kaiser, bzw. sonstigen
Landesherren (Brandenburg, Kurpfalz usw.) geadelten, baronisierten oder gegraften
Familien in den ihnen verliehenen oder verbesserten Wappen häufig die Insignien
ihrer Landes- und Lehnsherren ganz oder teilweise erhielten. So erblicken wir in
den Wappen zahlreicher preußischer Geschlechter bisweilen den ganzen preußischen
Adler, bisweilen einzelne Körperteile desselben, den Kopf, die Flügel, oder einen
derselben, oder selbst auch nur ein Bein.
Nicht minder sind jedem Heraldiker die zahlreichen Städtewappen 2 ) bekannt,
in welchen das Wappenbild ihrer Landes- oder Grundherren ganz oder teilweise
x ) Vgl. dazu auch Hauptmann, Zehn mittelrheinische Wappengruppen, JAW, N. F. X,
1900, 1 ff.
2 ) Literatur über Städtewappen: Otto Hupp, Die Wappen und Siegel der deutschen
Städte, Flecken und Dörfer (Frankfurt a. M., Keller; bis jetzt 3 Hefte); hier wird auch die
zahlreiche, sehr zerstreute Zeitschriftenliteratur zusammengetragen. — F. v. Weech, Siegel
der badischen Städte in chronologischer Reihenfolge, hrsg. von der badischen historischen
Kommission. Heft 1, 2. Heidelberg 1899 ff. — Siebmachers Wappenbuch, 1. Band 4. Ab-
teilung, Städtewappen, bearbeitet von v. Hefner, Gautsch und Clericus. Nürnberg 1885. —
M. Gritzner, Deutsche Städtewappen. Frankfurt a. M. 1891. — Bernh. Endrulat, Nieder-
rheinische Städtesiegel des 12. — 16. Jahrhunderts. Düsseldorf 1882. — H. Luchs, Schlesische
Landes- und Städtewappen. Breslau 1881. — v. Saurma-Jeltsch, Wappenbuch der schlesi-
schen Städte und Städtel. Berlin 1870. — C. Beckherrn, Die Wappen der Städte Altpreußens.
Königsberg 1892 (auch in der Altpreuß. Monatsschr. 29). — G. G. Winkel, Die Wappen und
Siegel der Städte, Flecken und Dörfer der Altmark. Magdeburg 1894. — M. Wessel, Hessisches
Wapenbuch, darinnen auch die Fürsten zu Hessen . . und Städte Wapen. Cassel 1621. —
C. F. Günther, Wappenbuch der Städte im Großherzogtum Hessen nach ihren Siegeln. Mit
97 Siegelabbildungen. Darmstadt 1843. — M. v. L'Estocq, Hessische Landes- und Städte-
wappen. Kassel 1884. — Vossberg, F. A., Wappenbuch der Städte des Großherzogtums
Posen. Mit 145 Wappenabbildungen. Berlin 1866. — Otto Posse, Die Wappen und Farben
der Städte des Königreichs Sachsen. Zittau 1896. — C. Teske, Die Wappen der Groß-
herzogtümer Mecklenburg, ihrer Städte und Flecken. Mit 55 kolorierten Wappen. Görlitz
1885. — Paul Zimmermann, Die Städtewappen des Herzogtums Braunschweig. Braun-
schweiger Magazin 1905. — L. Schoenhaupt, Wappenbuch der Gemeinden des Elsaß.
Straßburg 1900 ff. — C. Lapaix, Armorial de villages bourgs et villages de la Lorraine.
64
enthalten ist. Da die Grundherren oft Adlige waren, so lassen sich in den Wappen
vieler einst abhängiger Städte adlige Wappen nachweisen. Oft sogar ist beim
Fehlen anderer Nachrichten das Vorkommen eines solchen in einem Stadtwappen
der einzige Beweis, daß die Stadt dem betreffenden Oeschlechte einmal gehört hat.
Es ist noch zu untersuchen, ob gewisse Familien des alten Adels, deren Wappen
schon im Mittelalter als zusammengesetzt sich darstellen und in einem ihrer Teile
Wappenbilder enthalten, die offenbar denen ihrer Landes- und Lehensherren gleichen
oder als Teile derselben aufzufassen sind, infolge eines Dienstverhältnisses zu einer
solchen Vermehrung ihres angeborenen Wappens (ohne Diplom) gelangt sind.
Wir denken hier namentlich an die zahlreichen Wappen mit halbem Adler
in gespaltenem Felde, an diejenigen Wappen mecklenburgischer Familien, welche
den halben Stierkopf zeigen, u. a. m. Noch verdient ein altes Zeugnis angeführt
zu werden, wonach es den Burgmannen gestattet, wenn nicht zur Pflicht gemacht
wurde, die Helme ihrer Wappen mit dem Zimier ihrer Burgherren zu zieren.
Hierher könnte es gehören, wenn das bekannte Adelsgeschlecht Sack, das im
II. edition. Nancy 1877 (dazu ein Supplement, Saint-Nicolas de Port 1878). — Gustav Wust-
mann, Das Leipziger Stadtwappen. Seine Geschichte, seine Gestalt, seine Bedeutung. Mit
20 Holzschnitten und 2 Kupfertafeln. Leipzig, F. A. Seemann 1897 (darüber Siegenfeld
MAW IV, 1897, S.251). — Gautsch, K[arl], Das Zittauer Stadtwappen, ASG 11. — Gautsch
und Gerlach, Das Wappen der Stadt Freiberg, MFA 9. — Clericus, Ldwg., Das Wappen
der Stadt Magdeburg. Berlin, Stargard 1884. — Ernst von Destouches, Münchens Stadt-
wappen und das Münchner Kindl. Historisch-heraldische Abhandlung, Velhagen und Klasings
Monatshefte, Febr. 1904. — Schuegraf, J. R., Kritische Untersuchungen über den Ursprung des
Straubingschen Stadtwappens mit dem Pflug und das Ratsgeschlecht der Straubinger von Regens-
burg. Mit 9 Wappenabbildungen. Regensburg 1844. — Rössel, Das Stadtwappen von Wiesbaden.
Wiesbaden 1861. — Wagner, Das Wappen der Stadt Wiesbaden, AVN 1902, 1903; derselbe, Die
Siegel und das Wappen der Stadt Weilburg, AVN 1906, 1907. — E. v. Oidtman, Das Wappen
der Stadt Aachen, AG 19, 20. — Widimsky, Städtewappen d. Österreich. Kaiserstaates 1864 (nur:
Böhmen, Schlesien, Salzburg und Steiermark; nicht recht zuverlässig). — Städte- Wappen von
Österreich-Ungarn. Nebst den Landeswappen und Landesfarben. Text von Dr. Carl Lind.
Herausgeg. von A. Schroll. Wien 1886 folg. — Recht zuverlässig ist das leider unvollendet
gebliebene Werk von G. Altenburger und B. Rumbold, Wappenbuch des Kgr. Ungarn
und seiner Nebenländer, 1880. — Ströhl, Städtewappen von Österreich-Ungarn, 2. Aufl.
Wien 1904. — C. Fischnaler und K. Rickolt, Wappenbuch der Städte und Märkte der
gefürsteten Grafschaft Tirol. Innsbruck 1894, Verlag des Museums Ferdinandeum. — F. Frei-
herr von Lipperheide, Wappenbuch der Städte und Märkte der gefürsteten Grafschaft
Tirol, 1894. — Pettenegg, Die von Franz Josef I. verliehenen Märkte- und Städte-Wappen.
Mit 6 färb. Taf., in der Festschrift z. 50jähr. Regier.-Jubil. Franz Josefs I., hrsg. v. d. histor.
Vereinen Wiens. Wien 1898. — Wappen-Buch darinnen aller Geistlichen, Prelaten Herre und
Landleut auch der Stett des löblichen Fürstenthumbs Steyer Wappen und Insignien. Mit
168 Wappentafeln. Grätz (Zach. Bartsch 1567. Faksimile-Ausgabe, Graz 1893, mit historischen
und heraldischen Anmerkungen von J. v. Zahn und A. v. Siegenfeld). — Ströhl, Wappen
und Siegel der Orte Vorarlbergs, Jahrb. der K. K. Herald. Ges. „Adler" in Wien, 1893. —
Alfred Grenser, Das Wappen der Stadt Wien, seine Entstehung und seine Geschichte.
Wien 1866. — Carl Lind, Das Wappen der Stadt Wien. Ein Versuch zur Feststellung der
Geschichte dieses Wappens. Wien 1866. — Hafner, Siegel der Stadt Winterthur = Neujahrs-
blatt der Bürger- (Stadt-) Bibliothek zu Winterthur 1883. — Kolar, Die taboritischen Siegel
der großen Kommune von Tabor und der Stadtkommune von Tabor, Progr. d. Taborer K. K.
Staatsmittelschule von Tabor, 1865. — d'Ablaing von Giessenburg, Nederlandsche Ge-
meente Wapens. Haag 1862. — Honig, Gerrit Jan, Beschryving en Geschiedenis der Zaan-
landsche Gemeente wapens. Haag 1870.
65
Lüneburgischen wohnte und hier von den Herzögen von Braunschweig Lehen
besaß, im 14. Jahrhundert, zur Zeit, als u. a. einer des Geschlechts Vogt zu Lüchow
war, die braunschweigischen Helmsicheln als Zimier führte, eine von der ihrer
neumärkischen Vettern völlig abweichende Helmzier. Wir können hierbei aber
auch mit Fug an die zahlreichen Fälle denken, in denen die Helme geadelter
Personen z. B. mit dem brandenburgischen oder preußischen Helmschmuck, dem
offenen Fluge, unter ausdrücklicher Kennzeichnung desselben als solchen geziert
wurden. Herr und Diener führten denselben Helmschmuck. 1 )
Auch Qanerbschaften scheinen oft Anlaß zur Bildung von Wappengruppen
gegeben zu haben. Die Erforschung des Ursprungs und der Abstammung der
Geschlechter des niederen Adels im Mittelalter wird besonders durch den Umstand
erschwert, daß viele Familien von einem Ganerbenhause einen gemeinschaftlichen
Namen, ja auch ein gemeinschaftliches Siegel geführt haben, ohne unter sich in
der mindesten Geschlechtsverwandtschaft gestanden zu haben. So gibt es am Rhein
eine Reihe von Beispielen dafür, daß die Ganerbenhäuser ihr eigenes Hauswappen
haben, daß die Hausgenossen dieses Hauswappen bald ganz, bald zum Teil als
ihr Geschlechtswappen aufnahmen und auf ihre Nachkommen vererbten. Diese
Geschlechter behielten ein derartiges Wappen selbst dann bei, wenn sich das alte
ganerbschaftliche Verhältnis gelöst hatte. 2 )
Noch mag nicht unerwähnt sein, daß nicht alle sich gleichenden Wappen
eine Wappengruppe bilden, sondern ein Zusammenhang vorhanden sein muß. So
bilden z. B. die Manteufel, die französischen Bethune und die Schweizer Sukenriet
keine Wappengruppe, obschon sie nicht nur ähnliche, sondern sogar das gleiche
Wappen führen, nämlich den roten Balken in Silber. Wohl aber bilden die Wappen
Württemberg, Veringen und Neuenbürg, die alle drei Hirschstangen zeigen, eine
Gruppe, da die Familien, die sie führten, gemeinsamen Ursprungs sind und die
Verschiedenheit der Wappen durch Veränderung der Tinkturen des gemeinsamen
Stammwappens entstanden ist. 3 )
Es sind nicht nur die ministerialen, die unfreien Dienstmannen, die das Wappen
ihres Herrn führten, auch bei Freien, die von einem andern ein Lehen trugen,
konnte dieses Abhängigkeitsverhältnis durch Tragen des Wappens des Herrn zum
Ausdrucke gebracht werden. Hieraus hat Hauptmann in seinem klassischen Werke
über das Wappenrecht (Bonn 1896), dem ich im vorstehenden wiederholt gefolgt
bin, es gut erklärt, daß zahlreiche Reichsfürsten einen Adler im Wappen führen.
Wollte man mit Seyler („Adler", Jahrbuch 1893, S. 144) die symbolische Be-
deutung des Adlers (Großmut, Milde, Freigebigkeit) für den Grund zu der häufigen
Wahl dieses Wappenbildes halten, so ist nicht einzusehen, weshalb dann nicht
ebensoviele andere Tiere mit ähnlichen Bedeutungen — Löwe: Großmut; Hund:
Treue; Stier und Bär: Stärke — gewählt worden sind. Vielmehr war offenbar
oft das Lehnsverhältnis vom Herrn des Reiches, vom Kaiser, die Ursache, aus
welcher die Reichsfürsten, die ja ihr Fürstentum von ihm zu Lehen trugen, beim
Aufkommen des Wappenwesens so oft mit einem Adler uns entgegentreten. Es ist
i) Ad. M. H[ildebrandt], CGV 25, 6 ff .
2 ) Bodmann, Rheingauische Altertümer, Mainz 1819, S. 369.
3 ) Hauptmann, Zehn mittelrheinische Wappengruppen, JAW NF 10.
Heydenrtich, Familiengeschichtliche Quellenkunde.
66
dieses nicht etwa das älteste Wappen des betreffenden Fürstenhauses, sondern es
ist der kaiserliche Adler, den sie als Lehnsmannen des Reichs auf dem Schilde
trugen. 1 ) So führte z. B. einen Adler Ottokar I. von Böhmen 1199, Herzog
Berthold IV. von Zähringen 1157, Herzog Heinrich Jasomirgott von Österreich 1170,
Herzog Berthold von Dalmatien 1184, Herzog Adalbert von Teck 1190, Graf
Konrad von Heiligenberg 1208, Markgraf Heinrich V. von Baden 1207. Auch in
der Geschichte der Wettiner kommt, wenn auch nur vorübergehend, ein solcher
Adler vor. Dedo, der Sohn Konrads des Großen, führte noch kein Wappen im
Siegel. Erst das Siegel seines Sohnes Dieterich (f 1207) zeigt ein monogrammatisch
zusammengesetztes Wappen: den halben Löwen und den halben Adler. Graf
Dieterich nahm nämlich als Schildschmuck, gleich seinem Bruder Konrad, den
Löwen der Meißner Hauptlinie an, vereinigte aber, nachdem er Pfalzgraf von
Sommerschenburg geworden, durch monogrammatische Zusammenstellung den
Löwen mit dem Adler der Pfalzgrafen von Sachsen zu einem Wappen. Daß aber
der Adler das Familienwappen der ausgestorbenen Pfalzgrafen von Sachsen war,
ist nach den Untersuchungen von Posse (Siegel der Wettiner, 1893, S. 8) nicht
zu bezweifeln.
Indem das Wappen des Lehnsherrn teils unverändert, teils verschieden verändert
von den Lehensleuten geführt" wurde, ergab sich eine interessante Mannigfaltigkeit.
Als Beispiel führe ich nach Seyler, Geschichte der Heraldik (= Abteilung A des
Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg 1885—89, S. 133), das Wappen des
Bistums Straßburg an. Dasselbe war ein silberner Schrägbalken in Rot. Von
bischöflichen Lehensleuten führten dasselbe unverändert:
1. die von Kagenek;
2. die Wetzel von Marsilien;
3. die von Aschenheim (nämlich eine Familie dieses Namens, die schon im
15. Jahrhundert erlosch).
Mit Abänderungen führten das Bistumswappen:
4. den Schrägbalken, mit drei schwarzen Kugeln belegt: die Ottfriedrich (er-
loschen im 16. Jahrhundert);
5. mit einem blauen Turnierkragen im Schildeshaupt: die von Blumenau. Das
Siegel des Johannes de Blumenowe 1311 zeigt statt des Turnierkragens im
Obereck neben dem Balken eine Muschel;
6. mit einem goldenen Turnierkragen im Schildhaupt: die von Rumeinhein (ein
zerstörtes Dorf bei Molshein);
7. mit einem goldenen Lilienhaspel über dem Schrägbalken: die Reimboeldelin,
so Ritter Reimbold Reimboeldelin 1317 und ein anderer Ritter gleichen
Namens 1344;
8. die Burggrafen von Straßburg;
9. mit drei blauen Eisenhütchen im Schrägbalken: die Stoer, die Ende des
16. Jahrhunderts ausstarben, nachdem ihre Wappengenossen, die von Sanct-
Amarin und Nordwind, schon im 15. Jahrhundert erloschen waren.
*) E. Gritzner, Heraldik, in A. Meisters Grundriß der Geschichtswissenschaft I, 1906.
S. 372.
67
Die Veränderungen eines Wappens zur Unterscheidung verschiedener Glieder
oder Linien des gleichen Geschlechtes 1 ) werden unter der Bezeichnung Brisüren
zusammengefaßt. Sie stammen aus Frankreich (Archives heraldiques 1896. Bouty
de Lesdain, Les brisures d'apres les sceaux) und sind daselbst mit den Wappen
zugleich im 12. Jahrhundert nachzuweisen. Die Sitte der Unterscheidung hat sich
in allen Ländern eingebürgert, aber eine ganz verschiedene Ausbildung erhalten.
Mehr oder weniger der Willkür des einzelnen anheimgestellt bleiben die Brisüren
in Frankreich und in Deutschland. Einzig in England haben sie sich zu einem
äußerst geregelten und leicht verständlichen Systeme ausgereift. In Frankreich ist
die Veränderung im Schilde vorgenommen worden, und zwar durch Hinzufügung
eigens erfundener Beizeichen, wie des Turnierkragens (Lambet), des Ortes (Canton),
des Schildrandes (Bordüre), des Fadens (bände oder bäton) usw. In der Schweiz
scheint die Unterscheidung vorerst durch Farbenwechsel im Schilde gemacht worden
zu sein, und später, nach der Verbreitung der Helmzierden, durch diese, wie
überall in deutschen Landen. 2 ) Die Brisüren kann man in drei Arten teilen:
1. Veränderung der Wappenfarben,
2. Veränderung der Wappenfigur,
3. Hinzufügen der „Beizeichen".
Als Beispiele für den Farbenwechsel mögen dienen:
Die Pfalzgrafen von Tübingen und ihre Nachkommen, welche alle die Kirchen-
fahne im Schilde führten. Tübingen (rote Fahne in Gelb), Tübingen-Asperg (gelbe
Fahne in Weiß), Grafen von Montfort-Tetnang (rote Fahne in Weiß), Grafen
Wardenberg-Sargan (weiße Fahne in Rot), die Grafen von Wardenberg-Heiligenberg
(eine schwarze Fahne in Weiß). Vom alten Wappen der Grafen von Kyburg, das
im Clipearius des Konrad von Mure beschrieben ist, haben sich in der Folge
drei verschiedene Farbenpaarungen gebildet. Das alte Wappen (in Schwarz ein
gelber Schrägbalken, von zwei gelben Löwen begleitet) behält bei der Teilung von
ca. 1180 der ältere Bruder Hartmann III. zu Kyburg bei, der jüngere, Adalbert II.
zu Dillingen, verdoppelt die Löwen und ändert das schwarze Feld in ein blaues um
(in Blau ein gelber Schrägbalken von vier gelben Löwen begleitet). Um 1250
verwandelt Hartmann der jüngere zu Burgsdorf das Schwarz des Schildfeldes in
Rot (in Rot ein gelber Schrägbalken von zwei gelben Löwen begleitet) und seine
Erben, die neuen Grafen von Kyburg aus habsburgischem Geblüt, übernehmen
dasselbe in dieser Form. Eine dritte Brisüre enthalten die Wappenmalereien des
Hauses zum Loch in Zürich (in Weiß ein roter, von zwei roten Löwen begleiteter
Schrägbalken); sie ist wahrscheinlich von den 1264 erloschenen Grafen von Kyburg
zu Kyburg geführt worden. Eine weitere Gruppe bilden die Grafen von Württem-
berg, Veringen und Neuenbürg, deren Schildbild drei Hirschstangen sind. Die
Grafen von Württemberg führen dieselben Schwarz in Gelb, die Grafen von Veringen
x ) Das Folgende nach Ganz, Paul, Gesch. f. herald. Kunst in der Schweiz im 12. und
13. Jahrhundert, 1899.
2 ) v. Löher, Über der Helmkleinode Bedeutung, Recht und Geschichte. (Sitzungs-
berichte der Kgl. Bayr. Akad. d. Wiss., philos.-philol. Kl., Sitzung vom 7. März 1885). — Fürst
zu Hohenlohe-Waldenburg, Über den Gebrauch der heraldischen Helmzierden im Mittel-
alter, Stuttgart 1868.
68
Rot in Gelb und die Grafen von Neuenbürg Blau in Gelb. Die Freiherren von
Wädensweil haben in Blau eine weiße Schnalle, die Linie Wädensweil-Unspunnenn
die weiße Schnalle in Rot. Das Stammwappen der Grafen von Fenis-Neuenburg
soll in Gelb drei rote Pfähle getragen haben. Seit der ca. 1223 erfolgten Teilung
des Besitzes führen Bertold von Neuenburg und seine Nachkommen (romanische
Neuenburger) in Gelb einen oder mehrere rote Pfähle und weißen Sparren, Ulrich IV.
und seine Söhne in Rot einen oder mehrere gelbe Pfähle mit schwarzen Sparren.
Die Söhne Ulrichs IV. gründeten die Linien Nidau, Straßberg und Arberg-Valangin
und behielten das väterliche Wappen bei mit Veränderung der Balkenzahl.
Graf Rudolf I. von Nidau führt in Rot drei gelbe Pfähle mit schwarzen Sparren
und Graf Ulrich von Arberg einen gelbschwarz gesparrten Pfahl in Rot. Die
einzelnen Glieder und Linien des ganzen Grafenhauses haben sich überdies nach
deutschem Brauche durch verschiedenartige Helmzierden unterschieden. Die Dienst-
leute von Reinach (Aargau) haben den roten Leu der Grafen von Habsburg in Gelb
mit blauem Kopfe, die von Luternau (Bern, Luzern) eine weiße Mauerzinne in
Schwarz, als Teil des Wappenbildes ihrer Lehensherren, der Freiherren von Wol-
husen (in Gelb eine rote Burg). Aus dem Gebiete des Deutschen Reiches diene
als Beispiel für den Brauch, die Linien eines Geschlechtes durch den Helmschmuck
zu unterscheiden, das Geschlecht von Strantz. Das Wappen, ein gekrönter, auf-
gerichteter schwarzer Löwe in weißem Felde, blieb bei Abzweigung — der Peters-
dorfer Linie 1443 unverändert, die aber aus dem Helme statt der Straußfedern,
welche die Sieversdorfer Linie ferner behielt, sich Pfauenfedern beilegte, 1802 aber
ausstarb, wogegen die jetzige neue Petershagener sowohl als die Barkower Linie
beide die Straußfedern als Helmschmuck führen. 1 )
Je spärlicher zeitweise die übrigen Quellen zur Familiengeschichte fließen, um
so wichtiger ist das Wappen oder das dieses enthaltende Siegel. Mit Recht bemerkt
Posse in dem Vorwort zu seinem klassischen Werke über die Siegel des Adels
der Wettiner Lande bis zum Jahre 1500 (I. Band, Dresden 1903): „Für die Er-
forschung der Geschlechtergeschichte des Mittelalters ist die Sphragistik eine der
wesentlichsten Hilfswissenschaften. Oft wird hierbei dem mit dieser vertrauten
Forscher das Siegel, in Anbetracht seiner großen Bedeutung, die es im Rechtsleben
des Mittelalters gehabt hat, wertvolleren Aufschluß geben, als der oft recht dürftige
Rechtsinhalt der Urkunde, z. B. die Schenkung von einigen Schock Groschen u. a."
Freilich das Wappen allein beweist die Identität verschieden benannter Familien
noch nicht; das folgt schon daraus, daß, als die Wappen aufkamen, Händler, die
für Geld Wappen, und zwar oft Wanpen mit denselben Figuren oder Heroldsbildern,
an jedermann verkauften, von Ort zu Ort zogen. 2 ) Vielmehr ist auf die Wappen-
x ) C. F. F. v. Strantz, Geschichte des deutschen Adels 1853, I, 285.
2 ) Außer dem Zufall, der, insbesondere bei weit voneinander entferten Orten leicht zur
Wahl eines und desselben Wappenbildes bei durchaus nicht verwandten Familien führen
konnte, gab ferner auch die gleiche natürliche Beschaffenheit Veranlassung, dasselbe Wappen-
bild zu wählen, ohne daß deshalb auch nur der geringste Grad genealogischer Verwandtschaft
angedeutet werden sollte. In bergreichen Gegenden, wo zahlreiche Städte, Dörfer und
Familiennamen nach dem Berg benannt sind, tritt das Bild desselben in zahllosen Variationen
und Farben auf. In der Schweiz dürften Berge fast in einem Fünftel aller Wappenschilde zu
finden sein. Auf der Wappentafel der Talschaft Lötschen beim Prior zu Kippel enthalten
69
gleichheit mehrerer Familien nur dann Wert zu legen, wenn sich bei ihnen dieselben
Vornamen wiederholen, oder wenn die Familien, sei es auch nur in der ersten Zeit
ihres Vorkommens, in derselben Gegend wohnen und zusammenstoßende oder
gemeinsame Güter besitzen. So darf man z. B. die alten Dynasten von Franken-
stein mit den Grafen von Gleichen trotz des gemeinsamen Leoparden nicht zu-
sammenwerfen, da beide ganz getrennte Stammgüter besitzen und verschiedene
Namen tragen. Dagegen sind die Herren von Baumbach in Hessen identisch mit
den Herren von Farmoda, so genannt von dem gleichnamigen Dorfe bei Eisenach,
welches an die Burggrafen von Kirchberg überging, während die Herren von Farmoda
nach Wenig-Lupnitz übersiedelten und dort 1607 erloschen. Das Wappen ist ein
Halbmond mit aufwärts gekehrten Enden, an deren jedem ein Stern glänzt; ge-
meinsame Taufnamen sind Helmrich, Ludwig, Hermann u. a. Am südlichen Laufe
der Werra begegnen uns seit 1320 die Schrimpf und die Herrn von dem Berge
oder am Berge (de Monte) als reiche hennebergische Vasallen mit gemeinsamen
Wappen und Namen, wie Hertnid, Heinrich, Hermann, Conrad. Der letzte Schrimpf
starb kurz vor 1600 und nannte sich Schrimpf von Berg. Derselben Gegend ge-
hören die Herren von Allendorf an, so genannt von einem Dorfe nahe bei Salzungen
(Conrad 1289, Heinrich 1304), von wo ein Zweig sich nach der Rhön wandte
und sowohl in als um Kaltennordheim Güter erwarb. Dieser Zweig nannte sich
Fasolt, Vasold oder Fasant. Einer von ihnen, Heinrich, wurde 1313 Burgmann in
Tonna bei Gotha, wo sich die Familie lange erhielt, während der ältere Stamm
an der Rhön schon im 16. Jahrhundert erlosch. Dem Wappen zufolge waren
die auf dem Eichsfelde wohnhaften Geschlechter von Lengefeld, Weidensee und
Bedungen, Geze und Schierbrand mit den im 15. Jahrhundert erloschenen Herren
von Ammera verwandt, wie auch gleiche Besitzungen dies bezeugen. Einige dieses
Stammes wandten sich nach Mühlhausen i. Th. und nannten sich nach diesem Orte;
denn zweifellos gehört Ernst, der sich in der Urkunde von 1238 dei gratia prefectus
in Mulehusen und in der Siegelunterschrift de Molehusen nennt, dem Schildzeichen
nach zu der Ammernschen Familie. 1 )
15 von 40 Schilden je einen Dreiberg, auf der Tafel von Zöfingen 41 von 80. — Sehr richtig
behauptet schon 1868 A. Freih. v. Hoiningen-Huene, Notizen in betreff der geographisch-
heraldischen Gruppen, AKDV, N. F. XV, S. 55 ff., daß die Entstehung solcher heraldisch-
geographischen Gruppen mit gemeinsamen Wappenbildern nicht immer auf demselben Grunde
beruht. Noch heute gilt die ebenda Seite 56 aufgestellte Behauptung als durchaus richtig: „Die
Betrachtung der heraldisch-geographischen Gruppen ist gewiß für genealogische Forschungen
von großer Wichtigkeit; und es wäre zu wünschen, daß derselben eine möglichst große
Aufmerksamkeit geschenkt würde." Sammlungen, nach Ort und Zeit geordnet, in dieser
Richtung würden auch noch heutzutage verdienstlich sein. Vgl. Andreas de Roever, Kan
heraldiek verwantschap nit maken?" Haag 1887. Meine Arbeit, „Familiengeschichte und
und Heraldik", Jahrburch der Kgl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Erfurt, 1908.
a ) Posse, Die Siegel des Adels der Wettiner Lande, I, 1903, S. 46 ff. Vgl. über die
Verwandtschaft und Verzweigung der von Rodau, von Machwitz, von Mylin, von Reinolsdorf,
v. Faßmann und v. Neiperg: Gradl in der Vierteljahresschrift für Heraldik, Sphragistik und
Genealogie XII, 1884, S. 20 ff . Dazu C. v. R[aab], Beitr. zur Gesch. des vogtl. Adels, in
den Mitteilungen des Plauener Altertumsver. 1»83, S. 28 f. — Rud. Frhr. v. Reitzenstein
in d. Verhandlungen d. histor. Ver. d. Oberpfalz XXXIII und Biedermann, Geschlechts-
Regesten der löblichen Ritterschaft im Vogtlande, Kulmbach 1752. Die Röder führten das
70
Die heraldischen Andeutungen' unehelicher Abstammung sind für die Familien-
geschichte mit Vorsicht verwertbar. Den unehelichen, legitimierten Kindern er-
teilte man das unveränderte väterliche Wappen nur dann, wenn die Familie aus-
gestorben war. Blühte die Familie selbst weiter, dann veränderte man das Wappen
für den Legitimierten durch ein Beizeichen oder sonstwie, oder gab ihm ein neues
Wappen. Das heraldische Beizeichen für Uneheliche war ein Schrägbalken (Bastard-
faden) oder nur das mittlere Stück desselben, ein sog. „mittlerer Einbruch". Doch
werden auch andere Beizeichen genommen, da die vorgenannten bei ihrer Be-
deutung wohl nur ungern geführt wurden. Der nach der linken Seite absteigende
Balken wird in der Regel für das Beizeichen Nachgeborener vom Blute, der nach
der rechten Seite absteigende als Beizeichen der Bastards angenommen. Doch
gibt es zahlreiche Beispiele, daß man hierbei nicht besonders ängstlich war; es
finden sich Bastardfäden auch schräglinks, und umgekehrt. Ist doch im Grunde
schräglinks und schrägrechts heraldisch ganz gleich: es ist nur ein Schrägbalken
das Wesentliche. Den Bastardfaden als Zeichen unechter Abstammung führten u. a. :
Johann v. Broich, ein natürlicher Sohn Herzogs Wilhelm I. v. Jülich, siegelte 1361
mit dem Jülicher Löwen, den Schild überdeckt mit einem Bastardfaden. Johann
Georg, natürlicher Sohn des Herzogs Ludwig von Württemberg, führte den ihm
vom König Friedrich I. von Württemberg 1807 verliehenen Titel eines Grafen von
Sontheim und als Wappen in Gold die drei württembergischen schwarzen Hirsch-
stangen unter einem roten Bastardfaden. Karl Ludwig Ferdinand Ruknik von
Mengen, natürlicher Sohn des Herzogs Ludwig von Württemberg, wurde 1806 vom
König Friedrich I. von Württemberg in den Freiherrnstand erhoben und ihm als
Wappen zwei goldene Hirschstangen in Schwarz (aus dem württembergischen
Wappen) überdeckt durch einen blauen Bastardfaden gegeben. Er erhielt also
nicht nur das Beizeichen des Bastardbalkens, sondern es wurde auch die Schild-
figur verändert (zwei Hirschstangen statt drei) und die Tinkturen verwechselt.
Statt des Bastardfadens wurden oft andere Beizeichen der verschiedensten Art dem
Wappen zugefügt. Die Dynasten von Ochsenstein führten zwei weiße Balken in
Rot; die v. Landeck, ein ochsensteinsches Bastardgeschlecht, führten zwischen den
Balken drei goldene Sterne. Kaiser Friedrich III. legitimierte 1455 den Heinrich
v. Beinheim und verlieh ihm das Wappen seines Vaters Heinrich v. Finkenstein
mit dem Buchstaben H in der Mitte als Beizeichen.
Der Turnierkragen in Form eines Balkens mit drei bis sieben abwärts stehenden
Orten (Lätzen) diente in einzelnen Fällen als Unterscheidungszeichen der jüngeren
Linie eines Geschlechtes. Aber gerade hier zeigt es sich, mit wie großer Vorsicht
nämliche Wappenschild wie die von Feilitzsch, von Zedtwitz, von der Heyde, von Machwitz,
von Jeßnitz (Gößnitz), von Perglas und die Zwinnenberge (von Quingenberg). Alle diese
Familen gebrauchten einen in den Farben Rot, Schwarz und Silbern dreifach quergeteilten
Schild, nur daß bei den Rödern die Reihenfolge der Farben eine andere war, als bei den
Wachwitz. Von letzterer Familie stammen auch die Tussel, später Thussel von Taltitz genannt,
ab, die jedoch mit der Zeit sich eines anderen Wappens bedienten. Aus dem Geschlechte
von Mylin gingen wiederum mit gleichem Wappenschilde die von Wiedersberg und von Heils-
dorf, aus den Vasman die von Dobeneck und von Falkenstein und endlich aus denen von
Reinoldsdorf die Thossen und die Weischals (von Weischlitz) hervor.
71
man aus derartigen heraldischen Momenten, verschieden je nach Gegend und Zeit,
familiengeschichtliche Schlüsse ziehen muß. Im Anschluß an die französische und
englische Heraldik vermutet zwar Tumbült (Westfäl. Siegel I 2, S. 5), daß Ansewin
von Gemen seinen Schild um einen Turnierkragen deshalb 1313 vermehrte, weil
er der jüngste Sohn war. Daß aber der Turnierkragen Zweit-, Dritt- usw. Geburt
anzeigen solle (L. v. Ledebur, Archiv f. deutsche Adelsgeschichte I, 4), läßt sich
für Westfalen, wie Ilgen in seinen bahnbrechenden Untersuchungen (Westfäl.
Siegel IV, S. 32) bemerkt, nicht beweisen. Der Schultheiß Heinrich von Soest,
bei dem er uns am frühesten begegnet, ist der älteste von drei Brüdern. Auch
bei Albert von Horde, bei Albert Droste ist nicht zu sagen, ob der Turnier-
kragen zur Geburtsabstufung gedient hat. Sein häufiges Vorkommen als selb-
ständige Wappenfigur in Westfalen läßt sich nicht gut mit einer solchen Neben-
rolle vereinbaren. Hierzu kommt, daß nach Freih. v. Ledebur (Archiv f. deutsche
Adelsgeschichte I, S. 57 f.) der Turnierkragen da, wo er als Hauptstück auftritt,
stets die Gerichtsbank vorstellen soll. Aber wie läßt sich wiederum damit, so
fragt mit Recht Ilgen (a. a. O. S. 18) die enge örtliche Begrenzung — die einen
Turnierkragen in Westfalen führenden Familien waren mit geringen Ausnahmen
in der Gegend südlich von Münster angesessen — in Einklang bringen? Wie
ist es ferner zu erklären, fragt Ilgen weiter, daß uns z. B. aus Soest keine Richter-
siegel mit dem Turnierkragen überliefert sind, trotzdem hier das städtische
Gericht ausdrücklich die Bezeichnung „vor den vier Bänken" trägt?
Auch auf Besitzverhältnisse 1 ) geben die Wappen Rückschlüsse an die Hand.
Der Erwerb neuer Besitzungen wurde die Veranlassung zur Annahme eines von
den bisherigen Familienwappen abweichenden Zeichens. Simon von Gemen, der
im Jahre 1259 den Hof Raesfeld von dem Edlen Adam von Berge gekauft hat,
gilt als der Stammvater der von Raesfeld, die statt des Gemenschen Balkens mit
den Pfahlstücken einen gegitterten Balken führten. Jüngere Linien, die sich von
x ) Hier sei die wichtigste Literatur über Familienfideikommisse zusammengestellt:
Kurt Freiherr von Reibnitz, Familienfideikommisse, ihre wirtschaftlichen, sozialen und
politischen Wirkungen. — Martin Wolff, Die Neugestaltung des Familienfideikommißrechts
in Preußen. (Diese beiden Bücher erschienen in Carl Heymanns Verlag. Berlin, W. 8, Mauer-
straße 43/44.) — S. Meyer, Beiträge zur Geschichte der Familienfideikommisse. Bonn. Diss.
1878. — v. Miaskowski, Das Erbrecht und die Grundeigentumsverteilung im Deutschen
Reiche. I. II. 1882—84 (Schriften des Vereins für Sozialpolitik. XX. XXV). — Über das seit dem
8. Jahrhundert bezeugte angelsächsische Familienfideikommiß vgl. Brunn er, Zur Rechts-
geschichte der Römischen und Germanischen Urkunde, Bd. 1 (mehr nicht erschienen). Berlin
1880, 190 ff. — Loersch und Schröder, Urkunden zur Geschichte des Deutschen Reichs,
1. Privatrecht, 2. A. Bonn 1881, Nr. 66. — Eugen Moritz, Die Familienfideikommisse Preußens.
Berlin 1901. — C. von Salza-Lichtenau, Die Lehre von Familien-, Namen- und Geschlechts-
fideikommissen. Leipzig 1838. — Lewis, Das Recht der Familienfideikommisse, Berlin 1868.
— Vgl. auch Erwin Betzier, Die Erhaltung von Familiengütern. Eine Untersuchung der
im Reichsrecht gegebenen Mittel unter Berücksichtigung des preußischen Landrechtes. Greifs-
walder Dissertation 1907. — Hoff mann, Das Recht des Adels und der Fideikommisse in
Bayern, München 1896. — Schnelle, Die Adelskorporation und die Fideikommißstiftungen
in Mecklenburg, Hamburg 1845. — Inama-Sternegg, v., Die Familienkommisse in Öster-
reich. Wien 1883. — Pfaff und Hoffmann, Zur Geschichte der Fideikommisse. Exkurse
über österreichisches allgemeines bürgerliches Recht. Wien 1884.
72
dem Hauptstamm abzweigten und einen neuen Burgsitz errichteten, modelten in
alter Zeit das ursprüngliche Familienzeichen in verschiedener Weise um. Das
sehen wir anschaulich an den Siegeln der Brüder Johann und Gottschalk von
Padberg, die das väterliche Erbteil unter sich geteilt haben. Johann, der ältere
von beiden, erhält den Stammsitz des Geschlechts und wird auch vom Vater das
Wappenbild, zwei Fehreihen im Schildeshaupt, übernommen haben. Gottschalk
hingegen gründet auf dem neuen Haus Padberg die Seitenlinie, die sich dann
später noch in die Familien von Adorf und Scharfenberg verzweigt, und zieht den
Fehschmuck statt im Schildeshaupt auf einem Rechtbalken über den Schild. Die
Rosen, mit denen er den Rechtbalken beseitet hat, entstammen wahrscheinlich der
Wappenfigur der Familie seiner Frau (Ilgen 28*).
Söhne von Adligen gaben, wenn sie Erbtöchter heirateten, entweder das väter-
liche Wappenbild völlig auf und adoptierten das der Familie ihrer Frau, wie uns
das Beispiel Friedrichs von Horde lehrt, oder aber sie vereinigten beide Siegel,
wie wir dies bei dem Grafen Engelbert II. von der Mark, bei Engelbert von Gemen,
der Bernhard, gen. Paschedags älteste Tochter zur Frau hatte, und bei Rabolo
von Schele, der 1396 der Gemahl der einzigen Tochter Sveders von Schiedehausen
wurde, bemerken (Ilgen 28*, 29*).
Für familiengeschichtliche* Forschungen ist der bei Domherren im 13. und
14. Jahrhundert bisweilen vorkommende Brauch bemerkenswert, in ihren Siegeln das
Siegelbild oder die Wappenfigur des Vaters mit dem oder der der Mutter zu verbinden.
Der Domkellner Werner von Volmestein ist, den Lebensumständen nach zu
schließen, ein Sohn Heinrichs III. von Volmestein und der Sophia von Isenberg,
der Tochter des Mörders Erzbischofs Engelbert I. von Köln. Von der Mutter hat
er die Rose überkommen, die er mit dem Volmesteinschen Schild belegt hat.
Ein Seitenstück zu dem Siegel Werners von Volmestein ist das des Propstes
Bernhard von Schildesche, des Sohnes Ottos III. von Ravensberg und der Hedwig
zur Lippe von 1325. Im runden Siegelfelde sieht man die lippische Rose, bedeckt
mit dem ravensbergischen Sparrenschild, worauf die Schüssel mit dem Kopf Jo-
hannis des Täufers gelegt ist. Dieser heraldische Brauch wurde, wie es scheint,
dadurch veranlaßt, daß die Domherren zum Gerade, dem Nachlaß der Mutter,
bevorrechtet waren und infolgedessen Anlaß fanden, die Abstammung von ihr auch
äußerlich zu bekunden. Er verschwindet im 15. Jahrhundert mehr und mehr; die
Siegel der Domherrren, in denen nur die Waopenfigur des Vaters wiedergegeben
ist, werden von dieser Zeit ab die gebräuchlicheren (Ilgen 30*).
Auf Frauensiegeln 1 ) kommen im Mittelalter neben den regelmäßigen Alliance-
wappen in zwei Schilden und den sehr häufigen monogrammatisch zusammen-
geschobenen in einem Schilde bisweilen ganz eigentümliche heraldische Kombina-
tionen vor. Derartige heraldische Kombinationen auf mittelalterlichen Siegeln
dienen oft zur Aufklärung genealogischer Probleme oder zur Unterstützung
familiengeschichtlicher Hypothesen. Als Beispiel hierfür diene das von Fürst
x ) L. v. Ledebur, Über die Frauensiegel des deutschen Mittelalters, Berlin 1859. —
Melly, Über Siegel und Siegelweise österreichischer Damen, in seinen Beiträgen zur Siegel-
kunde des Mittelalters (I. T. Wien 1846). — Ilgen, Sphragistik, in A. Meister's Grundriß der
Geschichtswissenschaft I, 1906, 5. S. 354.
73
zu Hohenlohe-Waldenburg in seinen „Sphragistischen Aphorismen" (1882, Tafel IV,
Nr. 41) veröffentlichte Siegel der Elisabeth von Hohenlohe-Brauneck aus dem Jahre
1331. Dasselbe zeigt ein Hifthorn über einem Leoparden. Obwohl es urkund-
lich nicht nachzuweisen gewesen, aus welchem Geschlecht Elisabeth, Gemahlin
Gebhards von Hohenlohe-Brauneck, stammt, so ist doch die Vermutung des Ver-
fassers sehr wahrscheinlich, daß sie eine geborene Neifen war und von den drei
Hifthörnern ihres angestammten Wappens ebenso nur eines in diesem Siegel
führte, wie von den beiden Leoparden ihres angeheirateten Wappens nur einen.
Wie in diesem Falle, so kommt es auch sonst gelegentlich vor, daß eine
heraldische Einzelheit Licht über die Geschichte eines Geschlechtes in einer Zeit
wirft, aus welcher dasselbe Urkunden nicht aufzuweisen vermag: Ist schon
der stehende Löwe, welcher in der älteren Zeit von den Pentzen im Schild
geführt wurde, eine nicht eben häufig vorkommende heraldische Figur, so ist
die Pentzische Helmzier durchaus ungewöhnlich. Die gleichen Wappenzeichen,
mit den Pentzischen in Schild und Helm genau übereinstimmend, finden sich bei
dem Bremischen Geschlecht von Marssei, genannt von Keding. Nachweislich sind
Glieder bremischer Adelsgeschlechter am Ausgange des 13. und zu Beginn des
14. Jahrhunderts in Mecklenburg eingewandert. Während aus den gegenwärtig
bekannten Urkunden der Ursprung des Geschlechtes von Pentz sich nicht be-
stimmen läßt, ist es lediglich die Heraldik, welche uns Bremen als Heimat des-
selben nachweist. 1 )
Die Symbolik der Wappenfiguren bietet Gelegenheit, besondere Vorkommnisse
aus der Geschichte einzelner Familien zu erforschen. Über die Wahl der Wappen-
bilder bemerkt Bernd S. 68 seiner allgemeinen Wappenwissenschaft: „Bei welcher
Gelegenheit, zu welches Geschehenen, welcher Tat Andenken diese Bilder — dienen,
— können nur die wissen, welche diese Wappen und Wappenbilder wählten oder
erteilten, und können andere nur durch Mitteilung von demselben erfahren. Es
ist daher eine sonderbare Zumutung und unbillige Forderung, wenn man von
einem Wappenlehrer verlangt, daß er jedes vorgelegte Wappen deuten und er-
klären soll." Diese Zumutung wird von Laien beständig gestellt, sie sehen in
solcher Deutung den einzigen Gegenstand der Heraldik, und Anfänger in der
Wissenschaft fühlen sich in dieser Hoffnung fast immer getäuscht. Bis zum
dreißigjährigen Kriege wurde in Deutschland stets festgehalten, daß das Wappen
nicht dem Einzelnen, sondern dem ganzen Geschlecht angehört. Geschehenes
konnte also auf Schild und Helm nur, wenn es besonders wichtig und fast wunder-
bar war, verewigt werden. Ob die Bilder, welche man wählte, wirklich den Sinn
hatten, den zahlreiche Wappensagen ihnen gegeben haben, ist vielfach zweifelhaft.
Das reiche Material, welches Pusikan (Oskar Göschen) in seiner Schrift „Über die
Bedeutung der Wappenfigureri" (Nürnberg 1877) und in seiner hinterlassenen lehr-
reichen Arbeit „Entstehung und Bedeutung der Wappenbilder" (Jahrb. der Gesell-
schaft „Adler", N. F. Bd. 16, Wien 1906, S. lff.) zusammengestellt hat 2 ), mag
*) F. v. Meyenn, Urkundliche Geschichte der Familie von Pentz, Bd. I. S. 45 ff.
4 ) Vgl. auch A. M. Mensinga, Die Abzeichen der Religion in den Wappen, VJH 7. —
Eine nützliche Übersicht bietet in lexikalischer Form Paul Qründel, Wappensymbolik.
Leipzig, Moritz Kühl 1907.
74
immerhin Veranlassung geben, den Traditionen der einzelnen Familien an der Hand
von Urkunden und Akten weiter nachzugehen. So können z. B. die häufig vor-
kommenden Schafscheren nach Fürst Karl Friedrich Hohenlohe erbliches Schäferei-
recht andeuten. Wenn man erwägt, wie schwer sumpfiges Weideland vorteilhaft
zu verwerten, daß es also zum dauernden Besitze gleichsam vorherbestimmt ist,
so läßt sich wohl glauben, daß ein Erbherr von meilengroßen Schafmooren der-
gleichen Wappenbild oder Helmzier erkor. Auf Fischfang deuten die Fischwappen
von Schweizer Geschlechtern, deren Stammsitze an Seen liegen, oder der Familien-
Gloucester, aus deren Grafschaft die schönsten Fische kamen, so daß man bei
dem Namen Gloucester sogleich an Salmen dachte. Zu den wichtigsten Boden-
schätzen gehörte das Salz. Salzpfannen führten die Erb-Sälze zu Werl in Westfalen,
Brandis, Crispin, Mellin, wohl in ähnlicher Bedeutung die Celle, Burgmänner zu Rüden,
Salzhaken nach Herrn von Mayrfels auch die salzverwandten Saurzapf in Bayern.
Schon die Heraldiker des 16. und 17. Jahrhunderts haben auch den Herolds-
bildern eine symbolische Bedeutung untergelegt. So sollten nach Rudolphi 1 ) die
v. Ehningen einen oder zwei goldene Sparren im schwarzen Schild geführt haben,
„weil sie unter den alten Kaisern der Zimmer-Leute Vorgesetzte sollen gewesen
seyn". Daß derartige Auslegungen willkürlich sind, liegt auf der Hand. Doch
scheint nach neueren Untersuchungen einigen Heroldsfiguren wenigstens in einzelnen
Fällen eine symbolische Bedeutung zuzukommen. Diejenige achtfache Teilung
eines Wappenschildes, die in der Heraldik „Ständerung" genannt wird, gibt gleich-
sam den Grundriß einer nach dem Jus in silvis, Achtwort genannt, vorgenommenen
Waldteilung. Da ist es nun sehr merkwürdig, daß nach L. v. Ledebur (Allgem.
Archiv f. d. Geschichtskunde d. preuß. Staates I, 1830, S. 158 ff.) alle Geschlechter,
soviel sich deren bis jetzt mit diesem Wappenbilde haben auffinden lassen, in
ihrem Namen oder in ihrem Amte eine gemeinsame, auf Wald sich beziehende
Bedeutung hatten. Zu diesen Geschlechtern gehören die Waldboten, die von
Waldeck, die von Ardey (synonym mit Ardenne und Hard, eine gewöhnliche Be-
zeichnung für Waldgebirge), die Grafen von Bruchhausen, welche das Holzgrafen-
amt über die Desemer Mark bekleideten, u. a. Mehrmalige Längs- und Quer-
teilung des Schildes ergibt eine Heroldsfigur, die seit den ältesten Zeiten als
Schachierung bezeichnet wird. Das redende Wappen der v. Dachenhausen, welche
einen von Silber und Schwarz geschachteten Schild mit rotem Schildeshaupt als
Wappen führen, bewirkte die Entdeckung, daß die Schachierung in einer Reihe
von Fällen das heraldische Bild von Mauerwerk ist. In allen solchen Fragen der
Wappensymbolik hat man sich aber vor Verallgemeinerung zu hüten. Nicht jede
geistreiche Wappendeutung entspricht der historischen Wahrheit.
Bei dem Überhandnehmen des Briefadels begann man nach dem dreißigjährigen
Kriege auch in deutschen Landen Figuren zu verleihen, welche auf Beruf oder
Verdienste des in den Adelsstand erhobenen Untertanen anspielten: Dem Stand-
haften wird eine Säule, dem Sieger ein Lorbeerkranz, dem Fleißigen eine oder
mehrere Bienen, dem Bergmann ein Stollen verliehen. In neuester Zeit treten die
*) Rudolphi, Heraldica curiosa, 2. Aufl. 1718. Vgl. v. Hoverden, H. Graf, Zur
Wappen-Symbolik; Über die Bedeutung der Herold-Stücke. München 1870. OBA 30.
75
modernen Ergebnisse der Technik hinzu: dem Eisenschmelzer wird ein Hochofen,
dem Eisenbahner gekreuzte Signalfahnen, wo nicht gar eine Lokomotive in das
Wappen gegeben.
Eine Reihe von Wappenzeichen entsprang religiöser Gesinnung. War doch
die Symbolik der Kirche um 1200 den Geistern geläufig. Engel z. B. führen als
Namenwappen die von Seraphin, de Angeli, die französischen Langelerie, die Liv-
länder Nothelfer, letztere einen als Helfer in der Not herbeifliegenden Engel; die
ausgestorbenen Kärtner Litzelhofen hatten einen Engel mit Anker (hoffen). Die
Pascall und Paschal in Frankreich, die Pascall in England, die Nördlinger Oster-
tag führen das Lamm mit der Siegesfahne: Auferstanden ist der Herr! Tauben
sind Zeichen des heiligen Geistes, wie die zu Chateilmerveil, das Wappenbild
des St. Gral oder sang real, für König Titurel redend. Eine Taube in diesem
Sinne haben die Geist von Wildeck, Siebmacher III, 110. Anders gemeint ist die
Wandertaube mit oder Ölzweig, welche nachweislich von mehreren ausgewanderten
Geschlechtern in späterer Zeit, doch schon unter Kaiser Karl V., zum sinnbild-
lichen Helmschmuck genommen worden ist, so von den Grafen Thurn-Valsassina.
Das Bild uns. lieb. Frau mit dem Jesuskind sieht man im Strahlenglanz auf dem
Helm der bayrischen Rohr. Ein echt heroldkünstlerisches Bild der Himmelskönigin
führen die westfriesischen Roorda: Die Jungfrau-Mutter, über dem Haupt die Sternen-
krone, stehend auf dem Halbmond, wie sie der Katholik unzähligemal dargestellt sah.
Beim fünfstrahligen Stern mag man fast immer an die Stella maris gedacht
haben. Auch die Rose gehört in einer Reihe von Fällen hierher. Sonst ist die
Lilie die Blume der heiligen Gottesgebärerin und reinen Magd. In diesem Sinne
wird wohl das Lilienwappen den Fugger von der Gilgen gegeben worden sein;
denn unter Kaiser Friedrich III. war die alte Bedeutung der Figuren noch nicht
ganz vergessen; es passen dazu der Wahlspruch: „Gott und Maria" und die
Engel als Schildhalter. Die Lilie, teils wappenkünstlerisch, teils mit dem Stengel,
teils als Stab, war zuweilen Schildbefestigung, ein andermal die zierliche Be-
säumung eines kostbaren Stoffes, welcher auf den Schild gelegt oder als Über-
zug genommen worden; sie kann auch wohl erbliches Herrscher-, Richter-, Statt-
halteramt angedeutet haben, mag auch aus einem Roch verzeichnet worden sein,
ist häufig aus dem Schilde der Lehnsherren gekommen; öfter aber als all das zu-
sammen, liegt bei den ältesten deutschen Lilienwappen der Marienkultus zugrunde.
Als Mahnung zum Besuche und zur Befreiung des heiligen Grabes können Pilger-
stäbe und -flaschen, dann die englischen Waterbudgets, bei Reisen durch die Wüste
über dem Saumsattel zu legen, auch vielleicht ein oder der andere Stern gedeutet
werden; das meiste Derartige ist aber unter die Namenwappen einzureihen, so
die Pilgerstäbe, französisch bourdon des schachberühmten de la Bourdonnaye und
der altenglischen Bourdon, sowie der Sachsen Römer zu Römerfahrt.
Die Heraldik gewährt auch gelegentlich die Möglichkeit, den Namen des Ge-
schlechtes aus dem Wappen abzulesen. Jede Anspielung auf den Namen des
Wappenführers genügt, um das Wappen als Namenwappen zu kennzeichnen. 1 )
x ) Redende Wappen aus dem hohen Adel findet man zusammengestellt in dem (bald
wieder eingegangenen) „Neuen deutschen Herold", Jahrg. 1872, Nr. 2, S. 13.
76
Schon in der Kudrun kommen mehrere Wappen vor, die in irgendeiner Weise
auf den Namen anspielen, z.B. 1371 ff . :
Noch sihe ich ir einen mit lichten sparren rot
da stent örter inne, des kument helde in not
der ist Ortwines da her von Ortriche.
Das deutsche Wappenwesen ist sehr reich an Namenwappen, Dies gilt be-
sonders vom Mittelalter, da es unsern aufgeweckten, aber nicht schriftgelehrten
Vorfahren besonders daran gelegen sein mußte, ihren Namen rebusartig in gemein-
faßlicher Weise von Schild und Helm herab auszudrücken. Die Steiner Donners-
perg führen Schwarz (vom Gewitter): aus blauem zu vier gewölkten Haupte (dem
schon reinen Himmel) drei goldene Flammen strahlen nebeneinander in einen
goldenen (erleuchteten) Dreiberg herabfahrend.
Viele Wappen reden in einer anderen als der neuhochdeutschen Schriftsprache.
Die Staufen in Schwaben führen drei Kelche, vom mittelhochdeutschen stouf,
Kelch. Die von Olvenstedt im Magdeburgischen führen ein Kamel als redendes
Wappen, z. B. Bernhard v. O., Ritter im Jahre 1299; im Mittelalter nannte man
nämlich das Kamel „olbent". 1 ) Das Wappen der v. Carow erklärt sich nach Pusikan
aus dem französischen carreau (Viereck). Die Zanotti von Ravenna führen Fleder-
mäuse; le Zä nott, landschaftlich, es ist schon Nacht. Nicht selten reden die Wappen
in slawischer Sprache. So erklärt sich das Wappen der v. Schwerin, eine Raute,
aus dem Wendischen czwerin; der Lindenast des Freiherrn Gottfried Wilhelm
von Leibnitz aus dem wendischen lipa, Linde; der Ziegenhahn der Schlesier Ko-
korsch aus dem polnischen Kokorykac, krähen ; der goldengehörnte, schwarze Stier,
wütig, in Silber der Kärtner Warlreß von volvo rosh, Ochsengestrüpp, wo die
Siegelumschrift Waldres oder Wudris den Zusammenhang noch mehr verbirgt,
zumal die Trümmer jener Burg in einem Landesteile liegen, welcher seit 600 Jahren
völlig deutsch ist. Auch die Bubna brachten ihr Trommel-bubna aus der böhmischen
Heimat. Tschechischen Wappenbildern gegenüber wird es meist heißen, „ich ver-
staun dein Sprach nit", wie dem Kärntner Herzog durch den Schwabenspiegel
empfohlen wird, seinen wendischen Untertanen zu antworten, falls sie ihm etwas
auf slovenisch vortragen sollten. 2 )
J ) Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch II, 151.
2 ) Da einzelne Familien einen bestimmten Sinnspruch als Wappendevise führen, so kann
eine solche Devise unter Umständen dem Forscher einen zuverlässigen Anhaltspunkt geben.
Über diese Devisen ist zu vergleichen: Chassant, Alph. et H. Tausin, Dictionnaire des De-
vises historiques et heraldiques. 3 vols. Paris 1878 bis 1895. — Cris de guerre et Devises,
par le comte de C. Paris 1852. — Dielitz, Wahl- und Denksprüche, Feldgeschrei, Losungen
usw. Görlitz 1882 f. — Wahl- und Wappensprüche. Ein Beitrag zur Sprachpoesie. Berlin
1880. — Radowitz, J. v., Die Devisen und Motto des späteren Mittelalters, Stuttgart und
Tübingen 1850. — Scheffler, Wahl- und Waffensprüche deutscher Studenten. Ein Beitrag
zur geistigen Eigenart deutschen Studentenlebens, Leipzig 1896. — (Fürst Hohenlohe-
Waldenburg, F. K.) 40 Hohenlohesche Mottos und Devisen. Kupferzell 1880; ders., Hohen-
lohesche Mottos und Devisen und Verschiedenes über den Phönix. Heilbronn 1882. —
Lobe, M., Wahlsprüche, Devisen und Sinnsprüche deutscher Fürstengeschlechter des 16. bis
17. Jahrh. Leipzig 1883; ders., Wahlsprüche, Devisen und Sinnsprüche der Kurfürsten und
Herzöge von Sachsen Ernestinischer Linie, Leipzig 1877. Mühler, H. v., Wahlsprüche der
77
Nicht unerwähnt mögen schließlich noch die Hausmarken 1 ) sein, da sie in
einzelnen Fällen z. B. von polnischen Adelsfamilien noch heutigen Tages in den
Wappen geführt werden und vielfach in Bürgersiegeln vorkommen; sie werden
häufig heraldisiert, d. h. in den Schild gesetzt. Mit den Hausmarken verwandt
sind die Steinmetzzeichen. Die Meisterzeichen wurden seit dem 14. Jahrhundert
schildartig umzogen und kommen so auch auf Siegeln vor. Die Geburt verlieh
den Anspruch auf eine gewisse Basis der Hausmarke, das Erbrecht aber den auf
eine nähere Gestaltung dieser Grundlage. Homeyer hat gezeigt, daß die Haus-
marke des Stammvaters zunächst durch eine Anzahl von Geschlechtsfolgen un-
verändert blieb, daß aber bei Abzweigungen neuer Linien Beistriche hinzugesetzt
wurden.
Während die Hausmarken außer Gebrauch kamen, haben sich manche alt-
bürgerliche Wappen von Geschlecht zu Geschlecht vererbt und bis in die Gegen-
wart herübergerettet. Zahlreiche Wappen gingen im 18. Jahrhundert dadurch
zugrunde, daß der Zeitgeschmack auf Petschaften, Siegelringen und in Stamm-
büchern Allegorien und Symbole bevorzugte. Dazu kam der in der zweiten Hälfte
Hohenzollern. 29 Tafeln und Text. Breslau 1883. — Zu Leiningen-Westerburg, Graf
Karl Emich, Leiningensche Wahl- und Denksprüche aus 4 Jahrhunderten. Pfälzisches Museum
1884, Nr. 8.
x ) Becker, Über die Salzburger Haus- und Hofmarken. — Conrad, Georg, Über Hof-
marken im Kr. Preuß.-Holland (Separatabdruck Königsberg 1890). — Conrady, L., Nassauische
Hausmarken, AVN 33, 34. — Friedländer, E., Westfälische Hausmarken und verwandte
Zeichen (Separatabdruck, Münster 1872). — Grueber, Hauszeichen, Aus Kärnten 22, S. 169.
— Heyne, M., Über Basler Goldschmiedezeichen, AKDV 1883, 209 ff . — Homeyer, Die
Haus- und Hofmarken. Mit XLIV Tafeln. Berlin 1870 [noch immer der Ausgangspunkt dieser
Studien, bahnbrechende Arbeit, vgl. auch Hantgemal und Hausmarke, VJH 2 ff.]. — Jan n er,
Ferd., Die Bauhütten des deutschen Mittelalters. Leipzig 1876. — Ders., Die Bauhütten
des Mittelalters. Jahresber. des Kgl. Lyceums in Regensburg für 1870/71. — Klemm, Inter-
essante Steinmetzzeichen an der Marienkirche zu Reutlingen, Reutlinger Geschichtsbl. 1896,
S. 1 ff. — Klemm, WVL 5, 11—32. — Klemm, Runen, Steinmetzzeichen und Hausmarken,
WVL 8. — Klemm, Meister- und Bildhauerzeichen und -Namen, WVL 8. — Lisch, Über
die Hausmarken und das Loosen in Mecklenburg, VMG 20. — Losch, Frdr., Runen unter
den Steinmetzzeichen, WVL 8. — Lüthi, E., Die Steinmetzzeichen als Geschichtsquellen
(Pionier, Organ der schweizerischen permanenten Schulausstellung in Bern, 27. Jahrg. 1906,
Nr. 2/3) [gibt zunächst eine Geschichte der Steinmetzzeichen überhaupt und verbreitet sich
sodann über die Steinmetzzeichen an zähringischen Burgen]. — Meli, Zu den Bürger-, Haus-,
Hof- und Siegelmarken, MZK 22, 21 ff. — Meyermann, Göttinger Hausmarken und Familien-
wappen. Göttingen 1904 (s. u.). — v. Münchhausen, Über die gothischen Steinmetz- und
Wappenzeichen, Vaterländisches Archiv für Hannover- Braunschweigische Geschichte, Jahrg.
1833. Lüneburg, bei Herold & Wahlstab 1833, 236ff. — Nüesch, A., und H. Bruppacher,
Das alte Zollikon. Kulturhistorisches Bild einer Züricher Landgemeinde. Zürich 1899 [dieses
Buch bildet S. 445 die Hausmarken der an der Holzkorporation beteiligten Bürger der Ge-
meinde ab (Holzrodel v. 1844) mit Angabe der Eigentümer und Ausführungen über das Institut
dieser Zeichen; S. 393 — 444 werden zahlreiche Geschlechter behandelt]. — Pantz, Anton von,
Beiträge zur Geschichte der Innerberger Hauptgewerkschaft. Graz 1904 (aus den Veröffent-
lichungen der historischen Landeskommission für Steiermark. Graz 1903, XIX). — Pfaff, Zur
Geschichte der Steinmetzen und ihrer Zeichen in „Der Sammler", Verlag von Karl Siegismund,
Berlin SW, Dessauerstraße 13, XIX 1897, Nr. 4. — Ris-Paquot, Dictionnaire des poincons,
symboles etc. des orfevres. Paris 1890. — Rosenberg, Marc, Die Aachener Goldschmiede,
ihre Arbeiten und ihre Merkzeichen, Ag 15; ders., Der Goldschmiede Merkzeichen. Frank-
78
des Jahrhunderts auftauchende Gebrauch der gummierten Briefhüllen, wodurch
Petschaft und Siegelring mehr und mehr außer Kurs gesetzt wurden. Vor allem
aber sah der auf dem Boden der französischen Staatsumwälzung von 1789 er-
wachsene Liberalismus des 19. Jahrhunderts mit der ihm eigentümlichen Verkennung
des geschichtlich Gewordenen in den Wappen nur Symbole des als besonderer
sozialer Stand zu Grabe getragenen Adels. 1 ) Und doch kommen bürgerliche
Wappen schon seit dem Mittelalter vor. Der nämliche Familienstolz, der den
echten Edelmann antreibt, den Ehrenschild seines Geschlechtes rein zu halten,
hat auch gar manches wackeren Bürgers Herz höher schlagen lassen. Auch von
den bürgerlichen Wappen gilt das schöne Wort des bekannten Berliner Heraldikers
Prof. Hildebrandt:
Es sollen die Schilde und Helme uns sagen
Von der Väter vergangenen glorreichen Tagen;
Da Ritter und Bürger umstanden den Thron
In männlichem Kampfe für Kreuz und für Krön'.
Es sollen die Schilde und Helme uns mahnen,
Zu wandeln, wie jene auf rühmlichen Bahnen;
Zu streiten, .wie jene einst — nimmer gereufs —
In Treue und Ehre für Krone und Kreuz.
Es kann daher nur mit freudiger Genugtuung begrüßt werden, daß in neuerer Zeit
auch in zahlreichen, nicht adligen Kreisen die Freude an einem Familienwappen
sich wieder mächtig regt und nicht wenige Familien zur Annahme eines solchen
bewogen hat. Wenn diese Bestrebungen zu einem besseren Erfolg führen und
auch das Beispiel alteingesessener adliger Familien, z. B. der v. Böse, v. Gersdorf,
fürt a. M. 1889. — Rziha, Graphik der Steinmetzzeichen, KQV 1880; ders., Instruktion
für die Sammlung von Steinmetzzeichen, Zeitschr. des Deutschen Palästinavereins, IV. Heft
1 u. 2, S. 93— 96; ders., Studien über Steinmetz-Zeichen, MZK. — Schneider, F., Über
die Steinmetzzeichen und insbesondere die des Mainzer Doms, in dem Organ für christl. Kunst,
hrsg. v. J. van Endert in Köln, Nr. 5ff. — Schneider, F., und Rud. Redtenbacher, KGV
1877. — Seemann, Arthur, Deutsche Kunstgewerbezeichen. Ein Adreßbuch deutscher Künstler.
Leipzig 1843. — Seyler, Geschichte der Heraldik, 1885, 333 ff . — Stiperger und Größer,
MZK 20, 98. — Styger, Wappen und Hauszeichen auf den Trinkgeschirren zu Arth und
Steinen, Mittlgn. d. histor. Ver. des Kantons Schwyz, 4. Heft 1885, 73 ff . — Walderdorff,
Graf H. v., Steinmetzzeichen und Hausmarken, Verhandlungen d. histor. Ver. f. Oberpfalz u.
Regensburg. — Wer nicke, Schlesische Steinmetzzeichen, Ber. 33, 34. 39 des VMSA. —
Zahn, W., Tangermünder und Stendaler Wappen und Hausmarken, DH 22; ders., Alt-
märkische Wappen und Hausmarken, DH 23; ders., Wappen und Hausmarken aus Werden
in der Altmark, DH 26. — Hausmarken in Mecklenburg und im Fürstentum Ratzeburg, VMG 60
(Bericht 2, 26 u. 3, 36). — Sammlung von Hausmarken auf den Grabsteinen zu St. Rochus
und zu St. Johannes zu Nürnberg, AKDV 1863. — Eine besondere Art von Hauszeichen sind
die auf den Teßlen der Alpengemeinden. Teßlen sind mehr oder weniger lange, viereckige
Stäbe; auf ihnen hat jeder Beteiligte der Reihe nach ein Hauszeichen, die das Besitzrecht an
einem Gegenstand angeben und die Rangordnung von gewissen Pflichten im Gemeindedienst
fixieren. Diese Teßlen heißen deshalb auch Kehrteßlen oder Listenteßlen. Mehr über diese
Teßlen findet man bei Stebler, F. G., Das Gorns und die Gornser. Zürich, F. Amberger,
1903 (Beilage z. Jahrbuch S. A. C. Bd. 38).
!) Knötel, Bürgerliche Heraldik, Tarnowitz, Kothe, 1902, S. 22.
79
der Freiherren von Hausen, der Krug von Nidda, der v. Wolffersdorff und v. Zesch-
witz 1 ), die alten schönen Wappen von späterer Verunstaltung zu befreien und das
so gereinigte Wappen durch Familiensatzungen festzustellen, immer mehr Nach-
ahmung findet, dann wird das Wort unseres Schiller immer mehr zur Wahrheit:
„Auch des Wappens nette Schilder
Loben den erfahrnen Bilder."
Ein Wappen sich zu wählen, das von einer anderen Familie nicht bereits
geführt wird und dabei doch durch geschmackvolle Komposition den Kunstsinn
befriedigt, ist nicht ganz einfach. Diesbezüglich kann gar nicht nachdrücklich
genug vor den sogenannten „Wappen-Comtoirs", die in fast allen größeren Städten
bestehen, gewarnt werden. 2 ) Hunderte von Fällen beweisen, daß diese Geschäfts-
inhaber zumeist Leute sind, denen jede Kenntnis der Heraldik abgeht. Aus diesem
Grunde entnehmen sie dem sogenannten Großen Siebmacher (dem Fürst-Weigel-
schen Wappenbuch), das gewöhnlich als „Europäische Wappensammlung" bezeichnet
wird, entweder kurzweg das Wappen irgend einer adligen Familie gleichen Namens
mit derjenigen, die um Ausstellung „ihres Wappens" ersucht hat, oder sie greifen,
falls dieser Name sich im Siebmacher nicht findet, das einer ähnlich klingenden
oder aber auch das einer ganz beliebigen Adelsfamilie heraus.
Dieses Wappen wird nun in Quartgröße, in bunten Farben, mit Gold und
Silber (gewöhnlich auf Glacepapier) gemalt, mit der Unterschrift „Wappen der
Familie N. N." bezeichnet und der Sendung eine fabelhafte, gewöhnlich mit den
Kreuzzügen beginnende Geschlechtserzählung hinzugefügt, die selbstredend zu
irgendeinem Adelsgeschlecht gehört und zumeist wörtlich aus einem beliebigen
Adelslexikon abgeschrieben ist.
Es gibt in Nord- und Süddeutschland nachweisbar zahllose, auch bäuerliche
Familien, welche auf die Annoncen oder die Anpreisungen von Agenten oder Reisenden
derartiger Wappenbureaus (das „Geschäft" muß also lohnend sein) hereingefallen sind
und für ihr teures Geld sich im Besitze einer meist ganz unheraldisch gefertigten
Wappenzeichnung und einer gestohlenen genealogischen Beschreibung befinden.
Wenn das betreffende Adelsgeschlecht, dessen Wappen hier gemißbraucht wird,
durch Zufall davon Kenntnis erhält und Strafantrag stellt, so zieht sich der durch
ein solches „Wappen-Comtoir" oder „Wappen-Bureau" Hereingefallene außer den
Kosten, welche diese Geschäftsstellen berechnen, noch eine gerichtliche Bestrafung
zu. Will irgend eine Familie sich ein Wappen zulegen, das mit keinem der vor-
handenen Adelswappen kollidieren soll, so empfiehlt sich in allen Fällen, daß die
Betreffenden sich mit dem Vorstande oder einem erfahrenen Mitgliede eines der be-
*) Vgl. meinen Aufsatz „Hilfsmittel und Quellen der sächsischen Adelsgeschichte" in
der Wissenschaftlichen Beilage der „Leipziger Zeitung" 1905, Nr. 103, S. 409. — Vgl. auch
Adelsrolle, illustrierte deutsche, des 19. Jahrh. Vollständige Sammlung der Wappen des
deutschen Adels auf 41 geprägten Tafeln nebst Text. Leipzig 1858—60.
2 ) Das Folgende nach M. G ritzner, Über bürgerliche Wappen und deren Führung,
ASW 6, 1906 Nr. 10, dem ich mich nur vollständig anschließen kann. — Vgl. auch meinen
Aufsatz „Das Recht zur Wappenführung" ZPF 3.
80
stehenden heraldischen Vereine 1 ) in Verbindung setzen. Freilich gibt es gegen die
Nachahmungen bürgerlicher Wappen einen Schutz nicht; es sei denn, daß der
Besitzer den gesetzlichen Schutz der Eintragung in das Warenzeichenregister nicht
verschmäht, wozu allerdings wohl nur Kaufleute berechtigt sind. 2 )
Es ist zu wünschen, daß recht viele bürgerliche Familien statt des langweiligen
nichtssagenden und sehr leicht zu Verwechslungen führenden „Monogramms" sich
ein hübsches Wappen konstruieren lassen, sintemal noch heute der alte Spruch gilt:
„Ain Wapen ist ein guotes Ding, voll achtem Prunk und Wesen!"
Ein Wappen zu führen ist weder strafbar, noch eitel, es ist ein historisch
erwiesenes Recht, das auch dem Bürger zusteht; nur ein Narr oder ein Ungebildeter
wird aus der Führung eines bürgerlichen Wappens die Behauptung der Überhebung
herleiten. 3 )
Zum Schluß dieser Erörterungen über Heraldik mögen die Adressen einer
Anzahl bekannter Wappenmaler und Zeichner folgen:
*) Vereine für Heraldik und Familienkunde sind: „Herold", Verein für Heraldik, Sphra-
gistik und Genealogie in Berlin. Nähere Auskunft durch Professor Hildebrandt in Berlin W.,
Schillstraße 3. — „Adler", K. K. heraldische Gesellschaft in Wien. Schriftführer: Dr. Witting,
Wien I., Rathausstraße 8. — „Verein zur Begründung und Erhaltung einer Zentral-
stelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte" in Leipzig. Vorsitzender: Rechts-
anwalt Dr. Breymann, Neumarkt 29. — „Roland", Verein für Stammkunde. Nähere Auskunft
durch Studienrat Prof. Dr. Unbescheid in Dresden, Lüttichaustr. 11. — „Roter Löwe", Verein
für Geschichte und geschichtliche Hilfswissenschaften an der Universität Leipzig. — „Zum
Kleeblatt", Verein zur Pflege der Heraldik für kunstgewerbliche Interessen in Hannover. —
„St. Michael", Verein Deutscher Edelleute zur Pflege der Geschichte und Wahrung historisch
berechtigter Standesinteressen. I. Vorsitzender: Friedrich Freiherr von Gaisberg-Schöckingen,
Schloß Schöckingen, Württemberg, O.-A. Leonberg. — Genealogisch- heraldik Genootschaft
„de Nederlandische Leeuw" te 's-Gravenhage. — „De Nederlandische Herauf,
genealogisch-heraldische Gesellschaft zu 's-Gravenhage. — „Societe heraldique et genea-
logique de France" in Paris. — „Societe heraldique de Suisse", Schweizerische
heraldische Gesellschaft zu Neuchätel. — „Reale accademia araldo-genealogica" zu Pisa.
— „Collegio araldico" in Rom. — „Magyar heraldikaies genealogiai Tärsasäg"
in Budapest. — „New-England", historische und genealogische Gesellschaft zu Boston. —
In Amerika, wo gegenwärtig der Sinn für Genealogie und Familienforschung stark entwickelt
ist, gibt es eine größere Zahl von Vereinen zur Pflege dieser Wissenschaften.
2 ) Hugo Gerard Ströhl, Schutzmarken und Fabrikzeichen. Wien 1890. — Speckler,
Heraldik und Schutzmarke. Hamburg 1883. — J. A. Koopmans, Handels- en fabrieksmerken
in verband met de heraldiek. 's-Gravenhage 1888. — De l'heraldisation de la marque de pro-
priete et des origines du blason, in: La Revue Heraldique, Historique et Nobiliaire, fondee
en 1862. Tome XXIII. 4. Serie. Tome VI. — Josef Ritter von Bauer, Das Wappen als
gewerbliche Marke, JAW, N. F. 13. — K. E. Graf zu Leiningen-Westerburg, Über Waren-
zeichen-Heraldik, DH 36. — Über die Warenzeichen orientiert das vom kaiserlichen Patent-
amt herausgegebene „Warenzeichenblatt" (Verlag P. Stankiewicz, Berlin SW.).
3 ) Im Verlag von Gebr. Vogt, Papiermühle S.-A., sind erschienen: Wappenschablonen,
fertig geprägt, auf weißem starken Karton, „gut heraldisch ausgeführt". 50 Pf. pro Stück
(fünf verschiedene Muster). Größere Anzahl billiger. Die Größe des Kartons ist 38 x 30 cm.
Desgleichen auf gewöhnlichem Papier, in Blockform, 100 Stück 1 M., „auf besserem Kolorier-
papier" 50 Stück M. 1,20. Papiergröße 9x12 cm. Derselbe Verlag bietet an als soeben
neu erschienen: Wappenschablonen von Osk. Roick, Berlin, entworfen, 7 verschiedene
Muster, in Blockform auf Zeichenpapier, 100 Stück 2 M. (einzeln nicht unter 25 Stück).
Papiergröße 12x20 cm. Höhe des Schablonenwappens 8,5 cm.
81
Ad. Cloß, Stuttgart, Neckarstr. 61.
E. Döpler d. j., Prof., Berlin, Dörnbergstr. 2.
H. Heling, Hofwappenmaler, Berlin N, Wörther Str. 8.
R. von Haken, Berlin SW, Königgrätzer Str. 67.
Ad. M. Hildebrandt, Prof., Berlin W, Schillstr. 3.
Jantzen, Freiburg in Baden.
Ernst Krahl, K. K. Hofwappenmaler, Wien III, Am Heumarkt 9.
Max Lehmann, Dresden-A., Bayreuther Str. 1/2.
H. Nah de, Hofwappenmaler, Berlin S, Prinzenstr. 21.
Georg Otto, Berlin, Unter den Linden 40.
Lor. M. Rheude, München, Augustenstr. 109, III.
O. Roick, Berlin S, Dresdener Str. 106.
Chr. Zacharias, Hannover, Gr. Aegidienstr. 7.
Während noch bis vor etwa dreißig Jahren die Gravierkunst sehr im argen
lag und den Graveuren vielfach die Schuld an der Mißgestaltung der Wappen bei-
gemessen werden mußte, hat sich in neuerer Zeit ein bedeutender Umschwung
auf diesem Gebiete vollzogen. Es ist heutzutage leicht, tadellose Petschafte in
beliebigen Stilen zu erhalten. An den heraldischen Ausstellungen zu Berlin 1 ) haben
sich folgende Graveure beteiligt:
1. Robert Fritz, Suhl i. Thür.
2. Gustav Hanneck, Braunschweig.
3. M. Haseroth jun., Berlin.
4. H. Held, Hofgraveur, Magdeburg.
5. Jauner, Wien.
6. Armand Lamm, Berlin.
7. Karl Lubig, Berlin.
8. R. Otto, Hofgraveur.
9. Renton Warner, London.
10. G. Schuppan, Hofgraveur, Berlin.
11. J. Schwerdtner, Wien.
12. Reinh. Tips, Berlin.
13. P. Wedel, Augsburg.
x ) Ad. M. Hildebrandt, Heraldische Meisterwerke von der heraldischen Ausstellung
zu Berlin. Berlin, Jul. Springer 1882. — Ders., Wappenfibel, 7. Aufl. 1909, S. 68 f ., 28 f.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde.
Numismatik und Familiengeschichte. 1 *
IE Wichtigkeit der Numismatik 2 ) für familiengeschichtliche Forschung ist
besonders aus dem alten Rom bekannt. Nennt man doch (vgl. Schmiede,
Nachtrag zu dem Handwörterbuch der ges. Münzkunde 1815, S. 54) die-
jenigen Römermünzen, welche während der republikanischen Verfassung
mit der Aufschrift vornehmer, zu den höheren Würden aufgestiegener Familien geprägt
wurden, schlechthin „Familienmünzen". Drei Beamte waren als Aufseher über das
Münzwesen gesetzt, welche Triumviri auro argento aere flando feriundo genannt
wurden. Ihr jähriges Münzrecht benutzten sie, um sich während desselben bei dem
Volk durch verbesserte Gepräge beliebt zu machen und das ehrenvolle Andenken ihrer
Familien zu erneuern, indem sie die merkwürdigen Taten der Berühmtesten ihrer Ge-
schlechter zum Inhalt der Gepräge wählten. Die dadurch hervorgerufene Mannigfaltig-
keit der Gepräge wurde noch dadurch vermehrt, daß die Magistratspersonen, wenn
sie erst einmal Ädilen gewesen waren, das jus denarios flandi et feriundi für ihre
Lebenszeit behielten, vermöge dessen sie Geld mit ihrem Stempel fortprägen lassen
durften, wenn sie das Silber dazu anschaffen konnten. Diesen republikanischen
Münzen reiht sich eine Serie von Bildnissen senatorischer Statthalter zur Zeit des
Augustus an. Dieser gab in denjenigen Provinzen, deren Statthalter vom Senat
ernannt wurden, diesen Statthaltern das Recht, neben ihre Namensinschrift auch
ihr Bildnis auf die Münzen zu setzen. Dieser Anordnung verdanken wir Deutsche
das Bildnis des P. Quinctilius Varus. Ehe dieser im Teutoburger Walde fiel, war
er Prokonsul der Provinz Afrika. Sein in der Stadt Achulla geprägtes Bildnis ist
in Alfred v. Sallets „Münzen und Medaillen" veröffentlicht. 3 )
Der erste, der das Recht erhielt, sein eigenes Bildnis auf die Münzen zu
setzen, war bei den Römern Julius Cäsar; er erhielt dies Recht erst im Jahre seines
Todes, hat aber in der kurzen, ihm noch gegönnten Lebenszeit von diesem Rechte
*) Wiederabdruck aus dem Dresdner Journal 1905.
2 ) Zur Einführung in die Numismatik ist zu empfehlen Halke, Einleitung in das Studium
der Numismatik, 2. Aufl. Berlin, 3. Aufl. Berlin, Georg Reimer 1905. Vgl. auch Dannen-
berg, Grundzüge der Münzkunde, Leipzig 1891. Bibliographie bei A. Giry, Manuel de
diplomatique 1894, S. 428 ff.; über die Literatur von 1889—1897 A. Blanchet in: Congres
bibliographique usw., 1900, Bd. 2, S. 1—26.
») Handbücher der Kgl. Museen zu Berlin, Berlin 1898, S. 52.
83
aufs reichlichste Gebrauch gemacht. Vor Cäsar durften nur die Köpfe berühmter
Verstorbener auf römischen Münzen geprägt werden. Ehe der geistlose, schema-
tische byzantinische Münzstil hereinbrach, haben wir zahlreiche Porträts römischer
Herrscher auf Münzen erhalten. Der Mangel einer hinreichenden Anzahl von
Kontrollbildern und Nachrichten erschwert allerdings das Urteil, inwieweit auf
römischen oder griechischen Münzen Porträtähnlichkeit vorliegt.
Aus der Betrachtung des Verhältnisses der Numismatik zur Familiengeschichte
scheiden im allgemeinen die Münzfälschungen aus. Wie bei Siegeln, Urkunden
und Altertümern aller Art, so begegnen auch bei den Münzen Falsifikate. Ich
erinnere beispielsweise an die „Paduaner", Münzen, die nach neueren Stempeln
innerhalb und außerhalb Italiens mit Kunst und Geschmack verfertigt wurden und
das Ansehen antiker Münzen nachahmten. Auch gibt es insbesondere von Julius
Cäsar bis Hadrian viele unechte Medaillen (Kr o seh, Kennzeichen unechter Münzen.
Ein Beitrag zur Münzkunde. Aus den rheinischen Provinzialblättern besonders
abgedruckt: Cöln am Rhein 1838). Wie oft gefälscht wurde, deutet z. B. auch
Köhler (Münzbel. I 1729, S. 234) an, indem er sagt: „Die Kuriosität und Begierde
einiger Münzliebhaber ist so groß und unersättlich, daß sie auch dem falschen
Ruf von einigen Münzen glauben, die doch niemals in der Welt zu gehöriger Zeit
gewesen und damit Selbsten Anlaß geben, daß die Gewinnsucht und Arglist böser
Leute sie mit erdichteten und unechten Stücken zu äffen und ihnen ein Blend-
werk vorzumachen suchet." Auch die Reproduktionen angeblicher Münzen müssen
genau auf ihre Echtheit hin angesehen werden, ehe sie zu familiengeschichtlichen
Forschungen verwendet werden können. Es kommt hier sehr viel auf die Zu-
verlässigkeit des publizierenden Autors an. Vielleicht gibt es von niemand so viel
Medaillen als von Luther. Aber in Christian Junkers Buch „Das goldene und
silberne Ehrengedächtnis Martini Lutheri" (Frankfurt und Leipzig 1706, 8°) finden
sich doch auch viel Holzstiche zweifelhafter Richtigkeit, wie schon Joubert in
seiner Einleitung zur Medaillen-Wissenschaft (Nürnberg 1738) bemerkt hat. Der
Gesichtspunkt der persönlichen Zuverlässigkeit des Autors sei beispielshalber noch
im Anschluß an Grotes Münzstudien (VI, 1865, S. 1 f.) durch Hinweis auf Bei-
schlag erläutert:
Beischlag lieferte in seiner schätzbaren „Münzgeschichte Augsburgs" (Stutt-
gart 1835) eine vollständige Übersicht über die schwäbische Münzkunde im Mittel-
alter, namentlich des jetzigen bayrischen Schwabens. Er war aber vorzugsweise
Urkunderrforscher; die Kenntnis der Münzen selbst war ihm so gut wie ganz
fremd, und ihm fehlte die Gelegenheit, sich auch nur behufs seines Buches damit
bekannt zu machen. Sein kritischer Standpunkt wird am besten durch die Ent-
stehungsart einiger seiner Abbildungen charakterisiert. In Michels „Öttingischer
Bibliothek" findet er eine Öttingische Münze von 1499 beschrieben; bei Adam
Berg findet er eine Fratze ohne Umschriften mit der Jahreszahl 1525, deren Typen
der Michelschen Beschreibung ähnlich sein könnten. Nach diesem Material läßt
er Tafel VIII, Figur 3 mit Abbildung der Münze von 1499 zusammen phantasieren!
— Aus Rottweil bekommt er Siegelabdrücke alter Münzstempel — bloß Averse —
zugeschickt; daraus setzt er Tafel VIII, Figur 2 eine Münze zusammen, von der
die eine Seite dem 15., die andere dem 17. Jahrhundert angehört.
6*
84
Im systematischen Zusammenhang sind die Münzen für familiengeschichtliche
Forschungen zuerst im Lande alten Adels und früher reich entwickelter Heraldik,
d. i. in Frankreich, verwandt worden. Es kommt hier insbesondere in Betracht
das Werk von Jacques de Bie, Les familles de la France illustrees par les monu-
mens des medailles anciennes et modernes, tirees des plus rares et curieux cabinetz
du Royaume sur les metaux d'Or, Argent et Bronze. Paris 1636. Fol. 245 Seiten.
Dies Buch bietet medailles des papes francois, medailles des cardinaux francois,
medailles des princes et princesses du Sang, autres Princes & grands Seigneurs,
medailles des chanceliers, gardes-des-Scaux, Premiers Presidens, conseillers d'Estat
et autres. Die Abbildungen zeigen auffälligerweise keine Wappen. Das Werk darf
freilich nur mit größter Vorsicht benutzt werden. Denn in ihm werden, wie
G. E. v. Hall er, Schweizerisches Münz- und Medaillenkabinett I, 1780, S. 505, be-
merkt, „verschiedene Münzen beschrieben und abgebildet, an deren Dasein man
allerdings zweifeln soll, da sie zum Teil sonst niemand gesehen hat, und da der
Verfasser offenbar falsche anzuführen sich nicht schämt."
Das Beispiel von Jacques de Bie fand bald Nachahmung. So verwertete
Evelyns die Münzen in englischer Sprache. 1 ) Die portugiesischen Münzen aber
behandelte Sousa im Zusammenhang mit der Geschichte des portugiesischen
Königshauses und anderer vornehmen Familien. 2 ) Eine Historie de Louis le Grand
par les medailles enblemes devises jettons veröffentlicht Menetrier in einem wieder-
holt aufgelegten Buche. 3 ) Die Münzen schwedischer Männer und Frauen stellte
Berch zusammen 4 ) usf.
Lange Zeit stand Frankreich an der Spitze der Bestrebungen, Münzen zu ver-
öffentlichen und zu erklären. Dies zeigt sich noch in dem großen Werke von
Duby, das in Paris am Ende des 18. Jahrhunderts erschien, die Münzen aller
Größen und Gewalthaber in Frankreich darstellen und erläutern und damit, wie
der umständliche Titel angibt, eine Ergänzung zu den historischen Denkmalen
Frankreichs bieten wollte. 5 )
Veröffentlichungen von Medaillen auf berühmte Privatpersonen aller Art, als
Kriegshelden, Staatsmänner, Kardinäle, Gelehrte, Künstler, Patrizier und auch von
Vertretern des weiblichen Geschlechts gibt es jetzt viele. Köhler hat in seinen
Münzbelustigungen in 22 Teilen und Lochner in seiner Sammlung von acht Bänden,
a ) Evelyns, To., Numismata. A Discourse of medals, antient and modern. Together
with some account of heads and effigies, of illustrious and famous Persons, in sculps and
Taille douce, of whom we have no Medals extant; and of the use to be derived from thenu
To which is added a Digression concerning Physiognomy. Lond. 1697 f.
2 ) Sousa, Historia genealogica da casa real Portugueza, desde a sua origem ate o
presente, com as familias illustres etc. Lissabon 1745 — 48. gr. 4.
3 ) Paris 1691 f. 2. vermehrte Aufl. Paris 1693 f. und ebenda 1700 f.
4 ) Berch, C. R., Celebrium Suevorum virorum feminarumque nummi memoriales ad-
iunctis vitis. 2 Fase. Holmiae 1777. 4°.
6 ) Duby, Tratte des monnaies des Barons ou representation et explication de toutes
les monnaies d'or, d'argent, de billon et de cuivre, qu'ont fait frapper les possesseures de
grande fiefs, pairs, eveques, abbes, chapitres, villes et autres Seigneurs de France, pour servir
de complement aux monuments historiques de la France en general et de chaeune de ses
provinces en particul. 2 Bände. Paris 1790.
85
sowie auch Joachim, van Loon usw. haben verschiedene, Haller die schweizerischen,
Langermann hamburgische, Spieß brandenburgische, der von Cörnlein und Negelein
herausgegebene Thesaurus numism. die von 1700 bis 1710 zum Vorschein ge-
kommenen, Snelling (London 1776 fol.) englische, Kundmann schlesische berühmte
Männer vorgestellt oder beschrieben. Mosen hat in seiner Beschreibung einer
Berliner Medaillensammlung (Berlin 1773, 4°) mit den Ärzten ein gleiches getan.
In den Jahren 1761 ff. kam das Museum Mazzachellianum zu Venedig in zwei
Foliobänden zum Vorschein, welches auf 208 Tafeln eine große Anzahl hierher-
gehöriger Medaillen in Kupferstich lieferte, mit einer lateinischen Beschreibung vom
Grafen Gaetani, wozu ein Ritter Cosmus Meo die italienische Übersetzung bei-
gefügt hat. 1 ) Epochemachend war die Veröffentlichung der Medaillensammlung von
Hedlinger, erläutert von Chretien de Mechel in Basel 1776 2 ), und zwei Jahre darauf
wurde von demselben Verfasser eine historische und kritische Erläuterung dazu
veröffentlicht. 3 )
Der große Münzkenner und Sammler Lengnich, weil. Archidiakonus zu
Danzig, hat im Journal von und für Deutschland im Jahrgang 1791 und
im folgenden Jahrgang eine deutliche Beschreibung von 900 Medaillen bekannt
gemacht.
Die Sammlungen Tetzels 4 ) und des Tresor de numismatique 6 ) sind für die
familiengeschichtlichen Forschungen in früheren Jahrhunderten nützlich. Dagegen
enthält der Katalog der Hauschildschen Sammlung von Medaillen und Schaustücken
auf Privatpersonen — er erschien gedruckt bei Joh. Frdr. Hauschild, Beytrag zur
neueren Münz- und Medaillengeschichte vom 15. Jahrhundert bis jetzo, Dresden
1 806, S. 463 ff. — die Legenden nur unvollständig und die Wappen gar nicht.
Im übrigen darf auf die bekannten numismatischen Bibliographien von Lipsius 6 )
und Leitzmann 7 ) verwiesen werden.
Von neueren Sammlungen mögen hervorgehoben werden die Arbeiten von Armand 8 ),
x ) Mazzuchellianum Museum, numismata virorum doctrina praestantium quae apud
Jo. Mar. Comitem Mazzuchellum Brixiae servantur a Pet. Ant. de comitibus Qaetanis Brixiano
Presbytero et Patricio Romano edita et illustrata. T. I. II. Venet. 1761 — 1763.
2 ) Oeuvre du Chevalier Hedlinger ou Recueil des Medailles de ce celebre artiste, gravees
en taille douce, accompagnees d'une explication historique, et critique et precedees de la vie
de l'Auteur. Par Chretien de Mechel ä Basle. 1776 fol.
3 ) Explication historique et critique des Medailles de l'oeuvre du Chevalier Hedlinger,
precedees de l'Eloge historique de ce celebre artiste par Chretien de Mechel 1778.
4 ) Tentzel, Saxonia-Numismatica oder Medaillen-Cabinet von Gedächtnismünzen. Dres-
den 1705 ff. 4 Bde. 4<>.
6 ) Tresor de numismatique et de glyptique. Choix de medailles executes en Allemagne
aux XVI et XVII siecles. Paris 1841 fol.
6 ) J. G. Lipsii Bibliotheca numaria sive Catalogus auctorum qui usque ad finem se-
culi XVIII de re monetaria aut numis scripserunt, praefatus est Chr. Gottl. Heyne.
Leipzig 1801.
7 ) Leitzmann, J. J., Verzeichniß sämmtlicher seit 1800 bis jetzo erschienenen numis-
matischen Werke, als Fortsetzung der Bibliotheca numaria von J. G. Lipsius. Weißensee 1841.
Vgl. auch Brückmann, F. E., Bibliotheca numismatica oder Verzeichniß der meisten Schrifften,
so von Müntz-Wesen handeln. Wolfenbüttel 1729.
8 ) Armand, Les medailleurs italiens des XVe et XVIe siecles. Paris 1883 — 87. 3 vols.
86
Beierlein 1 ), Donnebauer 2 ), Erbstein 3 ), Fiala*), Friedländer 6 ), Gutekunst 6 ), Heiß 7 ),
Menadiers), Miltner 9 ) und Neumann 10 ), Rüppel 11 ) und Weyl 12 ).
Als ein vorzügliches Beispiel, wie Münzen für familiengeschichtliche Studien
zu verwenden sind, kann das mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften herausgegebene, dem Erzherzog Albrecht Friedrich Rudolph von
Österreich gewidmete Werk von Josef Bergmann gelten: „Medaillen auf berühmte
und ausgezeichnete Männer des österreichischen Kaiserstaats vom 16. bis zum
19. Jahrhundert." In treuen Abbildungen mit biographischen Notizen. (Wien 1858.
681 Seiten in gr. 4°, dazu 25 Münztafeln.) „Ich wollte", sagt der Verfasser in der
Vorrede, „nicht mehr als ein Zeichen geben, daß sich manchem, äußerlich ganz
unscheinbarem Medaillchen, wie die hier auf Läsla v. Edlasberg, von Gendorf,
Gewardt, Hirsvogel, Schallantzer usw. sind, eine historische Seite abgewinnen
lassen, und daß sie als Bausteine, wenn auch als kleine, für die vaterländische
Geschichte benutzt werden können." An die Münzabbildungen und Münzbeschrei-
bungen hat Bergmann biographische und genealogische Darlegungen geknüpft;
die zerstreutesten Notizen über manchen verschollenen Namen mußten dabei müh-
sam gesammelt werden, um demselben Halt und Gestalt, kurz wieder Leben zu
verleihen.
Wenn wir nun das umfangreiche numismatische Material 13 ), wie es in der
gedruckten Literatur oder in öffentlichen und privaten Sammlungen vorliegt, nach
seiner Verwendbarkeit für familiengeschichtliche Forschung überschlagen, so ergibt
sich eine solche Verwendbarkeit in Rücksicht auf Legende, Porträt und Wappen.
x ) Beierlein, Die bayerischen Münzen des Hauses Witteisbach von 1180 — 1550. Mit
201 Münzabbildungen auf 9 Tafeln. München 1869. Hierzu vgl. Kuli, J. V., Studien zur
Geschichte der oberpfälz. Münzen des Hauses Witteisbach 1329 — 1794. Mit 2 Stammtafeln.
Regensburg 1890/91.
2 ) Donnebauer, Beschreibung (6122) böhmischer Münzen und Medaillen in numis-
matisch-geschichtlicher Bearbeitung.
3 ) J. u. A. Erbstein, Die Ritter von Schultheß-Rechbergsche Münz- und Medaillen-
Sammlung. Dresden 1868 — 69.
*) Fiala in Prag (Selbstverlag), 1888-89. 2 Bde. Lex. VIII, 714 Seiten mit etwa 1500 Ab-
bildungen auf 83 lithographischen Tafeln und genealogischen Tabellen.
6 ) Friedländer, J., Die italienischen Schaumünzen des 15. Jahrhunderts. Berlin 1880—82.
8 ) Gutekunst, Katalog der Sammlung des Marchese P. in Mailand und einer gewählten
Sammlung deutscher und italienischer Medaillen des 15. und 16. Jahrhunderts. Stuttgart 1882.
7 ) Heiß, Les medailleurs de la Renaissance. Paris 1881.
8 ) Menadier, Schaumünzen des Hauses Hohenzollern. Berlin 1901.
9 ) Miltner und 10 ) Neu mann, Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privat-
münzen und Medaillen. Prag 1852.
") Rüppel, Beschreibung und Abbildung von Schaumünzen, die zum Angedenken von
Bewohnern Frankfurts gefertigt wurden. Frankfurt a. M. 1855.
12) Weyl, Die Paul Henckelsche Sammlung Brandenburg -Preußischer Münzen und
Medaillen. Berlin 1876.
Weitere wichtige Münzkataloge sind verzeichnet bei Halke, Einleitung in das Studium
der Numismatik, Seite 192. Andere Werke vgl. weiter unten.
13 ) Gute Literaturübersichten über die numismatische Literatur, auch über die des Aus-
lands, enthält der stattliche Band von Engel und Serrure, Traite de numismatique moderne
et contemporaine. Paris 1897.
87
Die Legende 1 ) ist im allgemeinen bei Begräbnis- oder Sterbemünzen umfang-
reich, weil sie die Summe eines ganzen Lebens zieht. Die Aufschriften des Reverses
pflegen aufzuweisen 1. Geburtsjahr und -tag, oft auch den Ort, 2. die Zeit, wann
der Verewigte zur Regierung oder zu geistlichen Würden oder Staatsämtern gelangt
ist, 3. Todesjahr und -tag, auch Ort, 4. das erreichte Alter und Regierungsjahr,
5. endlich besondere Umstände, wie z. B. auf der Sterbemünze des Grafen v. Mans-
feld J. Georg III. 1710: Evangelicae stirpis ultimus. Mit solchen Daten ist zuweilen
bei Spärlichkeit anderweiten Materials schon recht viel für die Familiengeschichte
an einer lückenreichen Stelle gewonnen. Aber freilich die bloßen Lebens- und
Amtsjahre mögen vielleicht gestatten, die betreffende Persönlichkeit in den Stamm-
baum einzurangieren. Viel weiter werden wir gewöhnlich durch solche Legende
nicht geführt, und doch bleibt dem Familienforscher als goldener Wahlspruch der
Satz von Lipsius in treuem Gedächtnis: „Nee nuda genealogia sit, sed facta et
dieta interdum inserat, quod ego probo: nee me ceperint sola stemmata et sine
alio fruetu familiarum rami". Umfangreichere Legenden, die entweder weitere
Einzelheiten aus dem Leben der Persönlichkeit, zu deren Gedächtnis die Münze
geschlagen ist, enthalten, oder Sprüche, die den Charakter dieser Persönlichkeit
beleuchten, sind daher sehr erwünscht. Die Medaille auf Kardinal Schrattembach
bei Köhler, Münzbelustigungen 4, 265, zeigt innerhalb der Umschrift auf 19 Zeilen
eine Biographie, wie sie unsere Zeitungen beim Tode bedeutender Persönlichkeiten
bringen. In dem für die Geschichte dänischer Familien sehr wichtigen, mit Porträts,
Wappen, Grabdenkmälern und Stammbäumen ausgestatteten Werke von Tycho
Hof man, Portraits historiques des hommes illustres de Dannemark, remarquables
par leur merite, leurs charges et leur noblesse avec leurs tables genealogiques,
6 Teile (ohne Orts- und Verlegerangabe, 1746) II, 7 (in der histoire de la famille
de Rantzau) findet sich eine Medaille von 1567 auf Daniel Rantzovius, deren
Revers auf 23 Zeilen eine ganze Feldzugsbeschreibung enthält.
Ein anderes Beispiel einer Münze mit längerer Inschrift entnehme ich aus
dem Buche „Silesia numismatica, oder Einleitung zu dem Schlesischen Müntz-
Cabinet, in welchem biß 368 theils sehr alte rare und schöne, im Lande verfertigte
Müntzen durch aecurate Kupffer gewiesen umbständlich erklärt und dabey viele
in der Schlesischen Historie begangene Fehler deutlich entdecket werden" von
Gottfried Dewerdeck, Jauer 1711. Tafel XII Nr. 85. Als 1675 der letzte aus
dem plastischen Stamme unterging, wurden Begräbnismedaillen geprägt. Dewer-
deck sagt darüber: „Waren jemalen schöne Begräbnismedaillen gesehen worden,
so geschah es itzund. Uns sind deren fünff bekannt, die alle von feinem Silber
sind, die größte wieget fast 3 Loth, und hat auf der einen Seite des hochseligen
Herzogs geharnischtes Brust-Bildnis und Titul: Georg Wilhelm' D. G. Dux Silesi
Lig. Bregensis & & Wolaviensis. Auff dem Revers lieset man nachfolgende Schrifft:
Piasti ETNARCHAE POLONI/E ULTIMI NEPOS. Princeps XV vix Annos. Natus
sed tarnen Majorennis post Nonimestre Ducatuum Regimen Die XXI. Novemb. A :
MDCLXXV. sibi. Regiae Familiae novemque seculorum, Senio. Fatalem Figit.
*) H. Dannenberg, Deutsche Inschriften auf Münzen des Mittelalters, AKDV, N. F. 9,
S. 236 ff.
88
Terminum Ambigente Silesia Num. Piasti Natalibus Plus Gratiae GEORGII
GUILIELMI Fato Plus Lachrymarum Debeat, George Wilhelm von GOttes Gnaden,
Hertzog in Schlesien, zu Liegnitz, Brieg und Wohlau Piasti des Fürsten in Pohlen
letzter Prince, ein Fürst, der kaum 15 Jahre alt, und dennoch vormündisch er-
kläret worden, setzte nach Neun-monatlicher Beherrschung der Fürstenthümer d.
21. Nov.-Ao. 1675 sich, dem Königlichen Hause und dem Alterthum von neun-
hundert Jahren das abgemessene Ziel, wobei Schlesien zweifelt, ob es des Piasti
Geburth mehr Danck als Georgii Wi/helmi Tode mehr Thränen schuldig sey."
Inhaltreich ist auch ein brandenburgischer Siegestaler, den Kurfürst Friedrich
Wilhelm I. 1675 nach der Schlacht bei Fehrbellin prägen ließ. Innere Umschrift:
Ob subditos Servatos (dem römischen: ob cives servatos nachgeahmt). Äußere
Umschrift: Name und Titel, Revers in 13 Zeilen: Justum Suecorum exercitum,
Marchiam Pomeraniamque dum ipse alibi oppressis adest, vastantem prope Fehr-
bellinum die 18. Jun. A. 1675 nactus solo cum equitatu suo imo vero sola dei ope
fretus cradit fundit septimestres praedones Septem diebus terris suis ejicit. S(oli)
D (eo) G(loria). Das solo cum equitatu suo, noch mehr aber das septimestres
praedones war für Schweden sehr kränkend, daher wurde dieser Taler heimlich
eingewechselt und vernichtet. Als dieses der Kurfürst erfuhr, war er nicht minder
tätig, ihn mit neuen Stempeln nachprägen zu lassen. Daher hat man zwanzig
verschiedene Gepräge, auf deren einigen der Kurfürst rechts, auf anderen links
gewendet ist. Doch hat man bei den letzten Schlägen den anzüglichen Schluß
weggelassen. 1 ) Diese Münze ist Zeugnis des stolzen Siegesbewußtseins des Großen
Kurfürsten und in den letzten Schlägen, bei denen die Legende verkürzt wurde,
auch für seine politische Klugheit. Eine Reihe anderer Legenden bezeugt die
Frömmigkeit des Herzogs Ernst des Frommen zu Sachsen -Gotha 1665 — 72 auf
den sog. Katechismustalern. 2 ) Es gehören dazu 1. der Tauftaler, 2. der Glaubens-
taler, 3. der Ehestandstaler, 4. der Sterbenstaler und 5. der Seligkeitstaler. Herzog
Ernst hat außer diesen Talern, die als gute Spezies ausgegeben wurden, gar kein
gewöhnliches Kurant prägen lassen; denn er wollte jede Gelegenheit benutzen,
auf diesem Wege fromme Gesinnungen unter seinen Untertanen zu verbreiten.
Dies verursachte manche Unbequemlichkeit, weil die Fremden im Handel und
Wandel nicht nach den Moralien, sondern nach Schrot und Korn fragten, das auf
keinem Stücke angegeben war, weshalb man sie nicht gern nahm. Die Gepräge
hat der Herzog alle selbst angegeben; die Verse aber hat auf seinen Befehl der
damalige Prinzenlehrer und nachmalige Bibliothekar Meier gemacht und wohl
zehnmal abändern müssen, ehe sie dem Herzog recht waren. Als Beispiel diene
der Ehestandstaler des genannten Fürsten vom Jahre 1669. Auf dem Avers ein
gekröntes Brautpaar, Christum und die Kirche vorstellend. Beide reichen einander
die Hände. In ihrer Mitte schwebt der heilige Geist als Taube, über ihnen ein
strahlendes ni rv>, dabei steht Eph. V, 32: „Das Geheimniß ist groß, ich sage von
Christo und der Gemeine". Im Abschnitt: Gotha 1669. Umschrift: „Was nun
Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden". Revers in 12 Zeilen:
*) Schmieder, Handwörterbuch der gesamten Münzkunde, 1811, S.169, Fehrbellinstaler.
2 ) Ebenda, S. 251, Katechismustaler.
89
„Furcht* Gott, der dein Ehstifter ist — Glaub' bis ans End' an Jesum Christ —
Trag gern dein Kreuz, das Gott schickt ein, — Lieb dein Gemahl stets und allein
— Sey friedlich, flieh die Lust der Welt — Thu das, wozu dich Gott bestellt —
Erbau dich und dein Haus zugleich Ja männiglich zum Himmelreich". Diese
Schaumünze wurde auf die Vermählung des Prinzen Friedrich von Sachsen-Gotha
geprägt.
Es gibt Tausende von Inschriften in Stein und Erz, nicht alle Inschriften sind
echt; über die Kriterien ihrer Echtheit ist Corpus inscriptionum I S. XXIX f. und
in Boecks Encyklopädie und Methodologie der philologischen Wissenschaften 1877
S. 188 ff. gehandelt. 1 ) Auch die Inschriften auf Münzen 2 ) verraten durch ihre Fehler,
daß sie mitsamt den Münzen unecht sind. So steht auf den Abbildungen einer
Ehrenmedaille (nummus Tymeus [Ti/ustog]) in Luckii Sylloge numismatum elegan-
tiorum Argentinae 1620 pag. 78 und in Mieris Histori der nederlandsche Vorsten
Tom. III p. 94, über das von Sebastian Schädlin von Burtenbach erreichte Alter
fälschlich SEINS ALTERS 87 IAR. Die richtige Ziffer SEINES ALTERS 82 IAR
steht auf einer Medaille, die beschrieben ist in Binders Württembergischer Münz-
und Medaillenkunde, Stuttgart 1846, S. 581. Ein sog. Mönchschriftstaler auf
BogislawX., Herzog von Pommern 1474—1523, aus dem Jahre 1498 verrät seine
Unechtheit ebenfalls durch die Legende; diese Legende zeigt die Namensform
BOGESLAVS mit E in der zweiten Silbe an Stelle der allein richtigen Form mit I.
Das Falsifikat ist zusammen mit noch anderen Fälschungen in Arends Münzbuch
herausgegeben und in Grotes Münzstudien I 1857, S. 413 ff. in seiner Unechtheit
nachgewiesen. Dieses durch seine Fälschungen berüchtigte „Münzbuch" von Arend
gehört zu der Gattung illustrierter Münzbücher für Reisende, Bankiers und Geld-
wechsler, in denen die kursierenden Münzen der verschiedenen Staaten mit Hinzu-
fügung ihres Wertes nach inländischem Gelde abgezeichnet sind. Unter derartigen
Münzbüchern ist das in den Niederlanden erschienene, von Parys gezeichnete Buch
besonders berühmt. Nach Köhlers Münzbelustigungen XIII S. 168 ist das Arendsche
Buch (Hamburg 1636) identisch mit denen von Zitter (Frankfurt 1631) und Wolders
(Hamburg 1631).
Die Wichtigkeit des Porträts für familiengeschichtliche Forschung ist erst
neuerdings in Lorenz' berühmtem Handbuch der Genealogie und anderwärts (s. u.)
hervorgehoben worden. Die Zahl der auf Münzen überlieferten Porträts ist sehr
groß. Viele Münzen bieten mehr als ein Bildnis dar; drei Bilder z. B. findet man
auf den Münzen mit den jungen Herzögen Christian IL, Johann Georg und August,
die in Erbsteins Erörterungen auf dem Gebiet der sächsischen Münz- und Medaillen-
geschichte II 1890, S. 97 ff., besprochen sind. Sieben Porträts von Kirchenfürsten
finden sich wiederholt auf englischen Münzen bei Evelyn Numismata, A discourse
of medals, Antient and Modern (London 1697, p. 155). Ein Taler Herzog Fried-
richs IL zu Sachsen-Gotha, in Köhlers Münzbelustigungen VII 1735, S. 105, erörtert,
zeigt auf dem Avers das Bildnis des Herzogs, auf dem Revers die Bilder der
*) Vgl. auch Larfeld im Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft, herausgegeben
von J. Müller. 2. Aufl. 1892. Bd. I, S. 491 ff.
2 ) Über die Inschriften auf antiken Münzen vgl. Eckhel, Doctrina numorum veterum
vol I., prolegomena generalia pag. LXXXVH ff.
90
sieben Prinzen. Der Häufigkeit der Porträtdarstellungen auf Münzen steht leider
die Seltenheit guter und verbürgter Ähnlichkeit des Porträts mit der abgebildeten
Person gegenüber. Ob ein Porträt auf einer Münze ähnlich sei oder nicht, wird
in der numismatischen Literatur verhältnismäßig nur selten bemerkt. So heißt es
bei Will, Nürnbergische Münzbelustigungen I, 1764, 35. Stück vom 29. August 1767,
über eine Wermuthsche Medaille auf den kursächsischen Oberhofprediger D. Bernh.
Walther Marperger: „Das Bild hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit der Person,
die abgebildet werden soll. Wer Marpergern entweder gekannt, oder den Windte-
rischen Kupferstich oder auch die schöne Vestnerische Medaille gesehen hat, wird
meinem Urteil beipflichten." Dasselbe Werk (I Nr. 18, 8. Mai 1765) bringt betreffs
eines Jettons auf den künstlichen Münz -Eisenschneider Valentin Maler die Be-
merkung: „Das Bildniß Valentin Malers auf dem Avers mag ihm sehr ähnlich
sein. Ich habe ihn im Kupferstich von Matthia v. Sommer, in welchem nicht nur
die Vorstellung, wie er mit der einen Hand nach dem Fußgestelle der Bildsäule
greift und mit der anderen den doppelten Zirkel hält, sondern auch die Gesichts-
bildung mit unserem Jetton vollkommen übereintrift." *) Hnr. Bolzenthal (Skizzen
zur Kunstgeschichte der modernen Medaillon-Arbeit [1429 — 1840], mit 30 Kupfer-
tafeln, Berlin 1840) rühmt Faltz und Crocker wegen seiner Porträtähnlichkeit.
Raimund Faltz, geboren 1658, war korrekt in der Zeichnung, tüchtig in der Technik
und erreichte dabei eine seltene Ähnlichkeit. Die meisten seiner Medaillen beziehen
sich auf das königl. preußische und auf das kurfürstlich braunschweigische Haus
(Bolzenthal, S. 215 f.). Johann Crocker, geboren 1670 zu Dresden, wurde 1705
Obergraveur der englischen Münze. Ungefähr von dieser Zeit ab bis einige Jahre
vor seinem Tode (1741) gingen aus seinen Händen viele Medaillen hervor, die
größtenteils auf das königliche Haus in England sich beziehen und ihren Wert
hauptsächlich in dem tüchtig ausgeführten und mit Ähnlichkeit ausgestatteten
Porträt haben dürften (Bolzenthal, S. 264).
Für den Familienforscher ist bei einem Porträt auf einer Münze die Ähnlich-
keit das Wichtigste. Diesbezüglich ist das Urteil von Spon interessant, das er in
einer auf römischen Kaisermünzen aufgebauten Abhandlung „de Putilite des Me-
dailles par l'etude de la physionomie" 2 ) veröffentlicht hat. Spon sagt: „il faut
demeurer d'accord que rien n'est plus propre ä nous representer les portraits
fidelles des Princes et des grands hommes de l'antiquite que les medailles. Car
comme elles ont este faites de leur temps et par d'excellens graveurs elles nous
les depeignent bien plus fidellement que les historiens qui d'ailleurs negligent
assez souvent les particularitez des traits du visage de ceux dont ils ecrivent
l'histoire. Elles nous les representent mesme plus sürement que les statues et
les gravures antiques qui sont ordinairement sans nom et qui ne se reconnai-
troient pas mesme sans le rapport qu'elles ont aux Medailles." Diese Sätze von
der größeren ikonologischen Zuverlässigkeit der Medaillen gegenüber der Literatur
können für die römische Kaiserzeit ganz im allgemeinen eine gewisse Berechtigung
x ) Über die „unverkennbare Lebenswahrheit" Pisanos vgl. Halke, Einleitung in das
Studium der Numismatik, 1889, S. 171.
2 ) Spon, Recherches curieuses d'antiquite, contenues en plusieurs dissertations sur des
medailles, Bas— reliefs, statues, mosaiques & inscriptions antiques. Lyon. 1683, p. 353ff.
91
beanspruchen. Aber so große Künstler, wie sie sich im kaiserlichen Rom zur
Prägung von Münzen zusammengefunden, haben den Münzherren der späteren
Zeiten keineswegs immer zur Verfügung gestanden. Das Verhältnis der Münz-
prägungen zu Holz- und Kupferstich, sowie zur Literatur ist hinsichtlich der Porträt-
ähnlichkeit im Laufe der Jahrhunderte ein verschiedenes gewesen. Erst im Jahr-
hundert der Photographie und des Lichtdrucks ist eine beständige sichere Kontrolle
der Porträtähnlichkeit der Münzen möglich geworden.
In den älteren Zeiten der deutschen Münzgeschichte wird die Porträtähnlich-
keit der Prägungen häufig durch einen gewissen typischen, starren, der Indivi-
dualisierung entgegenstehenden Zug der Münzen beeinträchtigt. Wir sind keines-
wegs immer in der Lage, eine genaue ikonologische Kontrolle der Münzen vor-
zunehmen. Eine solche hat Eduard Frhr. v. Packin in seiner Arbeit über die
authentischen Porträts König Rudolfs von Habsburg veröffentlicht, die in der Fest-
schrift zur 600 jährigen Gedenkschrift der Belehnung des Hauses Habsburg mit
Österreich (Wien 1882) erschienen ist. Das wichtigste Porträt Rudolfs gab sein
Grabstein im Dome zu Speyer, der mit einer für jene Zeit außergewöhnlichen
Treue und Sorgfalt hergestellt wurde. Mit diesem stimmen aber die Münzen recht
wenig überein. Diesbezüglich heißt es in der genannten Festschrift (S. 121):
„Noch weniger deutliche Anhaltspunkte gewähren die Münzen, Denare kleinen
Formats. Die Darstellung ihrer Averse folgt nach den Prägeorten in zwei ver-
schiedenen Typen. Die von den Münzstätten Essen, Ratingen und Dortmund
(Tremonia) zeigen den König, ganz ähnlich wie auf den Siegeln, thronend, Zepter
und Reichsapfel in den Händen, bekrönt, unbärtig, das Haar lang, in unten aufge-
rollten Locken. Ganz verschieden ist das Bild auf dem Averse der Münzen von
Aachen. Hier sehen wir einen Thronenden mit breitem Pelzkragen, in der rechten
Hand ein mächtiges Schwert, in der linken Hand den übergroßen Reichsapfel;
das martialisch aussehende Gesicht hat einen langen, weit abstehenden Schnurr-
bart, das Haar ist sehr üppig und lang. In diesem konventionellen Typus, der
ähnlich auf den Münzen der Vorgänger Rudolfs, Wilhelm von Holland und Richard
von England, vorkommt, haben wir wohl kein individuelles Porträt zu suchen,
sondern es ist hier wahrscheinlich der Regenerator der römischen Kaiserwürde
und Patron Aachens, Kaiser Karl der Große, in idealer Weise dargestellt."
Die Sitte 1 ) sich medaillenartige Bildnisse anfertigen zu lassen und sie mit
Freunden ebenso auszutauschen, wie wir heute unsere Photographien austauschen,
wird um 1510 aus Italien nach Süddeutschland gekommen sein. 2 ) Die Kunst
selbst hat sich bei uns in ganz selbständiger Weise entwickelt und beruht auf
einem anderen Boden als in Italien. Sie beruht auf der Bildschnitzerei und ist
aus ihr erwachsen; deutlich erkennt man noch, wie zunächst das Porträt in Holz
J ) Er man, Deutsche Medaillen S. 7 ff. Vgl. denselben im Bd. XII der Zeitschrift für
Numismatik von A. v. Sallet.
2 ) Vgl. auch Hartmann-Franzenshuld, Deutsche Personen-Medaillen im 16. Jahrh.,
besonders einiger Wiener Geschlechter (Wien 1874, Separat-Abdruck aus dem „Archiv für
österreichische Geschichte", Lex.-8. 88 Seiten mit 8 Tafeln). — J. C. Beierlein, Medaillen auf
ausgezeichnete und berühmte Bayern, in Abbildungen und mit biographisch-historischen No-
tizen, OBA 10 ff.
92
oder Stein Selbstzweck ist und wie erst allmählich der Abguß in Metall mehr in
den Vordergrund tritt. Aber auch dann noch bleibt das Modell das Hauptstück;
man bemalt und vergoldet es gern und bewahrt es sorgfältig in einem zierlichen
Holzkästchen auf. Die älteren Medaillen sind zum großen Teil einseitig, die
Rückseite bleibt ganz leer oder trägt nur einige Zeilen Schrift; kleine Wappen-
schilder oder figürliche Darstellungen finden sich nur selten. Erst bei den kleineren
Arbeiten des Medailleurs von 1526 werden die Reverse zur festen Regel und in
bestimmter Weise gestaltet; erst damit trennt sich die eigentliche Medaillentechnik
von der Bildschnitzerei ab.
Man wird gut tun, bei der Beurteilung des Stiles der deutschen Medaillen
und ihrer Porträtähnlichkeit 1 ) stets im Auge zu behalten, inwieweit die Arbeit
durch das Material des Modells beeinflußt ist. Gerade bei dieser Kleinplastik
zeigt sich das Material tyrannisch; ein Künstler, der seine Modelle in Buchs-
baumholz ausführt, wird notwendig anders arbeiten wie der, welcher den weichen
Kehlheimer Stein benutzte. Und wenn bei Valentin Maler und seinen Nachfolgern
die äußerliche Mache immer mehr hervortritt, so hat das gewiß nicht zum wenigsten
seinen Grund darin, daß sie ihre Modelle in Wachs bossierten.
Daß ein Künstler bald in einem, bald in anderem Material seine Modelle
anfertigte, mag ja auch wohl vorgekommen sein; doch ist zu bemerken, daß bei
Medailleuren, von denen mehrere Modelle bekannt sind, wie bei Hagenauer und
Wolff, diese stets das gleiche Material zeigen.
Holzmodelle haben schon angefertigt Hans Schwarz (1518 ff.), Friedrich Hage-
nauer (1526 bis 1544), der Nürnberger von 1526 (wenigstens bei seinen großen
Arbeiten), die unbekannten Augsburger Medailleure der Jahre 1519 bis 1541 u.a.
Ein Steinmodell wurde bereits zu der bekannten Medaille vom Jahre 1514
mit dem Dürermonogramm benutzt. In Stein haben ferner schon gearbeitet Peter
Flötner und wohl die meisten Nürnberger Künstler bis gegen 1570. Die Stein-
modelle wurden von den Wachsmodellen verdrängt, nur in Schlesien, Sachsen und
Brandenburg hat man sie noch länger benutzt.
Das älteste Wachsmodell ist (nach Erman S. 9) das zu der Medaille Andreas I.
von Valentin Maler vom Jahre 1569. Es ist nicht zu bezweifeln, daß Maler, Carl
sowie fast sämtliche Medailleure des 17. Jahrhunderts ihre Modelle in Wachs
bossiert haben; von einigen, wie Knopf, Pfründt, Braun, wird uns dies übrigens
ausdrücklich überliefert.
Wie sehr auch betreffs der Porträtähnlichkeit selbst ein großer Künstler von
der Technik des Herstellungsverfahrens abhängt, dafür kann Leygebe als Zeuge
angeführt werden.
Der Große Kurfürst von Brandenburg stellte Leygebe mittels Bestallung vom
J ) Vgl. auch das große Sammelwerk Heraeus, Bildnisse der regierenden Fürsten und
berühmter Männer vom 14. bis 18. Jahrhundert, in einer Reihenfolge von Schaumünzen.
Wien 1828. — Widmer, M. J. v., und Zimmermann, J. A., Domus Wittelsbachensis numis-
mata oder Sammlung aller existierenden Münzen und Medaillen der wittelsbacher Stamm-
häuser. München 1784. — Tentzel, W. E., Sächsisches Medaillen-Cabinet von Gedächtniß-
Münzen und Schau-Pfennigen, welche die Durchl. Chur- und Fürsten zu Sachsen Ernestinisch-
und Albertinischen-Hauptlinien seit 200 Jahren haben prägen lassen. Frankfurt 1705. 1714.
93
6. April 1668 als Münzschneider an und sagt von ihm am 13. April 1668: „Nun
haben wir gleichwoll alle Müntzen, auf welche bishero Unser Bildnüs gepräget
worden und so mir gesehen haben, so heßlich formirt gefunden, daß es woll
nicht übeler seyn könte, dahergegen dieser Leigeber das Bildnüs viel zierlicher
und eigentlicher getroffen." Wir können daher wohl zwei undatierte ge-
gossene Medaillen des Großen Kurfürsten, die Friedländer, aus dem ungefähren
Alter des Dargestellten schließend, mit einem Fragezeichen in diese Zeit setzt,
mit Sicherheit in dieselbe setzen. Das Urteil des Großen Kurfürsten über die
Schönheit dieser beiden ihn darstellenden Medaillen (abgebildet in Seidels Hohen-
zollernjahrbuch, Jahrg. II, 1898, S. 95) gilt noch heute in vollem Maße; und weder
Leygebe selber noch ein anderer Künstler hat sie je wieder übertroffen. Der Grund
hierfür liegt nicht etwa in einem mangelnden Können, sondern in der damals
aufkommenden Sitte, auch Medaillen mit dem Prägestock herzustellen, um mit
Leichtigkeit in kurzer Zeit möglichst viele Exemplare erhalten zu können. Die
gegossenen Medaillen, wie jene beiden des Großen Kurfürsten, werden freihändig
in Wachs modelliert, die weichsten und zartesten Teile der Arbeit des Künstlers
kommen in dem Abgüsse voll und ungeschmälert zur Geltung, während der müh-
sam in den Stahl gegrabene Prägestock stets nur in unvollkommener und unter
allen Umständen weniger künstlerischer Form das Bild des Dargestellten wieder-
zugeben vermag. Das große Bedürfnis nach Medaillen, die in gewisser Beziehung
unsere heutigen Orden ersetzten, diente somit leider nicht zur Förderung dieser
schönen Kunst, sondern wurde die Ursache, daß die beiden soeben genannten
Stücke die letzten gegossenen Medaillen des Großen Kurfürsten oder seiner Fa-
milie sind.
Wenn also schon im allgemeinen die Porträtähnlichkeit auf Münzen nicht
eben hoch eingeschätzt werden kann, so ist dieses dem Familienforscher so fatale
Verhältnis, wenn besondere Schwierigkeiten hinzutreten, noch übler. Aus Schwierig-
keiten, welche im Charakter Friedrichs des Großen begründet sind, ergibt es
sich, daß die zahlreichen Münzen und Medaillen des großen Königs in bezug auf
Porträtähnlichkeit sehr viel zu wünschen übrig lassen. Die erstaunliche Lebhaftig-
keit der Gesichtszüge ließ sich nicht auf die Leinwand bringen. Sodann aber
hat Friedrich seit seinem Regierungsantritt stets nach dem Grundsatz gehandelt,
den er am 14. Dezember 1774 in einem Schreiben an d'Alembert so ausdrückt;
„Man muß Apollo, Mars und Adonis sein, um sich malen zu lassen, da ich nun
aber nicht die Ehre habe, einem dieser Herren zu gleichen, so habe ich mein
Antlitz, soviel es von mir abhing, dem Pinsel der Maler entzogen" ; diese Gering-
schätzung, welche Friedrich der bildlichen Darstellung seiner Person entgegen-
brachte, machte den Medailleuren große Schwierigkeiten. Charakterisch für Friedrich
sind die Worte, mit denen er die Übersendung der auf die Huldigung der west-
preußischen Stände in Marienburg geprägten Medaille an Voltaire am 1. No-
vember 1772 begleitete: „Vous saurez que ne me faisant jamais peindre, ni mes
portraits ni mes medailles ne me ressemblent. D'ailleurs les medailles attestent
plutot les epoques qu'elles ne sont fideles aux ressemblances."
Die ikonologische Kontrolle der Münzen ist unter solchen Umständen bei
Friedrich dem Großen eine ganz andere wie sonst. In der Regel bilden bei einer
94
Untersuchung der äußeren Erscheinung von hervorragenden historischen Persönlich-
keiten die erhaltenen Bildnisse die Hauptsache, mit denen dann sonstige Schilde-
rungen nach Möglichkeit in Einklang gesetzt werden. Die eingehenden literarischen
Schilderungen seiner Zeitgenossen, von denen ein großer und darum der wichtigste
Teil nicht für die Veröffentlichung und jedenfalls nicht für das Auge des Königs
bestimmt waren, setzen uns heute allein in den Stand, ein klares ungetrübtes
Urteil darüber zu gewinnen, wie Friedrich der Große in Wirklichkeit ausgesehen
hat, während die uns erhaltenen Bildnisse zum größten Teil entweder nur elegante
Paradebilder geben, wo wir den kommenden Mann oder den genialen Feldherrn
der drei Schlesischen Kriege zu sehen wünschen, oder in künstlerischer Beziehung
oft geradezu zu Karikaturen herabsinken, die wohl als Zeichen der außerordent-
lichen Popularität des alten Fritz, nicht aber als historische Quellen angesehen
werden können. Diesem Alexander ist sein Apelles erst ein halbes Jahrhundert
nach seinem Tode erstanden, und abgesehen von der künstlerischen Meisterschaft
Menzels hat gerade der Mangel an wirklich guten Bildnissen Friedrichs seiner
Schöpfung, welche die unklaren und verschwommenen Vorstellungen über die
äußere Erscheinung des Königs mit festen genialen Strichen klarstellte und einen
Typus schuf, von dem man sagen kann: Wenn Friedrich der Große nicht so aus-
gesehen hat, so hätte er so aussehen müssen, zu ihrem durchschlagenden Erfolge
verholfen. 1 )
Die Münzen und Medaillen sind für die familiengeschichtliche Forschung außer
durch Legende und Porträt auch noch durch das so häufig auf ihnen abgebildete
Wappen wichtig.
Münzen und Medaillen mit Wappendarstellungen gehen nicht so weit im Alter
zurück wie Wappensiegel; denn während letztere bereits vom 13. Jahrhundert ab
prächtige Kunstschöpfungen aufweisen, lag die Münzpräge noch ganz im argen,
und höchstens einzelne Wappenfiguren, wie Löwen und Adler, lassen sich aus
den Münzen jener Zeit für heraldische Kunstgeschichte verwerten. Erst mit dem
Jahrhundert und in den Jahrzehnten der großen Erfindungen der Ölmalerei, der
Kupferstecherkunst, der Buchdruckerei, kommen uns aus Italien die ersten Meister-
werke der modernen Medailleurkunst zu, während in Deuschland nicht früher als
unter Kaiser Maximilian I. bedeutendere Schöpfungen dieser Art auftauchen. Freilich
nimmt sie hier sofort, unterstützt durch den Reichtum der Nürnberger und Augs-
burger Patrizier und die Geschicklichkeit der Goldschmiede des 16. Jahrhunderts,
in deren Händen die Graveurkunst damals lag, großartige Dimensionen an; und
die Reihen von Familienmedaillen jener Zeit, fast alle auch wappengeschmückt,
zählen noch heute zu den kostbarsten Denkmälern altdeutschen Kunstfleißes auf
diesem Gebiete. 2 )
Verkürzungen und sonstige Abweichungen von der gewöhnlichen Heraldik
bieten gerade die Münzen besonders vielfach. Die bekanntesten Beispiele liefern
*) Menadier, Schaumünzen des Hauses Hohenzollern, Berlin 1891. Königliche Museen.
Derselbe im Hohenzollernjahrbuch V, 1901, S. 143 ff. Koser und Seidel, Die äußere Er-
scheinung Friedrichs des Großen, ebenda I, 1897, S. 87 ff.
2 ) Grenser, Die Numismatik auf der heraldisch-genealogisch-sphragistischen Ausstellung
zu Wien 1878. Jahrb. des heraldisch-genealog. Ver. Adler in Wien, 1881, S; 159.
95
die brandenburgischen Pfennige, auf denen häufig der markgräfliche Adler, durch
den halben Adler, den Kopf oder den Flug allein vertreten ist. Die schlesischen
Brakteaten des 13. Jahrhunderts tragen außer dem ganzen Adler auch den wachsenden
Adler, einen oder zwei Adlerköpfe, den Adlerflug oder gar die Adlerklaue. Auf
den Nordhäuser Hohlpfennigen des 14. Jahrhunders treffen wir bald einen ganzen
Adler, bald einen halben Adler neben seiner Krone, bald nur zwei Adlerköpfe
unter der Krone. Die Mühlhäuser Pfennige zeigen bisweilen den ganzen Adler
mit dem Mühleisen auf der Brust, bisweilen den wachsenden Adler über dem
Mühleisen; doch begnügte man sich dort auch damit, das Mühleisen mit Adler-
flügeln zu versehen. 1 ) Auch auf den Goslarer Arenköppen des 15. Jahrhunderts
wird der Adler lediglich durch den Kopf vertreten. In gleicher Weise zeigen die
hannoverschen Kreuzpfennige die weifischen Herzöge in den Kreuzwinkeln um den
Löwenkopf an Stelle des ganzen herzoglichen Wappens, und ebenso die Göttinger
Pfennige Herzogs Albrecht des Fetten : auch tragen in späterer Zeit die Vierlinge
der Stadt Braunschweig nur einen wachsenden Löwen. Die Laufenburger Münzen
bringen den habsburgischen Löwen bald in voller Gestalt zur Anschauung, bald
als wachsenden Löwen, bald nur als Löwenkopf. Auf den Arnstedter Hohlpfennigen
wechseln, abgesehen von den Adlerköpfen, der schreitende Löwe, der wachsende
Löwe und der Löwenkopf. Dasselbe ist der Fall auch bei den landgräflich hessischen
Münzen. Ebenso zeigen die Schleizer Pfennige der Herren von Lobdeburg bald
den ganzen Ochsen, bald nur den Ochsenkopf, und besteht das Prägebild des
einzigen umschriftlich bezeugten Pfennigs des Edelherrn Ulrich von Pack lediglich
in einem Hirschkopfe, während auf dem Siegel der Hirsch in voller Figur auftritt.
Wohin wir auch immer blicken, allüberall zeigt sich dieselbe Ungebundenheit und
Freiheit von dem heraldischen Zwange der neueren Zeit. 2 ) Außer dieser Un-
gebundenheit der Wappen begegnen wir aber auf Münzen auch direkte heraldische
Fehler, und vor solchen hat sich der Forscher auf dem Gebiete der Familien-
geschichte besonders zu hüten. Denn da häufig sich einzelne Linien einer Familie
nur durch kleine Variationen des Wappens unterscheiden, kann eine falsche Prägung
leicht zu starken familiengeschichtlichen Irrtümern führen. Von falschen heraldischen
Prägungen sei hier nur ein Beispiel geboten.
In der geschmackvollen Einrahmung der Vorderseite der Denkmünze auf
Andreas von Österreich, Kardinal-Fürstbischof von Brixen und Konstanz, vom
Jahre 1600 (abgebildet in der heraldisch-genealogischen Zeitschrift des Vereins
„Adler", III, 1873, S. 56), befinden sich drei kleine runde Schilde als Wappen- und
Emblemenhüllen eingesetzt. Die Farben dieser Wappen sind nicht überall richtig
angegeben. Das an der Mitte des rechtsseitigen Medaillonrands befindliche Schild
führt die vereinten Wappenfiguren der Fürstbistümer Kostnitz und Brixen. Das
Wappen von Kostnitz ist in Wirklichkeit: in Rot ein schmales weißes Kreuz. Die
Emaillearbeit bei dieser Denkmünze zeigt aber irrigerweise in Weiß ein schmales
*) A. Erbstein, Numismatischer Beitrag zur Geschichte des Doppeladlers. Anzeiger
für Kunde der deutschen Vorzeit. N. F. XI (1864) Sp. 28. Meine Schrift „Aus der Geschichte
der Reichsstadt Mühlhausen" 1900, S. XVII und Tafel V, Nr. 8.
2 ) J. Menadier, Deutsche Münzen. Gesammelte Aufsätze III, 1895, S. 7 ff. Vgl. dazu auch
Grote im Numismatischen Anzeiger 1872, S. 49 und Seyler, Geschichte der Heraldik, S. 746.
96
rotes Kreuz, verwechselt also die Farben. Das linksseitige Rundbild enthält im
oberen Teile das Wappenbild der Abtei Murbach, den springenden schwarzen Wind-
hund im weißen Felde mit gelbem Halsbande; ferner im unteren Halbkreise jenes
der Abtei Lüders, eine aus rotem Ärmel hervorragende Hand im schwarzen Felde.
Nach Leutholf v. Frankenberg, „Europ. Herold vom Jahre 1705" führt aber die
Abtei Lüders die Hand mit grauem Ärmel auf rotem Grunde als Wappen. Dr. Trier,
Einleitung zu der Wappenkunst S. 499, gibt auch diese Farben an.
Im einzelnen bieten zum Studium der Heraldik auf Münzen Rentzmann,
Numismatisches Wappenlexikon des Mittelalters und der Neuzeit (Berlin 1876)
und Kautzsch, Wappenbüchlein zur Erklärung von einfachen und zusammen-
gesetzten Schildern und Kleinoden deutscher Gebietswappen, hauptsächlich auch
solcher auf Münzen (2. Aufl., Leipzig 1903) nützliches Material. Wie sehr Numis-
matik und Heraldik Hand in Hand gehen, lehrt ein Blick in die Literatur. So
erschien ein Aufsatz über „Alte und neue Heraldik" in Grotes Münzstudien. Eine
unserer numismatischen Zeitschriften, die von Köhne, führt den Titel „Zeitschrift
für Münz-, Siegel- und Wappenkunde". Ebenso nennt sich die in Haag erscheinende
„Heraldieke Bibliotheek" von Rietstap: „Tijdschrift voor wapen-, geslacht-, zegel-
en penningkunde". Die Geschichte der Staatswappen erfordert ein genaues Münz-
studium. So beruht z. B. Gritzners schöne Abhandlung über die Geschichte des
Sächsischen Wappens im 29. Jahrgang der Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel-
und Familienkunde zu einem wesentlichen Teile auf Münzen. Prägungen der Edlen
Herren v. Querfurth sind von den Brüdern Erbstein im Gerbstedter Schatz auf
Grund heraldischer Untersuchungen nachgewiesen. 1 ) Die Numismatik ist für die
Heraldik auch deshalb ganz besonders wichtig, weil die Münzen datiert sind, was
man von sonstigen heraldischen Darstellungen keineswegs immer sagen kann. Da-
durch können brauchbare Bausteine zur Spezialgeschichte einzelner Wappen ge-
wonnen werden. So wird die Devise der Herren v. Salza „virtute paratur honor"
zuerst vom Fürstbischof Jakob v. Salza auf Münzen geführt. Eine solche Münze ist
abgebildet bei Friedensburg u. Seger, Schlesiens Münzen und Medaillen der neueren
Zeit, Breslau 1901, S. 43; es ist eine Medaille zu fünf Dukaten aus dem Jahre 1535.
Monographische Veröffentlichungen von Münzen einer einzigen Familie sind
innerhalb Deutschlands, von den Familien fürstlichen Geblüts abgesehen, freilich
nur ganz wenige publiziert. So erschien Nürnberg 1787 ein Numophylacium
Welserianum, d. i. ein Verzeichnis aller Münzen und Schaustücke, die Welsern
zu Ehren geprägt wurden und auf denen Weiserische Namen oder Wappen stehen.
Zum Schluß noch eine sprachliche Bemerkung zu dem Thema „Numismatik
und Familiengeschichte": Familiennamen, die Geldsorten bezeichnen, waren in
alter Zeit nichts Seltenes und haben sich zum Teil noch erhalten, z. B. Helbling,
Plappart, Oertl, Heller, Gröschl, Kreuzer, Guidein, Taler usw. Hierhin gehören
die Wiener Namen Agier (anno 1420 hieß „Agier" eine silberne Münzsorte) und
l ) Julius und Albert Erbstein, Zur mittelalterlichen Münzgeschichte der Grafen
v. Mansfeld und der Edlen Herren v. Querfurth. Dresden 1876, S. 19 ff. Zur Genealogie
der Edlen Herren v. Querfurth vgl. Holstein und v. Arnstedt in den Geschichtsblättern für
Stadt und Land. Magdeburg VI, 1871, S. 33 ff., 459 ff.
97
Blezger (das Wort Bletzger oder Blutzger, auch Pletzer, Blötzer, bezeichnete eine
alte silberne Scheidemünze in verschiedenen, deutschen Ländern, namentlich in
Graubünden). 1 )
Wohl wendet sich die Münzkunde als selbständige Wissenschaft der Ent-
wicklung des Münz- und Geldwesens als eines der vornehmlichsten Faktoren aller
materiellen Kultur zu. Aber daneben dient sie als Hilfswissenschaft für eine
ganze Reihe von Disziplinen, so für Nationalökonomie und politische Geschichte.
In familiengeschichtlicher Beziehung geht die Numismatik Hand in Hand mit der
Archivkunde, der Urkundenlehre, der Kunstgeschichte, der Heraldik, der kritischen
Wertschätzung auch der bloß mündlichen Tradition usw. Umgekehrt bietet die
familiengeschichtliche Forschung namentlich über die mit Münzrecht ausgestatteten-
Dynasten und Fürsten der Numismatik eine Fülle dankenswerten Stoffes.
J ) Franzenshuld, Geschlechterbuch der Wiener Erbbücher, S. 94.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde.
Monumentale Quellen der Familiengeschichte. 1 *
ONUMENTALE Quellen der Familiengeschichte 2 ) sind Burgen, Kirchen,
Klöster und Häuser, insbesondere die kirchlichen und profanen
Glasmalereien und die Grabstätten in Gotteshäusern und auf
Friedhöfen.
Ein Zauber umschwebt die trutzigen Mauern der altersgrauen Burgen, deren
Türme allerorten in Deutschlands Gauen an die entschwundenen Zeiten der Ritter
und Sänger, an Fehde und Turniere, an holde Burgfrauen und Minnedienst er-
innern. Die Steine geschwärzt, von Frost und Regen zerklüftet, von stürmender
Kriegerfaust gebrochen, von zehrenden Feuersgi uten geborsten, dauern sie dennoch
durch die Jahrhunderte. Wie für die Ewigkeit gebaut, bilden sie Merkzeichen der
Landschaften, Sage und Geschichte schlingen einen immergrünen Kranz darum
und lassen sie — die Zeugen längstvergangener Zeiten — noch heute vernehmlich
zu uns Enkeln reden.
Während die Trümmer der alten Pracht in unseren großen Reichsstädten uns
durch den wahlverwandten Geist anheimeln, der immer noch jene verblichene
Handels- und Gewerbsgröße mit unserer modernen Industriegröße verbindet, bergen
die gebrochenen Burgen des Rittertums, einsam auf pfadlos verwachsenen Berg-
höhen gelagert, die Poesie des Rätsels für uns, und gerade das Fremdartige an
diesen Stein gewordenen „Märchen aus alten Zeiten" ist es, was als ein so wunder-
barer Laut dichterischer Romantik in unserer Seele wiedertönt. 3 ) Es wird nicht
viele unter uns Deutschen geben, die nicht schon den eigentümlichen Zauber 4 )
selbst erfahren hätten, den die malerischen Burgen des Mittelalters, oder ihre
moosbewachsenen Trümmer auf das Gemüt von alters her ausübten. Wie wir
uns die römische Campagna nicht ohne die gewaltigen Bogen eines antiken
Aquädukts, wie wir uns eine chinesische Gegend nicht ohne eine vierstöckige
Pagode denken können, so gehört vor unserem geistigen Auge in das mittel- und
!) Die Denkmalspflege. Zeitschrift, verlegt von Ernst & Sohn.
2 ) Elster, Denkmäler, Denksteine und Erinnerungszeichen an die Herzöge von Braun-
schweig, 1888.
3 ) Riehl, Die bürgerliche Gesellschaft, als 2. Band der Naturgeschichte des deutschen
Volkes (2. Aufl. 1854).
*) Carl Bader, „Burgenzauber", Die Qrenzboten 1907, Nr. 34, S. 399 ff . und Nr. 35,
S. 453 ff. »ii
99
süddeutsche Landschaftsbild eine ragende Burg oder eine einsame Ruine. Was
wäre der Rhein ohne seine Burgen, was die Vogesen, die Bergstraße, der Schwarz -
wald, was Tyrol? Es ist nun eine merkwürdige Tatsache, daß man gerade in
der romantischen Zeit, als man mit besonderer Begeisterung auf den Bergen die
Burgen in tausend Liedern feierte, mit diesen Denkmälern am pietätlosesten um-
ging, die Ruinen mit Vorliebe dazu benutzte, Straßen oder Ställe für Rinder und
Schafe zu bauen. Wenn noch irgendwo ein schöner Burgbau in die Gegenwart
hineinragte, so deckte man ihn ab, beraubte ihn des schützenden Holzwerkes und
überließ ihn der Vernichtung durch die Witterung und der menschlichen Zer-
störungswut. Die Rester eines solchen mutwillig zerstörten Bauwerks sahen
hernach dann um so malerischer und poetischer aus. So dankenswert es nun
auch ist, daß in diesen Zeiten der Romantik manche Geschichte eines Ritter-
geschlechtes und seiner Burg geschrieben wurde, so hat doch diese gedankenlose
Romantik die Monumente selbst teilweise zerstört. Erst in unseren Zeiten hat
das Eingreifen methodisch arbeitender Gelehrten, wie Piper, dessen Burgenkunde
bereits in 2. Auflage erschienen ist, und von Fachleuten auf dem Gebiete der
Baukunst, wie Essenwein, Steinbrecht, Ebhardt Besserung hervorgerufen. Es hat
sich eine „Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen" gebildet, deren Organ,
„Der Burgwart", für Erhaltung und, soweit es angängig erscheint, auch für die
Wiederherstellung dieser Denkmäler kräftig ins Hörn stößt.
Die Literatur über Burgenkunde ist sehr umfangreich. Ich stelle hier eine
Reihe von Arbeiten in alphabetischer Folge zusammen:
Bader, Josef, Badenia; oder das badische Land und Volk (Zeitschrift für Vaterland.
Geschichte und Landeskunde). Karlsruhe und Freiburg 1839 ff. (mit vielen Beschreibungen
und Abbildungen badischer Burgen).
Bege, C, Geschichte einiger der berühmtesten Burgen u. Familien d. Herzogt. Braun-
schweig. Wolfenbüttel 1844.
Benkert.F. G., Die Osterburg am Rhöngebirge und die Osterburg an der Werra, UFA 13.
Berchtold, L. Graf, Vergangenheit und Gegenwart der Herrenburg Buchlau im mäh-
rischen Marsgebirge. Brunn 1893.
Braakenburg, Lamb. Joh. Apollonius, Het slot Kinkelenburg in Geldern, Neder-
Iandsche Leeuw 1884, Nr. 8.
Chlingensberg, M. v., Bayern, das Königreich, in seinen altertüml., geschichtl., artist.
u. maier. Schönheiten, enth. in einer Reihe von Stahlstichen die interessantesten Gegenden,
Städte, Klöster, Burgen, Bäder usw. mit bezügl. Text. 3 Bde. = 60 Hefte. München 1843 — 54.
von Cohausen, Die Befestigungswesen der Vorzeit und des Mittelalters, Wiesbaden
1898; die Burgen in Nassau AVN 22; die Burgen in Rüdesheim AVN 20.
Cori, Bau und Einrichtung der deutschen Burgen im Mittelalter. Linz 1874. 2. Aufl.
v. A. Czerny. Darmstadt 1899.
Dellinger, Joach., Igling, Schloß u. Hof mark im Kgl. Landgericht Landsberg, mit dem
Stoff ersberg u. Erpfling OBA 12.
Duval, C. u. F., Das Eichsfeld 1845 (Sehr reiches Material, mit Abbildungen).
Eberbach, O., Die deutsche Höhenburg des Mittelalters in ihrer baulichen Anlage,
Entwickelung und Konstruktion. Dissertation. Stuttgart 1903.
Ebhardt, Bodo, Die Grundlagen der Erhaltung und Wiederherstellung deutscher
Burgen. Berlin 1901; Deutsche Burgen in Wort und Bild. Berlin 1899 ff., dazu Ergänzungs-
heft I: Die Hohkönigsburg. Mit gegen 100 Textillustrationen, Extratafeln und Farbendrucken
1908; Burgen der Hohenzollern HZJ 9; die Burgen des Elsaß. Berlin 1904.
Eckart, Th., Geschichte Südhannoverscher Burgen und Klöster. 2. Aufl. Leipzig 1894.
100
Ensfelder, Ed., Die zwei Schlösser Bilstein, JBL 1889.
Erhard, A., Burgen u. Schlösser im bayr. Anteile des ehemal. Fürstent. Passau, NBV 7.
Essenwein, Die Kriegsbaukunst. = Handbuch der Architektur, hrsg. v. Durm u. a.
4. Bd. 1. Heft. Darmstadt 1889.
Ferchl, G., Beiträge zur Geschichte des Schlosses Karlstein bei Reichenhall vom
16. Jahrh. an. München 1891.
Föringer, Über den Grundplan der Burg Karlsberg, OBA 2.
Franck, Der deutsche Burgenbau, Picks Monatsschrift von 1881.
Fugger, E. Graf von, Schloß Biederstein, OBA 49.
Gautsch, Die alten Burgen und Rittersitze um Freiberg, MFA 14.
Geiß, Ernst, Geschichte des Schlosses Rein und seiner Besitzer, OBA 3.
Gurlitt, Cornelius, Schloß Rochsburg, Archiv des deutschen Adels, Jahrg. I, 1889,
5. 71 ff. ; Bau des Schlosses Freudenstein, MFA 15.
Haenel, Adam und Gurlitt, Sächsische Herrensitze u. Schlösser. Dresden 1885.
Happel, E., Mittelalterliche Befestigungsbauten in Niederhessen. Kassel 1903; Hessi-
sche Burgenkunde. Marburg 1905.
Hauviller, E., Bausteine zur Geschichte der Hohkönigsburg. Straßburg, Trübner 1908.
v. Hefner-Alteneck, Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen. Im Auftrage
Sr. Kgl. Hoheit des Großherzogs von Hessen und bei Rhein 1850.
Herrliberger, D., Vorstellung lobl. Standts Zürich Schlösser oder sog. äussere Vog-
teyen, Ausere Amtheuser u. Adelichen Schlösser. 3 Teile. Zürich 1740 — 43.
Hesse, L. F., Gesch. d. Schlosses Rothenburg (Schwarzb. Rud.). Naumburg 1823.
Heydenreich, E., Bau- u. Kunstdenkmäler im Eichsfelde u. in Mühlhausen. Mühl-
hausen i. Thür. 1902.
Hofberg, Hermann, „Genom Sveriges bygder". (Mit 374 Illustrationen.) Stockholm
1882. Vgl. hierzu die Publikationen des „Schwedischen Touristenvereins" (Svenska Turist-
förenirsgens ärsskrifter), seit 1890 erscheinend; hierin eine Menge Abbildungen und Be-
schreibungen schwedischer Burgen.
Hoff mann, Fr., Burgen u. Burgfesten des Harzes. Quedlinburg u. Leipzig 1836.
v. Hollink, Adelige Schlösser und Herrensitze, im Kalender der deutschen Adels-Ge-
nossenschaft 1904, S. 337 ff.
Hormayer-Hortenburg, J. v., Die goldene Chronik von Hohenschwangau, der Burg
der Weifen, der Hohenstauffen und der Scheyren. Mit vielen Abbildungen. 1842.
Horss, K. A. v., Die Rittersch. der Grafschaft Ravensberg u. des Fürstentums Minden.
Berlin 1894.
Hutzelmann, C, Geschichte der Stadt Beyersdorf und des Schlosses Scharf eneck.
Fürth 1894.
Kadich, Hnr. v., Schloß Leopoldsdorf u. seine Besitzer, JAW 1887.
Kestler, J. v., Die Rabensburg, UFA 13.
Kirchner, Ernst Daniel Martin, Das Schloß Boytzenburg u. seine Besitzer. Berlin 1860.
Klingspor, CA., Svenska Slottoek Herresaeten. Stockholm 1885.
Krieg, G. H. v., Die Veste Habsburg im Aargau. Zürich 1857.
Krollmann, Christian, Burg Stockelberg, die Heimat Ulrich von Huttens, Deutsche
Warte 99; Beiträge zur Geschichte der Burg Stockelberg BW 99; Die Marksburg, von der
Hohkönigsburg, Moritzburg, BW 1900; Zur Wiederherstellung der Hohkönigsburg, Leipziger
Illustrierte Zeitung 1901 und Straßburger Zeitung 1901; Baumeisterrechnungen von Schaum-
burg in d. Ortenau 1438 — 1447 (Urkunden zur Burgenkunde) BW 02; Der Giebichenstein,
Ermländische Burgen ebd.; das Dohnasche Schlößchen, BW 03.
Kunz, Herrn., Das Schloß der Piasten zum Brieger. Brieg, 1885.
Landau, G., Die hessischen Ritterburgen und ihre Besitzer. 4 Bde. Mit Ansichten u.
geneal. Tafeln. Cassel 1832—39.
Langt, Die Habsburg u. die denkwürdigen Stätten ihrer Umgebung. 2. Aufl. Wien 1895.
Leber, Fr. v., Die Ritterburgen Rauheneck, Scharfeneck u. Rauhenstein. Mit geschichtl.
Andeutungen über die Vemgerichte u. Turniere. Wien 1844.
Lehner, M. J., Mittelfrankens Burgen u. Herrensitze. Nürnberg 1896.
101
Leiningen-Westerburg, Karl Erich Graf zu, Geschichte u. Beschreibung der Burg
Neu-Leiningen, Mitteilungen des hist. Ver. der Pfalz, Heft 11.
Leo, H., Über Burgenbau und Burgeneinrichtung in Deutschland vom 11. — 14. Jahrh.,
(HT 1837).
Lepsius. C. P., Die Ruinen d. Rudelsburg und des Schlosses Saaleck in ihren histor.
Beziehungen. Naumburg 1824.
Lingke, Ritterburgen, Burgschlösser u. Ruinen in der sächsisch-böhmischen Schweiz.
Bischof swerda. 1889.
Lisch, Geschichte der Schlösser zu Schwerin, Gadebusch, Wismar. Mit einem Exkurs
über die Baukünstler des 16. Jahrh. in Mecklenburg VMG 5; Über die wendischen Fürsten-
burgen Mecklenburg u. Werls VMG 6, 21 ; Über die Burgen Ilow, Neuburg, Dobin, Hohe
Burg, VMG 7; Über die wendischen Burgen Rostock u. Kissin, VMG 9; Über die Schlösser
zu Wismar u. Schwerin, VMG 26.
Lisch u. Mann, Burg zu Rostock, VMG 21.
v. Lorfen, Die Feste Marienberg. Würzburg 1896.
Mac co, H. F., Schloß Kalkofen u. seine Besitzer, AG 26.
Mayr, Die Erbauung des Stammschlosses Tirol u. die Gründung des Klosters Steinach
MJÖG 43. Geschichte des alten Schlosses Haideck. Stadamh. 1878.
M eiche, Die Burgen der sächsischen Schweiz. 1907.
Mering, F. E. v., Geschichte d. Burgen, Rittergüter, Abteien u. Klöster in den Rhein-
landen. Köln 1833 ff.
Mertz, W., Die mittelalterlichen Burgenanlagen u. Wehrbauten des Kantons Aargau. Bd. 1.
Aargau 1906.
Merz, Die Habsburg. Aargau 1896.
von Metzsch-Reichenbach, Die interessantesten alten Schlösser, Burgen u. Ruinen
Sachsens. Dresden 1902.
Moser, Otto, Schlösser und Rittergüter im Kgr. Sachsen. Leipzig, Gustav Pönicke.
Müller, L. A., Vaterländische Bilder, in einer Geschichte u. Beschreibung der alten
Burgfesten u. Ritterschlösser Schlesiens (beider Anteile), sowie d. Grafschaft Glatz. Glogau 1837.
Mummenhoff, Ernst, Die Burg zu Nürnberg 1896. 2. Aufl. 1899.
Näher, J., Die deutsche Burg; ihre Entstehung und ihr Wesen, insbesondere in Süd-
deutschland. Berlin 1885; Die Burgen in Elsaß- Lothringen, Straßburg 1886; Die Burgen der
Rheinischen Pfalz. Ebd. 1887; Deutsche Burgenkunde für Südwestdeutschland. München 1902.
Näher, J. u. Th. Maurer, Die altbadischen Burgen u. Schlösser d. Breisgaues. 2. Aufl.
Emenrade 1896.
Nieden, zur, Ist Altona eine Stammburg d. Hohenzollern? 1907. Vgl. DH 1908, S. 116 ff.
von Obernberg, Zur Geschichte des Schlosses Burghausen. Mit einer Beilage, das
Verzeichnis der Hauptmänner u. Vizedome zu Burghausen enthaltend, NBV 2; Die Burgen
Hohenwaldeck am Schliersee und Altenwaldeck bei Au OBA 3.
Oesterreicher, P., Die Burg Streitberg. Bamberg 1819; die Burg Neideck. Bamberg 1849.
Oidtman, E. von, Der ehemalige Rittersitz Schloßberg bei Berkesdorf AG 13; Die
Burg zu Stolberg u. ihre Besitzer AG 15.
Pfau, M. u. G. Klinkel, Beschreibung der Burg Kyburg. Zürich 1870.
Pick, R., Zur Geschichte der Burgen und Rittergüter in der Aachener Gegend, AG 12.
Pinkava, Die Burgen Mährens. Olmütz 1906.
Piper, Burgenkunde. Forschungen über gesamtes Bauwesen u. Gesch. d. Burgen inner-
halb d. deutschen Sprachgebietes, mit Burgenlexikon. München 1895, 2. Aufl. 1905; Abriß
der Burgenkunde (Sammlung Göschen 119, Leipzig, 2. Aufl. 1904); Die angebliche Wieder-
herstellung d. Hohkönigsburg, München 1902; Österreichische Burgen, 4 T., Wien 1903—1906.
Primavesi, G., Die Burg Frankenstein in 12 Abbild, dargestellt. Nebst geneal. u. histor.
Nachrichten v. d. Burg u. d. Herrschaft aus Urkunden gesammelt von K. Dahl. Darmstadt 1819.
Primbs, K., Schloß Hohenaschau und seine Herren. Mit Stammb. München 1888.
Rambaldi, K. Graf von, Gesch. d. Schlosses Eurasburg u. seine Besitzer, OBA 48.
Rein, W., Schloß Brega u. seine Besitzer, ZTG 5.
Ringler, Deutsche Burgen u. Schlösser, nach der Natur gezeichnet, 1902 ff.
102
Rosner, K., Die mittelalterlichen Burgen Ober-Österreichs. Wien 1904.
Sartori, Die Burgen u. Ritterschlösser der österr. Monarchie. Brunn 1819/20.
Scharrer, F. P., Neuere Geschichte des Schlosses Moos NCV 25, 26, 30.
Scheiger, J., Über Burgen u. Schlösser im Lande Österreich unter d. Enns. Wien 1837.
Schlicht, Jos., Steinach u. dessen Besitzer, NCV 24.
Schmid, E., Geschichte der Kirchbergschen Schlösser auf dem Hausberge bei Jena.
Neustadt a. d. O. 1830; ders., Die Lobdeburg bei Jena. Jena 1840.
Schmid, L, Belagerung, Zerstörung und Wiederaufbau der Burg Hohenzollern im
15. Jahrh. Tübingen 1867.
Schön, Th., Die Feste Frundeck (Aus dem Schwarzwald, Blätter des Württemberg.
Schwarzwald-Vereins 1901, Nr. 1 ff.).
Schultz, A., Über Bau u. Einrichtung der Hofburgen des 12. u. 13. Jahrh. Berlin 1862.
2. Aufl. Posen 1873.
Schultz, A., Das höfische Leben zurZeit d. Minnesänger, 2 B. Leipzig 1879/80. 2. Aufl. 1889.
Schwab, Gustav, Die Schweiz m. ihren Ritterburgen u. Bergschlössern. 2. Ausg. Chur
1828—1830.
Scriba, Heinrich Eduard, Gesch. d. ehemal. Burg u. Herrschaft Frankenstein u. ihrer
Herren. Darmstadt 1853.
Sedlacek, Hrady, zänsky a torze Krälovstoi ceskeho (Die Schlösser, Burgen u. Vesten
Böhmens), Prag bei Franz Simack (mit Wappentafeln von Kral von Dobra-Voda).
Sedlmaier, Frdr. Chrst., Beschreibung u. Gesch. d. Ritterschlosses Trübenbach bei
Laufen, OBA 3.
Seil mann, Die Zerstörung der Mühlhäuser Kaiserlichen Burg, MGB 8.
Spörl, Jon., Burgen des Bebratales, NBV 1.
Steinbrecht, Die Ordensschlösser Preußens, Berlin 1888.
Stumpf, „Bayern" (mit 300 Illustrationen u. umfassenden Quellenangaben). München 1852.
v. Süßmilch genannt Hörnig, Burgen im Erzgebirge, MDGL 8.
Töpfer, Frdr., Geschichte des Schlosses Partenstein, OBA 8; Gesch. d. Schlosses
Seefeld, OBA 9; Gesch. der Schlösser u. Hofmarken Winhering, Frauenbühl, Burgfried,
Arbing u. Waldberg, OBA 9.
Toppen, M., Zur Baugeschichte d. Ordens- u. Bischofsschlösser in Preußen, ZWG 1. 4.
Usener, F. P., Beitr. zu der Gesch. d. Ritterburgen u. Burgschlösser in der Umgegend
von Frankfurt a. M. Frankfurt 1852.
Vocke, H., Das burggräfl. Schloß zu Nürnberg. Nürnberg 1882.
Vogel, M. A., Die Stammburg der Frauenloge, OBA 9.
Wagner, J. Jos., Chronik des Edelsitzes und Schlosses Greut und Neugereut zu Traun-
stein, OBA 14.
Weininger, Über mittelalterliche Burgen in der österreich.-militär. Zeitschrift 1863.
Weiß, Franz, „Die malerische und romantische Pfalz" (mit Abbildungen und Beschrei-
bungen der pfälzischen Burgen). Neustadt 1840.
Weitzel, W., Die deutschen Kaiserpfalzen u. Königshöfe v. 8. bis 16. Jahrh., Halle 1905
(vgl. AW. W[erninghoff], NA 31).
Wernicke, Ew., Gröditzburg, Gesch. u. Beschreibung d. Burg. 2. Aufl. Bunzlau 1884.
Wiegand, Zur Geschichte der Hohkönigsburg. Eine histor. Denkschrift mit ausge-
wählten urkundl. Beilagen. Straßburg 1901 (vgl. hierüber E. v. Borries, HV 1902).
Wiesend, Georg, Die Burg Weißenstein im Bayrischen Walde, NBV 15.
Zahn, J. v., Die ältesten Burgen von Steiermark (in dessen Styriaca, NF 2). — Die
deutschen Burgen in Friaul 1883. — Die Feste Sachsengang und ihre Besitzer 1862.
Zeller-Wardmüller, H., Mittelalterliche Burgenanlagen der Ostschweiz. Leipzig 1893
(auch MAGZ 23).
Zeller-Wardmüller, H., Zürcherische Burgen (mit zahlreichen Notizen über d. Adel).
2 Hefte. Mit Abbildungen, Ansichten, Tafeln. Zürich 1894—95.
Alphabetisches Verzeichnis aller alten Burgen und Raubschlösser in Süd-Ober-Sachsen.
Leipzig 1802.
Die Burgvesten und Ritterschlösser der österreichischen Monarchie. Brunn 1819. Die
103
Denkmäler des Hauses Habsburg in der Schweiz, hrsg. mit Unterstützung Sr. Maj. d. Kaisers
Franz Josef I. von Österreich von der antiquarischen Gesellschaft zu Zürich 1871, Verlag
bei Höhr (Habsburg, Kyburg, Königsfelden).
1888 stellte zur Feier des Kaiser-Jubiläums das Mährische Gewerbemuseum unter
Leitung des Direktors Professors Aug. Prokop ein Album zusammen, das die photogra-
phischen Abbildungen fast aller Burgen und Schlösser der Markgrafschaft Mähren enthält,
welche zu diesem Behuf e von den Hof-Photographen Freiherrn von Stillfried aufge-
nommen wurden. Die einzelnen Blätter wurden mit den Wappen der Besitzer der abgebil-
deten Schlösser geschmückt und das heraldische Institut des Hof-Wappenmalers Karl Krahl
in Wien mit der Ausführung der Zeichnungen hierfür betraut. Die Klichees dieser Wappen-
zeichnungen wurden dann zu einem besonderen Album benutzt (Wappenbuch des Mährischen
Adels. Brunn 1889). — Eine ganze Reihe von Burgen sind erörtert in Hormayrs Taschen-
buch für die vaterländische Geschichte (München, Georg Franz). — Sehr viele Abbildungen
und Beschreibungen bayerischer Burgen sind in dem 68. Jahrgang des „Kalender f. kathol.
Christen" (Sulzbach, Seidel) enthalten.
Als ein großartiges Muster, die Geschichte einer Burg zu behandeln, erwähne
ich zum Schluß das Werk: Die Wartburg. Ein Denkmal deutscher Geschichte
und Kunst. Dem deutschen Volke gewidmet vom Großherzog Karl Alexander
von Sachsen. Dargestellt in Monographien von Karl Alexander von Sachsen-
Weimar-Eisenach, Richard Voß, Karl Wenck, Paul Weber, Ernst Martin, Wilhelm
Oncken, Max Baumgärtel, Otto von Ritgen, August Trinius und in 706 authen-
tischen Abbildungen im Text und auf 54 Tafeln bearbeitet vom Herausgeber
Max Baumgärtel. Berlin, Historischer Verlag Baumgärtel 1907. (Preis 260 M.)
Im weiten deutschen Sprachgebiet gibt es wohl kaum einen Flecken Erde,
der in gleicher Ausdehnung eine solch große Anzahl von mittelalterlichen Burgen
und Ruinen in sich vereinigt, wie die Gegend des Basler, Solothurner und Berner
Juras. In einem Umkreis von drei bis vier Stunden lassen sich um Basel herum
nicht weniger als etwa 40 Burgen nachweisen, die zum weitaus größten Teil
zwar heute verfallen sind, aber gleichwohl eine Fülle von interessanten und lehr-
reichen Beispielen dieser ehemaligen Feudalsitze bieten. 1 ) Von den zahlreichen
Burgen der gesegneten Rheinlande erwähne ich beispielsweise die durch ihre
modernen Wiederherstellungsarbeiten auch weiteren Kreisen bekannt gewordene
größte elsässische Vogesenburg, die Hohkönigsburg. Wer immer an den mäch-
tigen Geschütztürmen vorüber durch die lange Reihe von Toren um die ge-
waltigen Felsen hin die Höhe des Burghofes erreicht hat, wird auch heute noch
überwältigt sein von den großartigen Baumassen und der glänzend sicheren Kon-
struktion der großen Hallen. Ersteigt der Besucher dann die hochragenden
Dächer des Wohnbaus, so wirkt der Gegensatz zwischen den schwerlastenden
Burgräumen mit ihren mächtigen Gewölben, engen Höfen, Kellern und Treppen
und dem gen Osten unbeschränkten Fernblick unvergeßlich. Zwischen Köln und
Mainz, im berühmten Rheintal, ist wohl keine andere Burg imstande, ein so ge-
treues Bild des Lebens und der Kunstvergangenheit deutscher Geschlechter zu
geben, wie die Marxburg. Niemals durch Krieg und Unwetter, auch nicht durch
ein Erdbeben, welches die Bewohner im 18. Jahrhundert erschreckte, zerstört,
heute noch, wenn auch geschwärzt und im einzelnen vielfach verbaut, im ganzen
*) Eugen Propst, Über Burgen in der nordwestlichen Schweiz, Burgwart I3ff.
104
in der ursprünglichen Gestalt seit dem Mittelalter erhalten, noch mit den Dächern,
den Wehrgängen, den Toren in alter Weise versehen, ragt sie auf hohem Berge
weit über das unten liegende Städtchen Braubach empor und überdauerte die
Jahrhunderte als ein Beweis für die Tüchtigkeit der deutschen Bauleute in ver-
gangenen Zeiten. Nacheinander im Besitz berühmter deutscher Geschlechter, der
Grafen von Arnstein, der Herren von Eppstein, der Grafen von Katzenellenbogen,
fiel die Burg nach dem Aussterben der letzteren im Jahre 1479 an Hessen. Die
Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen hat sich entschlossen, mit Hilfe
opferfreudiger Freunde einen Ausbau beschädigter Bauteile vorzunehmen und dann
aus der Burg einen Wallfahrtsort und ein historisches Museum für die Kunde
des deutschen Mittelalters zu schaffen.
Von den zahlreichen Burgen in deutschen Landen nenne ich noch den Han-
stein, eine Ruine, die in den Überresten der dreifachen Ringmauern, der hohen
Wachttürme, der gähnenden Spalten und Schießscharten, der schaurigen Burg-
verließe, Zeugnis gibt von der einstmaligen Festigkeit und Bedeutung. Die Aus-
sicht von der Zinkplatte des noch gut erhaltenen Hauptturmes gehört zum
Schönsten, was man überhaupt auf deutscher Erde schauen kann.
Vor dir des Meißners Bergeshüne, Und heißt der Hanstein auch „der Alte",
Im Tal der Werra Silberstreif, — Und er ist wahrlich schon ein Greis! —
Weithin des Blachlands reiche Bühne Auf seinem starrenden Basalte
Und rechts des Harzes blauer Reif; Wird jede Seele jung und heiß.
Des Eichsfelds grüne Hügelkette, Wie ein Gespenst der grau'sten Zeiten
Die roten Dörfer eingestreut: So finster schaut er tief zu Tal,
Ist Einer, dem geschwiegen hätte Und sieht doch gern die Jugend schreiten
Das Herz bei solcher Herrlichkeit? Zum Tanz in seinen Ahnensaal!
Ein besonderer Vorzug, den die altersgraue Burg für sich in Anspruch nehmen
kann, besteht darin, daß sie mit dem Namen des Geschlechts, durch welches sie
erbaut wurde, noch heute eng verbunden ist. Die weit verzweigte, namentlich in
ihrer nächsten Nachbarschaft angesessene und begüterte Familie von Hanstein
ist zurzeit noch Eigentümerin der Burg. In den Jahren 1838 — 40 hat sie in der
Ruine einen Saalbau wieder herrichten lassen, der zu den Geschlechtszusammen-
künften benutzt wird, und damit ein nachahmenswertes Beispiel für die Pflege
heimatlichen Sinnes und der Familienzusammengehörigkeit gegeben.
Die Burg Kriebstein an der Zschopau steht noch heute in allem Wesentlichen
ganz so, wie sie von dem Ritter von Bernwalde 1382 — 1407 erbaut wurde. Die
groteske Lage auf steilem Fels, die reizvolle Kontur der Baulichkeiten, die satte
Farbe des Gemäuers, welches mit dem Felsen wie verwachsen erscheint, das Grün
der Berge und der klare Fluß zu Füßen, alles dies vereint sich zu einem Bilde
von seltener Anmut. Die Halle ist mit Wappenschilden geziert. Es ist nicht
unwichtig, zu bemerken, daß das Anbringen von Wappenbildern keinen Beweis
für den Besitzstand des Adels abgibt. In Kriebstein befindet sich als einer der
ältesten Wappenschilde des Landes der der Krähe oder der Honsperg. Besessen
aber haben diese Geschlechter den Kriebstein nie; auch waren die Frauen der
drei ersten Besitzer keine Krähe oder Honsperg.
Drei Burgen, uralte Sitze sächsischer Herrengeschlechter, schauen in den
105
Stromspiegel des unteren Eibtales hinab, von der Höhe der Berge Siebeneichen
und Scharffenberg, unten im Tale Gauernitz. Der rege, vorwärts strebende Sinn
des sächsischen Volkes hat zwar nicht gelitten, daß, wie so oft am Rheine, die
Schlösser in ihrer frühesten Erscheinung uns überkommen sind; ein baulustiges
Geschlecht hat stets Neues zum Vorhandenen zu fügen gestrebt und so von Schritt
zu Schritt den Stil der Bauwerke geändert. Erst als mit dem 17. Jahrhundert der
Adel an den Höfen, in dem Treiben der Städte den Schwerpunkt seiner Tätigkeit
zu suchen begann, als die Landsitze mehr und mehr sich entvölkerten, weil ihre
Herren im Kriege, in der Diplomatie, im Verwaltungsfach der Fürsten dienten,
erst dann schloß der schnellere Gang der Entwicklung ab, erst dann fingen die
Formen an, auf längere Zeit bleibende zu werden.
Zahlreiche Kirchen und Klöster bieten in ihren Votivtafeln und Inschriften,
ihrem heraldischen Schmuck, ihren Gemälden, insbesondere den in ihnen an-
gebrachten Bildern verdienter Geistlichen, ihren Glasfenstern und Grabmälern dem
Familienforscher wertvolles Material. Die einschlagende Spezialliteratur 1 ) gibt
x ) Da Spezialwerke über einzelne Kirchen und Klöster in Dahlmann-Waitz-Brandenburgs
Quellenkunde der deutschen Geschichte nicht verzeichnet sind, mögen hier die folgenden
Titel genannt werden: Breymann, Die Marienkirche in Mühlhausen in Thüringen (hier
auch über merkwürdigen Wappenschmuck), Neue Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-
antiquarischer Forschungen. Halle XVII 1886. — Burckhardt, J., Die Kirche zu Ottmars-
heim im Elsaß. Basel 1844. — Christeil, J. M., „Besondere u. ausführl. Nachrichten v. d.
evangel. Barfüßer- u. St. Jacobs-Kirchen in Augspurg". Augsburg 1733. — Dehn-Rotfelser,
H. v., u. F. Köberlein, Die Pfarrkirche u. d. Marienkapelle zu Frankenberg. Cassel 1882.—
Destouches, C. v., Das ehemalige Spital u. d. Kirche d. Elisabethinerinnen zu d. hl. fünf
Wunden vor d. Sendlingerthore. München 1870; ders., Das ehemal. Spital u. d. Kirche d.
Barmherzigen Brüder zu St. Max vor d. Sendlingerthore. München 1870. — Drechsel, F.,
Die Goldschmiedekapelle in Augsburg u. die darin neu aufgefundenen Wandmalereien.
Augsburg 1892. — Ebert, Der Dom zu Meißen. 1835. — Egle, J. v., Der Münster in Ulm.
Stuttgart 1872. — Essenwein, A., Der Bildschmuck der Liebfrauenkirche zu Nürnberg.
1881. — Freyberg, C. A., Historie der Frauen-Kirche in Neu-Dresden, wie auch Lebens-
Geschichte der Prediger bey diesem Gottes-Hause. Dresden 1728. — Geissei, Der Kaiser-
dom zu Speyer. Mainz 1823. 3 Bde. — Genssl er, W. A. F., Die herzogl. Hofkirche zur
Ehrenburg in Koburg seit dem Zeitalter der Reformation. Koburg 1838. — Gmelin, L., Die
St. Michaelskirche in München u. ihr Kirchenschatz. Bamberg 1890. — H[ame], A. E. (
Histor. Beschreibung d. Erz-Domkirche zu Cöln a. Rh. nebst ihren Denkmälern u. Merkwürdig-
keiten. Cöln 1821. Vgl. auch Streuesdorf , M. H. v., Archidioec. Colon, descriptio hist. poet.
per ordines et status digesta ed. II. c. 13 tab. Cöln 1670 (unter den 13 Tafeln sind 12 Wappen-
tafeln). — Heideloff, C. v., Die Ritternamen der in Stein gehauenen Wappenschilde in der
Ritterkapelle in Haßfurt. 2. Aufl. Haßfurt 1859. — Herberger. F., Die ältesten Glas-
gemälde im Dom zu Augsburg. 1860. — Heuchler, E., Der Dom zu Freiberg in geschicht-
licher und kunsthistorischer Beziehung. Freiberg 1862. (Weitere kleinere Arbeiten ein-
schlagenden Inhalts über Freiberg verzeichnet mein Bibliographisches Repetitorium über die
Geschichte der Stadt Freiberg. 1885, Nr. 164ff.) — Heydenreich, G. H., Kirchen- u. Schul-
chronik d. Stadt u. Ephorie Weißenfels. Weißenfels 1840. — Hocker, J. L., Hailsbronner
Antiquitätenschatz, enth. d. uralten Burggrafen v. Nürnberg, dann d. Churfürsten u. Mark-
grafen v. Brandenburg, auch einiger gräfl. u. adl. Familien in d. vorm. Closter- Kirche zu
Hailsbronn befindl. Grab-Stätte, Wappen u. Gedächtnis-Schrifften. 2 Tle. u. Suppl. Ansbach
1731. — Holzschuher, J. C. F., Nachrichten v. d. Capelle a. d. Gottes-Acker zu St. Johannis
bey Nürnberg als d. Familien- Begräbnis d. Geschlechts d. Holzschuher. Nürnberg 1788. —
Köhler, O., Die Marienkirche zu Bernburg. Ein Beitrag zur anhaltischen Geschichte und
106
hierüber, soweit sie sich nicht auf die religiösen und kunstgeschichtlichen Ge-
sichtspunkte beschränkt, sondern auch die Altertümer in Betracht zieht, vielfach
Auskunft. Manche Einzelheit ist auch in den Inventarisationswerken der Kunst-
denkmäler und in den Geschichten einzelner Städte, in denen ja die Kirchen eine
wichtige Rolle spielen, verzeichnet. Da aber in allen diesen Druckwerken das
familiengeschichtliche Moment nur nebenher zur Geltung kommt, wird es häufig
sich empfehlen, daß der Familienforscher an Ort und Stelle eine Nachlese hält
Altertumskunde. 1891. — Landgraf, J. R., Geschichte des Doms zu Bamberg mit s. Denk-
mälern, Inschriften, Wappen u. Gemälden nebst der Reihenfolge der Fürstbischöfe 1007 — 1803.
Bamberg 1876. — Lösch, J. C. E., Geschichte u. Beschreibung d. Kirche zu St. Jakob in
Nürnberg nach ihrer Erneuerung 1824/25. Nürnberg 1825. — Merlo, J. J., Die Glasmalereien
von 1508/9 im Kölner Dom u. ihre Meister. Bonn 1877. — Merz, Beschreibung der Kirchen
u. Kapellen, welche zu Rothenburg o. T. in verschiedenen Zeiten abgebrochen wurden.
Ansbach 1868; ders., Die Franziskanerkirche in Rothenburg o. T. Ansbach 1870. — Neu-
mann, C. W., Das Haus d. Auer v. Prennberg m. d. Kapelle St. Thomae u. d. St. Thomaskeller
a. Römling in Regensburg. Regensburg 1876. — Niedermayer, A., Die Dominikanerkirche
in Regensburg. Regensburg 1858. — Otto, J. G., Die Schloß- u. Domkirche zu Magdeburg,
ihre Denkmäler u. Merkwürdigkeiten. Merseburg 1834. — Plass, J. , Die Wappen in der
Kirche v. Fronau. Regensburg 1868. — Puttrich, L., Schloßkirche zu Wechselburg, dem
ehemaligen Kloster Zschillen. Mit einer Einleitung von L. L. Stieglitz. Leipzig 1835. —
Pyl, T., Geschichte der Greifswalder Kirchen u. Klöster u. ihrer Denkmäler. 3 Teile. 1885 — 87.
— Remling, F. X., Der Speyrer Dom, zunächst über dessen Bau, Begabung, Weihe unter
d. Saliern. Mainz 1861. — Rosenberg, M., Der Hochaltar im Münster zu Alt-Breisach,
nebst Einleitung üb. d. Baugesch. d. Münsters. Heidelberg 1877. — Salzmann u. Luchs,
Die Martinikirche in Breslau u. d. v. Rechenbergsche Altarwerk in Klitschdorf. Breslau 1883. —
Schmidtner, A., Die Glasgemälde in d. Pfarrkirche zu Gauting. München 1879. — Schnee-
gans, L., L'eglise de Saint Thomas ä Straßbourg et ses monuments. 1842. — Schreiber, F.,
Die Domkirche zu Breslau. Ihre Merkwürdigkeiten u. Denkmäler. Breslau 1843. — Schue-
graf, J. R., Geschichte des Domes v. Regensburg u. der dazugehörigen Gebäude. 2 Bde. u.
Nachtrag. Regensburg 1847 — 55. — Schwartzenberger, A., Der Dom zu Speyer. 2 Bde.
Neustadt 1903. — Schwarz, F. J., Die ehemalige Benediktiner-Abteikirche zum heiligen Vitus
in Ellwangen. Stuttgart 1882. — Sighart, J., Der Dom zu Freising. Freising 1851. —
Sinn ach er, F. A., Beyträge zur Gesch. d. bischöfl. Kirche Säben u. Brixen in Tyrol. 9 Bde.
1821—1837. — Sponsel, J. L., Die Frauenkirche zu Dresden. Dresden 1893; ders., Die
Abteikirche zu Amorbach. Dresden 1896. — Stegmann, H., Die Rochus-Kapelle zu Nürn-
berg u. ihr künstlerischer Schmuck. München 1885. — Stieglitz, C. L., Über d. Kirche d.
Heil. Kunigunde zu Rochlitz u. d. Steinmetzhütte daselbst. Leipzig 1829. — Trechsel, J. M.,
Erneuertes Gedächtnis d. Nürnberger Johannes-Kirchhofs, samt e. Beschreibg. d. Kirche u.
Kapelle. Frankfurt 1736. — Ursinus, Geschichte der Domkirche zu Meißen. Dresden 1782. —
Vischer, P., Die wichtigsten Bildwerke am Sebaldusgrabe in Nürnberg. 2 Tle. mit erläuternd.
Text u. 60 Kupferstichen von A. Reindel. Nürnberg o. J. (ca. 1850). — Wagner, Die älteste
Geschichte des Domes u. Domstiftes zu Köln-Berlin bis 1535. Hohenzollern-Jahrbuch 1904. —
War necke, F. v., Die mittelalterlichen heraldischen Kampfschilde in der St. Elisabethkirche
zu Marburg. Berlin 1884. — Watten bach, W., Das Schriftwesen im Mittelalter. 3. Aufl.
Leipzig 1896. Hierin über Kirchenbibliotheken S. 570 ff.; über die Archive der Kirchen und
Klöster S. 628 ff. — Wilisch, Christian Gotthold, Kirchen-Historie der Stadt Freyberg und
der in dasige Superintendur eingepfarrten Städte u. Dörffer. Leipzig 1737. — Wolff, C., Der
Kaiserdom in Frankfurt am Main. Frankfurt 1892. — Anemüller, E., Urkundenb. des Klosters
Paulinzelle. Jena 1905. — Bellermann, J. J., Das graue Kloster in Berlin, mit s. alten Denk-
mälern, als Franziskanerkloster und Gymnasium. 4 Tle. in 1 Bd. 1824. — Beyer, E., Das
Cisterzienser-Stift in Kloster Alt-Zelle in dem Bistum Meißen. Dresden 1855; und dazu
meine Geschichte des Kirchspieles Leubnitz bei Dresden. Leipzig 1878. — Binder, G.,
107
oder halten läßt. Von besonderer Wichtigkeit sind die Glasfenster und Grab-
denkmäler, worüber weiter unten noch speziell gehandelt wird. Vielfach sind
Grabplatten, welche einen Teil des Fußbodens der Kirche ausmachen, durch das
Darauftreten der Gläubigen gröblichst beschädigt. Wo es unmöglich ist, der-
gleichen Monumente von ihrem alten Platze zu entfernen und dadurch vor weiterer
Zerstörung zu retten, sollten sie wenigstens überall in genauen Abbildungen der
Nachwelt erhalten werden.
Geschichte d. bayer. Brigitten-Klöster. Regensburg 1896. — Burckhardt u. Riggenbach,
Die Klosterkirche Klingenthal in Basel. Basel 1860. — Chronicon Gotvicense s. annales
monasterii Gotvicensis ord. S. Benedicti inferioris Austriae. Tegernsee 1732 (Verf. ist Joh.
Georg Bessel, der sich mit seinem Ordensnamen Gottfried nennt; über dieses berühmte
Werk vgl. Harry Bresslau, Handb. d. Urkundenlehre I 1889, S. 31 f.). — Fischer, A., Ge-
schichte des ehemal. Augustiner- Klosters Schönthal im Regenkreise. Mindelheim 1836. —
Fugger, E. Graf v., Kloster Dietramszell. Nach Urkunden u. Chroniken v. J. 1098—1880.
München 1880; ders., Geschichte d. Klosters Indersdorf v. s. Gründung bis auf unsere Zeit.
München 1893; ders., Kloster Wessobrunn, e. Stück Kulturgeschichte unseres engen Vater-
landes. 1885. — Geiß, E., Geschichte d. regul. Augustiner-Chorherren-Stifts Högelward im
Erzbist. München-Freysing. München 1852. — Gentner, H., Geschichte d. Benediktinerklosters
Weihenstephan bey Freysing. München 1854. — Grieninger, HChK, Kloster Pillenreuth.
3 Tle. Rothenburg 1888. — Hager, Gg., Die Bau- u. Kunstdenkmale d. Klosters Steingaden.
München 1892; ders., Die Bautätigkeit u. Kunstpflege im Kloster Wessobrunn und die Wesso-
brunner Stuccatoren. München 1892. — Hendel, J. C, Historische Beschreibung d. Peters-
berges u. d. August.-Klosters. Halle 1808. — Hörn, G. v., Das Clarissen-Kloster in Bamberg.
Bamberg 1879. — Hundt, FH., Kloster Scheyern, s. ältesten Aufzeichnungen, s. Besitzungen.
Beitr. z. Gesch. d. Hauses Scheyern- Witt elsb. Mit Stammtafeln. München ca. 1860. —
Jaeck, H. J., Gallerie d. vorzügl. Klöster Deutschlands, historisch, statistisch u. topo-
graphisch v. vielen beschrieben. Nürnberg 1831. — Jäger, }., Kloster Ebrach. Aus d. Zeit d.
letzten Abts Eugen Montag u. d. Säkularisation d. Klosters. Gerolzh. 1897. — Jung, C. F.,
Antiquitates monasteris S. Petri et Pauli in Wilzburg, d. i. hist. Beschrbg. d. Abt- u. Probstey
zu Wilzburg. Schwabach 1736. — Knauth, J. C, Des Stiffts-Klosters Alten-Zella, sowie d.
Städte Roßwein, Siebenlehn u. Nossen geograph. u. histor. Vorstellung. 8 Tle. in 2 Bdn.
Dresden 1721—22. — Knitl, M., Scheyern als Burg u. Kloster. 1880. — Königsdorfer, C,
Geschichte d. Benediktiner-Klosters z. Hl. Kreutz in Donauwörth. 3 Bde. in 4 Abtlgn. Donau-
wörth 1819 — 29. — Lehnes, G. L., Geschichtl. Nachrichten v. d. Ort u. ehemal. Kloster
Birkenfeld. Neustadt 1833; ders., Geschichl. Nachr. v. d. Orten u. ehemal. Klöstern Riedfeld
u. Münchsteinach. Neustadt 1883. — Lindner, A., Die Aufhebung d. Klöster in Deutsch-
tirol 1782—87. 3 Tle. Innsbruck 1884—86. — Link, G., Klosterbuch d. Diözese Würzburg.
2 Bde. Würzburg 1873—76. — Möller, J. H., Urkundl. Geschichte d. Klosters Reinhards-
brunn. Gotha 1843. — Monumenta Ettalensia. Diplomatarium miscellum. Mit e. Ansicht
des Klosters Ettal, Wappen- u. Siegelabbildungen. München 1766. — Monumenta Weihen-
stephanensia. Codex traditionum et diplomatarium miscellum. Mit e. Ansicht des Klosters
Weihenstephan. München 1777. — Monumenta Wessofontana. Codex traditionum et
diplomatarium miscellum. Mit e. Ansicht des Klosters Wessobrunn. München 1766. —
Monumenta Windbergensia. Mit e. Ansicht des Klosters Windberg. München 1784. —
Muck, G., Beiträge zur Geschichte des Klosters Heilbronn. Ansbach 1859. — Paulus, E.,
Die Cisterzienserabtei Babenhausen. Stuttgart 1886—87; ders., Die Cisterzienserabtei Maul-
bronn. Stuttgart 1884. — Peetz, H., Die Kiemsee-Klöster. Kiemgauer Wirtschaftscharakteristik
aus Archiv u. Leben. Stuttgart 1879. — Reimers, H., Die Säkularisation der Klöster in Ost-
friesland, in: Abhandlungen u. Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands hrsg. v. Wächter,
Heft 6. Aurich, Verl. v. Friemann. — Reisach, J. N. A. v., Anzeige d. in d. Herzogt. Neu-
burg entleg. Klöstern. Regensburg 1780. — Rost, Geschichte d. fränkischen Cisterzienser
Abtei Bildhausen. Würzburg o. J. — Sächerl, J., Chronik d. Benediktiner-Klosters Frauenzell
108
Die Geschichte des Hauses ist auch für den Familienforscher gewinnbringend.
War doch einst dem Bürger sein Haus von ungleich größerer Bedeutung als heute;
es bot ihm mehr als eine bloße Wohnstätte: Bürgerrecht konnte nur ausüben,
wer Haus und Herd sein Eigen nannte. Das Haus war der Sitz von Familie und
Gesinde. Dort betrieb der Bürger sein Handwerk; in den Gewölben speicherte er seine
Waren und Vorräte auf; in die Keller lagerte er den Wein; seine höchsten Rechte,
gar häufig die Überlieferungen seines Geschlechtes und die Erinnerungen seiner
Jugend ketteten ihn mit festen Banden an sein Heim. Herzog Albrecht II. wußte
recht wohl, daß er dieser Anhänglichkeit an die ererbte Wohnstätte Rechnung
trug, wenn er verfügte: „daz einem igleichen purger sein hous sein vest sei und
ein sicheren zueflucht, im und seinen mitwesern." 1 )
Schon der Name des Hauses kann dem Familienforscher gelegentlich Winke
geben. Zur Erläuterung dieser Behauptung wähle ich die Hausnamen der ober-
nebst geschichtlichen Nachrichten über Brennberg, Bruckbach, Altenhan etc. Regensburg
1853. — Schamelius, J. M., Histor. Beschreibung d. Klosters St. Moritz vor Naumburg.
Beschreibung d. Nonnenklosters zu Roßleben. Beschreibung d. Bened.-Klosters zu Memleben.
Beschreibung d. Bened.-Klosters auf d. Petersberge zu Salfeld. 4 Tle. Naumburg 1729. —
Schuegraf, J. R., Das Karmeliten-Kloster zu Abensberg. Mit 1 Ansicht, ein Grundriß und
4 Grabdenkmälern. Landshut 1860. — Schumacher, Notizen z. Gesch. d. (Prämonstra-
tenser-) Klosters Sulz. Ansbach 1846. — Sennert, A., Inscriptiones Wittenbergenses. ed. II.
2 tomi. Leipzig U.Wittenberg 1675—78. — Sprenger, P., Geschichte, diplomat., der Bene-
dictiner-Abtey Brenz in Franken u. 1050 — 1251. Nürnberg 1803. — Steinbach, O., Diplo-
matische Sammlung historischer Merkwürdigkeiten aus d. Archive d. Cisterzienserstifts Saar
in Mähren. Enthaltend e. genealog. Abhandig. v. d. Stamme d. Stifter d. Grafen v. Berneck
und Nidda, dann Herrn v. Kunstat u. Podiebrad, eine chronolog. Gesch. d. Stifts u. e. Ver-
zeichnis aller Äbte. Mit Stammtafeln. Prag 1783. — Stillfried, R. G., Kloster Heilbronn.
Beitrag zu d. hohenzollernschen Forschungen. Mit 90 photolith. Tafeln u. vielen Textabbldgn.
Berlin 1877. — Stubenvoll, P. B., Geschichtl. Skizze über d. ehemal. Karmelitenkloster u.
Karmelitengotteshaus in München. München 1875. — Tille, A., Die Benediktinerabtei
St. Martin bei Trier. Triersches Archiv, Heft 4. — Wolff, G. A. B., Chronik d. Klosters
Pforta bis z. Gründung d. Schule 1583. Leipzig 1843 — 47. — Zapf, G. W., Reisen in einige
Klöster Schwabens, durch d. Schwarzwald u. in d. Schweiz i. J. 1871. Erlangen 1886. — Zech
v. Lobming, N. F., Anzeige d. in d. Churfürstenth. Baiern etc. befindl. Klöstern, Graf- u.
Herrschaften, Hofmärkten, Edelmannsitzen etc. 2. Aufl. München 1778. — Zierngibl, R.,
Geschichte d. Probstei Hainspach. München 1802. — Viel Material zur Geschichte der
Klöster und Kirchen ist auch in den städtischen Urkundenbüchern enthalten. — Im übrigen
ist auf die allgemeinen Werke zur kirchlichen Topographie und Statistik zu verweisen. Diese
sind, leider nicht vollständig, verzeichnet bei Dahlmann-Waitz-Brandenburg, Quellenkunde der
deutschen Geschichte. 1906, Nr. 1865 ff. Beispielsweise sei genannt C. J. Böttcher, Germania
sacra, ein topographischer Führer durch die Kirchen- und Schulgeschichte deutscher Lande.
Leipzig 1874—75.
J ) Tomaschek, Die Rechte und Freiheiten der Stadt Wien I, 108. — Staub im Vor-
wort zu den Quellen der Geschichte der Stadt Wien, Grundbücher, I. Bd. — Häuserchroniken,
welche die Besitzer verzeichnen, können dem Familienforscher gelegentlich große Dienste
leisten. Derartige Arbeiten sind z. B. D. Hintermeister, Verzeichnis der Namen und
Nummern aller Wohnhäuser der Stadt Zürich mit Angabe ihrer Eigentümer. Zürich 1859. —
Hermann Gutbier, Beiträge zur Häuserchronik der Stadt Langensalza, Heft 1. Langen-
salza, Herrn. Schütz, 1907. — Gerlach und Penin, Überlinger Häuserbuch. Überlingen,
Schoy, 1890. — Geschichtliche Ortsbeschreibung der Stadt Freiburg i. B. Teil 1: Straßen
und Plätze, bearb. v. A. Poinsignon. Freiburg 1891. Teil 2: Häuserstand 1400—1806, von
H. Flamm. Freiburg 1903.
109
schwäbischen Dörfer. In diesen Dörfern führt seit Menschengedenken jedes Haus
seinen besonderen Namen, entweder nach dem jetzigen Besitzer, und in diese Klasse
fallen die meisten Häuser der sog. Kleinen, Kleinhäusler oder Kuhbauern; oder
nach einem früheren Besitzer, und in diese Klasse zählen die meisten Häuser der
„Großen", der Hof- oder Roßbauern. Alle Hof- und Hausnamen stehen im
Genitiv und sind unvollkommene Namen, weil ihr Grundwort „Haus", „Hof" weg-
gelassen wird und nur das Bestimmungswort im Genitiv den Namen repräsentiert.
Anstatt Hanseshaus, Jörgenhof sagt man daher einfach „Hansis, Jörgen". Wir
haben 1. Hofnamen nach Familiennamen, letztere bald im schwachen, bald im
starken Genitiv, z. B. Fricken, Gluizen, Stotzen neben Frickes, Gluizis, Stotzes aus
den Familiennamen Frick, Gluiz, Stotz. Auch Doppelgenitive kommen vor, z. B.
Beckesen von Beck, wo der starke Genitiv Beckes noch einmal schwach gebeugt
ist. 2. Hofnamen nach dem Familien- und Taufnamen eines früheren Besitzers.
Der Geschlechtsname geht bald voraus, bald folgt er nach, daher die Hofnamen:
Appenhansen, Briementonis, Buckenhänsis (d. i. Hof des Hans App, Antoni
Briem, Hänsi Bück); Mangenwilmen (Hof des Magnus Wilm). 3. Hofnamen nach
dem einfachen Taufnamen des Besitzers, z. B. Brosis (Ambrosii), Tonis (Antonii),
4. Hofnamen nach Vornamen mit dem nachfolgenden Zusatz -bauren oder dem
vorausgehenden Prädikat Baur, z. B. Hansenbauren, Baurhansen. 5. Häuser-
namen nach Spitznamen. 6. Hausnamen nach der Lage, z. B. Bergweber. Hieß
ein einstiger Besitzer „Brosi" (Ambrosius), so heißt das Haus „'s Brosis" oder
„Brosis"; der Besitzer selbst wird nach seinem Hause „Brosi" genannt, wenn er
schon Michel, Hans, Kaspar oder Josef getauft ist. Erst die Neubauten erhalten
den Familiennamen des Erbauers. Die Familiennamen sind jetzt mehr in Ge-
brauch gekommen, seitdem die Geschworenen- und Wählerlisten, Stammrollen
und Steuerzettel auch dem Landbewohner seinen Geschlechtsnamen oft genug ins
Gedächtnis zurückrufen. 1 )
Spezielles über die Bewohner der Häuser verkünden die Inschriften an den-
selben. Wir besitzen über einzelne Städte Sammlungen von dergleichen Inschriften,
so für Leipzig von Stepner 2 ), für Mühlhausen in Thüringen von Jordan 3 ); auch
die Arbeiten über Volkskunde 4 ) haben sich der Hausinschriften angenommen. Leider
kommt die schöne Sitte der Haussprüche immer mehr ab; diese Sprüche, die
früher fast an jedem Hause standen, gehen mit den Neubauten der neuen Zeit
immer mehr verloren. Und doch wie anheimelnd waren und erscheinen uns noch
heute die übrig gebliebenen Reste! Sie berichten von dem Sinne der Bewohner
!) Bück, Die Hausnamen der oberschwäbischen Dörfer, WVL 9, u. Verhdlgn. d. Ver.
f. Kunst u. Altertum in Ulm und Oberschwaben, Neue Reihe, 5. Heft, S. 46 ff.
2 ) Stepner, Inscriptiones Lipsienses 1675, 4°. Zeitlich fortgesetzt wurde die Sammlung
in einem anderen Werke: Heinrich Heinlein, Der Friedhof zu Leipzig in seiner jetzigen
Gestalt. Vollständige Sammlung aller Inschriften auf den ältesten und neuesten Denkmälern
daselbst. Leipzig 1844. Weitere Literatur findet sich weiter unten unter „Grabdenkmäler".
3 ) Jordan, Inscriptiones Mulhusinae, Die öffentlichen Inschriften der Stadt Mühlhausen
in Thür., gesammelt von W. Bader, neu herausgegeben. Verlag der Dannerschen Buch-
druckerei in Mühlhausen in Thür. — Paul Mitzschke, Naumburger Inschriften. Naum-
burg a. S. 1877-81.
*) Rieh. Andree, Braunschweiger Volkskunde, 2. Aufl. Braunschweig 1906, S. 199ff.
110
und erzählen uns ein Stück Baugeschichte, nennen das Jahr der Errichtung des
Hauses und den Namen des Ehepaares, das hier zuerst Einzug hielt. Auch der
Baumeister ist zuweilen genannt. War das Haus nach einem Brande entstanden,
so ist oft ein Bericht über den Brand hinzugefügt. So steht z. B. an der Tür
des Eulenspiegelhauses in Kneitlingen (in Braunschweig):
Gott schütze die verliehenen Güter,
Lass uns die Gaben wohl gedeihn,
Lass Feuersglut und Ungewitter
Entfernt von unsern Grenzen sein.
Wir bauen nicht aus Stolz und Pracht,
Sondern die Feuersglut hat
Uns am 29. November 1821 dazu gebracht.
Errichtet am 20. Juni 1822. Friedrich Fricke.
Frau Anna Elisabeth Fricken geborene Sticheln.
Besonders vielseitig sind die oft von Humor gewürzten Hausinschriften Ober-
deutschlands, namentlich in den Alpen. 1 )
Die Geschichte des deutschen Hauses ist in den letzten Jahrzehnten vielfach
erforscht worden. Wenn man schon im allgemeinen, auch vom Hause in der
Stadt, bis zu einem gewissen Grade sagen kann, daß seine Erbauung und innere
Einrichtung den Geist seines Erbauers und seiner Bewohner kennzeichnet, so ist
es für das ländliche Haus eine brennende, besonders durch Heyne 2 ) und
Stephani 3 ) sowie früher namentlich durch Landau 4 ), Henning 5 ) und Meitzen 6 )
geförderte Frage der wissenschaftlichen Forschung, ob und inwieweit der Haus-
typus als Stammeszeichen angesehen werden kann. Vancza hat in seinem Werke
„Geschichte Nieder- und Oberösterreichs (I. Bd., Gotha 1905) die Formen der
Häuser im österreichischen Kolonialland als eins der Mittel benutzt, um durch
die glückliche Verbindung der Ortsnamenforschung und Hausforschung die Her-
kunft derjenigen zu ergründen, die das Land zuerst besiedelt haben. Die Unter-
suchungen über das deutsche Bauernhaus sind mit großem Eifer von Historikern,
Geographen, Germanisten und Architekten geführt und haben in dem vom Gesamt-
verein der deutschen Architekten- und Ingenieurvereine (Dresden 1899 — 1906)
herausgegebenen Werke „Das Bauwesen im Deutschen Reich" einen nach der
technischen und künstlerischen Seite hin mustergültigen Erfolg hervorgebracht,
!) In alten Städten, namentlich freien Reichsstädten, herrschte die Sitte, alte Kaufbriefe
von den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart dem neuen Besitzer zu behändigen. Dergleichen
Kaufbriefe haben sich z. B. in Augsburg für ein einzelnes Anwesen bis ins 15. Jahrhundert
zurück erhalten.
2 ) Heyne, Fünf Bücher deutscher Hausaltertümer. Leipzig 1899.
3 ) Stephani, Der älteste deutsche Wohnbau und seine Einrichtung. Leipzig 1902 — 03.
4 ) Landau, Der Hausbau. Beilage zum Korrespondenzblatt des Gesamtver. der deutsch.
Gesch.- u. Altert.-Vereine. 1857—58, September 1859, Dezember 1860, Januar 1862.
5 ) Henning, Das deutsche Haus und seine historische Entwickelung. Straßburg 1882.
= Quellen und Forschungen zur Sprache und Kulturgeschichte der germanischen Völker,
47. Heft. — Ders., Die deutschen Haustypen, 1886 (= LV 2 derselben Sammlung).
6 ) Meitzen, Das deutsche Haus in seinen volkstümlichen Formen. Berlin 1882.
111
bedürfen aber noch vielseitiger Ergänzung, insbesondere einer genauen geographischen
Statistik x ).
Ein weiteres Hilfsmittel für familiengeschichtliche Forschungen sind die
Steinmetzzeichen. Diese kommen zuerst in der Afrakapelle des Speirer Doms
(seit 1190) und in Algirsbach (1089), dann massenhaft seit 1150 bis ca. 1700
vor. Im Backsteingebiet, wie auch in einzelnen Gegenden und selbst an einzelnen
Bauwerken und Bauteilen fehlen sie ganz. Das Steinmetzzeichen ist eine Marke,
welche der Steinmetz als verantwortlicher Verfertiger auf dem von ihm be-
arbeiteten Werkstücke als ein ihn persönlich kennzeichnendes Merkmal anbrachte.
Es wurde daher mit dem Namen des betreffenden Gesellen in das Hütten-
buch eingetragen, und niemand durfte weder ein anderes Zeichen führen, als
das ihm von der Hütte verliehene, noch das Zeichen eines anderen Zunft-
genossen sich aneignen. Viele dieser Steinmetzzeichen sind zwar mehr oder
weniger einander ähnlich, aber in ein und derselben Bauhütte niemals gleich
und entwickeln sich aus dem Winkel, Kreuze, Kreise oder Halbkreise. Durch
jede willkürliche Zusammensetzung konnten dieselben bis ins Unendliche ver-
vielfältigt werden. Während die Gesellenzeichen meist aus sich schneidenden
Horizontal- und Vertikallinien bestehen, sind die Meisterzeichen in einem Wappen-
schilde oder an sonst hervorragender Stelle und in größeren Dimensionen an-
gebracht; ihnen gehört ein bestimmter Grundtypus an, welchen alle derselben
Bauhütte oder Familie angehörige Meister mit geringen, die Individualität bezeich-
nenden Zusätzen getreu bewahrt haben. In Bezirken, die nach Zeit und Ort be-
schränkt sind, läßt sich das Material der Steinmetzzeichen dazu verwerten, die
Genealogie der Bauten aufzuhellen. So läßt sich z. B. nachweisen, daß ein und
derselbe Geselle bei dem Bau der Untermarkts- und der Georgikirche in
Mühlhausen in Thüringen beschäftigt war. 2 ) Da nun aber ein und dasselbe
Zeichen in den verschiedenen Gegenden und Zeiten vorkommen kann, so
ist bei Verwertung von Steinmetzzeichen zu familiengeschichtlichen Zwecken
die größte Vorsicht dringend anzuempfehlen. Diese Quelle hat man mit Fug
und Recht mit Urkunden etwa dritten Ranges verglichen. Auch die Klein-
künstler, z. B. die Goldschmiede, die Kupferstecher, zum Teil die Maler und
Teppichwirker bedienen sich besonderer Künstlerzeichen und Monogramme. Die
*) Pressler, Die Hausforschung, vornehmlich in Norddeutschtand DGB 7; ders., Die
Haustypengebiete im Deutschen Reiche, in ethnographischer Untersuchung, Deutsche Erde,
1. u. 2. Heft, mit einer Typenkarte; ders., Das niederdeutsche Bauernhaus, 1906 u. DGB 1906.
Eine kurze Übersicht der Entwickelung des niedersächsischen Haustypus und seiner Unter-
arten hat Pressler in der Zeitschrift „Niedersachsen", Jahrg. 12, 1907, veröffentlicht. Die
Spielart des niederrheinischen Hauses ist in der Zeitschrift für rheinische und westfälische
Volkskunde, Bd. 3, S. 272 ff., beschrieben. Über die sächsischen Hausformen in Mecklen-
burg handelt Pressler in der Zeitschrift „Mecklenburg", Jahrg. 1, Nr. 3. Vgl. O. Brenner,
Zur geschichtlichen und geographischen Hausforschung, KGV 1908, 304. — Julius Kohle,
Das Bauernhaus in der Provinz Posen, ZHGP 14. — Erich Schmidt, Deutsche Dorfansied-
lungen im Netzedistrikt vom 16.— 18. Jahrh., in: „Ostmark", Monatsblatt des deutschen Ost-
markenvereins, 3. Jahrg., S. 136.
2 ) Vgl. meine Schrift Bau- und Kunstdenkmäler im Eichsfeld und in Mühlhausen.
Mühlhausen in Thür. 1902, S. 30.
112
ganze Erscheinung hat wohl ihre tiefere Wurzel in den gemeindeutschen Haus-
marken. 1 )
Eine reiche Quelle für familiengeschichtliche Forschung ist in den Erzeug-
nissen der Glasmalerei gegeben. Wenn auch die kirchliche Kunst in der
älteren Zeit biblische Stoffe oder die Geschichte der Heiligen als ihr eigentliches
Gebiet ansah, finden sich doch nicht selten auch Stifter von Kirchen oder Glieder
der landesherrlichen Familie durch die Kunst der Glasmalerei im Bilde festgehalten.
So wurde 1308 auf ein Chorfenster der Pfarrkirche zu Wald im Gebiet von
Zürich ein geharnischter Ritter in knieender Figur gemalt. Es ist Ulrich von
Frundsperg, der Stifter dieser Kirche. In der vormaligen Abtei Königsfelden in
der Schweiz befanden sich Abbildungen einer stattlichen Reihe von Fürsten aus
dem habsburgischen Hause. Ebenso wurden englische Herrscher und ihre Ver-
wandten in den Kirchenfenstern Englands, Karl V., Ferdinand I. und andere
Fürsten in der Gudulakirche zu Brüssel dargestellt. Hervorragende kirchliche
Glasmalereien, die den Familienforscher interessieren, befinden sich z. B. in der
Lorenzkirche zu Nürnberg, darunter besonders das berühmte Volkmarsche Fenster
mit dem Stammbaum Mariae vom Jahre 1493 und in der St. Sebalduskirche
daselbst das Markgrafenfenster von Veit Hirschvogel 1515. Der Stifter des zuletzt
genannten Fensters ist Markgraf Friedrich der Ältere von Brandenburg-Ansbach
und Kulmbach. Er hat sich hier selbst mit seiner Gemahlin und seinen acht
Söhnen abbilden lassen. Für die Ikonographie der fränkischen Hohenzollern ist
dieses Nürnberger Fenster von hervorragendem Wert, der noch erhöht wird durch
die Tatsache, daß einzelne der zehn Porträts zweifellos Unika sind. Dieses Ge-
mälde atmet in jedem Zug bereits den Geist der Renaissance. Vergegenwärtigt
man sich die Anordnung der Donatoren auf mittelalterlichen Stifterbildnissen 2 ),
so wird die große Kluft, die das Markgrafenfenster in seiner ganzen Komposition
von älteren Darstellungen dieser Art trennt, sofort klar. Die Stifter knieen nicht
mehr fast ängstlich zusammengedrängt und in verkleinertem Maßstab vor den
Himmlischen, sie stehen jetzt vielmehr frei und aufrecht da, anscheinend in an-
geregter Unterhaltung miteinander begriffen, ohne sich um die Heiligen, denen
sie Verehrung zollen sollten, im geringsten zu kümmern. Die heilige Maria und
Sankt Johannes, welche über den Donatoren stehen, wirken nicht mehr wie bei
mittelalterlichen Darstellungen als Hauptpersonen, als Mittelpunkt, um den sich
fast die ganze Anordnung des Bildes in künstlerischer und gegenständlicher Hin-
sicht gruppiert, sie unterscheiden sich jetzt durch nichts mehr als durch den
Glorienschein von den Stifterfiguren, so daß alle fast wie die gleichberechtigten
Mitglieder einer Familie erscheinen. Ein interessantes Dokument für die Ver-
menschlichung des Gottesideals! 3 )
*) Bergner, Grundriß der kirchlichen Kunstaltertümer in Deutschland, 1900, S. 27ff. —
Winzer, Die deutschen Brüderschaften des Mittelalters, insbesondere der Bund der deutschen
Steinmetzen. Gießen 1859.
2 ) A. Lehmann, Das Bildnis bei den altdeutschen Meistern bis nach Dürer. Leipzig
1900, S. 201 ff. — Friedrich H. Hof mann, Die Donatoren auf Dürers Paumgartneraltar,
„Die christliche Kunst" I, 1905, S. 1 69 ff.
3 ) Friedrich H. Hof mann, Das Markgrafenfenster in Sankt Sebald zu Nürnberg, ein
Beitrag zur Porträtkunde der fränkischen Hohenzollern, Hohenzollernjahrbuch 1905, S. 67 ff. —
113
Ein Zweig, der seit der Mitte des 14. Jahrhunderts besonders gepflegt wurde,
war die Darstellung von Wappen, die, teils einzeln, teils zu Reihen verbunden,
das Andenken an ganze Geschlechter wie an einzelne Männer und Frauen wach
halten sollten, welche Wohltäter der Kirchen waren, sich durch Stiftungen an die-
selben verewigt oder dort ihre Ruhestätte gefunden hatten. Während größere
Wappen die Kirchenfenster füllten, wurden kleine Scheiben mit solchen zwischen
die Butzenscheiben der weißen Verglasung eingesetzt und schmückten so außer
den Kirchen auch die Hauskapellen wie die Zunftstuben, Rathäuser 1 ) und Wohn-
stuben. Diese Wappendarstellungen bildeten für die nicht kirchlichen Glasgemälde
von Anfang an den beliebtesten Inhalt und den Hauptinhalt. Es schmückten also
edler und häufiger als sie die bürgerlichen Geschlechter mit ihren in Glas ge-
malten Wappen die Häuser, darin sie wohnhaft waren. Zu den Wappen fügte
man auch ein oder mehrere Bildnisse des Geschlechts oder aus der Zunft oder
ein ganzes figurenreiches Geschichtsbild, am liebsten ein solches, das in das
Genre hinüberglitt. Diese bürgerliche Richtung der Glasmalerei wurde in Deutsch-
land besonders von allen größeren, namentlich von den vielen noch in Freiheit
und Wohlhabenheit stolzen Reichsstädten gepflegt. Was Paul von Stetten über
sein Augsburg sagt: „Es war vor Zeiten keine Kirche, kein öffentliches Gebäude,
kein Haus eines vermöglichen Mannes, darin man nicht gern alte Fensterscheiben
erblickte", das gilt nicht von Augsburg allein, vornehmlich aber gilt es von Nürn-
berg: in Nürnberg wurde die Glasmalerei dadurch befruchtet, daß hier schon um
das Jahr 1400 sich eine eigentümlich strebende und schaffende Malerschule ent-
wickelt hatte, daß im 16. Jahrhundert hier Albrecht Dürer wirkte, der größte
deutsche Maler für manches Geschlecht, daß eben hier die Bürgerschaft von einem
höheren Zuge geistigen Lebens ergriffen und durchdrungen war. Um so natür-
licher ist es, wenn namentlich zu Nürnberg die heraldische Glasmalerei breiten
Einzug auch in die Kirchen gefunden hat. Zeugen dessen sind z. B. ein Chor-
fenster bei S. Lorenz von 1490, auf dem das Wichtigste die Bildnisse Kaiser
Friedrichs III. und seiner Gemahlin Eleonore von Portugal nebst all den un-
zähligen Wappenschilden beider, und im Chor von S. Sebald das Maximilians-
fenster von 1515 mit ebensolcher Wappenunzahl und den Bildnissen Kaiser
Maximilians und anderer seines Hauses. Die Glasmalerei vervollkommnete sich
derartig, daß sie es verstand, auf der Fläche eines einzigen Feldes die reichste
Mannigfaltigkeit der Farben spielen zu lassen und auch profane Bauten auf das
prächtigste zu schmücken. Die Inhaltsangabe eines Glasbildes aus einem Wohn-
haus zu Nürnberg mag dies veranschaulichen: Zu oberst zeigt sich ein kleines
Dorf, überschrieben Edelhausen, mit einem Schlosse dabei; der Besitzer steht vor
der Tür und empfängt, die Haube in der Hand, die Gäste, die zu ihm kommen,
drei Reiter. Der eine ist bereits vom Pferde gestiegen und verneigt sich, während
ein Engel ihm dasselbe hält, vor dem Schloßherrn; die zwei anderen sitzen noch
Die Meisterwerke schweizerischer Glasmalerei. Herausgegeben vom Antiquarischen Verein
in Winterthur. 60 Tafeln in Großfolio mit Text. Berlin, Ch. Claesen & Co. (hier handelt
es sich fast nur um Wappenscheiben, bald einzelner Kantone oder Städte, bald der Gilden
und der hervorragenden adeligen oder bürgerlichen Familien).
x ) Vgl. die Abbildung: „Glasgemälde im Rathause zu Reutlingen", DH 32.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 8
114
oben und sehen sich nach einer ihnen folgenden Kutsche mit zwei Frauenzimmern
um. An der Kutsche drei Pferde. Unter diesem Bilde (es ist damit der junge
Tobias gemeint, der im Geleite des Engels Raphael bei Raguil einkehrt) in der
Mitte des Fensters ein Wappen, zwei Schilde unter einem Helm; rechts davon
der heilige Andreas, links ein Tisch mit einer Schüssel, einem goldenen Becher
und drei Tellern; an dem Tische sitzt neben noch einer Persen der Heiland, und
die große Sünderin salbt ihm die Füße und trocknet sie mit ihren langen,
lockichten Haaren. Endlich unten zur rechten Hand ein männliches Brustbild mit
der Unterschrift „Andreas Beham etc. Aetatis suae 55", zur Linken ein weib-
liches: „Sein Ehliche Hausfraw Magdalena Ayerin etc. Aetatis suae 50". Zwischen
beiden die Worte:
Syrach X. Cap.
Es kompt Alles von Gott.
Also auch mir in meiner Not
Mein lieber Gott bescheert hot
Dis schöne Haus zum auffenthalt,
Wie Tobias durch Raguil alt.
Der Bschütz mich weiters mit seiner Gnad,
Wend von mir ab all Sund und Schad,
Verleih auch Zletzt ein säligs End,
Nem meinen geist in seine Hand.
Omnia A Deo. Alles von Gott.
Anno M. D. LXXXV. 1 )
Wie das Haus, so bietet auch das Hausgerät gelegentlich dem Familien-
forscher Aufschluß. Mit Namen (Anfangsbuchstaben) und Jahreszahlen sind auch
sehr oft die Himmelbetten, Wiegen, Kästen, Truhen auf Bauernhöfen bemalt. In
ihnen finden sich auch noch Tabaksdosen, Pfeifen, Glocken und andere beweg-
liche Habe mit dem Namen oder Monogramm des Urgroßvaters oder Vaters,
ebenso Mörser und Spinnräder mit jenen der Urgroß- und Großmutter, desgleichen
Zinngeschirr, alte Tassen, Gläser, Krüge, Schlösser, ja selbst Waffen und Tauf-
und Firmgeschenke. Ein interessantes Eislebisches Hohlmaß, offenbar ein amtlich
geaichtes Trockenmaß für die Stadt Eisleben und die Grafschaft Mansfeld, ist mit
einer Menge von Vor- und Familiennamen mit beigesetzter Zeitangabe aus den
Jahren (15)93 bis mit 1677 bedeckt. Die eingeschnittenen Namen scheinen die
von amtlichen städtischen Personen zu sein, die das Normalmaß in ihrer Ver-
') Warnecke, Frdr., Geschichte der Glasmalerei. 2. Aufl. (120 M.). — Wacker-
nagel, Die deutsche Glasmalerei. Leipzig 1855. — Gessert, Geschichte der Glasmalerei.
Stuttgart und Tübungen 1839. — Katalog der im germanischen Museum befindlichen Glas-
gemälde aus älterer Zeit. 2. Aufl. Mit Abbildungen. Nürnberg, Verlag des germanischen
Museums 1898. — Glasfenster mit Wappen im Dom zu Havelberg (mit Tafel) DH 29. —
Meisterwerke der schweizerischen Glasmalerei, mit Text von Hafner. Berlin 18«8. —
A. Grenser, Die Glasscheiben der Bürkischen Sammlung schweizerischer Altertümer,
MAW I, 43ff. — Hans Dedekam, Glasmaleriets Esthetik og Historie. Saetryk af „Norsk
Sidskrift fcer Haandvaerk og Industri" ved Kristiania Kunstindustriemuseum. Kristiania 1908. —
Hans Lehmann, Zur Geschichte der Glasmalerei in der Schweiz. Zürich 1908. — W. Lübke,
Über die alten Glasgemälde der Schweiz. Zürich 1866. — Styger, C., Glasmaler und Glas-
gemälde im Lande Schwyz (1665 — 1680). Einsiedeln 1878.
115
Währung hatten, um in Streitfällen danach zu entscheiden oder die Richtigkeit
der beim Verkaufe benutzten Hohlmaße damit zu prüfen. 1 ) Ebenso kommen das
Kirchengerät und überhaupt alle für gottesdienstliche Zwecke bestimmte
Gegenstände gelegentlich für den Familienforscher in Betracht. Für diesen sind
unter Umständen die Meßkelche, Meßgewänder, Monstranzen, Kanzeldecken und
andere Paramente wertvoll, da sie oft Daten über die Donatoren liefern.
Hervorragend wichtige Quellen zur Familiengeschichte sind zu allen Zeiten
die Grabdenkmäler 2 ) gewesen.
Die Grabdenkmäler der Griechen und Römer bieten dem Familienforscher
ein reicheres Material zur Geschichte der Familien, als die altchristlichen Monu-
mente. Die Griechen begruben ihre Verstorbenen vor den Toren der Stadt; dort
errichteten sie ihnen Monumente; mit heiterem oder ernstem Zurufe begrüßten die
Totenmale den sich der Stadt nähernden Wanderer. Feinsinnig stellt der Grieche
den Entschlafenen dar, in seiner gewohnten Beschäftigung oder ruhig Abschied
nehmend von seiner Familie. Auch die römischen Kunststätten bleiben meist be-
freit von alledem, was an den bleichen Tod gemahnt.
*) H. Qrößler, Ein Eislebisches Hohlmaß in: Mansf eider Blätter. 22. Jahrg. Eisleben 1908.
2 ) Die folgenden Erörterungen im Text zum Teil nach Heinrich Bergner, Grundriß
der kirchlichen Kunstaltertümer in Deutschland. Göttingen 1900. — Es kommt nicht selten
vor, daß alte Grabmonumente von ihrem ursprünglichen Standort weggekommen sind. Manch-
mal sind sie als Baumaterial zu kirchlichen oder profanen Bauten benutzt worden; auch
als „Briickchen", so in Wunsiedel, Schirnding usw.; unter Umständen können dann die be-
treffenden Steine noch gefunden werden. Bei Frankfurt a. M. wurden Grabsteine in das Fun-
dament einer karolingischen Kirche vermauert; zu diesem hat man stellenweise fast ausschließ-
lich Sarkophagtrümmer und hier und da auch frühere christliche Grabsteine, die der dortige
uralte Friedhof in reicher Zahl als willkommenes Baumaterial darbot, verwendet. In neuster
Zeit haben Nachgrabungen Inschriften von jenen vermauerten Grabmonumenten wieder zutage
gefördert; vgl. E. Neeb, KGV 1908, 390 ff. Zuweilen fristen die Grabsteine in irgend einem
Winkel, z. B. in einem Keller oder auf einem Oberboden ein stilles Dasein. Man lasse es sich
keine Mühe des Suchens verdrießen, bis man alle Möglichkeiten erschöpft zu haben glaubt,
das vermißte Monument zu finden. In protestantischen Gegenden muß man, soweit die
Gemeinden lutherisch sind, auch nach Altären, Gemälden, Grabsteinen usw. aus katho-
lischer Zeit auf Böden und in Kellern suchen. Wo Zwingiis oder Calvins Lehre
herrschend wurde, ist meist alles zerstört, jetzt also nichts zu finden. Als ein Beispiel
der merkwürdigen Schicksale, welche den Grabdenkmälern widerfahren können, sei das
des Königs Rudolf von Habsburg angeführt. Im Kriege Ludwigs XIV. mit Deutschland,
am 21. Mai 1689, wurden Speier und dessen Dom von den Franzosen geplündert, die
Kaisergräber teilweise arg mitgenommen. Die Grabdenkmäler wurden zertrümmert, die Reste
fortgeschleppt. Der Grabstein König Rudolfs von Habsburg war verschollen. Er kam als
Baumaterial in das Johannesstift, welches auf einer Anhöhe an der Wormser Straße lag, in
den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts von den Franzosen zerstört, dann verkauft und
zu einer Krappfabrik eingerichtet wurde. Man fand ihn hier 1812 im Wohnhause des Fabrik-
besitzers unter den Räumen eines Kellergewölbes, wo er als Deckstein eines Wasserabzug-
grabens gedient hatte; der Käufer des alten Bauwerkes brachte ihn sodann in einen Kuhstall.
Die noch gut kenntliche Gestalt und die vollständig erhaltene Inschrift erregten die Auf-
merksamkeit des in Speier wohnhaften ehemaligen französischen Unterpräfekten Verny, welcher
den Stein dem Grafen Dalberg in Hernsheim verehrte, jedoch mit der Bedingung, daß er
im Falle der Rückforderung herausgegeben werde. Als nun Kaiser Franz von Österreich mit
seinen Alliierten Alexander von Rußland und Friedrich Wilhelm III. von Preußen im Juni 1815
nach Speier kam, ließ der Dom-Fabrikrat das Denkmal wieder zurückbringen und auf Rudolfs
116
Der Römer, der neben dem eigentlichen Zwecke des Grabmals zugleich auch
den Glanz und die Macht seiner Familie zeigen will, stellt den Toten dar, um-
geben von seiner Klientel, mitten in seinem Berufe, er führt uns vor Augen, was
alles der Verstorbene geleistet für seine Mitbürger in Krieg und Frieden. So
wird das Grabmonument ein Ruhmesdenkmal des Verstorbenen und der Hinter-
bliebenen, eine Art Familienchronik in Stein. Das bekannteste Denkmal römischer
Grabsteinkunst diesseits der Alpen ist die Igler Säule. Diese ist von der Familie der
Secundinier von Secundinius Securus und seinem Bruder Secundinius Aventinus ihrem
Vater und ihrem Verwandten gesetzt. Man sieht den Abschied des alten Secun-
dinius von seinen Söhnen dargestellt. Der ältere derselben hält ein Tuch auf-
fallend präsentierend; da auch in der Attika Personen damit beschäftigt sind,
Tücher aufmerksam zu prüfen, so hat man schon früh deswegen die Secun-
dinier für Tuchfabrikanten erklärt. Die Lage beschreibt Goethe wie folgt: „Auf
dem Wege von Trier nach Luxemburg erfreute mich bald das Monument in der
Nähe von Igel. Da mir bekannt war, wie glücklich die Alten ihre Gebäude und
Denkmäler zu setzen wußten, warf ich in Gedanken sogleich die sämtlichen Dorf-
hütten weg, und nun stand es an dem würdigsten Platze. Die Mosel fließt un-
mittelbar vorbei, mit welcher sich gegenüber ein ansehnliches Wasser, die Saar,
verbindet. Die Krümmung der Gewässer, das Auf- und Absteigen des Erdreiches,
eine üppige Vegetation geben der Stelle Lieblichkeit und Würde." Also schöne,
aussichtsfreie Natur war offenbar mit maßgebend für die Wahl des Grabmonumentes.
Anders die altchristlichen Menschen. Hier ist von Anfang an der Zug nach
der geweihten Stätte. Wem es nur irgend die Mittel erlauben, der sucht eine
Ruhe in der Nähe des im Tabernakel unter Brodgestalt verborgenen Heilands.
Wie der Vornehme in der Kirche, gemäß dem spätantiken Klassensystem, seinen
bestimmten, bevorzugten Platz im Leben hatte, so wollte er auch im Tode in
oder bei der Kirche begraben sein, hier am Gnadenorte auch für das Jenseits
möglichst viel für sich und die Seinen zu gewinnen. Beim christlichen Grabmal
herrscht überall der Hinweis auf das künftige Leben, die Ehrfurcht vor Gott und
die Heiligen.
Die ältesten christlichen Grabdenkmäler auf deutschem Boden, welche figür-
liche Darstellung zeigen, sind als Schmuck des Sarkophages selbst zu denken.
Das Volk will den verehrten Toten sehen, und so wird sein Bild auf dem Deckel
des Sarkophages ausgehauen, oder eine Bronzeplatte mit dem Bild des Verstor-
benen wird auf die Grabstätte gelegt. Der Verstorbene erscheint so gleichsam
aufgebahrt, mit den Abzeichen seiner Würde. Natürlich kommt auch den welt-
lichen Herren dieser Erde ein solcher Grabschmuck zu. Bald aber wollen auch
die kleinen Herren nicht zurückstehen, mit dem gesteigerten Selbstbewußtsein
des Eingeborenen wächst der Wunsch, sich zu verewigen, sein Bild in mög-
lichst dauerhaftem Material den kommenden Geschlechtern zu überliefern. So
wird die Sitte, das Bild des Verstorbenen auf der Grabstätte auszuhauen, allge-
Grab legen, wo es von den drei Monarchen besichtigt wurde. (Eduard Freiherr von
Sacken in der Festschrift zur 600jährigen Gedenkfeier der Belehnung des Hauses Habsburg
mit Österreich, Wien 1882, Seite 123f.) — Götzinger, Reallexikon der deutschen Altertümer,
Verlag von Urban in Leipzig, Artikel „Grabdenkmäler".
117
mein; wer sich einen solchen Luxus nicht gestatten kann, läßt wenigstens die
Wappen seines Geschlechtes auf der Platte anbringen. 1 )
Aus dem Sarkophage entwickelt sich die Tumba, das Prachtgrabmal. Auf der
oberen Platte liegt der Verstorbene, die Lang- und Schmalseiten sind entweder
glatt, oder mit Reliefs geziert, auch mit kleinen Architekturen, in und an welchen
Statuetten angebracht sind. Eine rechteckige, horizontale Platte mit dem Bilde
des Verstorbenen ruht auf zwei vertikalen, etwas profilierten Platten; an Stelle
dieser Platten können auch kleine Pfeiler oder sitzende Löwen treten.
Diese Form wird oft als Doppelgrabmal in der Gestalt verwertet, daß
zu ebener Erde eine skulptierte Platte liegt und darüber auf Pfeilern die
getragene Platte. So z. B. das Grabmal des Grafen von Werd und S. Wilhelm
zu Straßburg. Die untere Platte zeigt das Bild des Kanonikus Philipp von Werd
(f 1332) und die obere, von Löwen getragene den Landgrafen Ulrich von Werd
(t 1344).
Im Unterschiede zu den liegenden Grabmälern bezeichnen stehende Epitaphien
nicht den Begräbnisplatz selbst, sondern erscheinen als direkte Fortsetzung der
antiken Marmorsteine, deren Geschichte sich von den Zeiten der Römerherrschaft
bis in das 11. Jahrhundert am Rhein verfolgen läßt. Die Sitte verliert sich zu-
nächst, tritt aber im 15. Jahrhundert wieder nachdrücklich auf, und zwar sind es
kleine Bronzeplatten, welche kurz die Lebensbeschreibung enthalten und in Wände,
in Säulen etc. eingelassen sind. In diese Klasse gehören ferner die Totenschilde
der Ritterorden, Gesellschaften, Patrizierfamilien, welche in Kirchen und Kapellen
zur Erinnerung aufgehäuft wurden, meist kreis-, vierpaß- oder rautenförmig aus
Bronze, Holz- bemalt oder Leder- gepunzt. Doch tritt auch eine reichere und bil-
dungsfähige Form auf, das Andachtsbild, eine biblische Szene, meist Christus am
Kreuz, mit dem Verstorbenen oder der ganzen Familie in knieender Stellung dar-
unter, wie dieselben von dabei stehenden Heiligen der göttlichen Barmherzigkeit
empfohlen werden.
Das Bestreben, Porträtähnlichkeit zu erzielen, begegnet man auf Grabmonu-
menten schon früh. Der Speierer Meister, welcher Rudolfs von Habsburg Grab-
figur arbeitete, war ängstlich auf Ähnlichkeit bedacht.
Ein chluger Stein-Mecz
Ein Pild sawber und rain
Aus einem Merblstain
Schön het gehawen,
Wer daz wolt schawen,
Der mußt im dez jenen 2 )
Daß er nye Pild gesehen
Einem Manne so geleich. 3 )
a ) Buchner, O., Die mittelalterlichen Grabstätten in Nord-Thüringen mit besonderer
Berücksichtigung der Erfurter Denkmäler. Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Heft 37.
Straßburg, Hertz 1902.
2 ) Ihm das zugestehen.
3 ) Ottokars Reimchronik. Vgl. Eduard Freiherr von Sacken in der Festschrift zur
600jährigen Gedenkfeier der Belehnung des Hauses Habsburg mit Österreich, Wien 1882,
S. 123 f.
118
Auf die Nachricht, daß der Kaiser eine neue Falte, „einer runzen mere" im
Gesicht bekommen, soll der Künstler eine Reise an den Hof gemacht haben, um
sein Werk nach dem Leben zu verbessern. 1 ) Die einer Idealisierung nicht abgeneigte
Darstellung des Individuellen der menschlichen Erscheinung machte Fortschritte. 2 )
Hatte die hohe sächsische Kunst des 13. Jahrhunderts Idealtypen geschaffen, welche
ihre Gestalten in unübertrefflicher Hoheit darstellte; wurde bei den Naumburger
Stiftern ein solcher Grad von Lebenswahrheit erreicht, daß zwar die gleiche Pro-
portionierung des Gesichtes und die gleiche Behandlung von dessen Einzelnformen
ähnliche Köpfe hervorrief, aber doch schon den Gedanken, an eine porträtähnliche
Darstellung nahelegte; so finden sich anderseits schon im ausgehenden Mittel-
alter eine Reihe von Kunstwerken, welche in erstaunlicher Weise wirkliche Porträt-
ähnlichkeit aufweisen. So zeigt z. B. der Kopf des Bischofs Albert von Beich-
lingen in der Barfüßerkirche zu Erfurt in meisterhafter Darstellung Züge, die
keineswegs von Entsagung, sondern von Daseinsfreude und behaglichem Wohl-
leben erzählen. 3 ) Ebenso vortrefflich ist die Charakteristik des Kopfes des Bischofs
in Naumburg durchgeführt: Vor uns steht ein kühler, auf seine Würde stolzer
Verstandesmensch, voll Menschen Verachtung, aber der sinnlichen Freude dieser
Welt nicht abhold, ein eigenartiges Gepräge von Hochmut und Blasiertheit, das
ein wenig durch einen Zug jovialer Herablassung gemildert wird. 4 )
Im 18. Jahrhundert verdrängt das Porträt in unbescheidener Weise die ältere
Form. Die geschminkte, mit Schönheitspflästerchen gezierte Dame in tief aus-
geschnittener Robe und der gut frisierte Kriegs-, Finanz- oder Domänenrat mit
der zärtlich behandelten Allongeperücke spiegeln die überwältigende Eitelkeit der
Zeit sehr drastisch wieder.
Die Trennung des Epitaphs vom Grabmal wird seit dem 30 jährigen Kriege
immer vollständiger. Erst im 18. Jahrhundert gewinnt das Mal auf dem Friedhof
selbständige Bedeutung, doch in äußerst wechselnder Form.
Neben aufrechtstehenden Porträtfiguren von Bürgern und Bauern im Sonntags-
staat, bei welchem der gute Wille meist höher zu achten ist als die Kunst, sind
überaus häufig die laub- und muschelumrahmten Kartuschen und Papierrollen mit
den Familiennachrichten und Leichentext, welche an Säulen, Pyramiden und Urnen
angelehnt sind, von allerhand Unholden, Putten und Todesengeln umspielt, anderer-
seits schmiedeeiserne Grabkreuze mit Rankenornament, bei denen die Bilder und
Inschriften in einem kleinen, verschließbaren Schrein auf Blech gemalt wurden.
Als letzten trübseligen Nachklang der Totenschilde kann man die zahllosen Kränze
und Kästchen mit Flitterkronen ansehen, welche seit der Zeit der Aufklärung die
Emporebrüstungen der protestantischen Dorfkirchen verunzierten. An Stellen, wo
ein Mensch durch Mörderhände fiel, wurden in alter Zeit Kreuze errichtet. Es
x ) So die Tradition. Aber das Reisen war damals beschwerlich. Die Überlieferung ist
daher zweifelhaft.
2 ) „Die Grabsteine des 14. und 15. Jahrhunderts. Entwicklung des Porträts, Darstellung
des Individuellen der menschlichen Erscheinung", in Buchner, Die mittelalterliche Grab-
plastik in Nord-Thüringen (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 37. Heft) 1902, S. 117ff.
3 ) Abbildung bei Buchner a. a. O. S. 137.
4 ) Abbildung bei Buch ner a. a. O. S. 149.
119
erscheint geradezu als mittelalterliche Rechtsgewohnheit, dem Mörder neben dem
Wehrgeld die Errichtung eines Sühnekreuzes aufzulegen, auf welchem oft die
Mordwaffen oder die Figur des Erschlagenen oder dessen Standesabzeichen und
Handwerksgeräte abgebildet sind. Noch wohlerhalten ist zum Beispiel das Kreuz,
welches Graf Heinrich von Schwarzburg wegen Ermordung eines Priesters Heinrich
von Gispersleben 1313 bei Erfurt errichtete. Aber auch Verunglückten oder plötz-
lich Gestorbenen wurde an der Todesstelle ein Denkstein gesetzt, eine Sitte, die
sich in den „Marterln" des Hochgebirges bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
Alle diese Denkmäler, welche über die Stätte des Todes den goldenen Schein
der Kunst und der Religion breiten, sind den Familienforschern eine wertvolle
Quelle der Belehrung. Die Inschriften, welche auf diesen Denkmälern angebracht
wurden, geben über die Genealogie der Verstorbenen und über den Geist, mit
dem ihrer von den Hinterbliebenen gedacht wurde, mannigfache Aufklärung. Mit
Dank ist es daher zu begrüßen, daß solche Inschriften gesammelt, an sicheren
Stellen aufbewahrt, und, wo sich die finanzielle Möglichkeit dazu fand, auch ge-
druckt wurden. Sehr reichhaltig sind die Monumente in der sächsischen Berg-
hauptstadt Freiberg 1 ), wo auch eine stattliche Anzahl derselben in den dortigen alt-
ehrwürdigen Kreuzgängen eine schützende Unterkunft gefunden hat. 2 ) Besonders
wertvoll sind solche Drucklegungen dann, wenn, was bei der Entwicklung unserer
Großstädte jetzt immer häufiger vorkommt, ältere Kirchhöfe durch Säkularisation
verschwinden. So haben sich z. B. die Inschriften des ehemaligen Gottesackers an
der Dresdner Frauenkirche in dem Druckwerk erhalten; Joh. Gottfr. Michaelis
Dressdnische Inscriptiones und Epitaphia, welche auf denen monumentis der in
Gott ruhenden, so all hier in und außer der Kirche zu unser Lieben Frauen be-
graben liegen zu finden.
Die gedruckte Literatur über unsere Grabdenkmäler ist so groß, daß es un-
möglich ist, Vollständigkeit auch nur annähernd zu erreichen. Trotz dieser reichen
Literatur ist aber sehr viel Material noch nirgends veröffentlicht. Ich verzeichne
die folgenden Arbeiten:
Amrhein, August, Beiträge zur fränkischen Epitaphienliteratur. Archiv, d. Histor.
Ver. von Unterfranken und Aschaffenburg, Würzburg 1904, S. 187 ff.
Arnswaldt, Werner Constantin von, Einige Inschriften und Wappen von Epi-
taphien in Stift Obernkirchen und Bückeburg, DH 37.
Derselbe, Grabinschriften der lutherischen Kirche in Rinteln, DH 41.
Derselbe, Aufschriften und Wappen der Särge in der Krypta der Stiftskirche zu Fisch-
beck, DH 41.
Bach, Max, Die fürstlich württembergischen Epitaphien u. Denkmale in der Stiftskirche
zu Stuttgart, WJOB 7.
*) Grübler, Joh. Sara., Historische Beschreibung des Kurf. Begräbnisses und der
gesamten fünf Kirchen zu Freiberg samt denen daselbst befindlichen epitaphiis, Inscriptioni-
bus und Monumentis, nebst beygefügter kurzer Lebensbeschreibung der dasigen Patriciorum
und Geschlechter in zwei Teilen 1731. 1732 (der zweite Teil unter dem Titel: Ehre der
Freybergischen Totengrüfte usw.) vgl. über die Freiberger Geschlechter Bursian MFA 2;
Geschlechterwappen dazu mit 72 Abbildungen ebenda 5; Gautzsch, ebenda 6; Kade,
ebenda 26.
2 ) Gerlach, Die Freiberger Domkreuzgänge, Mitteil. v. Freiberger Altert. -Ver. Heft 6.
10. 14. 15. 25. 29.
120
Bach, Die Grabdenkmäler und Totenschilde des Münsters zu Ulm, WVL 1893; dazu
DH 30, S. 41.
Becke-Klüchtzner. E. v. d., Grabstätten adeliger Personen auf den Gottesäckern zu
Baden-Baden und Lichtenthai bei Baden-Baden, VJH 13.
v. Beckh-Widmannstetter, Grabsteine der christlichen Zeit zu Friesach in Kärnten,
Wien 1882. — Ulrichs von Lichtenstein des Minnesängers Grabmal 1871. — Studien an den
Grabstätten alter Geschlechter der Steiermark und Kärntens. Berlin 1871—78. — Ältere Grab-
denkmäler in Kärnten, Wien 1892. — Ältere Grabdenkmäler in der Steyermark, MZKNF 17.
— Trauttmansdorfsche Grabsteine zu Trauttmansdorf, Grazer Zeitung 1878, 28. u. 29. August.
Bartels, C. v., Einiges über die Grabdenkmäler der St. Mariendomkirche zu Fürsten-
walde an der Spree, DH 33.
Benndorf, Paul, Der alte Leipziger Johannesfriedhof und die Hospitalgruft, Ein Bei-
trag zur Stadtgeschichte. Leipzig, Georg Merseburger.
Berg, Die Hohenzollerngruft in der Pfarrkirche zu Küstrin, HZJ 10.
Bergel, Ältere Grabsteine an der Friedenskirche zu Schweidnitz, ASW 8.
Beyschlag u. Müller, Die nördlingischen Epitaphien. Beiträge z. nördling. Geschlechts-
historie, mit histor. Anmerkungen. Nördlingen 1801—3.
Blittersdorff, Philipp Freiherr von, Zwei Epitaphien (in der Kirche zu Rans-
hofen), MAW 5, 300.
Boerkel, Der Mainzer Friedhof, seine Geschichte und seine Denkmäler. Zur Erinne-
rung an sein 100 jähriges Bestehen, im Auftrage der Stadt Mainz dargestellt. Mainz 1903.
Brehmer, Wilhelm, Lübecks Messingene Grabplatten aus dem 14. Jahrhundert, HGB
1883, Leipzig 1884, S. 9 ff .
Bube, Adolf, Über drei Grabsteine aus dem Mittelalter, AKDV 1863, S. 438 ff .
Busch, Nikolaus, Grabsteine im Dom (Sep. Abdr.), Riga 1896.
Busserote, Carre Joseph Xavier de, Les tombeaux du cimetiere de la Salle ä Saint-
Symphorien, pres Tours; guide du visiteur. Tours, Semeur-Laptaine. 1882.
Cauer, Grabdenkmäler in den Kirchen zu Schlüchtern, in: Unsere Heimat. Mitteilungen
des Heimatbundes, Verein für Heimatkunde im Kreise Schlüchtern. 1908.
Conrad, Verzeichnis der auf dem Friedhofe zu Görlitz ruhenden Mitglieder adeliger
Familien, VJH 24. 25.
Grain, Mecklenburgische Fürstengräber in Wismar, VMG 6.
Crull, Till Eulenspiegels Grab, VMG 33.
Crull u. F. Techen, Die Grabsteine der Wismarschen Kirchen, VMG 55. 56.
Csoma, v., Ungarische Grabsteine. Zürich 1887. 88. 90.
Dachenhausen, Alex. Frhr. von, Der Grabstein der Markgräfin von Baden (f 1574),
DH 39.
Dassel, O. v., Die Familiendenkmäler in und bei Lüneburg, FBAB 3. 4; Familiendenk-
mäler in Chemnitz und Umgegend, ebd. 4; Familiengeschichtliches und Heraldisches aus d.
Kloster Medingen, ebd. 5; Grabdenkmäler in und an der Stiftskirche zu Wunsdorf bei Han-
nover, veröffentlicht und photographisch aufgenommen, ebd. 6; Grabdenkmal des im Jahre
1725 verstorbenen Pastors Mag. Georg Ernst Bachrodt und seiner drei Frauen an der Kirche
zu Clingen u. Schwarzburg-Sondershausen, ebd.
Dassel O. v. und August Freiherr von Minnigerode-Allerburg, Grabstein d.
Edlen Rieme von Allerburg vom Jahr 1300 an der Kirchenruine der Wüstung Kirchdorf bei
Bockelnhagen (Prov. Sachsen), Ein Beitrag zur Geschichte der Freiherrn von Minnigerode,
FBAB 6.
Drost, Leonhard, Grabdenkmäler, Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des Mittelalters,
1. Bd., Görlitz 1846/7.
Duellius, Raymundus, Excerptorum genealogicorum historicorum, Leipzig 1725,
S. 350 ff. bietet epitaphia ecclesiae, BMV in Wüntzendorff, epitaphia in ecclesia Lostorffensi.
Engel und v. Hanstein, Danzigs mittelalterliche Grabsteine. Danzig 1893.
Erhard, Verzeichnis der Epitaphien in der Herrenkapelle am Dome zu Passau. OBA 6.
Frankl, Ludwig Aug., Inschriften des alten jüdischen Friedhofes in Wien. Beitrag
zur Altertumskunde Österreichs. Wien 1855.
121
Gelder, H., Genealogische Notizen von Grabdenkmälern auf dem Kirchhofe zu Itze-
hoe, DH 34.
Gerlach, Die mittelalterlichen gravierten messingenen Grabplatten (in Meißen und
Freiberg) MFA 4.
Gottwald, Eduard, Die Sagen über das Geschlecht der Edlen von Theler und deren
Erbbegräbnis, Mitteilgn. des Kgl. Sachs. Altert. Ver. XIII, 52 — 56.
Grauert, Die Kaisergräber im Dom zu Speyer. Sitzungsberichte der philos., philol.
und histor. Klasse der Kgl. Bayr. Akad. der Wissenschaften 1900, S. 539 — 617. Dazu ein
Nachtrag im historischen Jahrbuch XXII, 248 ff.
Grenser, Heraldisch-Genealogische Wanderungen auf dem Wiener evangel. Friedhofe,
im Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, 4. Jahrg.
1. Heft, Wien 1883.
Gritzner, Grabdenkmäler adeliger Personen auf Kirchhöfen Berlins und seiner Vor-
orte, VJH 27. 28.
Groß, Jakob, Zur Abbildung d. Grabsteins des Bischofs u. Kanzlers Dr. Frdr. Maur-
kirchen, OBA 10.
Gutbier, Die Grabdenkmäler der Bergkirche zu Langensalza 1901.
M. v. H. Das Begräbnis der Herren von Wöllwarth im Kloster Lorch (mit einem
genealogischen Schema der Familie Wöllwarth) WJSL 2.
Haeutle, Christian, Genealogie des erlauchten Stammhauses Witteisbach, München 1870,
enthält u. a. e. Fülle von Nachrichten über Grabmäler des Hauses Witteisbach; ders., Vom
Begräbnis Herzogs Ludwig d. Bärtigen von Bayern-Ingolstadt u. s. Epitaph i. d. ehemal.
Klosterkirche zu Raitenhasbach. München 1891.
Hahn, Die Grabsteine des Klosters Weida bei Algri, WJH 25.
Handel-Mazzetti, Viktor Freiherr von, Der Grabstein des Gregor Rathalminger,
f 1428, JAW NF. 10.
Hartmann-Franzenshuld, Ernst Edler von, Die Ennser Hartmann und die Augs-
burger Breyschuch. Eine Note zu den Ennser Grabsteinen, JAW 3.
Hefner, Jos. v., Über die Fürstengruft u. d. Fürstenkapelle zu Scheyern, OBA 2.
Heideloff, K. A. v., Deutsches Fürsten- u. Ritteralbum der Marianischen Ritterkapelle
in Haßfurt, mit genealogischen Notizen von A. v. Eye, mit 15 Tafeln, darin enthalten 278
fein in Farben, Gold und Silber ausgeführte Wappen. Stuttgart 1868.
Heinlein, H., Der Friedhof zu Leipzig in s. jetz. Gestalt od. vollständ. Sammlung s.
Inschriften auf den ältesten u. neuesten Denkmälern. 4 Hefte. 1844.
Henkel, Deutsche Grabschriften in dänischen Kirchen, DH 27.
Hildebrandt, Ad. M., Die Grabsteine und Epitaphien adeliger Personen in und bei
den Kirchen der Altmark I. Die Kreise Salzwedel und Gardelegen, Gardelegen 1868; „He-
raldisches aus Erfurt", DH 34.
Hohenlohe-Waldenburg, Friedr. Karl Fürst zu, Zwei Grabsteine im Dorfe
Tirol, Heraldisch-genealog. Zeitschrift „Adler" I, 1871, S. 77 ff.; Mittelalterliche Grabsteine,
AKDV NF. 19, 177 ff.
Hoverden, Graf v., Schlesiens Grabdenkmäler und Grabinschriften. Alphabetisches
Register des 1. — 15. Bandes der Graf Hoverdenschen Sammlung. Breslau 1870.
Jungnitz, Josef, Die Grabstätten der Breslauer Bischöfe, 1895.
v. Kauffungen, Grabsteine adeliger Personen, gesammelt auf 51 Friedhöfen Deutsch-
lands und Österreichs, VJZ 31.
Kießkalt, Die alten Grabdenkmäler der Stadt Eger in genealogischer und heraldischer
Beziehung, JAW NF 16. — Die Grabdenkmäler des ehemaligen Benediktinerklosters Paulin-
zella ZTG NF 17, 1907. — Die altertümlichen Grabdenkmäler der Stadt Rothenburg o. Tauber,
Heraldisch-genealogische Blätter, herausgeg. von L. Oelenheinz u. H. v. Kohlhagen, V 1908,
S. 1 ff.
Klingspor, Karl Arvid v., Grabdenkmäler deutscher Adelsfamilien in Schweden, DH 6.
Knoetel, Paul, Die Figurengrabmäler Schlesiens. Kattowitz 1890.
Kohlhagen, Zwei Bamberger Fürstbischöfe und ihre Grabdenkmäler in der St. Michaels-
kirche daselbst, MAW 6, 85 ff.
122
Koppelmann (Lieben), Grabsteininschriften des Prager israelitischen alten Friedhofes
mit biographischen Skizzen. Prag 1856.
Krane, Freiherr von, Verzeichnis der auf dem Friedhofe zu Görlitz ruhenden Mit-
glieder adeliger Familien, VJH 24.
Kraus, Franz Xaver, Die Grabschrift des Erzbischofs Heinrichs II. von Finstingen
in der Domkirche zu Trier, JBL 12.
Lindström, Anteckingar om Gotlands Medeltid. 2 Bde. Stockholm 1892 — 95; der
zweite Band enthält Inschriften aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. bis 1521, wie sie sich
in Stadt- und Klosterkirchen Wisbys und sonst finden, gibt auch Ratsherrenverzeichnisse.
Bekanntlich bestand bis 1471 in allen schwedischen größeren Städten die Hälfte des Rates
aus Deutschen.
Lisch, Über die fürstliche Begräbniskapelle u. das Grab des Fürsten Pribislav in der
Kirche zu Doberan. WMG 19/22; Leichensteine zu Dobbertin u. Rostock: Peter Vischers
Epitaphien auf die Herzogin Helena im Dom zu Schwerin; über Grabplatten in Messing-
schnitt, VMG 27.
Litzel, G., Historische Beschreibung des Kaiserl. Begräbnisses im Dom zu Speyer von
1030—1659. Mit 17 Abb. Hrsg. v. J. M. König, 1825.
Luchs, H., Schlesische Fürstenbilder des Mittelalters. Mit 47 Bildtafeln. Breslau 1872.
Luschin v. Ebengreuth, Grabstätten deutscher Studenten in Italien: a) Siena, b) Bo-
logna, NZK 1884—89.
Mayer, J., Die Grabstätte d. Pfalzgrafen bei Rhein u. Herzogs in Bayern Johann in
Neuburg vor d. Walde. Regensburg 1850.
Mazgon, A., Grabstein-Inschriften in den Kirchen und auf den Friedhöfen der ge-
fürsteten Grafschaft Görz-Gradiska, MAW 1907 u. 1908.
Montet, E. C. A. de, Les tombeaux d'eveques de la Cathedrale de Lausanne. Lau-
sanne, Lucien Vincent 1881.
Moos, D. v., Thuricum sepultum d. i. Sammlung alter u. neuer Grabschriften, welche
in den Kirchen der Stadt u. Landschaft Zürich teils längst verblichen teils noch leserlich
vorgefunden werden, samt einigen kurzen Nachrichten v. d. Lebens Umständen. 5 Bände.
O. O. (Zürich). 1778—80.
Mörath, Anton, Deutsche Grabdenkmäler b. d. St. Veitskirche in Krummau, MGDB
36, 98.
M[ül verstedt], G. A. v., Zur Kritik der Wappen auf einem Moltkeschen Grabsteine,
VH 32, 102; Walkenrieder Grabsteine, Festschrift zur dritten ordentl. Hauptversammlung d.
Harzvereins für Geschichte u. Altertumskunde zu Nordhausen, 1870, S. 48 f f .
von Obernberg, Über zwei sich widersprechende Grabschriften zu Wilparting, OBA 1.
Obs er, Die Grabstätte d. Markgr. Geo. Frdr. v. Baden-D., ZOR 1898.
Oettrich, Gottlob, Verzeichnis derer in d. Sophienkirche Begrabenen. Dresden 1709.
Oeynhausen, Graf v. d., Grabsteine und Epitaphien in der Kirche zu Lübbecka,
VJH 13, 424 ff.
Oidtman, E. v., Der Grabstein Stephans von Werth, eines Bruders des Feldmarschalls
Jan von Werth, AG 11.
von Oppell, Die genealogischen Schätze der evangel. Kirche zu Heyersdorf, Kreis
Fraustadt, DH 27.
Oserheö, Geza v. und Josef Gzoma, Alte Grabdenkmale in Ungarn, Budapest 1890.
Ow, Anton Frhr. von, Einige Grabinschriften aus Deggendorf u. Umgeg., NBV 31.
Pappenheim, Gustav Rob. Frhr. v., Wappen- u. Grabdenkmäler in der Elisabeth-
kirche zu Marburg, DH.
Perschmann, Theodor, Nordhausens mittelalterliche Grabdenkmäler, gez. v. Eugen
Duval, Nordhausen 1880.
Petrowicz, Paul von, Über einige Grabdenkmäler im Herzogtum Meiningen, DH 27.
Pettenegg, Graf v., Zu den Grabdenkmälern zu St. Peter und Nonnberg zu Salzburg,
JAW 1873, 54. 75. — „Zur Epitafik von Tirol", JAW 1. — Heraldisches aus Rom (über
Grabdenkmäler und andere monumentale Quellen), JAWNF 3. — Das Grabmal der Gertrud
Heustadlin von Kag (f 1506), ebd. 4.
123
Plass, Die Wappen in der Kirche von Fronau, Verhandlungen des histor. Vereins von
Oberpfalz und Regensburg. Regensburg XXV (N. F. XVII) 1868, S. 127 ff. Von diesem Plass
befinden sich etwa ein Viertelhundert, die Oberpfalz betreffende Kollektaneenbände in der
Bibliothek des Cassianeums zu Donauwörth. Sie enthalten sehr viel genealogisches Material.
v. Plieningen, Grabdenkmäler zu Schaubeck, DH 38.
Praun, J., Die Kaisergräber im Dom zu Speyer, ZOR NF 14.
Quast, Die Gräber d. Äbtissinnen i. d. Schloßkirche zu Quedlinburg, ZHV, Ergän-
zungsheft z. 9. Jahrg. 1877.
Rodde, C. Frhr. v., Familiendenkmäler in der Stadt Hannover: Grabdenkmal der
Anna von Windheim, geb. vom Hagen, f 1588, aufgenommen v. O. v. Dassel, FBAB, 1908, Okt.
Rogge, Th., Inschriften der Leichensteine in dem Kloster zum heil. Kreuz zu Rostock,
DH 17.
Roth, Das Nassauer Epitaphienbuch des Malers Dorsen von Altweilnau, VJH 19.
Ruland, Das Epitaphium des Geschichtsschreibers von dem Bischoftum Würzburg,
UFA 13.
Schack, Robert, Nachrichten über die in der Kirche zu Hohenleuben befindliche
Familiengruft des vormals gräflichen, jetzt fürstlichen Hauses Reuß-Köstritz, JVH 56 u. 57.
Schmidt, Berthold, Die Grabsteine mit dem Kreuze, NAV 29.
Schönberg, Bernh. v., Die v. Schönbergschen Grabdenkmäler zu Freiberg, insbe-
sondere im Dome und der Annen-Kapelle, MFA 14.
de Schoutheete de Tervarent, Amedee Jean Victor Marie, L'epitaphies Wasien,
collection d'inscriptions tombais recueillies dans les eglises et cimetieres. Pays & Waes.
A. Nicolas.
Schuch, Grabdenkmäler adeliger Personen auf dem alten Militärfriedhofe zu Breslau,
VJH 27.
Schwab, Joh., Die Franziskaner-Kirche in Andernach als Begräbnisstätte vornehmer
Andernacher Familien im 17. u. 18. Jahrh. Andernach, Jahresber. des Gymnasiums 1907.
Schweitzer, H., Die mittelalterlichen Grabdenkmäler mit figürlichen Darstellungen in
den Neckargegenden. Straßburg 1899-
Semrau, Die Grabdenkmäler der Marienkirche in Thorn, Thorn 1892 (7. Heft d. Mit-
teilungen des Copernikus-Vereins in Thorn).
Siegl, K., Die ältesten christlichen Grabdenkmäler in Eger. Mitteilungen der dritten
(Archiv-) Sektion der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- u.
histor. Denkmäler. VI, 2, 1906, S. 235 ff.
Skladny, Grabdenkmal des Königs Boleslaus Chrobry in Posen, ZJGK 4.
Sommerfeldt, Gustav, Die Lehndorff-Gräber in der Kirche zu Haffstrom b. Königs-
berg, Ostpr., DH 37.
Sponsel, Fürsten-Bildnisse aus dem Hause Wettin (vgl. weiter unten unter: Porträt),
enthält auch Grabdenkmäler.
Steche, Richard, Das Hilligersche Epitaph in der Thomaskirche zu Leipzig, NAS 3.
Steinmann, Die Grabstätten der Fürsten des Weifenhauses, Braunschweig 1885.
Stückelberg, E. A., Die mittelalterl. Grabdenkmäler des Basler Münsters, Basel 1896.
Sucjiier, R., Die Grabdenkmäler der in Hanau bestatteten gräflichen und fürstlichen
Personen aus den Häusern Hanau und Hessen. 1879.
Techen, Grabsteine im Dom von Lübeck, JLG 7.
v. Thüna, Eine Saalfelder Grabschrift, ZTG NF 4.
Voigt, Paul, Alte Lissaer Grabdenkmäler, ZHGP 1905.
Walz, Mich., Die Grabdenkmäler von St. Peter und Nonnberg zu Salzburg. Verlag
der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Salzburg 1867—1875. 3 Bde.
Winkler, A., Grabdenkmäler der Stadtpfarrkirche zu Enns im Traunviertel Ober-
österreichs, JAW 3.
Weyhe-Eimke, Arn. Frhr. von, Die Grabdenkmäler und Wappenfenster der Frei-
herren von Vaux aus dem Hause Longueval in der Kirche zu Vaux in der Picardie. Mit
6 Tafeln, JAW 5.
Zimmermann, P., Zu den Grabdenkmälern der Grafen von Honstein, ZHV 23.
124
Frühgotische Grabsteine aus Rothenburg o. T., DH 37. — Die Grabdenksteine in der
evangel. Stadtpfarrkirche zu Kronstadt. Kronstadt 1886. — Grabstein-Inschriften in den Kirchen
und auf den Friedhöfen der gefürsteten Grafschaft Görz-Gradiska, MAW 6. — Grabsteine des
Chiemgaues, Heraldisch-genealogische Blätter für adlige und bürgerliche Geschlechter, hrsg.
v. Oelenheinz und Kohlhagen IV 1907. — Christen, Norischer, Freydhöfe Gedächtnis,
Vorstellung und Verzeichnis aller derjenigen Monumenten, Epitaphien und Grabschrifften,
welche auff u. in denen zu Nürnberg gehör. 3 Kirchhöfen befindlich. 1682. — Otte, Kirch-
liche Kunst-Archälogie I. Band, S. 435, Grabschriften.
Zahlreiche „Friedhof-Notizen" finden sich in allen Bänden des Monatsblattes
der K. K. Herald. Gesellsch. „Adler" in Wien. Über Holland existiert ein aller-
dings mangelhaftes Inventar der noch jetzt vorhandenen Grabsteine: „Nederland
in steen en beeld" veröffentlicht von R. P. van den Bosch. Die Werke über die
Geschichte oder Altertümer einzelner Städte oder Gegenden enthalten manches
einschlagende Material. Beispielsweise sei genannt Cesnola, L. di, Cypern, seine
alten Städte, Gräber und Tempel. Deutsch mit Vorwort von G. Ebers. 2 Bde.
Mit über 500 Holzschn., 96 Tafeln usw. Jena 1879.
Viele Grabsteine sind in staatliche Museen oder in die Sammlungen von
Geschichts- und Altertumsvereinen gelangt. Eine Menge derselben ist in den
Veröffentlichungen, insbesondere in den Jahresschriften dieser Vereine besprochen;
häufig sind diese Denkmäler in dieser periodischen Literatur auch abgebildet.
Das Wappen auf Grabdenkmälern erfordert eine besondere Betrachtung. 1 )
In den ältesten Zeiten, d. h. im 13. und 14. Jahrhundert pflegte man nur das
Stammwappen der Verstorbenen auf ihren Grabsteinen anzubringen; hier und da
auch die Wappen ihrer Eltern. Später wurden 5 Wappen auf den Grabdenk-
malen angebracht, und zwar gewöhnlich in der Mitte das betreffende Stamm- oder
Alliancewappen, oben — heraldisch — rechts das Wappen des Vaters und links
das Wappen der Mutter, unten rechts das Wappen der Großmutter väterlicherseits
und links das der Großmutter mütterlicherseits.
Häufig ist auf den mittelalterlichen Grabsteinen entweder der Betreffende mit
voller Rüstung, also auch mit seinem Wappenschilde abgebildet oder, wenn keine
Figur auf dem Grabsteine angebracht ist, steht in der Mitte das Wappen des Be-
erdigten, wodurch dasselbe Wappen dann zweimal vorkommt.
Um diese Wiederholung zu vermeiden, wurde nicht selten an der ersten
Stelle oben rechts ein anderes Wappen angebracht, oder es wurden auch die
anderen drei Wappen in eine andere Reihenfolge gestellt. Dadurch wird die
Erklärung oft sehr erschwert. Auf Grabmalen verheirateter Frauen findet man bis
5 Wappen, zuweilen ihr Stammwappen in der Mitte, statt des Wappens ihres
x ) Das Beste über diesen Gegenstand findet man dargestellt von Fürst zu Hohen-
lohe-Waldenburg, KGV 7, 20. — Lütgendorff-Leinburg, Familiengeschichte, Stamm-
baum und Ahnenprobe. Frankfurt a. M. 1890, S. 101 ff, und von St. Kekule von Strado-
nitz, Ahnenproben auf Kunstwerken, Die Zukunft, 10. Jahrg. Nr. 42 vom 19. H. 1902, wieder
abgedruckt in seinen ausgewählten Aufsätzen I, 1905, S. 253 ff. Interessantes hier einschlagendes
Material findet man in Salver's „Proben des hohen Teutschen Reichs-Adels", Würzburg 1775,
und bei Rudolphi, Heraldica curiosa (2. Aufl. 1718). In Betracht kommt ferner u. a.
Lorenz, Lehrbuch der Genealogie, 208 ff.
125
Vaters aber oben rechts das ihres Gemahles. Zuweilen wurden aber auch statt
der Wappen der beiden Großmütter die Wappen der Eltern unten kreuzweise
überholt. Abweichungen von diesen Regeln kommen vor.
Noch schwieriger wurde die Bestimmung der Reihenfolge der Wappen, als
man im XV. Jahrhundert anfing, die Wappen von 8 oder 16 Ahnen auf Denk-
malen anzubringen. Zwar die Zählung der Ahnenquartiere richtete sich nach der
in den Reichsstiftern. Aber es gab sehr verschiedene Arten, nach welchen man
die gezählten Wappen zu stellen pflegte. Welches die häufigste Stellung sei,
darüber weichen die Angaben von Bucelin 1 ), Hattstein 2 ), Estor 3 ) und
von Neumann 4 ) voneinander ab. Bei 8 Ahnen war hauptsächlich diejenige
Stellung beliebt, bei welcher links vom Sarg die ungerade zu zählenden Wappen
stehen von 1 — 7, gegenüber die übrigen von 2 — 8, so daß die Nummern 7 und 8
zu unterst zu liegen kommen. Auf einzelnen Denkmalen ist eine ganz eigene
Reihenfolge der Ahnen beobachtet. Bei anderen ist man im Zweifel, ob dieselbe
absichtlich gewählt worden ist oder ob sie auf einem Irrtum beruht. Auf anderen
stehen die Wappen rein willkürlich.
Bei 16 Ahnen nahm man gern die Nummern 1 und 2 über das Haupt der
Leiche, Nr. 15 und 16 zu Füßen, die ungeraden Nummern 3 — 13 links, die
geraden 4 — 14 rechts von der Leiche. Doch finden sich so zahlreiche Ab-
weichungen, daß die richtige Lektüre einer nicht durch Inschriften erläuterten
gemeißelten Wappentafel oft zu den größten Schwierigkeiten gehört. An strenge
Regeln scheint sich das Kunsthandwerk der früheren Jahrhunderte in dieser
Richtung nur dann gehalten zu haben, wenn es unter eine genaue Aufsicht
genealogischer Sachverständiger gestellt war. Die Erfahrung lehrt leider, daß dies
nicht allzu häufig der Fall war.
Nicht selten findet man auf Werken der bildenden Kunst Ahnenproben 5 ) dar-
gestellt, aber meist nur den heraldischen Teil derselben, also nur die Wappen,
manchmal unter Hinzufügung des Familiennamens. Die Vornamen der Personen
wurden gewöhnlich weggelassen. In einem solchen Fall findet man also, entsprechend
der Zusammensetzung der Ahnenproben, die Familienwappen stets in bestimmter
Anzahl, nämlich 2, 4, 8, 16, 32 usf. Denn jeder Mensch hat bekanntlich 2 Eltern,
4 Großeltern, 8 Urgroßeltern, 16 Ururgroßeltern, 32 Urururgroßeltern usf. Diese
dem Heraldiker ganz geläufige Erscheinung ist den Kunstverständigen und Kunst-
historikern heutzutage meist ziemlich unbekannt; und doch bieten solche Wappen-
gruppen die Möglichkeit, die Herkunft und Entstehungszeit, aber auch die Fälschung
eines Kunstwerkes festzustellen.
Wenn auf einem Werk der bildenden Kunst und des Kunstgewerbes älterer
1 ) Bucelini, G., Germania Topo-, Chrono-, Stemmato-graphica sacra et profana. Pars
altera. Genealogica Germaniae Notitia. Partis secundae pars tertia.
2 ) Hattstein, D. H. von und zu, Die Hoheit des teutschen Reichsadels etc. Ex-
plicationes 2do.
3 ) Estor, J. G., Praktische Ahnenprobe, S. 457.
*) Neumann, J. F. W. de, Meditationes juris principum de jure personarum lllustnum
earumque ministris. Lib. II, Tit. XII, S. 182ff.
5 ) Das Folgende nach Kekule von Stradonitz a. a. O.
126
Zeit Wappen in der Zahl 4, 8, 16, 32 usw. auftreten, so ist in erster Linie zu
vermuten, daß auf dem Kunstgegenstand das Ahnenwappen des Stifters oder Her-
stellers bis zu einer gewissen Ahnenreihe hinauf angebracht sind. Bei Kunst-
und Lokalhistorikern findet man nicht selten die irrige Annahme, das Vorkommen
von z. B. 8 Ahnenwappen auf einem solchen Kunstwerk lasse darauf schließen,
daß dieses auf Kosten von 8 verschiedenen adeligen Personen hergestellt sei, deren
Nachbarschaft alsdann vermutet wird. Dabei bleibt es dann oft rätselhaft, wie
Mitglieder der 8 adeligen Familien in die Gegend, um die es sich handelt,
gekommen sein sollen. Sobald man aber erkannt hat, daß es sich um eine Ahnen-
probe handelt, entfällt der Gedanke, es handle sich um Personen ein und der-
selben Gegend, von selbst.
Die Ermittelung der Personen, deren Ahnenprobe auf dem Kunstgegenstande
durch die Wappen zum Ausdruck gebracht ist, und der Namen all dieser Ahnen
gehört zu den schwierigsten Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie. Vor-
bildlich ist sie gelöst worden von Hermann Hahn in einer Abhandlung „Die
Brunnenschale in der Burgruine Nannenstein bei Landstuhl" (Vierteljahrsschrift
für Wappen-, Siegel- und Familienkunde, 26. Jahrg., 1898, S. 154ff.). Nannen-
stein ist die Feste, in der am 7. Mai 1525 Franz von Sickingen starb. Da gibt
es eine Brunnenschale mit 8 Wappen. Die Formen der Schale und der Wappen
zeigen, daß sie der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts angehört. Abgesehen von
der Zahl 8, wird schon deshalb, weil die 8 Wappenschilde sich bei näherer Be-
trachtung als 4 Paare von Wappenschilden darstellen, ersichtlich, daß es sich
auf dieser Brunnenschale um eine heraldische Ahnenprobe zu 8 Ahnen oder um
zwei solche zu je 4 Ahnen handelt. Hahn hat mit einem großen Aufwand von
Gelehrsamkeit auf das scharfsinnigste den Beweis geführt, daß es sich auf der
Brunnenschale von Nannenstein um die Ahnenwappen des Franz Konrad von
Sickingen und seiner zweiten Gemahlin Alverta von Milendonk dreht.
Hier liegen also tatsächlich zwei Ahnenproben zu je 4 Ahnen vor. Da dieses
Paar im Jahre 1565 die Ehe schloß, so ergibt sich, daß der Brunnen sicher nicht
vor diesem Jahre errichtet worden ist. Da aber Alverta Konrads zweite Ehefrau
war und diese zweite Ehe kinderlos blieb, während Franz Konrad aus erster Ehe
lebende Kinder hatte, so ergibt sich weiter der Schluß, daß er aus Rücksicht auf
seine Kinder erster Ehe, sobald die zweite Frau verstorben war, keinen Brunnen
mehr herstellen lassen konnte, der nur mit den Ahnenwappen seiner zweiten
Gemahlin geschmückt war und nicht auch die Ahnenwappen der ersten Frau trug.
Da jene am 25. September 1564 starb, kann der Steinmetz nicht mit der Her-
stellung des Brunnens nach ihrem Todestage beauftragt worden sein. Die Brunnen-
schale ist also zwischen 1556 und dem 25. September 1564 in Auftrag gegeben
worden. Das lehren uns die Wappen und deren Anordnung.
Nicht allzuschwer wird es in der Regel sein, zu erhärten, wo die Ahnenprobe
anfängt. Sind 8 Wappen auf einer Abendmahlskanne angebracht, so wird man
annehmen können, daß die Ahnenprobe an der einen Seite des Henkels beginnt
und an der anderen Seite endigt. Denn der Künstler wird die Wappen nicht so
angeordnet haben, daß der Henkel der Kanne die Ahnenprobe zerschneidet. Einen
weiteren Fingerzeig gibt der Umstand, daß man die Wappen eines Ehepaars und
127
die darüberstehenden Helme, wenigstens in der guten Zeit der Heraldik, einander
zuzuneigen pflegte. Die Wappenbilder durften einander nicht den Rücken zu-
kehren. So erkennt man wenigstens die zueinander gehörenden Wappenpaare,
also Ehepaare, und kann bald feststellen, daß 8 oder 16 Ahnenwappen aus 4 oder
8 Ehewappenpaaren bestehen und welchen Familien diese Ehepaare angehören.
Hat man weiter keinen Anhaltspunkt, so muß man nun allerdings an die
Genealogien der Familien herantreten und aus der nach dem Stil des Kunstwerkes
in Betracht kommenden Zeit zu schließen versuchen, welche ehelichen Verbindungen
es zwischen je zwei der Familien gab.
Wenn 2 Wappen auf einem Kunstwerk durch Anordnung, Gegeneinander-
stellung, Unterbringung unter denselben Helm oder unter dieselbe Krone zweifel-
los als Ehewappen gekennzeichnet sind, und wenn es sich nachweisen läßt, daß
es eine eheliche Verbindung zwischen den beiden Familien, deren Wappen vor-
liegt, nie gab, dann liegt eine Fälschung vor. So wurde vor einiger Zeit in Berlin
eine gemalte Glasscheibe mit den beiden Wappen zweier sehr vornehmen Adels-
familien zu hohem Preise versteigert. Das Wappenpaar mußte nach der Anord-
nung ein Ehewappen sein. Eine eheliche Verbindung war zwischen den beiden
Familien nachweislich niemals geschlossen worden. Die Genealogie beider Fa-
milien kann als völlig aufgeklärt gelten, so daß es sich um ein unbekanntes
Ehepaar nicht handeln kann. Die Wappenscheibe war also unzweifelhaft eine
Fälschung.
Vor einigen Jahren wurde dem rühmlichst bekannten Genealogen Kammer-
herrn Dr. Kekule von Stradonitz, ein Messingkasten zur Prüfung der Echtheit
vorgelegt. Auf dem Deckel war ein großes Wappen der bekannten Familie von A.,
auf den vier Seiten waren zusammen 8 andere Wappen eingegraben. Aus
dieser Anordnung war zu schließen, daß die 8 kleineren Wappen eine Ahnen-
probe zu 8 Ahnen eines Mitgliedes der Familie von A. sein sollten. Kekule
von Stradonitz konnte feststellen, daß in der Familie von A. eine Ehe, welche die
aus den 8 angebrachten kleinen Wappen ersichtliche Ahnenprobe ergeben
konnte, nie geschlossen war. Alle denkbaren Möglichkeiten wurden berücksichtigt.
Vergebens. Da das Messingkästchen selbst echt schien, mußte also wenigstens
die Gravierung gefälscht sein. Durch diese Gravierung wäre, wenn sie echt war,
der Wert des Kästchens verzehnfacht worden. Kekule von Stradonitz gelangte
auf diesem rein genealogisch-heraldischen Wege zu der Überzeugung, daß eine
Fälschung vorliege, und konnte die Familie von A., der das Kästchen zu hohem
Preis zum Kauf angeboten wurde, vor beträchtlichem Schaden bewahren. Bald
darauf hatte Kekule von Stradonitz die Genugtuung, daß ein Kenner, Professor
Emil Doepler der Jüngere, auf Grund der übrigen Ornamente, die in das Kästchen
eingraviert waren, die Fälschung als zweifellos erkannte. Diese Ornamente waren
nämlich nach einer Ornamentvorlage getreulich kopiert, die erst in unseren Tagen
entdeckt worden und in der Zeit, aus der das Messingkästchen selbst stammte,
völlig unbekannt war.
Auch die Kirchenglocken 1 ) bieten durch ihre Inschriften Material, welches
!) Otte, H., Glockenkunde 1858. 2. A. Leipzig 1884. Vgl. besonders S. 80 ff.
128
dem Familienforscher nützlich werden kann. So heißt es auf der Rückseite der
Jesus-Glocke in der katholischen Kirche zu Weimar 1 ):
1891
In Gottes Namen floß ich,
Heinrich Ulrich in Apolda goß mich,
Pfarrer Jüngst in Weimar
kaufte mich
von frommen Gaben,
Und taufte mich.
Allerdings finden sich historische Notizen keineswegs auf allen Glocken.
Gebetsformeln, Bibelsprüche, Namen einzelner Heiligen, magische Zeichen, durch
welche man die Kraft der geweihten Glocken zu verstärken meinte, und Inschriften,
die sich auf die Bestimmung der Glocken beziehen und worin letztere redend
eingeführt werden, meist in Versen, entbehren des familiengeschichtlichen Mo-
mentes. Die geschichtlichen Notizen auf Glocken beschränken sich in ältester
Zeit auf die Namen oder die Dedizierung der Glocke und etwa den Namen des
Donators. Auf einer Glocke zu Gilching in Oberbayern steht außer den zauber-
kräftigen und vielleicht absichtlich verkehrt geschriebenen Namen der vier Evan-
gelisten: Arnoldus sacerdos de Giltekin me fundi fecit, und dieser Priester findet
sich in Urkunden von 1162—1194 erwähnt. 2 ) Die Glockengießer nennen sich seit
dem 14. Jahrhundert. Im Laufe des 15. Jahrhunderts kommen die ersten Bei-
spiele sehr ausführlicher historischer Inschriften vor, welche die früheren Schick-
sale der Glocken erzählen, die Namen der Pathen, der Regenten und Kirchen-
patrone, des Ortsgeistlichen, der Kirchen- und Gemeindevorsteher mit allen Titeln
enthalten. Auch in den östlichen Gebieten fand die Sitte, außer Bibelsprüchen
und Heiligen gelegentlich auch profane Personen zu nennen, Eingang. So erwähnt
Heinrich Kleinwächter die Glockeninschriften in der Provinz Posen ZHG 15
Seite 39 die Inschriften: „Generosus dominus Kristoforus Micielski me fieri fecit.
Generosa Anna de Solkowo Micielska" (1604) und: „Generosi Stanislai Bronikowsky
cura et sumtibus" (1635).
Zum Schluß dieser Betrachtung der monumentalen Quellen der Familien-
geschichte mögen die Steine der Grabmäler der Gegend von Trier an der Mosel
reden aus der Zeit, als Römertum und Germanentum, Heidentum und Christen-
tum miteinander um die Herrschaft kämpften. 3 ) Bei der Prüfung der dortigen
Grabstätten ist die Trennung zu beobachten, welche man bei der Anlage für die
Urnengräber und die daranstoßenden christlichen Steinsärge beobachtete. Sie
ergab sich meistens von selber, da die römisch-heidnische Sitte, die Grabdenk-
mäler möglichst nahe bei den Toren der Stadt und zur Seite der zu ihnen füh-
J ) Habbicht, H., Weimars Kirchenglocken in „Deutschland. Weimarische Landes-
zeitung". 57. Jahrg. 1905, Nr. 162 ff.
2 ) Auf mittelalterlichen Glocken sind Angaben von Namen deutscher Familien selten.
So kommt z. B. auf den von Größler, „Glocken des Mansfelder Seekreises und die älteste
mit der Jahreszahl ihrer Entstehung versehene Glocke Deutschlands" (ZHV 11, 26 ff.) be-
handelten Glocken keine einzige deutsche Familie vor.
3 ) Vgl. meine Abhandlung: Trier an der Mosel, ein deutsches Pompeji, Dresdner
Anzeiger, Montagsbeilage, I. Jahrg., Nr. 38, Seite 302.
129
renden großen Landstraßen aufzurichten pflegte, die christliche Sitte dagegen, ihre
Grabsärge möglichst nahe bei ihren gottesdienstlichen Versammlungsorten in einer
gewissen Entfernung von den Mauern der Stadt und in Zurückgezogenheit von
dem Geräusche der Straßen aufzustellen bemüht war. Die Sonderung war aber
an allen Orten eine friedliche. Die dem Heidentum ergebenen Familien hatten
immer den nach Sonnenuntergang liegenden Teil für ihre Hingeschiedenen ge-
wählt, die zum Christentum übergetretenen den nach Sonnenaufgang gerichteten
Teil für ihre Entschlummerten erworben; und das enge Aneinanderschließen der
einen an die anderen zeigt einen milden, duldsamen Geist, welcher in Trier, mit
wenig Störungen, von der Pflanzung des Christentums an bis in die spätrömische
Zeit gewaltet zu haben scheint. Mit Teilnahme an fremdem Schmerz lesen wir
die lange Reihe der auf uns gelangten lateinischen und griechischen Grabinschriften,
so die heidnischen: „Was du mir verweigert hast, das habe ich, die liebende
Mutter, dir, meinem Sohne Acceptius Artimus, in meinem Kummer getan. Lebe
wohl," oder: „dem Caius Julius Primus, dem Sohn des Adarus, dem Trierer, dem
Reiter der norischen Ala, dem Stator, 27 Jahre alt und 7 Jahre Soldat, ließ der
Erbe auf eigene Kosten das Denkmal errichten", oder der christlichen: „Hier ruht
Amantia in Frieden, nur ein Fremdling auf Erden; ihr Fleisch liegt hier", „Hier
liegt in Christo Ussikinos aus dem Morgenlande. Er war etwas über 29 Jahre
alt," „Des Subdiakonus Ursinianus Gebeine ruhen unter diesem Grabmal, welcher
es verdient hat, daß sein Grab neben den Gebeinen der Heiligen gestellt werde,
so daß er nicht unter den Qualen der Hölle, noch unter der ewigen Verdammnis
wird zu dulden haben. Diese Inschrift setzte Ladula, seine liebe Gemahlin. Er ging
von hinnen am 27. November. Er lebte 33 Jahre." 1 ) (F. Hettner, Die römischen
Steindenkmäler des Provinzialmuseums zu Trier, Seite 76 ff.) Der Römer, der über
seine Begräbnisstätte verfügen konnte, wählte zu derselben gerne einen anmutig
gelegenen Ort. Petronius z. B. wünscht, daß seine Asche mit jeder Art von Obst-
bäumen und Reben reichlich umgeben werde. Martial sagt, Faenius habe zur
bleibenden Ehre seiner Asche derselben einen Hain mit freundlich bebauten
Äckern geweiht. Viele Grabinschriften enthalten ähnliche Bestimmungen. Diese
Neigungen brachten die Römer auch in unsere Heimat mit und eine Menge von
Orten geben dafür Zeugnis. So erhebt sich, wie ich schon vermerkt habe, das
Grabdenkmal in Igel beim Zusammenfluß der Saar und Mosel an der schönsten
Stelle, so genoß man auf der halben Höhe des Berges von Euren, wo sich eine
Grabnische in pompejanischem Geschmack mit eingesenkter Aschenurne fand, die
trefflichste Aussicht ins Tal und über die Augusta; so lag ein Grabmal, das zu
einem Landsitze unterhalb der Stadt gehörte, an dem Flußufer auf nicht minder
reizender Stelle. Dasselbe gilt von den Rebenhügeln und Viridarien, auf denen
man an der östlichen und südlichen Seite der Stadt Aschengefäße trifft. Diese
Sitte finden wir auch nachgeahmt in der Aufstellung der christlichen Steinsärge.
Daß die Gläubigen den zur Ruhestatt ihrer Entschlafenen gewählten Platz nach
antiker Weise bepflanzten, darauf weist schon die Aufstellung der Steinsärge in
l ) Die Inschrift muß, wenn sie echt ist, vor Leo I. verfaßt sein, welcher auch für den
ordo der Subdiakonen die Ehelosigkeit gebot.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. g
130
größeren und kleineren Zwischenräumen hin, welche zwanglose Anordnung dem
Cömeterium einen freundlichen Anblick gewährte; daß sie nach antikem Vorbilde
die Grabmäler mit Rosen, Lilien und Violen umgaben, können wir aus den
Kirchenvätern entnehmen; daß die Cömeterien mit Bäumen besetzt wurden, lernen
wir aus Prudentius kennen; und so wurde die Ruhestätte der entschlafenen Gläu-
bigen einem Garten gleich, dessen Besuch Chrysostomus einen geistig erhebenden
Gang nennt. 1 )
J ) v. Wilmowsky, Archäologische Funde in Trier, 1873. — Kraus, F. X., Die christ-
lichen Inschriften der Rheinlande. Freiburg i. B. 1890. 91. 94. — G. Brambach, Corpus in-
scriptionum Rhenanarum. Elberfeld 1867. — E. Egli, Die christlichen Inschriften der Schweiz
vom 4. bis 9. Jahrh. (Mitt. d. antiquar. Gesellschaft 24). Zürich 1896. — Weitere Literatur über
die antiken Denkmäler auf deutschem Boden in Dahlmann-Waitz-Brandenburg, Quellenkunde
der deutschen Geschichte, 7. Aufl. 1906, Nr. 2465 ff., und im Korrespondenzblatt der West-
deutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst.
Das Porträt.
IE Porträtkunst 1 ) war bereits im höchsten Altertum, bei den Ägyptern,
sehr entwickelt, wie die hölzernen Gräbergestalten der Verstorbenen und
einige Genrefiguren beweisen. Bei den Griechen gelangte sie erst in
der alexandrinischen Zeit zur höchsten Vollendung. Mit Lysippos und
seinem Bruder Lysistratos, die damit begannen, Gesichtsmasken nach dem Leben
abzuformen, drang die realistische Auffassung in die Porträtkunst ein, die von
den Römern in virtuoser Weise ausgebildet wurde. Jetzt wurde neben der alt-
griechischen Porträtherme auch die in alexandrinischer Zeit erfundene Porträtbüste
weiter ausgestaltet. Im späteren Mittelalter erwachte das Porträt zunächst in der
Grabplastik zu neuem Leben. 2 ) Unbedingte Naturtreue zeigen dann die Ölporträts
von Jan van Eyck und seiner Schule. Auch in der italienischen Renaissance fiel
den Bildhauern (Mino da Fiesole, Desiderio da Settignano, Rosellino u. a.) eine
bedeutende Rolle in der Entwickelung zu naturalistischer Lebenstreue zu. Von
den Malern des 15. Jahrhunderts sind Ghirlandajo, Botticelli, Antonello da
Messina an erster Stelle zu nennen. Zur höchsten Blüte wurde das Porträt
dann durch Leonardo da Vinci, Raffael, Sebastiano del Piombo, Tizian, Tinto-
retto gebracht, bei denen das ganze Wesen des Dargestellten zum Ausdruck
gelangt. Schlichter, aber ungemein fein in der Charakterisierung und der
Durcharbeitung der Einzelheiten sind die Bildnisse eines Dürer und Holbein.
Im 17. Jahrhundert treten besonders die Niederländer Rubens, van Dyck, Frans
Hals, Rembrandt und der Spanier Velazquez hervor. Die niederländische Malerei
brachte auch die sogenannten Konversationsstücke und die Doelen- (Schützen-)
und Regentenstücke auf, in denen die Porträtierten zu freien Gruppen bedeutungs-
voll verbunden wurden. Seit dem 17. Jahrhundert ist die Porträtbildnerei so sehr
in den Vordergrund getreten, daß kein Figurenmaler oder Bildhauer von Bedeu-
tung sich ihr entzogen hat. Von bevorzugten Porträtmalern der neueren Zeit
sind die Franzosen David, Gerard, Ingres, Bonnat, Carolus-Duran, Benjamin-
Constant, Besnard, die Engländer Reynolds, Sainsborough, Lawrence, Millais,
1 ) Meyer, Konvers.-Lex. VI* 1907, S. 175f. — Brockhaus, Konserv.-Lex. II", 1908,
S. 987 f.
2 ) Vgl. oben unter: Grabdenkmäler.
3 ) Blanckmeister, Ahnenbilder. Zur Pflege der Familienkunde, in „Das Pfarrhaus" 1908,
Nr. 2, wieder abgedruckt im Archiv f. Stamm- u. Wappenkunde VIII, 1908. Hier wird eine
Liste derjenigen Familien dargeboten, betreffs deren Verf. Porträts von Angehörigen besitzt.
9*
132
Watts, Onleß, Herkomer, die Amerikaner Whistler und Sargent, der Schwede
Zorn, der Däne Kroger, die Ungarn Horowitz und Laszlo und der Pole Pochwalski
zu nennen. Unter den deutschen Porträtmalern ragen hervor: Angelika Kauffmann
(t 1807), Graff (f 1813), Wach (f 1845), Stieler (f 1858), Winterhalter (f 1873),
Magnus (f 1872), Riedel (f 1883), Gustav Richter (f 1884), Friedrich Kaulbach,
Lenbach, Angeli, Hermann Kaulbach und Fr. Aug. von Kaulbach, Pohle, Koner.
Das Porträt ist im Vergleich mit den sonstigen Quellen der Familiengeschichte
von der modernen Wissenschaft stiefmütterlich behandelt worden. Es ist eine
sehr schöne und nachahmenswerte Sitte, die Porträts alter und neuer Familien-
glieder zu sammeln. 3 ) Es werden sich dabei leicht gewisse Grundtypen der Ge-
sichtsbildung und auch einzelne merkwürdige Beeinflussungen des überkommenen
Bildes nachweisen lassen. Die Darstellungen auf Grabmonumenten oder sonstigen
Gedächtniswerken früherer Zeit aus Stein bedürfen allerdings sehr der Kontrolle
durch alte, möglichst gleichzeitige Holzschnitte, Kupferstiche, Ölgemälde und
sonstige bildliche Darstellungen 1 ) sowie der literarischen Beschreibung. Was in
volkstümlichen Darstellungen berühmter Männer der Vorzeit kolportiert wird, ist
meistens höchst ungenau, ja vielfach ganz willkürlich, so z. B. die Bilder der
*) Ich stelle hier einige Porträtwerke zusammen, die im Text nicht erwähnt werden.
Porträts finden sich schon früh in der gedruckten Literatur: Stammbuch oder Chronik des
Uhralten Adelichen und Gedenkwürdigen Geschlechts der von Berlebsch. Durch Johannem
Letzenerum, Hardessianum, Pfarrherrn zu Ibra im Ampt Grubenhagen 1593. — D. Castos,
Icones X illustr. baronum ex Fuggerorum gente qui domicilia Augustae Vind. constituta
habent Aug. Vind. 1592; ders., Fuggerorum et Fuggerarum quae in familia natae
quaeve in familiam transierunt Aug. Vind. 1618. — Contrafehe d. Herren Fugger und
Frawen Fuggerin. Augsp. 1620 (1619). — Kilian, Wolfg., Pinacotheca Fuggerorum.
ed. nova. Ulm 1754. — Memorie imprese, e ritratti de signori academici gelati di
Bologna. Raccolta nel principats del signor conte Valerio Zani il ritardato. Bologna
1672. 406 pagg. 4° (mit 33 blattgroßen Porträts, wertvoller Beitrag zur Gelehrten-
geschichte Bolognas). — Tomasinus, J. P., Illustrium virorum elogia iconibus illustrata.
Mit Wappen- und Medaillen-Abbildungen 4. Patavii 1630. — Ursinus, F., Illustrium
imagines ex antiquis marmoribus numismatibus et gemmis expressae quae extant. Romae,
major pars apud Fab. Ursinum: editio altera aliquot imaginibus et J. Fabri commentario
auctior. Antverpiae ex officina Plantin 1606, 4° (mit 168 Porträts von Galle). — Aus späterer
Zeit seien erwähnt: Bechstein, L-, Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebens-
beschreibungen. Leipzig 1854. — Dethier, Ph. A., Historisch-chronologische Galerie oder
Porträt-Sammlung der berühmtesten Männer aller Zeiten und Völker, enthaltend: in 24 großen
Tafeln an 1500 echte Porträte nach Jahrhunderten geordnet. Cöln 1832. — Landmann, O.,
Bach-Porträts. Die Musik XXVII, 1907 (8\ 216—228. — Moehsen, J. C. W., Verzeichnis
einer Sammlung von Bildnissen, größtenteils berühmter Ärzte. Berlin 1771. — Seidel, M. F.,
Bilder-Sammlung, in welcher 100 größtenteils in d. Mark Brandenburg gebohrene wohlver-
diente Männer angestelet werden, m. beygefügter Erläuterung, in welcher desselben Lebens-
umstände u. Schriften erzehlet werden. Berlin 1751. — Werckmeister, R., Das 19. Jahr-
hundert in Bildnissen. 5 Bde. (mit 600 Porträts nebst biograph. Text. Berlin 1898—1901. —
Danske malende Portraeter, hrsg. von Lund und Andersen. Kopenhagen 1899 f. — Musee
de portraits d'artistes, hrsg. von Henry Jouin. Paris 1888. — Porträts berühmter Pädagogen.
2. Aufl. Wien 1892. — Porträts berühmter Naturforscher. Wien 1892. — Porträtkatalog zur
Geschichte des Theaters u. der Musik. München 1894 f. — Hofstede de Groot, Meister-
werke der Porträtmalerei auf der Ausstellung im Haag. 1903. — Ein Verzeichnis der hervor-
ragendsten Bildnisse gibt Sauerhering's Vademecum für Künstler und Kunstfreunde. Tl. 3.
Stuttgart 1904.
133
Kaiser 1 ) und Fürsten vergangener Zeiten. 2 ) Nur in einzelnen Ausnahmefällen konnte
schon früher ein sicheres Bild gewonnen werden, so z. B. betreffs der Ikonographie
König Rudolfs von Habsburg. 3 )
Sammlungen von Porträten berühmter Personen des griechischen und römischen
Altertums, namentlich von Büsten und geschnittenen Steinen, sind schon im An-
fang der Renaissancezeit in Italien angelegt worden. Von da verbreitete sich diese
Liebhaberei nach dem Norden, und im 16. Jahrhundert fertigten Kupferstecher
und Holzschneider bereits ganze Reihen von Bildnissen geschichtlicher Personen
der Vergangenheit und hervorragender Zeitgenossen an. Die künstlerisch bedeu-
tendste Sammlung dieser Art ist die „Ikonographie" des van Dyck (um 1630 bis
1640. Van Dyck gab nämlich eine Sammlung seiner Porträts heraus, wozu
er elf eigenhändig radierte, während die anderen von den besten Stechern
Antwerpens ausgeführt wurden. Das Werk erschien zuerst von 1632 an bei
M. van den Enden in 84 Blättern, dann 1645 bei Gillis Hendricx, der die Zahl
der Blätter auf 100 brachte, unter dem Titel: „Icones principum, virorum doctorum
etc. numero centum ab Antonio van Dyck pictore ad vivum expressae eiusque
sumptibus aere incisae". Es erlebte später noch verschiedene Auflagen (vgl.
F. Wibiral, L'iconographie d'Antoine van Dyck d'apres les recherches de H. Weber,
Leipzig 1877). In neuerer Zeit ist das Sammeln von Porträten und ihre wissen-
schaftliche Bearbeitung wieder sehr in Aufnahme gekommen. Vgl. Visconti,
Iconographie grecque (Par. 1808, 3 Bde.), und Iconographie romaine (das. 1818 — 33,
4 Bde.); Bernouilli, Römische Ikonographie (Stuttgart 1882—94, 3 Teile);
Winter, Über die griechische Porträtkunst (Berlin 1894); Marquet de Vasselot,
Histoire du portrait en France (Paris 1880); Pinset et d'Auriac, Histoire du
Portrait en France (Paris 1884); Imhof-Blumer, Porträtköpfe auf römischen
Münzen (Leipzig 1879) und auf antiken Münzen hellenischer und hellenisierter
Völker (Leipzig 1885); Lehmann, Das Bildnis bei den altdeutschen Meistern bis
auf Dürer (Leipzig 1900); Schaeffer, Die Frau in der venet. Malerei (München
1900); ders., Das Florentiner Bildnis (München 1903); J. Burckhardt, Das
Porträt in der Malerei (in den „Beiträgen zur Kunstgeschichte in Italien", Basel
1898); Armand Dayot, L'image de femme (Paris 1900); Williamson, History
of portrait miniatures (London 1904, 2 Bde.), J. Collier, The art of portrait
painting (London 1905); Leisching, Das Bildnis im 18. und 19. Jahrhundert
(Wien 1906); die Porträtkataloge von Drugulin (Leipzig 1859 — 60, 2 Bde.) und
Lutz (Hanau 1887 ff.). Einschlagende Beiträge enthält auch der Anzeiger des
Germanischen Nationalmuseums. So behandeln (1904) die Frage der Porträt-
fähigkeit einer Zeit, die neuerdings durch Kemmerichs Buch über die früh-
mittelalterliche Porträtmalerei gefördert worden ist, Aufsätze von Hagelstange
über eine zuerst 1549 veröffentlichte Folge von Holzschnitt-Porträts der Mailänder
Visconti aus Jovius' Galerie; so handelt (1907) G. v. Bezold über die Ikono-
graphie römischer Kaiser. — Chappel, AI., National Portrait Gallery of eminent
*) Vgl. z. B. H. Schneider u. Fr. Kohlrausch, Bildnisse der deutschen Könige und
Kaiser. 1846.
2 ) Vgl. z. B. Clemen, P., Die Porträtdarstellungen Karls des Großen, AG 11, 12.
3 ) Vgl. oben unter: Grabdenkmäler.
134
Americains including orators, statesmen, naval and military heroes, jurists, au-
thors etc. from original füll length paintings by A. Chappel, with biogr. and hist.
narratives by Ev. A. Duyckinck. 2 vols. With 151 engraved portraits (New York).
Eine ansehnliche Galerie von Porträts aus den Jahren 1740 — 1790 befindet
sich in der Benediktinerabtei zu Kremsmünster. Als die Kaiserin und Königin
Maria Theresia durch ein aus Wien den 14. September 1744 erlassenes Diplom
in Kremsmünster eine adelige Akademie gegründet hatte, mehrte sich in der Abtei
der Besitz von Porträten, und es entstand eine bedeutende Sammlung in Öl ge-
malter lebensgroßer Brustbildnisse, welche die adeligen Jünglinge der Akademie
darstellten. Diese meist gut ausgeführten Gemälde, etliche Hunderte an der Zahl,
von denen manche mit Familienwappen geziert sind, zeigen uns einen nicht un-
bedeutenden Teil des damaligen österreichischen Adels aus allen Ländern des
Reichs in jener mit Spitzen und Tressen reich geschmückten Tracht, wie sie in
jener Zeit bei den Gala- und Staatskleidern eines jungen Edelmannes der Sitte
und Mode nach üblich war. 1 )
Eine Porträtsammlung von etwa 2000 Tafeln befindet sich auf Schloß Grips-
holm bei Mariefred unweit Stockholm. Auch im ehemals Wrangeischen Schlosse
Skoklosten unweit Upsala sind sehr viele interessante Porträts vorhanden. Ähn-
lich steht es mit anderen schwedischen Rittersitzen.
Eine Porträtgalerie aus allen Ständen ist die Holtzmannsche Bildersammlung im
König-Albert-Museum neben dem Dom zu Freiberg im Königreich Sachsen, angelegt
von dem Dresdner Maler Karl Friedrich Holtzmann in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts und beschrieben von Wappler in den Mitteilungen vom Frei-
berger Altertumsverein 43. Heft 1907. Der Wert dieser Holtzmannschen Samm-
lung ist — abgesehen davon, daß sie wohl die größte Sammlung von Werken
dieses Meisters ist — ein mehrfacher; sie vergegenwärtigt die Dresdener Gesell-
schaft zur Zeit Friedrich Augusts III., des Bayerischen Erbfolgekriegs und des
Grafen Karolyi in schönen Bildnissen und dient auch der Kostümkunde ; denn die
hochaufgebauten, mit seidenen Bändern und Blumen durchflochtenen Haarfrisuren,
die seidenen und Spitzenshawles, die Hof- und Militäruniformen, insbesondere
auch die Puderköpfe sind mit vorzüglicher Technik gemalt. — Das Sammeln von
Porträts kann als eine besonders lohnende Aufgabe unserer Altertumsvereine be-
zeichnet werden. Als mustergültig für historische Museen ist das Beispiel des
Dresdener Stadtmuseums zu bezeichnen: dieses hat sich von vornherein eine
Sammlung von Porträten bedeutender Dresdner zur Aufgabe gemacht. Auf dieser
Sammlung beruht das vorbildliche Werk von Georg Beutel, Bildnisse hervor-
ragender Dresdner aus fünf Jahrhunderten. Mit kurzen Lebensbeschreibungen
(1. Reihe == Veröffentlichung des Vereins für Geschichte Dresdens. Dresden 1908.)
In der Schweiz hat man folgende Sammlungen veranstaltet: Galerie berühmter
Schweizer der Neuzeit. In Bildern von Fr. und H. Hasler mit biogr. Text von
A. Hart mann. 2 Bände mit 100 Porträts in Stahlstich und 3 Tafeln Auto-
*) Verzeichnis der Bilder bei Pachmeyr, Historico-chronologica series abbatum et
religjosorum monasterii Cremifanensis, Pars III, 1780, S. 747, und in der Herald. Geneal.
Zeitschrift des Vereins „Adler" II, 1872, S. 161.
135
graphen. Baden 1868 — 71. Neue Ausgabe Zürich 1882. — Portrait-
Galerie, Schweizerische, Heft 1—69. Zürich 1888—1902 (wird fortgesetzt). —
Bereits 1797 erschien in Zürich David Herrliberger, Bildnisse berühmter
Schweizer.
Das vorhandene Material an Bildnissen seit dem Aufkommen und der Ver-
breitung des gemalten Porträts und seit der Zeit des Holzschnitts und der Stecher-
kunst, also seit 400 Jahren, ist, wie Lorenz (Lehrbuch der Genealogie S. 149)
mit Recht bemerkt, für Erblichkeitsfragen von zwölf Generationen ausreichend
und, wenn auch zerstreut, doch so massenhaft vorhanden, daß man die Porträt-
forschung für einen der lohnendsten Zweige des genealogischen Studiums be-
zeichnen kann.
Weitere Beispiele dafür, daß Sammlungen von Porträtdarstellungen früher
beliebt waren, sind zu entnehmen aus der Mitteilung von G. von Böse, „Ver-
zeichnis der auf dem Rittergute Ober- Frankleben befindlichen Porträts und
sonstigen Kunstwerke aus dem 17. und 18. Jahrhundert" 1 ) DH 1903, 94, ferner
aus der Veröffentlichung Dr. Grevings (Korrespondenzblatt der Westdeutschen
Zeitschrift 1899, 2 und 3) über 22 Bildnisse der Pfarrer von S. Columba und
aus Dr. Scharfers Arbeit über ein Verzeichnis von Kölner Prälaten- und Stifts-
herrenbildern aus dem Jahre 1635.
Als ein verdienstlicher Versuch, die Porträtstudien zu fördern, sei das nahezu
3000 Artikel umfassende, im Selbstverlag des Verfassers zu Herment, Departement
Puy de Dome, erschienene Werk von Ambroise Tardieu erwähnt: Dictionnaire
iconographique des Parisiens, c'est-ä-dire liste generale des personnes nees ä Paris
dont il existe des portraits graves et lithographies, avec une biographie inter-
essante de chaque nom cite.
Heutzutage werden leider viele Familienbilder ins Ausland verkauft. Es ist
ein Jammer, daß Jahr um Jahr zahllose Familienbildnisse aus früheren Jahr-
hunderten ins Ausland wandern, namentlich nach den Vereinigten Staaten, wo sie
mit fremden Namen die Salons amerikanischer Parvenüs schmücken. Das deutsche
Haus muß vor solchem Verlust bewahrt werden, mag dies nun durch die
Schöpfung einer nationalen Bildergalerie oder durch andere Mittel geschehen.
Veröffentlicht sind außer den Porträts gewisser verdienter Persönlichkeiten,
die schon lange unsere gedruckte Literatur zieren, auf Grund eingehender Nach-
forschung neuerdings eine Anzahl einzelner Personen aus fürstlichen, adeligen und
bürgerlichen Familien. Eine Reihe Hohenzollernbildnisse hat zuerst Georg Fried-
rich Kasimir von Schad gesammelt, meist jedoch nur Stiche und andere Schwarz-
Weiß-Reproduktionen (veröffentlicht in dessen Versuch einer brandenburgischen
Pinakothek, Nürnberg und Leipzig 1792). Einzelne im Land verstreute oder in
preußischen Schlössern versteckte Porträts hat dann Graf Stillfried in seinen
Kunstdenkmälern und Altertümern des erlauchten Hauses Hohenzollern (Berlin
1839 ff.) reproduziert, allerdings in einer Technik, die den heutigen Ansprüchen
nicht mehr genügt. Neuerdings hat Paul Seidel außerordentlich dankenswerte
Studien veröffentlicht über die ältesten Bildnisse der brandenburgischen Hohen-
zollern, Hohenzollernjahrbuch 1902, ebensolche Koser, Die historischen Denk-
male in der Siegesallee des Berliner Tiergartens, Hohenzollernjahrbuch vom
136
2. Jahrgang (1898) an, Koser und Seidel über „Die äußere Erscheinung Fried-
rich des Großen" im Hohenzollernjahrbuch 1897, Seidel über die „Bildnisse
der brandenburgischen preußischen Herrscher vom Großen Kurfürsten bis zu
Kaiser Wilhelm II.", HZJ 8, Bailleu über Königin Luise von Preußen, HZJ
3. 5. 6, Campbell Dodyson, in „The Buslington Magazine" (A newly disco-
vered portrait drawing by Dürer, II, VI, 1903, S. 286 ff.) und Friedrich H. Hof-
mann (Hohenzollernjahrbuch 1905, S. 67 ff.) über Porträt-Darstellungen der frän-
kischen Hohenzollern. Die Arbeiten von Beierlein, Kuli, Widmer und Zimmer-
mann bieten Material zur Kritik der Porträts von Mitgliedern des Hauses
Witteisbach (vgl. oben S. 86. 92). Es mögen ferner verzeichnet werden:
Bildnisse von Herzögen und Herzoginnen des neuen Hauses Braunschweig.
Biogr. Text von H. Meck. Braunschweig 1896. — Frankenberg und E. von
Ludwigsdorf, Anhaltische Fürstenbildnisse, B. 1. 2. Dessau 1894 — 96. —
Über die Bildnisse außerdeutscher Fürstenhäuser vgl. F. U. v. Wrangel, Die
souveränen Fürstenhäuser Europas. Porträtsammlung nebst genealog. Notizen.
2 Bde. Stockholm 1899. — Porträtgalerie der regierenden Fürsten und Fürstinnen
Europas, herausgegeben von K. F. von Schlichtegroll u. E. von Zoller. Berlin
1889—92.
Eine beachtenswerte Porträtsammlung ist: „Iconographie francaise ou por-
traits de personnes les plus illustr. qui ont paru en France depuis Francois I.
jusqu'ä 1790". Paris 1828 gr. fol. Die Porträts sind von David, Gerard, Guerin,
H. Vernet u. a. gezeichnet und von Hesse, Dupre und Maurin meisterhaft litho-
graphiert. Das Werk erschien in 50 Lieferungen, jede zu je 4 Porträts und Facsi-
miles. Ein alphabetisches Inhaltsverzeichnis findet sich bei Joh. Günther und
Otto Aug. Schulz, Handbuch für Autographensammler, Leipzig 1856, Seite 60 ff.
Eine andere Porträtsammlung führt den Titel: Thane, J. British Autography.
A collection of Fac-Similes of the Handwritings of Royal and illustrious perso-
nages, with their authentic Portraits. 3 vols. London 1788. 4. Dieses Werk
umfaßt 250 gut ausgeführte, auf rötlichem Grund gedruckte, mit einer Randleiste
umgebene Porträts in Kupferstich und darunter befindlichen Faksimiles der Namen,
zum Teil auch einigen Worten und mehrfach beigefügten Wappen. Die Samm-
lung erschien im Selbstverlag des Herausgebers und kommt selten in den
Handel.
Ein treffliches Vorbild, wie das Porträt wissenschaftlich zu behandeln ist 1 ),
hat über das Geschlecht der Wettiner der frühere Direktor des Kgl. Sachs. Kupfer-
stichkabinetts, jetzige Direktor des Grünen Gewölbes in Dresden, Professor Sponsel,
aufgestellt, in dem durch größte Gediegenheit der Vorstudien und durch Vor-
nehmheit der allen modernen Anforderungen gerechtwerdenden Reproduktions-
technik ausgezeichneten Werke: „Fürstenbildnisse aus dem Hause Wettin. Her-
ausgegeben vom Königlich Sächsischen Altertumsverein. Bearbeitet von Jean
*) Könnecke, Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationalliteratur. 2. Aufl.
Marburg, Elwert, 1895. — Hans Holbeins exquisite original coloured drawings for the portraits
of illustrious persons of the court of Henry VIII. engraved by F. Bartolozzi with biographical
nots by E. Lodge. 90 coloured portraits with text. London 1884.
137
Louis Sponsel." (Mit 100 Tafeln im Lichtdruck und 74 Abbildungen im Texte,
Dresden, Wilhelm Baensch, 1906). Die Bedeutung dieses Werkes 1 ) für sächsische
und deutsche Geschichte, für Kunstgeschichte und Kostümkunde kann hier nur
leise angedeutet werden. Für den Genealogen ist die Erhaltung des Familien-
typus im Mannesstamme sehr merkwürdig, noch merkwürdiger aber die trotz ge-
meinsamer Züge sehr bald eintretende Verschiedenheit zwischen Ernestinern und
Albertinern. 2 )
Eine besonders reichhaltige Fundgrube sind die Porträtschätze, welche die
großen deutschen und außerdeutschen Kupferstichkabinette 3 ) als ein wertvolles
Erbteil früherer Jahrhunderte bewahren. Es ist eine dankbare Aufgabe, diese Bild-
nisse und namentlich die berühmter, in die Geschicke der Welt kräftig ein-
greifender Männer und Frauen zu studieren und psychologisch zu analysieren,
mit der dargestellten Physiognomie den überlieferten Charakter in Zusammenhang
zu bringen und aus dem letzteren die erstere zu erklären und zu begründen.
Wenn man dabei nicht ausschließlich die porträtierte Person, sondern auch die
Künstler, welche sie dargestellt haben, im Auge behält, so wird man gewahr, daß
in bezug auf die Auffassung von Bildnissen bestimmte Anschauungen herrschten,
von denen der Künstler vollständig beeinflußt wurde. Mit Hilfe der zu einer
hohen Vollkommenheit gebrachten Phototypie hat es Friedr. Bruckmanns Verlag
in München unternommen, eine Sammlung von Porträts von berühmten Personen
aller Völker und Stände seit 1300 in Faksimile -Reproduktionen herauszugeben
und zu jedem Porträt kurze biographische Daten hinzuzufügen. Das Werk er-
schien seit 1883 unter den Titel: „Allgemeines Historisches Porträtwerk. Eine
Sammlung von 600 Porträts" und umfaßt 6 Bände in Großquart. Die Auswahl
leitete Woldemar von Seidlitz. Das verdienstvolle Werk bedarf der Nach-
prüfung. W. von Seidlitz bemerkt im Nachwort im Schlußband (1890) selbst,
daß seit Beginn des Werkes „für manche der Dargestellten sich bessere Vor-
bilder haben auffinden lassen". 4 )
Mit Recht haben zahlreiche, in neuester Zeit veröffentlichte Familiengeschichten
adliger und bürgerlicher Geschlechter auf eine Beigabe einer Reihe guter Porträts
Wert gelegt. Ich nenne in dieser Beziehung beispielshalber die Geschichten der
Familien von Altrock 5 ), Baetke 6 ),- der Grafen von Hohenthal und Bergen 7 ), der Lentze 8 ),
x ) Vgl. die Besprechung dieses Werkes von Ermisch in der Wissenschaftlichen Beilage
der Leipziger Zeitung 1906, Nr. 4 und von Devrient, NASQ 27, 152 ff.
2 ) Woldemar Lippert, Das „Sachs. Stammbuch", eine Sammlung sächs. Fürstenbild-
nisse, NASQ 10.
3 ) Leopold von Beckh-Widmanstetter, Die Porträts in Kupferstichen der Stei-
rischen Herren und Grafen von Stubenberg. Wien (Separatabdruck) 1883.
4 ) Vgl. auch Manuel de bibliographie et d'iconographie des femmes celebres, par un
vieux bibliophile. Paris 1892.
5 ) Altrock, Constantin von, Geschichte des Geschlechts von Altrock. Berlin,
Mittler & Sohn, 1901.
6 ) Baetke, A. J., Geschichte der Familie Baetke, Hamburg 1898.
') Schmidt, G., Die Familie der Grafen von Hohenthal. Halle 1896.
8 ) Kypke, Chronik des alten Adelsgeschlechtes der von dem Lentze nebst den bürger-
lichen Abzweigungen der Lenz (Lentze, Lentz). Halle a. S. 1904.
138
Luther 1 ), Reepmaker-), von Schönberg 3 ), von Tümpling*), von Wulffen 5 ) und von
Wuthenau 6 ).
Ganz neuerdings hat Galippe, L'heredite des stigmates de degenerescence
et les familles Souveraines, Paris 1905, einen außerordentlich großen Stoff an Bild-
nissen beigebracht. Freilich ist dieser Stoff nicht gründlich gesichtet. Es ist
nicht unterschieden zwischen gleichzeitigen und späteren Bildnissen, zwischen
verläßlichen und unverläßlichen. Aber es ist doch auf diese Weise auf eine Un-
zahl von Bildnissen aufmerksam gemacht, die allerdings in getreuer Nachbildung
durch Photographie dem Leser vor Augen geführt sein müßten, nicht durch
Klischees, bei denen man nicht ohne weiteres wissen kann, inwieweit sie mit den
Originalen übereinstimmen. Vgl. noch Graf Theodor Zichy, Familientypus und
Familienähnlichkeiten, 29. Jahrg. des „Korrespondenzblattes der deutschen Gesell-
schaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte", Nr. 6 vom Juni 1898.
Betreffs der physiognomischen Deutung des Porträts ist vor Lavater's Werk
„Schweizerische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschen-
liebe" (Leipzig 1775 — 78) zu warnen. Nicht sowohl die Schädellehre als das
Studium der Mimik ist wichtig. Mimische, durch Leidenschaften und Stimmungen
hervorgerufene Züge werden durch häufige Wiederholung allmählich zu bleiben-
den physiognomischen Zügen. Doch liegen falsche Schlüsse nahe, da Krank-
heiten, Art der Lebensbeschäftigung und andere Ursachen den physiognomischen
Ausdruck beeinflussen. Vgl. Piderit, Mimik und Physiognomik. 2. Aufl. Det-
mold 1886. — Mantegazza, Physiognomik und Mimik (Deutsch, Leipzig 1890.
2 Bde.). — Ledos, Traite de la physiognomie humaine, Paris 1894. — Boree,
Physiognomische Studien (deutsche Ausgabe, Stuttgart 1900; 119 Autotypien). —
Gessmann, Katechismus der Gesichtslesekunst. Berlin 1896.
*) Richter, D., Qenealogia Lutherorum oder historische Erzählung von D. Mart. Lutheri
heutigen Anverwandten.
2 ) Genealogie der Familie Reepmaker samengesteld door Jacob Reepmaker. A. Aazn.
Niet in den Handel. (Gebr. Tuinging-Rotterdam 1905); dies Buch ist auch durch eine ander-
weite Illustrierung (Wappen, Grabdenkmäler, Gebäude) in selten schöner Weise ausgestattet.
s ) Fraustadt, Geschichte des Geschlechtes von Schönberg meißnischen Stammes.
Leipzig 1878.
4 ) Tümpling, Wolf von, Geschichte des Geschlechtes von Tümpling, 3 Bde. Weimar
1888—1894.
5 ) Wulffen, F. v., Nachrichten über die Familie von Wulffen vormals auf Haus-Naun-
dorf im Halberstädtischen. Frankfurt 1900.
6 ) Schmidt, G., Die Familie von Wuthenau. Berlin 1893.
Die mündliche Tradition.
IE mündliche Tradition ist diejenige Geschichtsquelle, welche vermöge
ihres Charakters den stärksten Trübungen ausgesetzt ist. Eine Tra-
dition, welche durch keine urkundlichen Unterlagen gestützt wird, er-
weist sich häufig als eine schädliche Nebelgestalt oder, um mit Niebuhr
zu reden, als eine Fata Morgana, deren Urbild uns unsichtbar bleibt. Wahr
bleibt das Wort W. v. Humboldts, daß nichts so selten ist als eine buchstäblich
wahre Erzählung. Schon bei ursprünglicher, einfacher Überlieferung mischen,
wenn nicht die höchste Vorsicht im Wählen und Abmessen der Ausdrücke geübt
wird, kleine Bestimmungen über das Vorgegangene hinaus sich ein, woraus
Falschheiten und Unrichtigkeiten entstehen. Selbst die Sprache trägt dazu bei,
da ihr, die aus der ganzen Fülle des Gemütes quillt, oft Ausdrücke fehlen, die
von allen Nebenbegriffen frei sind. Außer der Ungenauigkeit der Auffassung
einer mitgeteilten Erzählung, welche bis zu völligem Mißverständnis derselben
gehen kann, spielt bei der Entstellung der historischen Treue einer mündlichen
Tradition die Phantasie und ein gewisses damit verbundenes ästhetisches Bedürfnis
eine vielgestaltige Rolle. Dazu kommen die mannigfaltigsten Affekte der Subjek-
tivität hinzu: persönliche und korporative Eitelkeit und Ruhmsucht, patriotische
Begeisterung und parteiischer Haß, religiöse Schwärmerei und konfessioneller
Fanatismus. Endlich bewirken auch der Verstandestrieb, Neugier und Wißbegier
starke Entstellungen im Nacherzählen.
Die Anfänge der Geschlechter waren entstellender Legende besonders ausge-
setzt. So hat die aller Wahrscheinlichkeit nach von Levold von Northof 2 ) er-
fundene Legende, als ob das Geschlecht von Altena der Name gewesen sei, aus
!) Bernheim, Lehrb. d. Histor. Methode, 3. u. 4. Aufl., Leipzig 1903, S. 457 ff . —
Engel, Über die Arten der unbewußten Geschichtsentstellung, Progr. d. städtischen höheren
Bürgerschule zu Nauen 1879. — Steinthal, Die Sage von Simson, in: Zeitschrift f. Völker-
psychologie und Sprachwissenschaft 1862, Bd. 2, S. 168 ff. — Wachsmuth, Über die Quellen
der Geschichtsfälschung, in: Berichte über die Verhandlungen der Kgl. Sachs. Gesellschaft
der Wissenschaft zu Leipzig, philol. histor. Kl. 1856, Bd. VIII, S. 125 ff. — Zeller, Wie ent-
stehen ungeschichtliche Überlieferungen? in: Deutsche Rundschau, herausgeg. von J. Rosen-
berg 1893, Februarheft S. 201 ff. — Loebell, J. W., Das reale und das ideale Element in der
geschichtlichen Überlieferung und Darstellung, 1859, S. 311 ff.
2 ) Northof, Levold von, Chronik der Grafen von der Mark, veröffentlicht von
Troß, Hamm 1859.
140
welchem der Zweig der Grafen von Berg hervorgewachsen wäre, ein halbes Jahr-
tausend die Literatur beherrscht. Jetzt wissen wir aus der kritischen Unter-
suchung von Ilgen 1 ), der an der Hand der Urkunden alle sonstigen einschlagen-
den Quellen scharf beleuchtete, daß das genealogische Verhältnis in Wahrheit
das umgekehrte war.
Wie unzuverlässig die Berichte über die Anfänge unserer Adelsgeschlechter
sind, dafür bietet ferner das Geschlecht derer von Carlowitz einen schlagenden
Beweis. Die einen führen dasselbe auf einen der vornehmsten Räte Karls des
Großen zurück, andere auf Karl I. von Anjou, König von Neapel und Sizilien,
noch andere auf den bulgarischen Helden Marko Carlowigo oder Kraljewitsch,
über den noch viele Heldenlieder existieren. Und doch gibt es für keinen dieser
Berichte einen Anhalt. Die von Carlowitz standen wahrscheinlich in einem Ab-
hängigkeitsverhältnis zu den Burggrafen von Dohna, und mögen wohl ältere Nach-
weise bei der Zerstörung der Burg zu Dohna verloren gegangen sein. 2 )
Das ehrgeizige Bestreben zahlreicher Adelsgeschlechter, ihre Ahnen minde-
stens bis in die Zeit der Kreuzzüge, wenn irgend möglich aber, bis auf Karl den
Großen oder gar noch weiter zurück zu verlegen, hat die Adelsgeschichte stark in
Verruf gebracht. Es ist große Torheit zu glauben, daß der Ahnherr derer von Loben,
wie die Familientradition meldet, von der Mohrenkönigin Pelusa in ihrer Residenz-
stadt Meroe 733 zum Ritter geschlagen wurde (Graesse S. 96), oder daß die von
Schönburg ihr Wappen deshalb führen, weil Karl der Große mit dem Blute seines
Lebensretters über dessen Wappenschild zwei rote Streifen gezogen habe (Graesse
S. 151). Auch die Anknüpfung an die Römer ist völlig abzulehnen, so die Be-
hauptung, daß das Geschlecht der Grafen und Freiherren von Flemming von der
römischen Adelsfamilie die Flaminier herstamme oder die genealogische After-
weisheit, welche die von Raab mit Valerius Corvus zusammengebracht hat, oder
der Bericht, daß das Geschlecht derer von Salhausen ihren Namen von der Stadt
Saluzzo habe, welche der Kaiser Julian IL einem Mitgliede dieses Geschlechtes
zur Belohnung dafür geschenkt, daß er ihn, als er einst auf der Flucht in einem
Flusse in Lebensgefahr geraten war, rettete und auf sein Pferd hob.
Die Gefahr falscher Übertragung von einer Familie auf die andere liegt bei
mündlicher Tradition nahe. Ein Beispiel bietet die Sage, daß die von Nostitz
fünf rote Linksschrägbalken im silbernen Schilde seit der Schlacht auf dem March-
felde besitzen. Hier soll nämlich nach vollbrachtem Kampfe Rudolf von Habs-
burg einem Nostiz die Hand gereicht haben. Ehe dieser mit seiner von Wunden
blutigen Rechte dieselbe ergreifen konnte, zog er sie eilig über seinen weißen
Waffenrock; und die fünf von senen blutigen Fingern herrührenden roten Streifen,
die sich auf diesem zeigten, blieben fortan das Wappen dieses Geschlechtes.
Hier liegt eine Verwechslung mit dem Wappen der Familie v. Aiswein vor, welche
das letztgedachte Wappen führt. Die von Nostitz, auch die Freiherren und Grafen
*) Ilgen, Th., Die ältesten Grafen von Berg und deren Abkömmlinge, die Grafen von
Altena (Isenberg-Limburg und Mark). Ein Beitrag zur Legendenbildung, ZBG NF 26, 14 ff.
2 ) Graesse, Geschlechts-, Namen- und Wappensagen, S. 29. „Aus dem Archiv der
Familie v. Carlowitz". Dresden 1875, S. IV.
141
dieses Namens, führen vielmehr im blauen Schilde zwei rot und weiß abgeteilte,
auswärts gekehrte Hörner. 1 )
Manche falsche Familientradition mag im 16. und 17. Jahrhundert durch die
Informatoren der jungen Edelleute entstanden sein, die nach der Rückkehr von
der üblichen Kavalier-Reise in den adeligen Häusern die Stelle der geistlichen
Beistände, Schreibverständigen und Hausfreunde ausfüllten, in ihren Mußestunden
die Geschichte der Familie bearbeiteten und das, was sie nicht fanden, den Ur-
sprung des Geschlechtes, dazu erfanden. 2 )
Daß es auch richtige Familienüberlieferungen gibt, selbst wenn die betreffende
Familie darüber nichts Schriftliches in Händen hat, dafür diene als Beispiel die 3 )
dem allerältesten irischen Adel angehörige, im Staatsdienst des großbritannischen
Reiches und in der Literatur hochangesehene Familie Baron O'Byrn 4 ), deren
Angehörige seit 1724 im kurfürstlich, bzw. königlich sächsischen Kriegs- und
Hofdienst stehen. In den heutigen, im Königreich Sachsen lebenden Vertretern
dieser Familie hat sich die Tradition erhalten, daß während des Mittelalters
Glieder der Familie bis zur bischöflichen Würde aufgestiegen sind. Aus dem
großen Werke von Garns über alle bekannten Bischöfe der katholischen Kirche
lernen wir, daß diese Tradition vollständig richtig ist, ja daß sogar die Jahre der
Amtierung jener Bischöfe aus dem Geschlecht O'Byrn 5 ) bekannt sind. 6 )
J ) Die Gestaltung der Schildfigur derer von Nostitz bedarf noch genauer sphragistischer
Festlegung. In der Literatur wird sie bald als Elefantenzähne, bald als Steinbock- oder
Qemsenhörner, bald als Wildschweinszähne, bald als musikalische Zinnhörner angesprochen.
Kneschke, Adelslex. VI, 533; v. Hefner, Sachs. Adel S. 40. Vgl. auch die theologisch-
mystische Betrachtungsweise des Wappens bei Leonh. Dav. Hermann in seinem geistlichen
Wappenbrauch, „denen Christ-Edlen Gemütern, so solche (Wappen) führen, kürtzlich und
zufällig entworfen" (Jauer 1724).
2 ) H. v. P.-G., Geschichten schlesischer Familien, Vierteljahrsschrift für Heraldik, III,
1875, S. 32. Hier S. 46 ff . Literaturnachweise zur Gesch. des schles. Adels.
3 ) Das Folgende aus der Wissenschaftlichen Beilage der Leipziger Zeitung 1905, Nr. 104
wieder abgedruckt.
4 ) Das O im Namen O'Byrn ist irische Adelspartikel.
5 ) R. comte O'Kelly d'Aghrim, Essai historique sur l'Irlande, Bruxelles, 1837, S. 2.
Dod, Peerage, Baronetage and Knightage of Great Britain and Ireland for 1893, S. 592. —
Garns, Series episcoporum ecclesiae catholicae quotquot innotuerunt. Ratisbonae 1873. Ein
Mitglied der Familie O'Bryn, das lange in Indien gedient hatte, war 1881 — 88 Gouverneur
von Helgoland. Ein anderes Mitglied der Familie schrieb „Parliamentary history of the
Irishland question, London 1881. Nach der Reduktion Irlands gab es nur noch fünf privi-
legierte Familien, die im Besitze ihrer Güter blieben; und zu ihnen gehörten auch die
O'Brien (= O'Byrn). — Nach Murray, The ecclesiastical history of Ireland, London 1848,
S. 128 genoß die Familie einen speziellen gesetzlichen Schutz.
6 ) Graesse, Th., Geschlechts-, Namen- und Wappensagen des Adels deutscher Nation.
Mit 178 Wappenbildern von H. Brückner, Dresden. — Gaudy, Freiherr Franz von, Schild-
sagen 1834. — Hesekiel, Wappensagen. Berlin, ohne Jahr. — Weininger, Hans,
Deutschlands Schild- und Wappensagen. Herald, genealog. Zeitschrift I, 1871, S. 99 ff. —
Realis, Heraldische Blumen. Geschichte und Sage. Wien 1840.
Die Eigennamen und der Gebrauch des Wortes „von".
Mit einer Übersicht über die Wörterbücher der deutschen Dialekte.
IE Namen haben etwas Dauerndes. Sie reichen in Zeiten zurück und
sind unter Verhältnissen entstanden, über die vielleicht gar keine oder
doch nur spärliche Nachricht auf uns gekommen ist. So ist der Reiz,
aus den Namen selbst Kunde aus jenen Zeiten und Verhältnissen zu
erhalten, groß; und mannigfache und erfolgreiche Unternehmungen dieser Art
liegen vor. Solche Deutung der Namen ist aber immer schwierig; und so konnte
es nicht wohl ausbleiben, daß durch vorschnelle und unrichtige Deutung der Namen
vielfach auch Irrtum verbreitet wurde. Die Verwertung unserer Personen- und Orts-
namen für die familiengeschichtliche Forschung erfordert genaue Kenntnis der
Lautgesetze und gründliches Studium der einschlagenden germanistischen Literatur.
Die Tatsache, daß uns die Bedeutung zahlreicher Familiennamen gegenwärtig
entschwunden ist, liegt vor allem in ihrem Alter. Dieselben sind vor einem
halben Jahrtausend festgeworden. Die Namen aber, die sich damals als Familien-
bezeichnungen festsetzten, sind nicht erst damals auch entstanden, sondern
gehen als Personennamen meist höher hinauf, bis in die Zeiten der Völker-
wanderung. Nun haben aber die Eigennamen mit der stetigen Weiterentwicklung
der Sprache nicht gleichen Schritt gehalten, sie sind je länger, je weniger mitge-
gangen, zumal seit sie als Familiennamen fest geworden. Die Veränderungen,
welche die Sprache zu erleiden gehabt, haben sie als das geheiligte Eigentum des
einzelnen nicht gleichzeitig mitgemacht, sie sind stehen geblieben; die Stürme
der Zeiten, welche die alten Sitten und Weisen hinweggefegt, haben sie nur wenig
berührt. So stehen die Namen da, gleich den Ruinen der Ritterburgen, als Zeugen
einer längst vergangenen Zeit. Als die Namen sich bildeten, waren die verschie-
denen Mundarten Deutschlands noch in voller Blüte, eine allgemein herrschende
Schriftsprache war noch nicht vorhanden. So setzten sich die Familiennamen für
jede Landschaft zunächst in der dort verbreiteten Mundart fest. Dazu kommen
bei den deutschen Familiennamen zahlreiche slavische und romanische Einflüsse.
Seit dem Ende des 10. Jahrhunderts wurden in Deutschland und Frankreich
die Personen in den Urkunden oft durch Anmerkung ihrer Heimat, meist mit de,
selten im Adjektiv, näher bestimmt, z. B. Herbertus Britto, Thomas de Maila.
Dieser Zusatz wurde zuerst in den oberen Kreisen allgemeiner, wo er nicht nur
den Wohnsitz, sondern auch die Herrschaft bezeichnet, und mit dieser auf die
143
Nachfolger überging. Seit etwa dem Anfang des 11. Jahrhunderts begannen
Grafen und Edle ihre Herrensitze im Tale zu verlassen, auf den Höhen feste
Burgen zu bauen und sich nach diesen zu benennen. Auch bei den niederen
Ständen befestigten sich mehr und mehr die persönlichen Heimatsbezeichnungen
zu erblichen Familiennamen. Hier ist zu beachten, daß es Familien gleichen
Namens gab, die keine Verwandtschaft miteinander hatten. Noch im 11. Jahr-
hundert begnügten sich in den Urkunden sehr viele mit Titel und Taufnamen,
auch Grafen und Edle. Erst seit der Mitte des 12. Jahrhunderts waren Familien-
namen bei diesen die Regel. 1 ) Doch war ein solcher die Örtlichkeit bezeichnen-
der Familienname ursprünglich noch nicht so befestigt, daß bei einem Wechsel
des Besitzes die Familie ihn beibehalten hätte; vielmehr wurde in solchen Fällen
auch der Name vertauscht. So führten z. B. die Freiherren von Attinghausen
diesen Namen erst seit ihrer Übersiedelung nach Uri; vorher hießen sie nach
ihrer Stammburg im Emmental die Freien von Schweinsberg. So hießen die von
Löwenstein früher Bischofshausen von Bischofshausen, jetzt Bischhausen an der
Schmalm; als sie aber im 13. Jahrhundert ihre neue Burg erbauten, nahmen sie
ebenfalls die neumodische Benennung an. Diese Weise wurde aber auch von
Leuten nichtritterlichen Stundes frühzeitig befolgt, indem sie sich nach ihrem
Stammorte oder ihrem Wohnsitz benannten. Wer aus einem fremden Ort zuzog,
wurde beim Eintragen in den Bürgerrollen am einfachsten nach dem Orte be-
zeichnet, aus welchem er kam. So sind in den Bürgerrollen von Nordhausen aus
dem 13. und 14. Jahrhundert Personennamen, aus von (oder lateinisch de) und
einem Ortsnamen gebildet, die gewöhnlichste Bezeichnung, z. B. Henricus de Er-
fordia, Ludovicus de Molhusen. Das „von" fiel später nach und nach weg. In
Nordhausen z. B. hatten von 27 Mitgliedern des Rates i. J. 1385 noch 13 das
„von" mit einem Ortsnamen, dagegen 1401 nur 7, 1421 nur 2, 1475 noch einer,
endlich 1484 keiner, obwohl nicht weniger als sieben einen Ortsnamen als Fa-
miliennamen führten.
Die Spaltung größerer Geschlechter in Linien oder andere Ursachen bis in
die neueste Zeit, verursachten die Beifügung von unterscheidenden Beinamen,
welche dann mitunter den eigentümlichen Familiennamen verdrängten. So ent-
standen Bezeichnungen, wie Burkhard Hörauf von Seckendorf 1349 (Looshorn,
Geschichte des Bistums Bamberg 3, 215) oder Konrad von Seckendorf, Aberdar
genannt, Landrichter zu Nürnberg 1380. Ferner Johann Rosenthal dictus de Plesse
1306 (Riedel, codex dipl. Br. 1, 2, 371), Johannes Hildebrand alias dictus Duvel
1404 (ebd. 1, 6, 360), Haintz Klemm genannt Kläbsattel 1380 (Reutl. Gesch.-Bl.
1892, S. 41), Henne v. Ockenheim, den man nennt Heiseweck 1403 (Reg. Ruperti
Nr. 1471). Eine zunächst ohne Zutun des Beteiligten entstandene Namensände-
rung ist bei dem ersten Rektor der Universität Frankfurt a. O. festzustellen.
Dieser, Konrad Koch, wurde nach seiner Heimat Wimpfen als Konrad Vimpina
bezeichnet und 1517 ließ er selbst seinen Sohn als Sebastian Heinrich Vimpina
in die Matrikel eintragen.
In Gegenden, in denen die Zahl der seit Urzeiten angesiedelten Geschlechter
*) Lorenz, Lehrbuch der gesamten wissenschaftlichen Genealogie 1898, Seite 177 f.
144
eine beschränkte blieb, wurde man dazu gedrängt, die einzelnen Familien durch
Beifügung des Wappenbildes oder der Heimstätte auseinander zu halten. So
finden wir in Zürich nach dem Wappen: Escher vom Luchs, Escher vom Glas,
Keller vom Schlüssel (jetzt Steinbock), Wolken-Keller, Rosen-Meyer und Hirschen-
Meyer, oder nach der Zunft: Weggen-Meyer. Nach dem Hause unterschied man
dann weiter: Escher im Brunnen, Escher im Wollenhof, v. Muralt im Schwarzen
Garten, Pestalozzi in Thalhof, v. Schulthiß-Rochberg, Stocker im Brag, Ziegler
im Pelikan.
Ähnlich wie die Familiennamen ist auch ein zweiter Vorname zum Teil ganz
unbeabsichtigt hervorgerufen worden. Man bezeichnete Söhne bekannter Männer
gern durch Zufügung von ihres Vaters Namen. Looshorn, Geschichte des Bis-
tums Bamberg 3, 159 gibt eine Liste adliger Knaben, welche 1339 Kanoniker
von Bamberg wurden; wir nennen daraus:
Eberard, Sohn Eberhards v. Randecks,
Ludwig, Sohn Ludwigs v. Hohenloch,
Albert, Sohn Leupolds v. Wolfstein.
Hierdurch mag mancher doppelter Vorname entstanden sein. Nicht selten mögen
ferner Erbnamen oder Namen, welche in einer bestimmten Familie besonders
häufig vorkommen, die Zufügung eines zweiten Vornamen an erster oder zweiter
Stelle herbeigeführt haben. Solche Namen sind Otto bei dem Straßburger Ge-
schlecht Friedrich, Eitel bei den Hohenzollern, Heinrich bei den Fürsten von Reuß,
Eitel und Bilgeri bei den Hödorff, Blicker bei den Landschaden u.a.m. 1 )
Für den Adel war es durchaus unmaßgeblich, ob sein Name mit oder ohne
„von" gebildet war. Es gab eine große Anzahl adeliger Geschlechter, welche
dieses Prädikat, der Bedeutung ihres Namens gemäß, nicht führten, ohne daß
deshalb der geringste Zweifel an ihrer adeligen Stellung entstanden wäre. Seit
etwa 1350 ward es langsam üblich, daß auch diejenigen Geschlechter, welche
ein „von" vor ihrem Namen führten, dies wegließen und sich einfach mit ihrem
Vornamen und direkt nachgestelltem Nachnamen nannten. Die Ursache hierzu
war vermutlich das Aufblühen des Bürgertums und Städtewesens zu jener Zeit,
die Übersiedlung altadeliger Geschlechter in die Städte und Übernahme der städ-
tischen Regierung durch dieselben. Beispiele für ein solches Nichtführen ihres
Adelsprädikates bieten z. B. folgende Geschlechter, deren Namen sinngemäß das
„von" verlangten: Carlowitz, Eichendorff, Gersdorff, Miltitz, Nauendorff, Seide-
witz, Wolfersdorff, Zeschau und viele andere. Dieser Umstand trug dazu bei,
daß der Unterschied zwischen dem niederen Adel und dem vornehmen Bürger-
stande, dem Patriziate 2 ), eine Zeit lang fast aufgehoben war. Zur Reformations-
x ) Klemm, Curt, Über doppelte deutsche Vornamen, Zeitschrift des Vereins für Volks-
kunde, Heft 4, 1897; Ebengreuth, A. Luschin v., Zur Geschichte unserer mehrfachen
Vornamen, MAW NF 6, 173 ff ; Hackemann, A., in der Dezember-Nummer 1906 der Zeit-
schrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins.
2 )Roth von Schreckenstein, Das Patriziat in den deutschen Städten, besonders
Reichsstädten. 2. Ausg. Freiburg 1886. — Foltz, Beiträge zur Geschichte des Patriziates in
den deutschen Städten. Marburg 1899.— Wilh. Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechts-
geschichte. 5. Aufl. 1907, S. 654. — Nathusius-Neinstedt, H. v., Ritterbürtige Familien
unter den Geschlechtern der deutschen Städte im Mittelalter. Berlin 1889.
145
zeit trat eine Reaktion ein. Nach und nach nahmen während der folgenden 200 Jahre
nicht nur viele derjenigen Familien, welche sich von 1350 des Prädikates „von"
bedient hatten, dieses wieder auf, sondern überhaupt fast alle Familien, die sich
zu dem Adel gerechnet wissen wollten, selbst wenn das Prädikat „von", das doch
den Besitz eines Ortes oder die Herkunft von einem Orte ausdrückt, widersinnig
vor ihrem vielleicht einen bürgerlichen Beruf bezeichnenden Namen war. Die
Ursache zu dieser Reaktion lag, abgesehen von der ohne Zweifel vorhandenen
Überzeugung des Adels, daß sie zur Selbsterhaltung notwendig sei, noch beson-
ders in der Initiative der Höfe. 1 )
Heutzutage scheint vielen das Prädikat „von" als die zuverlässige und voll-
kommene internationale, weil bereits vor den Namen fast aller Nationalitäten, die
rumänische, griechische und japanische nicht ausgenommen, zu findende Adels-
bezeichnung. Allein diese Anschauung, als beweise das Wörtchen „von" den
Adel, ist durchaus irrig. Wie das französische „du" und „de la" und das nieder-
ländische „van" äußerst häufig bei rein bürgerlichen Familien vorkommt, so gibt
es auch in Deutschland, besonders in den nordwestlichen Gegenden, gegenwärtig
nicht weniger als 100000 bürgerliche Familien 2 ) mit dem Wörtchen „von". In
Chemnitz gibt es zum Beispiel eine bürgerliche Familie „von der Horst", in
Berlin eine adelige gleichen Namens. Die Rangliste der Preußischen Armee be-
zeichnet das Adelsprädikat mit „v.", schreibt dagegen bei bürgerlichen Familien
das Wort „von" aus, z. B. „von Aspern" (vgl. Genealog. Handbuch bürgerlicher
Familien Band IV, Berlin 1896). Es kommt auch vor, daß das Wort „von" mit
dem darauf folgenden Wort zu einem neuen Wort zusammen genommen wird,
so bei der bürgerlichen Familie „Vonhof", die sich auch durch die Schreibweise am
Ende des Namens von der adeligen Familie „von Hoff" unterscheidet.
Der Name allein beweist also über die adelige Herkunft der Familie nichts.
Ein sehr einleuchtendes Beispiel bietet der Name „von Geldern". Eine Reihe
von Trägern dieses Namens, z. B. der Kgl. Sächsische Finanzrat Dr. von Geldern-
Crispendorf, ist adlig auf Grund des von dem Fürsten Heinrich von Reuß am
28. März 1846 erteilten Adelsrenovations-Diploms. Schon das Wappen dieser
Linie spricht gegen die Annahme, daß dieselbe etwa mit den älteren oder neueren
Grafen von Geldern eines Stammes sei. In Preußen giebt es verschiedene Fami-
') von Braunsdorff, Über den Nichtgebrauch des Adelsprädikates seitens des niederen
sächsischen Adels. Dresden 1896.
2 ) Dieses „von" bei bürgerlichen Familien ist nur Namensbestandteil. Die Vertreter
der Ansicht, daß die Bezeichnungen „von", „auf", „aus", „zu" dies auch bei adeligen Fami-
lien oder wenigstens bei denen des Uradels seien, vgl. insbesondere von Bülow, Über den
Erwerb eines adeligen Familiennamens durch Annahme an Kindesstatt nach dem bürger-
lichen Gesetzbuche, in der Deutschen Juristenzeitung 1896, S. 132 und in der Deutschen Juristen-
zeitung 1900, S. 373 v. Bülow, Krückmann und Opet, Gutachten zum 24. Juristentag
Bd. III, S. 177 ff. stehen u. a. gegenüber von Staudinger, Juristenzeitung 1898, S. 362. —
Sohm, Juristenzeitung 1899, S. 8. — Bornhak in Schulzenstein und Keil's Verwaltungsarchiv
Bd. 8, S. 48; der 25. Juristentag hat sich im Jahre 1900 nach sehr eingehender Befürwortung
von Gierke, Wilke, Kekule von Stradonitz und anderen mit großer Mehrheit dafür
entschieden, daß überwiegende Gründe dafür sprechen, bei adeligen Familien auch das ein-
fache „von" heute als bloßes Adelszeichen zu betrachten.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 10
146
lien des Namens „von Geldern", „van Geldern", „van Gelder" usw., deren Mit-
glieder fast durchgehend dem Arbeiter- oder kleinbürgerlichen Stande angehören;
beispielshalber sei noch angemerkt, daß im nördlichen Teile der Provinz Han-
nover Vertreter bürgerlicher Familien des Namens „von Geldern" vorkommen;
ebenso gibt es in Köln und Umgegend eine weitverzweigte bürgerliche Familie
„von Geldern" israelitischer Abstammung.
Eine besondere Erwähnung verdient der Brauch, der bei der Erteilung von
Briefadel von der Wiener Kanzlei geübt wurde, da ohne Kenntnis dieses Brauches
jemand leicht bei dem Bestreben, seine Familiengeschichte aufzuhellen, auf Irr-
wege geraten kann. Es war nämlich Praxis, daß, wenn Personen geadelt wurden,
ihrem Namen ein Ortsname, ich möchte lieber sagen ein örtlicher Name angefügt
wurde. Und zwar galt die Bestimmung, daß das immer ein erdichteter Ortsname
sein mußte. Auf diese Weise sollte einer Verwechslung vorgebeugt werden. Also
z. B. wenn ein Müller geadelt wurde und wünschte den Namen Müller von Rosen-
berg, so ging das nicht, weil es Orte dieses Namens gab; wenn er aber Müller
von Rosenstein heißen wollte, so wäre das bewilligt worden, wenn Orte dieses
Namens im Reiche nicht existierten. Es war sehr gebräuchlich, solche erdichteten
Ortsnamen dem Familiennamen anzuhängen. Diese Idee des erdichteten Herr-
schafts- und Ortsbegriffes ist freilich in der Praxis der Wiener Kanzlei so weit
geschwunden, daß man dazu gekommen ist, Namen wie „Kadich Edler von Pferd"
zu bilden, weil der Betreffende sich für Pferdezucht interessierte; wenn aber ein
Ort „Pferd" zufällig in dem Bereiche der Österreichich-ungarischen Monarchie
vorhanden gewesen wäre, so würde man auch diese Namensform vermieden
haben.
Im südlichen Europa ist zwar die Adelspartikel dieselbe wie im übrigen
Europa: de, di, aber sie kommt hier offiziell beinahe aus dem Gebrauch. 1890
bedienten sich, nach dem Gothaischen Hofkalender, von den 70 Provinzial-
präfekten in Italien nur 2 des Vorwortes, in Spanien von den 51 Gouverneurs 5.
Was Italien angeht, kann man hier Venedig als Spiegel für das ganze Land an-
nehmen, teils weil hier der Begriff von Adel durch das Goldene Buch scharf
bestimmt war, teils weil hier die Data hoch hinaufreichen. Die Namen der
12 nobili, die im Jahre 692 den ersten Dogen wählten, waren alle einfach. Wohl
führten mehrere von ihnen während der Blüte Venedigs auch auswärts hohe Titel,
Catharina Cornaro war sogar Titularkönigin von Zypern. In Venedig blieb aber
der Name einfach, wenn die Familie auch noch so angesehen, wenn sie auch
mehrmals bis zur Herzogswürde aufgestiegen war. Und so oder ähnlich war es
auch in Genua und in den anderen Republiken und auch bei den Dynastien im
mittleren Italien; das de, di kommt wohl vor, aber niemals als Zeichen des Adels,
sowohl bei den Medici als bei den Visconti etc. Auch noch heute legen die
Nachkommen, wenn auch hoch in Rang und Ehre, Wert darauf, die einfachen
Namen ihrer Vorfahren unverändert zu behalten. Es heißt einfach : Don Giovanni
Doria Pamphili Laudi, Fürst von Molfieto, Don Philippo Orsini, Herzog von
Gravina, Don Giovanni Antonio Colonna, Herzog von Cesaro, ebenso all die
höchsten Familien.
In Frankreich finden wir für das Mittelalter dasselbe Verhältnis. Die Namen
147
der alten normanischen Ritter waren alle einfach, aber am Ende des Mittelalters
kam das Vorwort mehr und mehr auf, es ward Privilegium des Adels.
In Spanien sind die mittelalterlichen Namen einfach: Maurique, Henrique;
auch der Cid, in welchem im 12. Jahrhundert das Rittertum seinen Gipfel er-
reichte, führte keinen weiteren Namen als Ruy (Rodrigo) Diaz; das hinzugefügte
de Bivar bedeutet nur seinen Geburtsort, den Flecken dieses Namens. In der
Neuzeit findet sich hier, ebenso wie in Frankreich, der Gebrauch, die Adels-
qualität der Familien durch ein dem Namen angehängtes, und zwar vorgesetztes
Zeichen auszudrücken, und zwar mit demselben Vorwort, dem modernen de, das
im Latein sowohl mit ab als mit de korrespondierte. Die Sitte hat sich hier so
festgesetzt, daß selbst die Kaiserin Eugenie sich nicht Guzman, sondern „de Guz-
man" unterschrieb. 1 )
Die sehr ausgebreitete Literatur über deutsche Namenkunde findet man ver-
zeichnet an folgenden Stellen, die sich gegenseitig ergänzen:
Förstemann, Altdeutsches Namenbuch I, 2, Personennamen, 1900, Vorwort.
So ein, Mittelhochdeutsches Namenbuch. Basel, Hilbing & Lichtenhahn, 1903.
Bahder, H. von, Die deutsche Philologie im Grundriß. Paderborn 1883.
Jahresbericht über die Erscheinungen auf dem Gebiete der germanischen
Philologie, herausgegeben von der Gesellschaft für deutsche Philologie in Berlin.
Dresden und Leipzig. Verlag von Reissner.
Richter, Bibliotheca geographica Germaniae. Literatur der Landes- und
Volkskunde des Deutschen Reiches. Leipzig 1896, S. 462 ff.
Unter den Zeitschriften, welche einschlagende Arbeiten bringen, ragen
hervor: 2 )
Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, heraus-
gegeben von E. Schroeder und G. Roethe.
Zeitschrift für deutsches Altertum, herausgegeben von Haupt.
Leipzig 1841 ff.
Zeitschrift für deutsche Philologie, herausgegeben von Höpfner und
Zacher. Halle 1869ff.
Zeitschrift für deutsche Sprache, herausgegeben von Sanders. Ham-
burg 1887 ff.
Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur von
Paul und Braune. Halle 1874ff.
J ) Mensinga, Die Adelspartikel im südlichen Europa, VJH 20, 15 ff.
2 ) Aus der übrigen Zeitschriftenliteratur seien noch erwähnt: Steinhausen, Vornamen-
studien in: Zeitschrift f. d. dtsch. Unterricht 1893, S. 616 ff. — Tille, Weibliche Vornamen,
ZKu 5, 173 ff. — Zur Gesch. d. dt. Personennamen in: Archival. Zeitschr. 1897, S. 243 ff. —
Köcher, Die Taufnamen, in: Pfarr-Haus 1891, S. 113ff. — Zehntbauer, Richard J., Öster-
reichische Verwaltungsmaßregeln auf dem Gebiet des Namenwesens in der 2. Hälfte des
18. Jahrh., Monatsblatt der Gesellsch. „Adler" in Wien V, 253 ff. — Witte, Hans, Wendische
Zu- und Familiennamen aus mecklenburgischen Urkunden gesammelt und mit Unterstützung
des Herrn Prof. Dr. Ernst Mucke in Freiberg (Sachsen) bearbeitet, VMG 1906. — Von dar-
stellenden Büchern nenne ich beispielshalber nur Heintze, Albert, Die deutschen Familien-
namen geschichtlich, geographisch, sprachlich. Dritte verbesserte und sehr vermehrte Auf-
lage. Hsg. v. P. Cascorbi. Halle a. S. 1908.
10*
148
Bericht über die Erscheinungen auf dem Gebiete der germanischen Philo-
logie. Leipzig, Reisland.
Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und
Altertumsvereine, herausgegeben von P. Bai Heu. Berlin. 1 )
Zahlreiche Beiträge zur Namenkunde sind auch in den Veröffentlichungen
der Altertumsvereine enthalten. 2 )
Hier soll noch, im Anschluß an Lorenz, Lehrbuch der gesamten wissen-
schaftlichen Genealogie, S. 180 ff., auf einige sprachliche Schwierigkeiten hingewiesen
werden, die sich dem Genealogen bei der Aufstellung seiner Stammtafeln besonders
häufig ergeben. 3 )
1. Die Geistlichen führen nicht nur in den Klöstern lediglich einen Vor-
namen, der oftmals beim Eintritt in den geistlichen Stand erst angenommen
worden ist. Weltgeistliche führten auch im Mittelalter zuweilen einen Familien-
namen, aber der hohe Klerus bediente sich in der neuesten Zeit offiziell lediglich
des geistlichen Vornamens.
2. Der Mangel an Interpunktion in Urkunden führt leicht zu dem Irrtum,
daß zwei oder drei Namen als einer Person zugehörig betrachtet werden. Doppelte
Vornamen sind aber in Deutschland bis zum 13. Jahrhundert sehr selten, etwas
häufiger schon im 13. Jahrhundert, so begegnet in Mühlhausen in Thüringen
1220 Heinrich Bote von Frauenstein, 1286 Hermann Wolf von Hagen, 1296 Bert-
hold Gulo von Eckardsberge. Nach dem deutschen Norden verbreitet sich der
Gebrauch zweier Vornamen nur ganz allmählich. So liefert uns das Verzeichnis
der pommerschen Stände, welche im Jahre 1500 dem Kurfürsten Joachim von
Brandenburg und seinem Hause die Erbfolge sicherten, auch nicht ein einziges
Beispiel. Aus Sachsen finden wir die neue Sitte beim Adel befolgt in folgenden
Namen: um 1500 Hans Sigmund von Feilitzsch, 1510 Hans Georg von Reitzen-
stein und Thomas Otto von Schönberg, 1517 Georg Friedrich und Hans Heinrich
von Krockow, 1519 Josef Levin Metzsch, Meissnischer Rat, später Pastor in Milau. 4 )
*) Vgl. z. B. im 51. Jahrg. Nr. 8: Wä senke, H., Orts-, Flur- und Personennamen-
forschung.
2 ) J. Müller, Die wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften Deutschlands im
19. Jahrh. Bibliographie ihrer Veröffentlichungen seit ihrer Begründung bis auf die Gegen-
wart. Berlin 1883—87. — Hettler, Aug., Jahrb. d. deutschen historischen Kommissionen,
Institute und Vereine des Deutschen Reiches und der deutschen Sprachgebiete des Auslandes.
Halle a. S. 1004. — Schwerdfeger, Jos., Die historischen Vereine Wiens 1848 bis 1008
Wien 1008 (Festschrift zum 60jährigen Kaiserjubiläum). — R. de Lasteyrie et F. Lefevre-
Pontalis, Bibliographie des travaux historiques et archeologiques publies par les societes
savantes de la France. T. 1—3. Paris, seit 1888.
3 ) Über latinisierte, beziehentlich gräzisierte Namen vgl. Körner, Der deutsche Herold
1000, S. 31 ff., und Sembritzki, ebenda 1001, S. 120f. — Über Pseudonyme gibt es folgende
Orientierungsmittel: Zirka 3000 häufiger vorkommende Pseudonyme vornehmlich deutscher
und österreichischer Schriftsteller, in: Wer ist's? Unsere Zeitgenossen. Zeitgenossenlexikon II
1006, S. 84 ff., seitdem wiederholt in neuer Auflage erschienen. — Holzmann, M., Deutsches
Pseudonymenlexikon. Wien 1006. — Weller, Lexikon pseudonymorum. Wörterbuch der
Pseudonymen aller Zeiten und Völker. Regensburg. — Über Anonyme vgl. M. Holzmann
und H. Bohatta, Deutsches Anonymen-Lexikon. Weimar.
*) Klemm im Deutschen Herold 26, 1805, S. 106ff., 111 ff.
149
3. In den älteren Urkunden werden die Taufnamen, selbst die der höchsten
Personen, meist nur als Sigle verzeichnet. Auch die Zeugen werden nur nach
ihrem Standescharakter unter bloßer Anführung eines Anfangsbuchstabens als Be-
zeichnung für den Namen mitgeteilt. Hierüber kann nur die Spezialdiplomatik
und die aus sonstigen Quellen und Schriftstellern zu schöpfende Familiengeschichte
Aufschlüsse geben. 1 )
4. Das immer wiederholte gleichmäßige Vorkommen desselben Vornamens
in vielen Familien hat sehr viele Irrtümer in den Genealogien veranlaßt, die nur
durch die größte Sorgfalt vermieden werden können. Es genügt, auf die Namen
Berthold bei den Zähringern, Hermann bei den älteren Badensern und Heinrich
bei den Reußen hinzuweisen.
5. Schwankende Schreibart der Tauf- und Familiennamen, Anwendung von
Abkürzungen und zahlreiche Koseformen machen die genealogische Überlieferung
oft so schwierig, daß sich Gatterer veranlaßt gesehen hat, ein „Alphabetisches
Verzeichnis von verkürzten oder auf andere Weise entstellten und unkenntlichen
Taufnamen" zusammenzustellen. Dasselbe genügt den heutigen Anforderungen
und dem jetzt vorliegenden Quellenmateriale nicht mehr.
Der Vorname war schon im Mittelalter nicht immer der des Taufpaten. 2 ) In
manchen Familien waren, wie noch jetzt, einzelne Vornamen vorzugsweise beliebt
und kamen daher immer wieder vor. Dies war jedoch im Mittelalter mehr als
heutzutage der Fall. Damals konnte in amtlichen Schriften ein Mann bloß mit
seinem Vornamen genannt werden. So erscheint in Frankfurt a. M. bei den
Knoblauchg in vier Generationen nacheinander der Vorname Jakob, bei denen von
Schwarzenberg in sieben Generationen Walther, bei denen von Rückingen in vier
Generationen Claus, bei den Stalburgern in sechs Generationen nacheinander eben-
derselbe Vorname, bei denen vom Rhein in ebensovielen Heinrich, bei den Neuhaus
in sechs Generationen Ulrich, bei den Frosch in ebensovielen Wicker, bei den
Orths endlich in sechs Generationen Philipp.
Nicht selten kommt es vor, daß zwei Geschwister ein und denselben Vor-
namen erhielten, und zwar gab man einem Sohne nicht bloß den Vornamen eines
bereits gestorbenen Bruders, sondern auch den eines noch lebenden. Man unter-
schied solche Geschwister durch Zusätze, wie der alte und der junge, der erste
und der andere, voneinander. So kommen z. B. in der Familie der Herren von
Kronberg um 1400 zwei Brüder Hartmuth vor. Andere Beispiele, aus der Frank-
furter Patriziergeschichte entnommen, sind folgende: Der Stadtschultheiß Sifried
zum Paradies hatte einen gleichnamigen jüngeren Bruder, welcher fast eben-
solange lebte als er; Jakob Knoblauch, der Freund der Kaiser Ludwig IV. und
J ) Zu der Geschichte der Familiennamen bieten die Urkundenbücher, insbesondere die
städtischen und die Traditionsbücher, hervorragendes Material. Sehr beachtenswert über
die Entwicklung der Namen ist Arnold, Geschichte der deutschen Freistädte II, S. 197ff.,
und über die zeitliche Folge des Vorkommens der Namen Höniger, Kölner Schreins-
urkunden des 12. Jahrhunderts I, 21 = Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Ge-
schichtskunde I, 1884.
2 ) Das Folgende nach Kriegk, Deutsches Bürgertum im Mittelalter, N. F. Frank-
furt a. M. 1871. Hierin: „Die Vornamen und Zunamen" S. 199ff.
150
Karl IV., hatte unter seinen Söhnen zwei, welche wie er Jakob hießen und beide
ihn um mehrere Jahrzehnte überlebten; in der Familie von Schwarzenberg kommen
im 15. Jahrhundert zwei Brüder Walther vor; in der Familie Rorbach gab es
1471 zwei Schwestern, welche Anna die Erste und Anna die Andere hießen; sogar
noch im 18. Jahrhundert hießen drei Brüder Orth, welche die letzten Sprößlinge
dieser Familie und alle drei Rechtsgelehrte waren, Johann Philipp.
Der im deutschen Mittelalter bei Leuten aller Stände am häufigsten vor-
kommende Vorname war Johann. Bei ihm war deshalb auch oft die Hinzufügung
eines Vorworts üblich, nicht bloß um Brüder, sondern auch um Nichtverwandte,
welche diesen Namen trugen, voneinander zu unterscheiden. Man bediente sich
hierzu meistens der vorgesetzten Wörter „groß" und „klein", und aus diesem
Gebrauche sind dann die Familienname Großjohann, Großhenne und Kleinhenne
entstanden.
Die Vornamen hatten im Mittelalter eine größere Wichtigkeit als heutzutage,
weil es damals in den Städten ebenso wie noch unlängst in vielen Dörfern üblich war,
daß die Leute einander nicht mit den Familien-, sondern mit den Vornamen anredeten,
ja sogar, wenn sie vor einer dritten Person jemand erwähnten, sich des letzteren
bedienten. Beides war nicht bloß in den unteren und mittleren, sondern auch in
den höheren Ständen gebräuchlich. Sogar in amtlichen Schriften und in den
Korrespondenzen städtischer Regierungsbehörden findet sich diese Sitte. In den
Frankfurter Bürgerbüchern des 14. Jahrhunderts z. B. werden die regierenden
Bürgermeister zuerst bloß mit ihren Vornamen angeführt. Noch im 16. Jahr-
hundert findet sich in den Frankfurter Ratsprotokollen der Syndikus Doktor Adolf
Knoblauch stets nur als Doktor Adolf angeführt. In seinen Briefen redete der
Frankfurter Rat bis zum Schlüsse des Mittelalters die Adressaten, wenn diese nicht
etwa Fürsten, Grafen oder Edelleute waren, stets mit ihrem Taufnamen und dem
vorgesetzten Worte „Lieber" an. Noch auffallender zeigt sich die damalige Be-
deutung des Vornamens darin, daß man auch die alphabetischen Namensverzeich-
nisse, welche zum Nachschlagen amtlicher Bücher angefertigt wurden, nicht nach
den Familiennamen, sondern nach den Vornamen (natürlich mit Beifügung von
jenen) machte. Selbst noch in den alphabetischen Registern der Frankfurter
Beedbücher von 1600 — 1608 sind die Leute nach ihren Vornamen eingetragen.
Die Verwandtschaftsverhältnisse der Einzelnen waren den Menschen des
Mittelalters bei ihrem beschränkten Gesichtskreise so bekannt, daß sie mitunter
einen Mann, welcher keinen Familiennamen hatte, nicht etwa durch Anführung
einer individuellen Eigentümlichkeit bezeichneten, sondern durch Angabe seiner
Verwandtschaft mit irgend einer anderen Person. So nennt z. B. in einer Urkunde
von 1318 sogar der Reichs- und Stadtschultheiß zu Frankfurt die beiden Verkäufer
bloß „Harplo genannt der Reynhern Eidam und Hedwig seine Gattin". Es gab
aber damals und selbst noch über hundert Jahre später gar manche Leute, welche
keinen Familiennamen hatten, sondern bloß ihren Taufnamen führten. Sogar in
einem Frankfurter Ratsprotokoll von 1453 kommt in betreff zweier Männer, welche
städtische Söldner zu werden wünschten, der so abgefaßte Beschluß vor: „den
czweien knechten, die nit namens han, den dienst abeslagen".
Auch in anderen Beziehungen gibt sich der geringe Wert zu erkennen,
151
welchen im Mittelalter der Familienname hatte. Nicht wenige Familien, selbst
solche von edler Herkunft, gaben die Namen ihres Geschlechtes ganz auf und
nannten sich nach ihrem Wohnort, d. h. der Burg, dem Orte oder der Stadt, in
welcher sie wohnten, oder auch nach dem von ihnen erkauften Wohnhause. Dabei
geschah es denn wohl auch, daß der ursprüngliche Familienname entweder für
die Nachwelt ganz unterging, wie in Frankfurt z. B. bei denen zum Hohenhaus,
zum Kranich und im Steinhaus, oder daß derselbe für immer aufhörte, geführt
zu werden. Das letztere war der Fall bei den Frankfurter Familien Bonach,
Mynner und Schurge, welche alle drei von einem Hause den Namen von oder
zu Lichtenstein annahmen, während andere den Familiennamen doch mit dem
Hausnamen verbunden zu führen pflegten, wie die Inkus zu Schwanau. Von
manchen Familien, z. B. von der zum Rebstock (im 13. und 14. Jahrhundert)
weiß man, da sich von ihnen kein Siegel erhalten hat, nicht einmal, ob der Name,
welchen sie führten, ihnen vom Hause oder umgekehrt diesem von ihnen gegeben
worden ist.
Selbst Brüder kommen mit verschiedenen Zunamen vor, weil jeder von ihnen
sich nach seinem Wohnhause benannte. Manche behielten, sogar nachdem sie
ihr Haus verkauft hatten, den Namen desselben bei, während auch der neue Be-
sitzer sich nach diesem benannte.
Noch ist zu bemerken, daß die Feststellung des Wortbegriffes und der Her-
leitung vieler mittelalterlicher Namen durch den Umstand erschwert wird, daß,
weil man damals nicht so viel wie jetzt schrieb, die Form eines Namens im
Munde der Menschen sich leicht umwandelte. Drei Beispiele aus frankfurtischen
Urkunden werden genügen, dies nachzuweisen. Am Schluß des 14. Jahrhunderts
befand sich unter den dortigen weltlichen Richtern einer, dessen Name in folgenden
drei Formen vorkommt : Krauesel, Krauweyse, Krauisen. Ferner ist im Beedbuch
von 1495 ein Schreiner mit dem Namen Hans von Castel eingetragen, in denen
der nächsten zwei Jahre aber heißt er Hans im Casten. Der Frankfurter Gast-
wirt, bei welchem Luther 1521 eingekehrt war, führte die beiden Namen Wolf
Parentes und Johann Bronner, und in zwei vorhandenen Briefen desselben ist
der eine mit Johann Pronner, der andere mit Johann Bronnel unterschrieben,
welche doppelte Schreibung Sprachkennern leicht erklärlich ist. Noch führen wir
schließlich an, daß ein im Beginn des 15. Jahrhunderts oft erwähnter Kustos des
Bartholomäus-Stiftes, welcher jahrelang mit dem Rat in erbittertstem Streite
lag, bald Clas Gerstung (wie er eigentlich hieß), bald Clas Gerstenesel genannt
wird. Die letztere Benennung beruhte offenbar nicht auf Mißverständnis, sondern
auf Haß und auf der am Ende des Mittelalters herrschenden Neigung zum Spotte.
Wie häufig bei Nachforschungen sprachgeschichtlicher Art, so ist ganz be-
sonders bei der Namenforschung, wie schon kurz bemerkt wurde, auf die Ver-
schiedenheiten der Dialekte ein sorgsames Studium zu verwenden. 1 ) Wenn fest-
gestellt ist, wo die Heimat der Familie lag und wie die ursprüngliche Gestalt
ihres Namens beschaffen gewesen ist, wird man sich die Frage vorzulegen haben,
welchem der vielen Dialekte der großen deutschen Sprache die Namengebung zu-
») Schröder, Edw., MIÖQ 16, 20.
152
zuweisen ist. Dann wird sich an der Hand des einschlagenden Dialektwörter-
buches und unter genauer Beachtung der Gesetze der Lautverschiebung die ur-
sprüngliche Bedeutung des Namens mit mehr oder weniger großer Sicherheit
feststellen lassen. Wie notwendig das Studium der deutschen Dialekte für den
Familienforscher ist, möge folgendes Beispiel andeuten: Ein eingewanderter Kol-
berger Schulrektor bemerkte zu den Worten „Henric van dages decanus" einer
Urkunde, eine Familie van Dages könne er nicht nachweisen. Er wußte nicht,
daß „van (wan) dages" im Niederdeutschen so viel bedeutet wie „weiland" oder
„vor Zeiten". 1 ) Die Dialektwörterbücher gehören also zu dem notwendigsten
Handwerkszeug des Familienforschers. Deshalb folgt hier eine Zusammenstellung
der einschlagenden Literatur.
Dialektwörterbücher.
Mentz, Ferd., Dialektwörterbücher und ihre Bedeutung für den Historiker,
DGB 5.
Mentz hat auch ein möglichst vollständiges Verzeichnis der Literatur über die deutschen
Mundarten („Bibliographie der deutschen Mundartenforschung") 1892 als 2. Band der von
Otto Bremer herausg. „Sammlung kurzer Grammatiken deutscher Mundarten (Leipzig, Breit-
kopf & Härtel) erscheinen lassen und in der Zeitschrift „Deutsche Mundarten" (Wien, Fromme)
fortgesetzt. Vgl. auch Diefenbach, Lor., u. Wülcker, Ernst, Hoch- und niederdeutsches
Wörterbuch der mittleren und neueren Zeit. Zur Ergänzung der vorhandenen Wörterbücher
insbesondere des der Gebr. Grimm (Basel 1885, B. Schwabe).
Hochdeutsches Gebiet.
(Ober- und mitteldeutsche Mundarten.)
Über hochdeutsche Lexica sei auf Dahlmann-Waitz-Brandenburg, Quellen-
kunde der deutschen Geschichte, Leipzig 1906, Nr. 128 ff., verwiesen. Hier nenne
ich nur die beiden großen, epochemachenden Werke: Mittelhochdeutsches Wörter-
buch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke aus-
gearbeitet von Wilhelm Müller. I 1854. II u. III von Wilh. Müller u. Frdr.
Zarncke. II 1863. III 1861. Leipzig, Hirzel. — Math. Lexer, Mittelhochdeutsches
Handwörterbuch. Zugleich als Supplement und alphabetischer Index zum mittel-
hochdeutschen Wörterbuch von Benecke-Müller-Zarncke. Leipzig, Hirzel. 1872.
76. 78.
Schweiz. Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen
Sprache. Gesammelt auf Veranstaltung der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich
unter Beihilfe aus allen Kreisen des Schweizervolkes. Frauenfeld, H. Huber.
Dieses umfangreichste aller bis jetzt vorhandenen mundartlichen Wörterbücher umfaßt
das Gebiet der deutschen Schweiz und ihre Kolonien im Süden des Kantons Wallis. Außer
der gegenwärtigen schweizerischen Volkssprache ist auch die ältere schweizerdeutsche Litera-
tur berücksichtigt. Das Werk sammelt u. a. auch solche Eigennamen, deren appellative Natur
noch deutlich erkennbar ist, sowie die Kose- oder Kurzformen der Personennamen.
Stalder, Frz. Jos., Versuch eines Schweizerischen Idiotikon mit etymolo-
gischen Bemerkungen untermischt. Samt Skizze einer schweizerischen Dialektologie.
x ) Jahrbuch des Ver. f. niederdeutsche Sprachforschung XIII, 1887, S. 35.
153
I, II (Basel und Aarau, S. Flick, 1806; Aarau, H. R. Sauerländer, 1812. —
Hunziker, J., Aargauer Wörterbuch in der Lautform der Bernauer Mundart. Im
Auftrage der Kantonalkonferenz verfaßt. Aarau, H. R. Sauerländer, 1877. —
Tobler, Titus, Appenzellischer Sprachschatz. Eine Sammlung appenzellischer
Wörter, Redensarten, nebst analogischer, historischer und etymologischer Be-
arbeitung einer Menge von Landeswörtern. Zürich, Orell, Füßli & Co., 1837. —
Schmidt, Sam., Idioticon Bernense. Mitgeteilt von Titus Tobler. Nürnberg 1857.
Erschien zuerst in der Zeitschrift „Die deutschen Mundarten", Bd. II — IV.
Bühl er, V., Davos in seinem Walser Dialekt I. Lexikographischer Teil.
Heidelberg, Selbstverlag (Aarau, H. R. Sauerländer), 1870.
Elsaß. Martin, E., und Lienhart, H., Wörterbuch der elsässischen Mund-
arten. Im Auftrage der Landesverwaltung von Elsaß-Lothringen. Straßburg,
Trübner, 1. Bd., 1879 (A.E.I.O.U. F.V.G.H.J. K.L. M. N.). — Scherz ii, Johannis
Georgii, Glossarium Germanicum medii aevi potissimum dialecti Suevicae, ed. Jer.
Jac. Oberlinus. 1781, 1784.
Fleißige Benutzung der damaligen Straßburger Handschriften.
Schmidt, Charles, Historisches Wörterbuch der elsässischen Mundart mit
besonderer Berücksichtigung der früh-neuhochdeutschen Periode. Aus dem Nach-
laß. Straßburg, J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1901.
Trotz großer Lücken und trotzdem, daß der Verf. kein geschulter Germanist war, ist
das Werk für jeden, der sich mit älteren elsässischen Texten beschäftigt, unentbehrlich.
Schmidt, Charles, Wörterbuch der Straßburger Mundart. Aus dem Nach-
laß. Straßburg, J. H. Ed. Heitz (Heitz 8: Mündel), 1896.
Mit reichlicher Zuziehung älterer Schriftsteller und Urkunden. Ergänzungen zu Schmidts
Wörterbuch bei Halter, Die Alemannische Mundart. Hagenau-Straßburg (Straßburg, Wörter-
verzeichnis S. 135 — 197). Vgl. auch das Glossar zu den Straßburger Chroniken von
C. Schröder (Die Chroniken der deutschen Städte IX, S. 1079—1134).
Henry, Victor, Le dialecte alaman de Colmar (Haute-Alsace) en 1870.
Grammaire et Lexique. (Universite de Paris. Bibliotheque de la Faculte des
lettres XL) (Paris, F. Alcan, 1900.)
Baden. Heitig, Otto, Beiträge zu einem Wörterbuch der ostfränkischen
Mundarten des Taubergrundes. Progr. der Großh. Bad. Realsch. zu Heidelberg
(Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894). — Lenz, Der Handschuhsheimer Dialekt, I.
Wörterverzeichnis (Progr. Beil. Konstanz 1887). Nachtrag im Progr. Beil. von
Heidelberg (Darmstadt 1892).
Württemberg. Fischer, Herrn., Schwäbisches Wörterbuch. Auf Grund
der von Adalbert v. Keller begonnenen Sammlungen und mit Unterstützung des
Württembergischen Staates bearbeitet. Tübingen, H. Laupp. Seit 1901.
Das Wörterbuch umfaßt das Königreich Württemberg, die Hohenzollerischen Fürsten-
tümer und Teile von Baden, Bayern und Tirol und verzeichnet neben der heutigen Mundart
dieser Gegenden auch die ältere Sprache vom 13. Jahrh. an. Diejenigen Mitlaute, die in der
Mundart zusammenfallen, z. B. anlautendes b und p, werden zusammen behandelt: die mund-
artliche Form hochdeutsch mit p beginnender Wörter ist unter b zu suchen.
Schmid, Joh. Chrph. v., Schwäbisches Wörterbuch, mit etymologischen
und historischen Anmerkungen. 2. Ausg. (Stuttgart, E. Schweizerbart, 1844).
Berücksichtigt auch die ältere Mundart.
154
Birlinger, Anton, Schwäbisch-Augsburgisches Wörterbuch. Im Verlag der
K. B. Akademie der Wissensch. (München, Franz, 1864).
Hier hauptsächlich älteres Material zum Sprachschatz derjenigen schwäbischen Lande,
die jetzt unter bayer. Krone stehen oder des alten Augsburger Bistumgebietes. Für Augs-
burg ist auch zu vergleichen das Glossar zu den Augsburger Chroniken von Math. Lexer
(die Chroniken der deutschen Städte IV, 357—400; V, 441—488) und Fr. Roth (Bd. XXII,
530—549; XXIII, 471—513; XXV, 410—442).
Bayern. Schmeller, J. Andr., Bayerisches Wörterbuch, Sammlung von
Wörtern und Ausdrücken, die in den lebenden Mundarten sowohl als in der
alteren und ältesten Provinzialliteratur des Kgr. Bayern, besonders seiner älteren
Lande, vorkommen und in der heutigen allgemein -deutschen Schriftsprache ent-
weder gar nicht oder nicht in denselben Bedeutungen üblich sind, mit urkund-
lichen Belegen. Stuttgart u. Tübingen 1827 — 37. 2. Aufl., bearbeitet von G.Karl
Frommann. München 1872. 77. Vgl. F, Keinz, Ergänzungen zum Bayerischen
Wörterbuch, besonders aus der Gegend von Passau. Sitzungsber. der Akademie.
München 1887.
Rockinger, Wörterbuch zu dem Urkundenwerke „Die altbayrischen land-
ständischen Freibriefe mit den Landfreiheitserklärungen" (München, C.Wolf, 1853).
Wichtig für die juristisch-technische Ausdrucksweise des Mittelalters.
Stocker, P. Bernh., Archivar am Benediktinerstift hl. Kreuz zu Donauwörth,
Erklär, altd. Wörter vom 12 — 17. jahrh. Donauwörth, Singr. 1798.
Westenrieder, Laur. de, „Glossarium Germ. Lat. vocum obsolet, primi et
medii aevi, in primis Bavaricarum". Monachii, Jos. Zangl. 1816.
Ferner kommen für Bayern in Betracht die Glossare zu den Chroniken von
Nürnberg (von Math. Lexer in: Chroniken der deutschen Städte I, 477 — 501;
II, 535—574; III, 417—442; IV, 821—859), Regensburg, Landshut, Mühldorf,
München (v. Albr. Wagner ebd., XV, 584—607).
Pfalz. Autenrieth, Pfälzisches Idiotikon. Ein Versuch. Zweibrücken,
Lehmann, 1899.
Österreich. Höfer, M., Etymologisches Wörterbuch der in Oberdeutsch-
land, vorzüglich aber in Österreich üblichen Mundart. I — III (Linz, Kastner, 1875).
— Marita, H., Probe eines Wörterbuchs der österreichischen Volkssprache mit
Berücksichtigung der älteren deutschen Mundarten. Progr. des Schottengymn, in
Wien 1861, 1865). — Scheuchenstuel, C. v., Idiotikon der österreichischen
Berg- und Hüttensprache. Wien, Braumüller, 1856.
Tirol. Schöpf, J. L., Tirolisches Idiotikon. Nach dessen Tod vollendet
von Anton J. Hof er. Hrsg. auf Veranl. u. durch Unterstützung des Ferdinandeums
(Innsbruck, Wagner, 1866). Hierzu kommt das Glossar von Jos. Egger in: Die
tirolischen Weistümer, im Auftr. d. Kais. Ak. d. Wiss. hrsg. von Ignaz V. Zingerle
u. K. Theodor von Inama-Sternegg, Bd. 4 (Wien, Braumüller, 1888).
Salzburg. Ein Salzburgisches Idiotikon von K. E. Frhr. v. Moll findet
sich in L. Hübners Beschreibung des Erzstiftes und Reichsfürstentums Salzburg
III (Salzburg 1796), S. 955—984. Hierzu kommt das Glossar zu: Die Salz-
burgischen Taidinge (Österr. Weistümer I). Im Auftrage der K. Akad. d. Wiss.
hrsg. von Hnrch. Siegel u. Karl Tomaschek (Wien, Braumüller, 1870).
155
Niederösterreich. Castelli, J. F., Wörterbuch der Mundart in Österreich
unter der Enns. Wien 1847.
Eine Sammlung der Wörter, Ausdrücke und Redensarten, welche, von der hochdeutschen
Sprache abweichend, dem niederösterreichischen Dialekte eigentümlich sind, samt beigefügter
Erklärung und so viel möglich auch ihrer Abstammung u. Verwandtschaft, beigegeben sind
grammatische u. dialektologische Bemerkungen über diese Mundart überhaupt. Tendier & Co.
Kärnten. Lexer, M., Kärntisches Wörterbuch (Leipzig, Hirzel, 1862). Dazu
das Glossar von Ant. Schönbach zu: Steirische und kärnthische Taidinge, im
Auftrage der K. Ak. d. Wiss. hrsg. von Ferd. Bischoff und Ant. Schönbach
(Österr. Weist. VI, Wien. Braumüller, 1881).
Steiermark. Unger, Theod., Steierischer Wortschatz, als Ergänzung zu
Schmellers bayerischem Wörterbuch gesammelt, für den Druck bearb. u. hrsg.
v, Ferd. Khull (Graz, Leuschner & Lubinsky, 1903).
Mit reicher Benutzung auch der älteren Literatur u. bes. der handschriftl. Materialien des
bayerischen Landesarchivs.
Über deutsche Sprachinseln im italienischen Sprachgebiet handeln:
Schmeller, Joh. Andr., Sogenanntes Cimbrisches Wörterbuch, d. i. deutsches
Idiotikon der VII u. XIII comuni in den venetianischen Alpen. Mit Einleitung
u. Zusätzen im Auftrage der Kais. Ak. d. Wiss. hrsg. v. J. Bergmann (Wien,
Hof- und Staatsdruckerei, 1855) und Zingerle, Ignaz V., Lusernisches Wörter-
buch (Innsbruck, Wagner, 1869).
Gottschee. Schröer, Karl Julius, Wörterbuch der Mundart von Gottschee
(aus dem Oktoberhefte des Jahrganges 1868 und dem Maihefte des Jahrg. 1870
der Sitzungsberichte der philos.-hist. Kl. der Kais. Ak. d. Wiss. besonders ab-
gedruckt. Wien, Hof- und Staatsdruckerei, 1879).
Ungarn. Schröer, Karl Julius, Beitrag zu einem Wörterbuche der
deutschen Mundarten des ungarischen Berglandes (Sitzungsber. der Kais. Ak. d.
Wiss. in Wien 25, 1857, S. 213—272; 27, 1858, S. 174—218; auch besonders
ersch. Wien 1858; Nachtrag dazu ebd. 31, 1859, S. 245—292, u. bes. ersch.
Wien 1859).
Siebenbürgen.
Über die Vorarbeiten zu einem Wörterbuch der siebenbürgisch-deutschen Mundart vgl.
das Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde und die Berichte der
44. Versamml. deutscher Philologen in Dresden im Herbst 1897. Erschienen sind:
Keintzel, Gg., Nösner Idiotismen (Festgabe der Stadt Bistritz 1897, S. 45 bis
80). — Kisch, Gust., Nösner Wörter u. Wendungen. Ein Beitrag zum sieben-
bürgisch-sächsischen Wörterbuch (Progr. des ev. Obergymn. Bistritz 1900). —
Kramer, Frdr., Idiotismen des Bistritzer Dialektes. Beitrag zu einem sieben-
bürgisch-sächsischen Idiotikon (Progr. d. ev. Obergymn. in Bistritz 1876—77).
Böhmen. Neubauer, Joh., Altdeutsche Idiotismen der Egerländer Mund-
art. Mit einer kurzen Darstellung der Lautverhältnisse dieser Mundart. Ein Bei-
trag zu einem Egerländer Wörterbuche (Wien 1887. Neue [Titel-] Auflage 1898).
Rheinland. Müller, Jos., u. Weitz, Wilh., Die Aachener Mundart.
Idiotikon nebst einem poetischen Anhange (Aachen u. Leipzig Mayer, 1836).
[Wegeier, J.] Wörterbuch der Coblenzer Mundart (Rhein. Antiquarius III, 14,
1869, 698—759, auch bes. ersch. Coblenz, Hergt, 1869). — Tonnar, Aug., u.
156
Evers, Wilh., Wörterbuch der Eupener Sprache, mit sprachvergl. Worterklärung
von W. Altenburg (Eupen, Braselmann, 1899). — Honig, Fritz, Wörterbuch der
Kölner Mundart. Nebst Einleitung von F. W. Wahlenberg (Köln, Heyn, 1877).
Hierzu kommt das Glossar von Ant. Birlinger zu den Kölner Chroniken (Die
Chroniken der deutschen Städte XII, S. 388—430 u. XIV, 967—1007). —
Heinzerling, Jak., Probe eines Wörterbuches der Siegerländer Mundart (Beil.
zum 54. Jahresber. des Realgymn. zu Siegen 1891). — Schmidt, Karl Chrn.
Ldw., Westerwäldisches Idiotikon oder Sammlung der auf dem Westerwalde ge-
bräuchlichen Idiotismen, mit etymologischen Anmerkungen und der Vergleichung
anderer alter und neuer german. Dialekte (Hademar & Herborn, Neue gel. Buch-
handlung, 1800).
Hessen. Vilmar, Aug. Frdr. Chrn., Idiotikon von Kurhessen (Marburg
u. Leipzig, Elwert, 1868. Neue billige Ausg. Marburg 1883). Als Ergänzungen
dazu sind erschienen: Bech, Fedor, Beiträge zu Vilmars Idiotikon von Kurhessen
(Progr. des Kgl. Stiftsgymn. zu Zeitz 1868). — Pfister, Herrn, v., Mundartliche
u. stammheitliche Nachträge zu A. F. C. Vilmars Idiotikon von Hessen (Marburg,
Elwert, 1886) und Vilmar u. Pfister, Idiotikon von Hessen, 1. u. 2. Erg.-Heft
durch Herrn, v. Pfister (Marburg, Elwert, 1889). — Kehr ein, Jos., Volkssprache
u. Volkssitte in Nassau. Ein Beitrag zu deren Kenntnis (Weilburg, Lang, 1860);
d er slbe, Volkssprache und Wörterbuch von Nassau. Leipzig 1891. — Crecelius,
Wilh., Oberhessisches Wörterbuch (Darmstadt, Bergsträßer in Komm., 1897). Nach-
träge dazu von A. Ro eschen (in: Quartalsblätter d. histor. Ver. f. d. Großh. Hessen
1901, S. 857 — 860). — Schröner, Gust., Spezialidiotikon des Sprachschatzes
von Eschenrod (Oberhessen). (Gießner) Inaug.-Diss. (Heidelberg, Winter, 1903).
Sep.-Abdr. aus: Zeitschrift f. hochd. Mundarten 1902 und 1903.— D. Saul, Ein
Beitrag z. Hessischen Idiotikon. Marburg 1901.
Thüringen. Hertel, L., Thüringer Sprachschatz. Sammig. mundartlicher
Ausdrücke aus Thüringen, nebst Einleitung, Sprachkunde und Sprachproben (Weimar,
Böhlau, 1895). — Reinwald, W. F. H., Hennebergisches Idiotikon oder Samm-
lung der in der gefürsteten Grafschaft Henneberg gebräuchlichen Idiotismen, mit
etymologischen Anmerkungen und Vergleichung anderer alter und neuer germanischer
Dialekte (Berlin u. Stettin, F. Nicolai, 1793, 1801).
Provinz Sachsen (vgl. auch Niederd. Gebiet). Zecht, Rieh., Wörterbuch
der Mansfelder Mundart. Im Selbstverlag des Herausgebers (Görlitz, Druck d.
Görlitzer Nachrichten u. Anzeiger, 1888). — Bruns, Karl, Volkswörter der
Provinz Sachsen (Ostteil) nebst vielen geschichtlich merkwürdigen Ausdrücken der
sächsischen Vorzeit. Hrsg. im Auftr. des Zweigvereins Torgau des Allg. Dt.
Sprachvereins (Torgau, Jacobs, 1901).
Hierher gehört auch das von Hertel bearbeitete Glossar zum 2. Bde. der Magdeburger
Chroniken (Die Chron. der deutschen Städte XXVII, S. 237—265).
Königreich Sachsen. Albrecht, Karl, Die Leipziger Mundart. Gram-
matik und Wörterbuch der Leipziger Volkssprache. Zugleich ein Beitrag zur
Schilderung der Volkssprache im allgemeinen. Mit einem Vorwort von Rud.
Hildebrand (Leipzig, Arnold, 1881; S. 1—69 Grammatik, S. 71—243 Wörter-
buch). — Anton, Karl Gottlieb, Alphabetisches Verzeichnis mehrerer in der
157
Oberlausitz üblicher, ihr zum Teil eigentümlicher Wörter und Redensarten,
Stück 1—9 (Görlitzer Schulprogramm 1824, 29, 32—33, 35, 39, 42, 48 [Görlitz,
Heinze]).
Supplemente dazu von Dornick im Neuen Lausitzischen Magazin 44. Bd. (1868),
S. 46—66.
Böhme, O., Beiträge zu einem vogtländischen Wörterbuche (38. Jahresber.
des Progymn. zu Reichenbach i. V. 1888). — Göpfert, E., Dialektisches aus
dem Erzgebirge (29. u. 30. Bericht üb. d. Progymn. Annaberg, 1872, 73).
Schlesien. Berndt, Joh. Georg, Versuch zu einem schlesischen Idiotikon,
nebst einer großen Anzahl anderer veralteten Worte, welche in Documenten und
sonderlich bey alten schlesischen Dichtern angetroffen werden. Stendal, Frenzen &
Große, 1787.
Zusätze in der Lit. Beil. z. d. Schles. Prov.-Bibl. 1787.
Weinhold, Karl, Beiträge zu einem schlesischen Wörterbuche (Sitzungsber.
der K. Ak. d. Wiss. in Wien 14, 1855, Beilage S. 1—56, u. 15, 1855, Beilage
S. 57 — 110. Auch bes. ersch. Wien, Hof- und Staatsdruckerei).
Petters, J., Lexikalisches im Anschlüsse an Weinholds Beiträge etc. in: Die
Deutschen Mundarten 5, 1858, S. 472—479.
Wein hold, Karl, Proben aus dem schlesischen Wörterbuche (Mittl. d.
schles. Ges. f. Volkskde. VII, 2, 1900, S. 19—26).
Hoffmann v. Fallersleben, Beiträge zu einem schlesischen Wörterbuche
(Die deutschen Mundarten 4, 1857, S. 163—192 [vgl. auch 6, 1859, 83—84,
372 — 373], auch bes. erschienen, Nürnberg 1857).
Klesse, A., Aus dem Wortschatze des Grafschafters. Mundartliches
Vokabularium (Vierteljahrsschrift f. Gesch. u. Heimatsk. der Grafsch. Glatz 3,
1883—84, 224—235, 311—320; 4, 1884—85,152—160,245—253; 5, 1885—86,
39_44, 113—121, 212—215; 6, 1886—87, 38—46).
Knothe, Fr., Wörterbuch der schlesischen Mundart in Nordböhmen (Hohen-
elbe, Verl. des österr. Riesengebirgsvereins, 1888).
Posen. Bernd, Chr. Sam. Theod., Die deutsche Sprache in dem Groß-
herzogtume Posen und einem Teile des angrenzenden Königreichs Polen mit Ver-
gleichungen sowohl der Mundarten, als auch anderer Sprachen, und mit eigenen
Forschungen (Bonn, Weber, 1820). Sprachwissenschaftl. Einleitung u. Wörterbuch.
Niederdeutsches Gebiet.
Ein den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechendes neuniederdeutsches
Gesamtwörterbuch fehlt.
Kosegarten, J. G. L., Wörterbuch der Niederdeutschen Sprache älterer und
neuerer Zeit (Greifswald, C. A. Koch, 1855 — 60).
Nur A — Angetoget erschienen. Verfasser tot.
Berghaus, H., Der Sprachschatz der Sassen. Ein Wörterbuch der Platt-
deutschen Sprache in den hauptsächlichsten ihrer Mundarten I, A — H (Branden-
burg, A. Müller, 1880); II I— N (Berlin, Eisenschmidt, 1883).
Nicht recht zuverlässig, daher mit Vorsicht zu benutzen.
158
Schiller, Karl, und Lübben, Aug., Mittelniederdeutsches Wörterbuch,
6 Bände (Bremen, Fischer, 1875—81).
Das Werk umfaßt den Wörterschatz der niederdeutschen Sprache etwa von 1300 bis
1600. Vergriffen. Bei historischen Nachforschungen in mittelniederdeutschen Quellen un-
entbehrlich.
Eine kleinere Bearbeitung ohne Quellenbelege erschien unter dem Titel:
Mittelniederdeutsches Handwörterbuch von Aug. Lübben. Nach dem Tode des
Verfassers vollendet von Christoph Walther (Wörterbücher, hrsg. v. Verein f.
niederd. Sprachforschg. II. Norden und Leipzig, Verlag von Soltau 1888.
Sehr praktisch zum Handgebrauch. Hierher gehört auch das Glossar von P. Feit zum
1. — 3. Bande des Hansischen Urkundenbuches, enthalten im 3. Bd. des Hans. Urkundenb.,
S. 533-585. 1 )
Niederlande. Hier ist zunächst zu nennen das große Woordenboek der
nederlandiche taal. Bewerkt door M. de Vries en A. Kluyver, met mede-
werking van A. Beets, J. W., Muller, W. L. de Vreese en G. J. Boekenoogen;
Seit 1864. ('s Gravenhage en Leiden, M. Nijhoff, A. W. Sijthoff.)
Entspricht für das Niederländische dem Wörterbuch der Gebr. Grimm, berücksichtigt
die Schriften seit dem Erscheinungsjahre 1637 der unter der Autorität der Generalstaaten
verfaßten niederländischen Bibelübersetzung.
Verwys, E., en Verdam, J., Middelnederlandsche woordenboek ('s Graven-
hage, M. Nijhoff, seit 1885).
Umfaßt die niederländische Sprache etwa von 1200—1500.
Stallaert, Karel, Glossarium van verouderde rechtstermen, kunstwoorden
en andere uitdrukkingen in vlaamsche, brabantsche en limburgsche oorkonden
(Leiden, Brill, seit 1886).
Cornelissen, P. Jozef, en Vervliet, J. B., Idioticon van het Antwerpsch
dialect (stad Antwerpen en antwerpsche Kempen [Gent, Siffer, 1899 — 1900]).
Draaijer, W., Woordenboekje van het Deventersch dialect (Haag, M. Nij-
hoff, 1896).
Dijkstra, Waling, Friesch woordenboek (Lexicon Frisicum). Leeuwarden,
Meijer & Schaafsma. 1900, 1903.
Das Werk umfaßt die heutige Volkssprache der niederl. Provinz Friesland.
Gallee, J. H., Woordenboek van het Geldersch-Overijsselsch dialect ('s Graven-
hage, M. Nijhoff, 1895).
Molema, H., Wörterbuch der Groningenschen Mundart im 19. Jahrh.
(= Wörterbücher, hrsg. v. Verein f. nd. Sprachforschg., III [Norden in Leipzig,
Soltau 1888]).
Schuermans, L. W., Algemeen Vlaamsch-Idioticon (Leuven 1865 — 70).
Dazu ein Bijvoegsel 1883.
x ) Das Mittelniederdeutsche, d. i. der Vorläufer des heutigen Platt, ist der für archi-
valische Studien in Nord- und Mitteldeutschland wichtigste deutsche Dialekt. Zur Einführung
ist zu empfehlen: A. Lübben, Mittelniederdeutsche Grammatik nebst Chrestomathie und
Glossar (Leipzig 1882). Zum weiteren Einlesen in archivalisches Material ist vortrefflich das
kulturgeschichtlich interessante Buch: Mittelniederdeutsche Beispiele im Stadt- Archive zu
Braunschweig, gesammelt von Ludwig Hänselmann (Wolfenbüttel 1892 [= Überlieferungen
zur Literatur, Geschichte und Kunst, hrsg. von Milchsack und Zimmermann. 4. Band]).
159
De Bo, L. L., Westvlaamsch Idioticon (Brügge, E. Gaillard & Comp., 1873).
Ein neuer Abdruck in kleineren Typen, hrsg. v. W. Samyn, unter Verwendung der
Zusätze aus De Bo's Handexemplar, erschien 1892 in Gent bei Siffer.
, Boekenoogen, G. J., De Zaansche volkstaal. Bij drage tot de kennis van
der woordenschat in Noord-Holland (Leiden, Sijthoff, 1897).
Westfalen. Woeste, Fr., Wörterbuch der Westfälischen Mundart. [Nach
d. Tode d. Verf. hrsg. v. Crecelius u. Lübben.] (Wörterbücher, hrsg. v. d.
Verein f. niederdeutsche Sprachforschung I [Norden und Leipzig, Soltau 1882]).
Bezieht sich vorwiegend auf die Mundart der Grafschaft Mark.
Koppen, Heinr., Verzeichnis der Idiotismen in plattdeutscher Mundart,
vorzüglich in Dortmund und dessen Umgegend (Dortmund, Köppensche Buch-
handlung, 1877).
Waldeck. Bauer, Karl, Waldeckisches Wörterbuch nebst Dialektproben,
hfsg. v. Herrn. Collitz (Wörterbücher, hrsg. v. Ver. f. ndrd. Sprachf IV [Norden
und Leipzig, Soltau 1902]).
Braunschweig. Damköhler, Eduard, Probe eines nordostharzischen
Idiotikons (Wiss. Beil. z. d. Schulnachr. des Herz. Gymn. zu Blankenburg a. H.
1893 [Blankenburg a. H., Kircher, 1893]).
Beck, H., Idiotikon von Nordsteinke bei Vorsfelde [Jhrb. d. Ver. f. niederd.
Sprachforschg. 23, 1897, 131—154 u. 24, 1898, 113—128]).
Vgl. auch die Glossare zu den Chroniken von Braunschweig von Karl Schiller (Die
Chroniken der deutschen Städte VI, 482—510) und von Hänselmann (ebd. XVI, 567—640).
Hannover. Schambach, Georg, Wörterbuch der niederdeutschen Mund-
art der Fürstentümer Göttingen und Grubenhagen oder Göttingisch-Gruben-
hagensches Idiotikon (Hannover, Rümpler, 1858).
Nachträge dazu von Sprenger im Jhrb. des Ver. f. niederdeutsche Sprachforschg. 8,
1882, 27—32, ferner im Korrespondenzbl. desselben Vereins 14, 1889—1890, 77—78, und 18,
1894 — 1895, 26—27. — Hierzu kommt das Glossar von Herrn. Brandes über die ersten
vier Bände des Hildesheimer Urkundenbuches (Urkundenbuch der Stadt Hildesheim Bd. IV
[Hildesheim, Gerstenserg, 1897]).
Strodtmann, Joh. Chr., Idioticon Osnabrugense (Leipzig und Altona,
Korton, 1756).
Stürenburg, C. H., Ostfriesisches Wörterbuch (Aurich, L. Spielmeyer, 1862).
Doornkaat-Koolman, J. ten., Wörterbuch der ostfriesischen Sprache
etymologisch bearbeitet (Norden, Breams, 1879 ff.).
Ergänzungen dazu von W. Lüpkes in den Jhrb. d. Ges. f. bild. Kunst u. vaterl. Alter-
tümer 11, 1895, 157—171.
Richthofen, Karl Frhr. v., Altfriesisches Wörterbuch (Göttingen, Dieterich,
1840).
Bremen. [Tiling u. Dreyer] Versuch eines Bremisch-Niedersächsischen
Wörterbuchs, hrsg. von der deutschen Gesellschaft (Bremen, Förster, seit 1767).
Hierin sind nicht nur die in und um Bremen, sondern auch fast die in ganz Nieder-
sachsen gebräuchlichen mundartlichen Eigentümkeiten nebst den schon veralteten Wörtern
und Redensarten in bremischen Gesetzen, Urkunden und Diplomen gesammelt, zugleich auch
nach einer behutsamen Sprachforschung und aus Vergleichung allerhand neuer verwandter
Dialekte erklärt. Vor Erscheinen des mittelniederdeutschen Wörterbuches von Schiller und
Lübben das beste Hilfsmittel zum Verständnis des Mittelniederdeutschen.
160
Hamburg. Richey, Michael, Idioticon Hamburgense oder Wörterbuch
zur Erklärung der eigenen, in und um (!) Hamburg gebräuchlichen Nieder-
Sächsischen Mundart. Hamburg 1754. Neue Ausgabe 1755.
Diese ohne Anhänge abgedruckt in: Thesaurus juris provincialis et statutarii illustratus
Germaniae I. Giesen (!) 1756.
Schleswig-Holstein. Schütze, Joh. Frdr., Holsteinisches Idiotikon, ein
Beitrag zur Volkssittengeschichte, oder Sammlung plattdeutscher, alter und neu-
gebildeter Worte, Wortformen, Redensarten, . . . der alten und neuen Holsteiner
Bd. 1—3 Hamburg, H. L. Villaume, 1800—1802, IV Altona 1806.
Mecklenburg. [Chystraeus, Nathan] Nomenciator Latina-saxonicon.
Latinisch vn de Pladdütsch Vokabelnboek (Rostock 1582 u. öfter).
Berücksichtigt besonders die Mecklenburger Mundart. Über die versch. Ausg. vgl.
Lisch in Jahrb. d. Ver. f. Meckl. Gesch. 23, 1858, 139— 142.
Mi [Pseudonym für Sibeth, C. G.J, Wörterbuch der Mecklenburgisch-vor-
pommerschen Mundart (Leipzig, C. A. Koch, 1876).
Pommern. Dähnert, Joh. Carl, Platt-deutsches Wörterbuch, nach der
alten und neuen Pommerschen und Rügischen Mundart (Stralsund, C. L. Struck,
1781).
Für damalige Zeit vortrefflich.
Altmark. Danneil, Joh. Frdr., Wörterbuch der altmärkisch-plattdeutschen
Mundart (Salzwedel, J. D. Schmidt, 1859).
Paris ius, L., Zusätze zu d. F. Danneils Wörterbuch der altmärkisch-platt-
deutschen Mundart (Jahresber. d. altmärk. Ver. f. vaterl. Gesch. u. Industrie, Abt.
f. Gesch. 19, 1879, 37—80).
Provinz Sachsen (vgl. auch Hochdeutsches Gebiet). Sprenger, R., Ver-
such eines Quedlinburger Idiotikons (Jahrb. d. Ver. f. niederd. Sprachf. 29, 1903,
139_160).
Hierzu gehört auch das Glossar von Ja nicke zum 1. Bd. der Magdeburger Chroniken
(Die Chron. der deutschen Städte VII, 434—484).
Mark Brandenburg. Meyer, Hans, Der richtige Berliner in Wörtern und
Redensarten, 5. Aufl. (Berlin, H. S. Hermann, 1904).
Kollatz, C, und Adam, P., Berliner Wortschatz zu den Zeiten Kaiser
Wilhelms I. (Schriften des Ver. f. d. Gesch. Berlins 33, 1897, 69—196).
Preußen (Provinz). Frischbier, H., Preußisches Wörterbuch, Ost- und
westpreußische Provinzialismen in alphabetischer Folge (2 Bde. 1882, 83, Berlin,
Enslin).
Hennig, G. E. S., Preußisches Wörterbuch, worinnen nicht nur die in
Preußen gebräuchliche, eigentümliche Mundart und was sie sonst mit der nieder-
sächsischen gemein hat, angezeigt, sondern auch manche in preußischen Schrift-
stellern, Urkunden, Dokumenten u. Verordnungen vorkommende veraltete Wörter,
Redensarten, Gebräuche und Altertümer erklärt werden, im Namen der Kgl.
Deutschen Gesellschaft zu Königsberg herausgegeben (Königsberg, Drugel, 1785).
Fischer, E. L., Grammatik und Wortschatz der plattdeutschen Mundart im
preußischen Samlande (Halle, Waisenhaus 1895).
Russische Ostseeprovinzen. Gutzeit, W. v., Wörterschatz der deutschen
Sprache Livlands (Riga, N. Kymmel, 1859 ff.).
161
[Hupel, Aug. Wilh.] Idiotikon der deutschen Sprache in Lief- und Ehstland
(Riga, Hartknoch, 1795).
Abgedruckt aus Hupeis Neuen Nordischen Miscellaneen Stück 11, 12, 1795. Nachträge
ebd. Stück 17, 225—235, und in J. C. Petri, Esthland und die Esthen, II (Gotha 1802,
82—104).
Sallmann, Karl, Lexikalische Beiträge zur deutschen Mundart in Estland
(Leipzig, Grumbach, 1877); ders., Neue Beiträge zur deutschen Mundart in Est-
land. Gedruckt mit Unterstützung der estl. literar. Gesellschaft (Reval, F. Kluge,
1880); ders., Eine Nachlese zur deutschen Mundart in Estland (Baltische
Monatsschr. 34, 1888, 463—471).
Über die Erforschung der deutschen Dialekte verweise ich behufs weiterer
Orientierung auf Paul, Grundriß der germanischen Philologie, Straßburg, Trübner, I,
1896, 2. Aufl. 1901. Dieser Band enthält außer anderen Beiträgen die folgenden:
Kluge, Vorgeschichte der altgermanischen Dialekte; Behaghel, Geschichte der
deutschen Sprache; Jan te Winkel, Geschichte der niederländischen Sprache;
Theod. Siebs, Geschichte der friesischen Sprache; Anhang: Die Bearbeitung der
lebenden Mundarten. Allgemeines von Philipp Wegener; Skandinavische Mund-
arten von J. A. Lundell; Deutsche und niederländische Mundarten von Friedr.
Kauffmann.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. \\
Die Museen als familiengeschichtliche Hilfsmittel.
IE Archive und Bibliotheken, so sind auch Museen für den Familien-
forscher Fundgruben ersten Ranges, und zwar in der Gegenwart in weit
höherem Grade, als dies früher der Fall war. Denn seitdem die Mu-
seen den Übergang von der Kuriositätenliebhaberei zur wissenschaft-
lichen Systematik und der lehrhaften Grundrichtung durchgemacht haben, sind
sie Volksbildungsstätten 1 ) geworden, die auch für die Familienforscher eine Fülle
der Belehrung darbieten. Auch die Grundsätze der Aufstellung in den Museen
haben sich in den letzten Jahrzehnten geklärt. Man hat aufgehört, die Museen
nur als Speicher anzusehen, welche die Gegenstände so gut wie möglich sichtbar
machen. Auch dienen die Museen in den großen Städten jetzt nicht allein der
Repräsentation. Die Aufstellung soll zum Verweilen und Betrachten, nicht zum
Durcheilen einladen. Diese mehr auf das Studium gerichtete Aufstellung kommt
auch demjenigen, welcher der Geschichte eines Geschlechtes nachgeht, zustatten.
Zahlreiche Kataloge 2 ), die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt praktischer und nützlicher
eingerichtet worden sind, erleichtern die Benutzung. Freilich darf der Familien-
forscher in den Museen, wie dies ja auch von den Archiven und Bibliotheken gilt,
nicht erwarten, daß der Stoff nach seinem persönlichen Bedürfnisse geordnet sei.
Diese Bedürfnisse können sich wohl gelegentlich mit den Grundsätzen decken,
nach denen die Aufstellung der einzelnen Stücke im Museum erfolgt. Aber in der
Regel wird der Familienforscher aus der kultur- oder kunsthistorischen oder chrono-
logischen Aufstellung sich für seine Spezialarbeit den Einzelstoff erst zusammen-
suchen müssen. Für familiengeschichtliche Studien besonders ergiebig sind die
Altertumsmuseen; aber auch die kunsthistorischen und volkstümlichen Museen ver-
dienen eingehende Berücksichtigung.
*) Die Museen als Volksbildungsstätten. Ergebnisse der 12. Konferenz der Zentralstelle
für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen. Mit 42 Abbildungen (= Schriften der Zentralstelle
für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen. Nr. 25). Berlin, Carl Heymanns Verlag 1904. —
Wagner, E., Über Museen und über die Oroßh. Staats-Sammlungen für Altertums- und
Völkerkunde in Karlsruhe (Veröff. d. Karlsruher Altertumsvereins). Karlsruhe 1906.
s ) Die Kataloge und die sonstige museographische Literatur findet man am besten
verzeichnet in der „Museumskunde. Zeitschrift für Verwaltung und Technik öffentlicher
und privater Sammlungen", herausgegeben von Karl Koetschau, Berlin, Georg Reimer
(seit 1905). Für den Westen Deutschlands ist auf die „Museographie" der Westdeutschen
Zeitschrift für Geschichte und Kunst zu verweisen.
163
Eine geschickte Museumsleitung läßt die Museen nicht versteinern. Je nach
den neuen Aufgaben, welche jede neue Generation ihnen stellt, wandeln sie sich.
Unter den neuen Museumstypen, die auf solche Art entstanden sind, haben die
Heimatmuseen 1 ) ein besonderes Anrecht auf die Aufmerksamkeit der Familien-
forscher. Wie sie die gesamte Geschichte der Heimat zur Vorführung bringen,
so auch die der in derselben alteingesessenen und später in sie eingewanderten
Geschlechter. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlungsgegenstände,
welche den Museen einen Rang neben den Akademien verschafft haben, sind viel-
fach auch dem Familienforscher direkt zugute gekommen.
Diejenigen Museen, die der Aufbewahrung von Werken einzelner Meister
dienen (Goethe-Museum in Weimar 2 ), Schiller-Museum in Marbach 3 ), Körner-
Museum in Dresden 4 ), Schubart-Museum in Aalen 5 ), Thorwaldsen-Museum in
Kopenhagen 6 ), Rauch-Museum in Berlin, Rietschel- und Schilling-Museum in Dresden,
Ingres-Museum in Montauban u. a.), sind selbstverständlich Ausgangspunkte des
gründlichsten Studiums der Meister, deren Werke sie verwahren, enthalten aber
auch über die Familien dieser Meister gelegentlich erwünschtes Material.
Neben den Landes-, Provinzial- und Stadt-Museen stehen die bescheidenen,
aber gerade für den Familienforscher besonders lehrreichen Familienmuseen. Ich
meine da nicht nur die umfangreichen Sammlungen über Geschlechter, die auf
den Höhen der Geschichte wandeln 7 ), sondern auch die bescheidenen Sammlungen
bürgerlicher Familien 8 ). Ein einziges Beispiel mag diese kleinen Sammlungen
charakterisieren. Als Theodor Körners Eltern nach dem frühen Tode ihrer beiden
Kinder in Berlin lebten, da hatten sie in ihrer Wohnung ein abgelegenes Zimmer,
in welchem die Erinnerungen an die früh entschlafenen Lieben, Theodor und
Emma, aufbewahrt waren, die Bücher, die sie gelesen, die Briefe, die sie ge-
schrieben, die Gebrauchsgegenstände, die sie benutzt hatten, nicht zuletzt die
Andenken an das kurze, ehrenvolle und tief tragische Kriegerleben des jungen
Dichters. Von Zeit zu Zeit schlössen die Eltern die Tür zu dem geweihten Ge-
mache auf und erneuerten im Anblick jener Zeugen vergangener Tage das Ge-
dächtnis der Unvergeßlichen.
An Gelegenheiten, das Haus mit des Hauses Geschichte bekannt zu machen
1 ) Vgl. z. B. Behn über das Heimatmuseum auf Föhr, Museumskunde 1908.
2 ) Die Schätze des Goethe-Nationalmuseums in Weimar. 60 photographische Auf-
nahmen in Lichtdruck. Text von Ruland. Leipzig 1887 — 1888.
3 ) Das Schiller-Museum in Marbach. Stuttgart 1906.
4 ) Mirus, Das Körner-Museum, Weimar 1898. — Peschel, Körner-Bibliographie.
Leipzig 1890.
5 ) A. V., Das Schubert-Museum in Aalen, Stuttgarter Neues Tageblatt, 26. Nov. 1907.
6 ) Einen Katalog des Thorwaldsen-Museums verfaßte Müller (5 Sektionen, Kopenhagen
1849 — 51). Eine Sammlung von Lithographien (120) sämtlicher Werke Thorwaldsens in der
Ordnung, wie sie im Museum aufgestellt sind, gab Holst im „Musee Thorwaldsen" (Kopen-
hagen 1852). .
') Kurt Roeder, Das Fugger-Museum in Augsburg, Illustrierte Zeitung 1908, Nr. 3370.
8 ) Das Folgende nach Franz Blanckmeister, Familienkunde und ihre Pflege im
Bürgerhause, Leipzig, Verlag von Arvved Strauch. Vgl. auch Accelin, Adrien, Les archives
domestiques et les livres de famille. Paris 1878.
11*
164
und den Kindern ein Kolleg über die Schicksale der Väter zu lesen, fehlt es
nicht, sie bieten sich von selbst. Wie man das macht, das schildert Frommel in
seiner heitern Weise: „Alles, was sich von Wissenswürdigem aus alter und neuer
Zeit im Jahre sammelt, kommt zusammen in eine blaue Schachtel, die am Sil-
vester umgestürzt wird. Am Familientage, an welchem aus Ost und West die
Kinder und Geschwisterkinder väterlicher- und mütterlicherseits zusammenkommen,
wird der Stammbaum ergänzt, ein alter Fund mitgeteilt oder in seiner Echtheit
nachgewiesen oder als Familiensage in einem rosenroten Kasten gelegt. Daneben
halte ich auch ein besonderes Fach mit Schwarz überzogen, darin sind die Er-
innerungen an die Heimgegangenen, Leichenreden und Andenken, getrocknete
Blätter und letzte Briefe. Bei diesem Fache kommen dem Verfasser freilich manch-
mal Tränen in die Augen, aber das Memento mori auf dem Deckel tut allezeit
Dienste." Und es braucht nicht Familientag zu sein, die Höhepunkte des Lebens
laden einen Hausvater von selbst dazu ein, auf die Erinnerungen aus der Väter
Tagen zurückzugreifen. Es ist Hochzeit im Hause, und ein altes Hochzeitskarmen
aus den Tagen „als der Großvater die Großmutter nahm" wird bei Tafel herum-
gereicht und belustigt die Gäste. Es ist Kindtaufe, und das greise Oberhaupt
der Familie, der würdige Großvater, bringt die Rede auf die lange Geschichte
des alten Geschlechts, dem im Neugeborenen ein neues Reis entsprossen ist.
Es ist oft nicht ganz leicht gewesen, Familienreliquien zu sammeln, und das
ist nur gut; denn was Mühe gekostet hat, das bewahrt man um so sorgfältiger
auf. Hat man nur Briefschaften und andere Papiere zusammengebracht, so legt
man das am zweckmäßigsten in geeignete Mappen, andere Gegenstände in pas-
sende Kästchen. Für größere Bilder empfiehlt es sich, sie im Zimmer aufzu-
hängen. Verfügt man über reicheres Material, so birgt man seine Schätze viel-
leicht in eine Truhe, wie sie jetzt wieder modern geworden sind, oder man läßt
sich ganz nach eigenem Bedürfnisse einen Schrank aus Eichenholz machen mit
der Aufschrift „Familienarchiv", der dem Wohnzimmer oder dem Studierzimmer
oder gar dem Salon zur Zierde gereicht. Nimmt die Sammlung noch größere
Ausdehnung an, dann räumt man wohl ein kleines oder großes Zimmer des Hauses
zum Hausmuseum ein und richtet es nach dem Vorbild unserer öffentlichen
Sammlungen und Museen ein. Oder ist der Gedanke zu kühn? Die Schlösser
und Villen der vornehmen Welt sind geräumig genug, und als Haus- und Fa-
milienmuseum dürfte mancher Raum eine vorzügliche Verwendung finden. Ich
sollte meinen, es müßte ein stolzes Gefühl für einen Hausherrn, eine Hausfrau
sein, einen Gast in die Familienhalle zu führen, und nirgends müssen sich Jubi-
läen und sonstige Hochfeste der Familie weihevoller begehen lassen, als in solch
einem Raum, wo man von den Geistern der Ahnen umgeben ist.
Von diesen kleinen Familienmuseen bis zu den großen Fürsten- und Staats-
museen ist ein weiter Weg. Zahlreiche Zwischenstufen ergeben sich, die je nach
der Anlage für den Familienforscher von größerem oder geringerem Interesse sind.
Von besonderem Wert sind die Sammlungen der Altertumsvereine, auch wenn sie
nicht so umfangreich sind, daß sie zur Gründung eines Museums führen. Diese
Vereine umfassen meist nur einen kleineren Landesteil (Provinz, Gau) und gehören
zu den lokalgeschichtlichen Gesellschaften. Zu den angesehensten Vereinen dieser
165
Art in Deutschland gehört der „Verein der Altertumsfreunde im Rheinlande" zu
Bonn, 1841 gestiftet, der „Jahrbücher" veröffentlicht. Die wichtigsten Sammel-
stätten in der dortigen Gegend sind die Museen in Bonn und Trier. Die Druck-
schriften, welche die Altertumsvereine verzeichnen, habe ich weiter unten unter
„Die bibliothekarischen Hilfsmittel des Familienforschers" zusammengestellt. 1852
schufen sich diese Altertumsvereine ihren Mittelpunkt in dem „Gesamtverein der
deutschen Geschichts- und Altertumsvereine", dessen Geschäftsleitung seit 1885
zu Berlin ist, und begründeten das „Germanische Museum" in Nürnberg, sowie
das „Römisch-Germanische Zentralmuseum" in Mainz. Neuerdings traten diesen
Vereinen die Anthropologischen Gesellschaften und die Vereine für Volkskunde
tatkräftig zur Seite. Besonders reich an Altertums- und Museumsvereinen ist
Österreich. Erwähnt seien das Johanneum in Graz (seit 1810), das vaterländische
Museum zu Prag (1816), das Ferdinandeum zu Innsbruck (1823), das Francisceum
zu Brunn, der kärntnerische Provinzialverein zu Klagenfurt und der steirische zu
Graz, vor allem aber die durch ihre zahlreichen wertvollen Veröffentlichungen
hervorragende „K. K. Zentrakommission zur Erhaltung und Erforschung der Bau-
denkmäler" in Wien, deren Tätigkeit sich neuerdings auf die gesamten Kunst-
und Altertumsdenkmäler ausgedehnt hat. In dem an Altertümern überreichen
Skandinavien ist zu nennen die „Kgl. Gesellschaft für Nordische Altertumskunde"
in Kopenhagen (seit 1825). Die ältesten Altertumsvereine hat England aufzu-
weisen, wo bereits 1572 die „Society of antiquaries" gestiftet wurde. Unter den
zahlreichen Vereinen Frankreichs ragt die „Societe des antiquaires de France" (seit
1814) hervor. Im folgenden mag der Nutzen der Museen für den, der die Ge-
schichte einer einzelnen Familie verfolgt, noch durch einige Beispiele klargestellt
werden.
Zu den umfangreichsten Sammlungen der ganzen Welt gehört das Britische
Museum (englisch: British Museum) in London. Allein die Bibliothek desselben
ist ein ungeheurer Schatz; ihr Hauptkatalog umfaßt 3000 Foliobände, der ge-
druckte etwa 600 Bände. Von den zwölf Abteilungen des Britischen Museums
kommen für den Familienforscher hauptsächlich die Münzen und Kupferstiche in
Betracht. Auch die Siegelsammlung ist bedeutsam. Von anderen außerdeutschen
Sammlungen stehen die Museen des Vatikans und des Kapitols und das Museum
nazionale als die umfangreichsten Roms mit an erster Stelle. In bezug auf
Mannigfaltigkeit und Universalität stehen ihnen zur Seite in Paris der Louvre,
in St. Petersburg die Eremitage und in Wien die kaiserlichen Hofmuseen. In
Deutschland stehen die Museen in Berlin, Dresden, Karlsruhe, München, Nürn-
berg und Weimar obenan. 1 )
*) Murray, David, Museums, Their History and their use. With a Bibliography
and List of Museums in the United Kingdom 8 vo. 3 vols. Glasgow, Maclehose & Sons.
1894 (London 1905). — Cowtan, Memoirs of the British Museum. London 1871. —
Heibig & Reich, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer
in Rom. Rom 1891. 2 Bde. Bd. 1 in 2. Aufl. 1899. — „Moderner Cicerone; Rom" (Stutt-
gart 1903 — 06. 3 Bde.) von Holtzinger und Amelung (antike Kunst), Harnack, O.,
(neue Kunst), Schiffer, Th. v., (Umgebung). — Gonse, Les chefs d'oeuvre des musees de
France. Paris 1900 et 1904. — „Kunsthandbuch für Deutschland", herausgegeben von der
Generalversammlung der Kgl. Museen zu Berlin. 6. Aufl., bearbeitet von M. Creutz.
166
Im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg 1 ) interessieren den Familien-
forscher insbesondere die über 25000 Exemplare umfassende Siegelsammlung-,
welche 1902 durch die von Kaiser Wilhelm II. angekaufte und dem Museum ge-
schenkte Posse'sche Sammlung deutscher Kaisersiegel einen wertvollen Zuwachs
erhielt, ferner die Sammlungen der Münzen und Medaillen (etwa 21500 Stück),
die zu den glänzendsten Teilen des Museums gehören, sowie der Kupferstiche
(30000 Stück), die Glasgemälde und Grabdenkmäler. Was die Siegelsammlung
betrifft, so wird sich der Familienforscher nicht sowohl an die erste Abteilung
wenden, welche in chronologischer Ordnung den Entwickelungsgang der formellen
Seite der Sphragistik zeigen soll, als vielmehr an die zweite Abteilung. Diese
soll mit möglichster Rücksicht auf Vollständigkeit die Siegel der einzelnen Fa-
milien und ihrer Glieder, der Serien der Fürsten, Bischöfe, Äbte und Städte auf-
weisen. Auf die stattliche Reihe der Kaisersiegel folgen die verschiedenen größeren
und kleineren Reihen der Dynastensiegel, wobei die Familien in alphabetischer
Reihenfolge, die Siegel innerhalb der Familie teils nach Linien, teils einfach
chronologisch gelegt sind. Die weltlichen Fürsten schließen sich, wiederum in
Berlin 1904. — Handbuch der Kunstpflege in Österreich. 3. Aufl. Wien 1902. — Die be-
deutendsten Museen der Schweiz befinden sich in Basel, Bern, Genf und Zürich (Schweize-
risches Landesmuseum). Öffentliche Museen gibt es auch in Spanien (Madrid, Valencia,
Sevilla, Granada), Schweden (Stockholm, Gotenburg), Norwegen (Christiania) und Däne-
mark (Kopenhagen). Die an Museen reichsten Städte Deutschlands sind nächst Berlin
Dresden und München. Im ganzen besitzt Deutschland über 200 Museen, teils den
Staaten oder Landesfürsten gehörig, teils städtische oder von Provinzialverbänden und Privat-
vereinen gegründete, unter denen die in Aachen, Augsburg, Braunschweig, Bremen, Breslau,
Darmstadt, Dessau, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Gotha, Hamburg, Hannover, Karlsruhe,
Kassel, Köln, Königsberg, Leipzig, Magdeburg, Mainz, Nürnberg, Nördlingen, Oldenburg,
Schwerin, Stuttgart, Trier und Weimar die bedeutendsten sind. — Spemann's „Handbücher
der Königl. Museen zu Berlin" 1891 ff. — Muther und Hirsch, Cicerone der Königlichen
Gemäldegalerie von Berlin. München 1889. — Hirth und Muther, Cicerone in der König-
lichen älteren Pinakothek. 1888. — Das bayerische Nationalmuseum in München. München
1903. — Riggauer, Hans, Geschichte des Kgl. Münzkabinetts in München. Bamberg,
Buchner 1890. — Hauser, Die Münzen und Medaillen der Haupt- und Residenzstadt München.
München 1905. — Destouches, E. von, Münchens historische Sammlungen. Antiquitäten-
Rundschau III, 4. — Dr. H., Das bayerische Nationalmuseum zu München. Antiquitäten-
Rundschau IV, Nr. 25. — Brinckmann, Justus, Über das Bayerische National-Museum.
Münchener Neueste Nachrichten 1906, Nr. 349. — Über die Siegelsammlung im Kgl. Bayer.
Allgem. Reichsarchiv vgl. weiter unten unter: Primbs. — Führer durch die königlichen Samm-
lungen zu Dresden (amtlich, 7. Aufl. Dresden, 1903). — Hübner, Verzeichnis der Dresdener
Galerie. Dresden 1856 ff. — Woermann, K., Katalog der Kgl. Gemäldegalerie zu Dresden.
1884 ff. — Erbstein, Das Kgl. Grüne Gewölbe zu Dresden. Dresden 1884. — Das Grüne
Gewölbe zu Dresden (photographisches Prachtwerk mit Erläuterungen von Graesse. Berlin
1876/77).
x ) Vgl. außer den Jahresberichten des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg
Hektor, Geschichte des Germanischen Nationalmuseums von seinem Ursprung bis zum
Jahre 1862 (Nürnberg 1863); Essenwein, Das Germanische Nationalmuseum, dessen Be-
darf usw. (ebd. 1884); Leitschuh, Franz Friedrich, Das Germanische Nationalmuseum
in Nürnberg. Illustrationen nach Photographien von Christoph Müller. Bamberg, Buchner.
1890 (= Bayerische Bibliothek, begründet und herausgegeben von Karl von Reinhard
Pattner & Karl Trautmann, 9. Band). — Hampe, Das Germanische Nationalmuseum von
1852 — 1902. Festschrift zur Feier seines fünfzigjährigen Bestehens. Leipzig 1902.
167
alphabetischer Reihenfolge, die Bischöfe und reichsunmittelbaren Äbte, innerhalb
jeder einzelnen Serie gleichfalls chronologisch geordnet, an; dann der niedere
Adel, die Patrizier und die Bürgerlichen, einfach alphabetisch geordnet und, wo
sich von einer Familie Serien finden, diese in chronologischer Reihenfolge. Zu
der Sammlung der Grabdenkmale gehören auch etwa 100 Originalbronzeepitaphien,
die auf Nürnberger Friedhöfen aufgestellt waren, aber von ihrer Stelle weichen
mußten, um neuen Denkmälern Raum zu gewähren. Diese ganze Sammlung soll
in ihrer chronologischen Ordnung den Entwickelungsgang der Grabmonumente
zeigen, zugleich aber auch eine „Walhalla" werden, in der sich die ganze Ge-
schichte Deutschlands und seiner großen Männer treulich wiederspiegelt. Die Be-
nutzung aller dieser Schätze wird durch einen „Wegweiser" durch das ganze
Museum und außerdem durch Spezialkataloge für mehrere Abteilungen erleichtert.
Im Bayerischen Nationalmuseum zu München ist an familiengeschichtlichem
Material zunächst eine große Fülle von Bildnissen zu erwähnen. Hier steht das
Geschlecht der Witteisbacher naturgemäß obenan; aber auch andere Porträts aus
allen Ständen schließen sich an. Neben einer langen Reihe von Ölgemälden,
welche uns die Vertreter des Hauses Witteisbach aus allen Epochen der Welt-
geschichte vorführen, befindet sich „das kostbare Denkmal, welches Carl Albert
der Genealogie der verschiedenen Herrscherhäuser in Bayern setzen ließ. Wir
haben hier in architektonischer Umrahmung 63 Intaglios in blauen Bergkristall
geschnitten, welche die Brustbilder der Regenten Bayerns von Theodo I. bis auf
Carl Albert darstellen". Es ist bekannt, daß die Künstler bei Darstellungen von
Vorkommnissen der Geschichte des Reiches Gottes die Physiognomien gelegent-
lich ganz bestimmten Personen entnahmen; solche Kunsterzeugnisse bieten dem
Familienforscher hocherwünschte Beiträge zur Porträtkunde. Ein im Bayerischen
Nationalmuseum aufbewahrtes Beispiel hierfür ist ein Abguß des Abendmahles
von A. Kraft (1501) mit Porträtfiguren von Nürnberger Patriziern. Erwähnens-
wert sind ferner die Medaillen von Silber, Bronze, Perlmutter, Gips und ganz
ausgezeichnete Ölminiaturen von fürstlichen und anderen auf dem Gebiete des
Geistes oder des politischen Lebens hervorragenden Persönlichkeiten, dazu als
Gebilde der Bossierkunst in Wachs die sehr schönen, im Jahre 1593 im Ge-
schmacke der Jamnitzer gearbeiteten Brustbilder der Nürnberger Patrizier und
Ratsherren Hieronymus Paumgartner, Andreas Imhoff, Bartholomaeus Pömer,
Julius Geuder von Heroltzberg, Hans Welser, Joachim Nützel, Christof Fürer von
Hamendorf und Paulus Harsdorffer. Die Fenster sind von Familienwappen ge-
schmückt; besonders schön sind die Wappen des bayerischen Herzogs Ernst,
Bischofs von Freysing, Hildesheim, Lüttich, Münster und Erzbischofs und Kur-
fürsten von Köln vom Jahre 1589, ferner das des Octavian Schrenkh von Nozing
1585, des Bartholomäus Vischer von Regensburg, des Hans Ludwig Trainer von
Regensburg usw.
Der Direktor des Hohenzollern-Museums und Dirigent der Kunstsammlungen
in den königlichen Schlössern Prof. Dr. Paul Seidel in Berlin hat in dem von
ihm redigierten Hohenzollern-Jahrbuch eine stattliche Reihe von Schaustücken
jenes Museums veröffentlicht, welche augenfällig zeigen, eine wie reiche Fund-
grube familiengeschichtlichen Stoffes, namentlich für das Geschlecht der Hohen-
168
zollern, daselbst vorhanden ist. Außer allerhand Gebrauchsgegenständen, wie
Bechern, Dosen, Gläsern, Petschaften, Pokalen, Schlüsseln, Waffen usw., welche
uns die einzelnen Mitglieder des Geschlechts menschlich näher bringen und die
im Laufe der Zeit sich immer zahlreicher eingefunden haben und neuerdings neu
aufgestellt worden sind (Seidel, Paul, Veränderungen und neue Erwerbungen
im Hohenzollern-Museum, Hohenzollern-Jahrbuch 1899, 258 ff.), kommen zahlreiche
Ölgemälde, Kupferstiche, Miniaturbildnisse, Marmorbüsten, Bronzeplakette, Schau-
münzen und Medaillen in Betracht. Beispielsweise sei eine vergoldete, mit
Diamanten besetzte Tafel mit 28 Miniaturbildnissen, darunter denen Friedrichs
des Großen und mehrerer seiner Geschwister, erwähnt, abgebildet im Hohen-
zollern-Jahrbuch 1899, 262. Die Sammlung der Miniaturbildnisse im Hohen-
zollern-Museum, über die Paul Seidel im Hohenzollern-Jahrbuch 1904, 231,
handelt, hat in den letzten Jahren bedeutende Vermehrungen durch Überweisungen
der Königlichen Museen erfahren. Es handelt sich dabei um Mitglieder unseres
Kaiserhauses und um solche Personen, die sich um dasselbe verdient gemacht
haben. Auch die eigenhändigen Niederschriften einzelner Hohenzollern, die
Grundrisse und Abbildungen der von ihnen benutzten Wohnstätten, Schlösser und
Parkanlagen sind dem Familienforscher von Interesse. Besondere Erwähnung ver-
dienen noch die Miniaturmalerei zu einer Genealogie, abgebildet mit dem Titel
„triomphe genealogique de l'Auguste Maison de Nassau" Hohenzollern-Jahrbuch
1898, S. 189, und die Totenmasken, auf welche ich als auf beachtenswerte Bei-
träge zur Porträtkunde besonders aufmerksam machen möchte (vgl. die Abbildungen
im Hohenzollern-Jahrbuch 1905) und die Vermehrung des porträtkundlichen
Materiales durch die Deutung eines Ölgemäldes von Lukas Cranach d. J. (vgl.
Seidel, Paul, Die Taufe Christi mit den Bildnissen des Markgrafen Johann von
Brandenburg-Küstrin, seiner Gemahlin und seiner Freunde, Hohenzollern-Jahrbuch
1907, 275 ff.). Die Sammlungen zur Geschichte der Hohenzollern sind so reich-
haltig, daß sie wiederholt Veranlassung gegeben haben, Ausstellungen zu ver-
anstalten, so die der Sammlung Friedrichs des Großen in den Repräsentations-
räumen des deutschen Hauses auf der Pariser Weltausstellung und die von der
Königlichen Akademie der Künste in Berlin in ihrem Gebäude veranstaltete
historische Ausstellung zur Feier des königlich preußischen Kronjubiläums im
Jahre 1901. 1 )
Zu den Museen gehört auch das „Grüne Gewölbe", d. i. die Königliche
Schatzkammer in Dresden, eine seit nun bald zweihundert Jahren Weltruf ge-
nießende und im vollsten Sinne des Wortes unschätzbare Sammlung von Juwelen,
Geschirren aus Gold, Silber und edlen Steinen, Prunkstücken aller Art, kostbaren
Waffen, Emaillen, Mosaiken, Elfenbeinarbeiten, Holzschnitzereien und Bronzen.
x ) Paul Seidel, Französische Kunstwerke des XVIII. Jahrh. im Besitze Seiner Majestät
des deutschen Kaisers und Königs von Preußen; Geschichte der Erwerbung und Verzeichnis,
mit 14 Radierungen und zahlreichen Zeichnungen von Professor Peter Halm. Berlin und
Leipzig 1900. Ebendort Paul Seidel, Die Kunstsammlungen Friedrichs d. Gr. auf der
Pariser Weltausstellung 1900. Beschreibendes Verzeichnis mit 45 Abbildungen nach Radie-
rungen und Zeichnungen von Peter Halm. — Paul Seidel, Zwei Hohenzollern-Aus-
stellungen, Hohenzollern-Jahrbuch 1901, 211 ff.
169
Eine lange Reihe von Gegenständen ist hier vereinigt, die von den einzelnen
Mitgliedern des fürstlichen Hauses Sachsen Albertinischer Linie gebraucht oder
als Geschenke und Andenken aufbewahrt worden sind. Ich erwähne beispiels-
weise eine Folge der besten Porträtmedaillen der sächsischen Fürsten Albertinischer
Linie von Herzog Albrecht dem Beherzten an und eine Reihe schönster Medaillen
italienischer und anderer, besonders deutscher Meister des 15., 16. und 17. Jahr-
hunderts. Bei einer Sammlung wie dem Grünen Gewölbe kommt nicht nur ein
reiches Material zur Geschichte des Fürstenhauses zusammen, dem die Sammlung
gehört, sondern auch zahlreiche Stücke, welche das Verhältnis des Fürstenhauses
zu seinen Untertanen erläutern. So finden sich im sogenannten Silber- oder
Buffetzimmer unter anderem auch zwei silberne Ehrenschilde, deren einer dem
1871 aus Frankreich siegreich heimkehrenden Kronprinz Albert von den Land-
ständen des Meißner Kreises, deren anderer ihm von den Landständen des Bautzner
Kreises gewidmet wurde.
Schließlich mag noch ein Beispiel eines kleinen Museums angeführt werden.
In dem Kreuzgang der Halberstädter Liebfrauenkirche ist ein Architektur-Museum
zusammengestellt worden, dessen Hauptbestandteile sich aus Grabsteinen und
Bruchstücken des vor einigen Jahren abgebrannten, aus der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts stammenden Fachwerkbaues, dem „Schuhhof", einem mit Holz-
schnitzereien überreich geschmückt gewesenen Gebäude, zusammensetzen. Namen,
Wappen und Hausmarken hieraus hat M. Petiscus im Archiv für Stamm- und
Wappenkunde VIII, 1908, Nr. 10, Seite 146 ff. zusammengestellt. Besonders wichtig
für die Familienforschung sind die heraldischen Sammlungen unserer Museen, die
nicht nur Hilfsmittel kunstgeschichtlicher Forschung 1 ), sondern auch hochwichtige
Fingerzeige für Familienzusammenhänge abgeben. Wie in Halberstadt, so haben sich
auch in anderen Städten, wie Augsburg, Freiberg in Sachsen, Nürnberg, die Kreuz-
gänge der Gotteshäuser als geeignete Sammlungsräume erwiesen. So sind z. B. in
den Freiberger Domkreuzgängen viele Grabmäler des Geschlechtes von Schönberg
vereinigt.
*) Kekule von Stradonitz, Die Wappenkunde in den Museen als Hilfsmittel kunst-
geschichtlicher Forschung, Museumskunde Bd. IV.
Die bibliothekarischen Hilfsmittel des Familien-
forschers.
Allgemeines: Die für den Familienforscher wichtigsten Bibliotheken
und die Literatur über dieselben.
UR Anstellung familiengeschichtlicher Forschungen empfiehlt es sich,
solche Bibliotheken um Übersendung von einschlagenden gedruckten
Hilfsmitteln anzugehen, welche sich zahlreicher Anschaffungen histo-
rischer Publikationen befleißigen. Aus den Jahresberichten der Geschichts-
wissenschaft (Berlin, früher Gärtners, jetzt Weidmanns Verlag) ist zu entnehmen, daß
für ein einzelnes Gebiet, wie Sachsen-Thüringen, jährlich 8 — 900 Veröffentlichungen
historischen Inhalts kommen. Auch nur die wichtigsten derselben wird in einem
Land oder einer Provinz im allgemeinen nur je eine Bibliothek anzuschaffen in
der finanziellen Lage sein. Im Königreich Sachsen z. B. ist die Anschaffung des
neuerschienenen philologisch-historischen Materials so geordnet, daß in der Haupt-
sache die historischen Werke von der Königlichen Öffentlichen Bibliothek in
Dresden-Neustadt (im Japanischen Palais), die philologischen von der Universitäts-
bibliothek in Leipzig angeschafft werden. Soweit die Namensforschung oder das
Gebiet der deutschen Altertümer für familiengeschichtliche Forschung in Betracht
kommt, ist auf germanistische Bibliotheken zu verweisen. Seit Frühjahr 1905
ist in Berlin ein Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken ins Leben getreten;
über die Benutzungsbedingungen vgl. Zentralblatt f. Bibliothekswesen XXII (1905),
S. 196. Über den Inhalt unserer größeren deutschen Bücherbestände gibt Paul
Schwenke, Adreßbuch der deutschen Bibliotheken (10. Beiheft zum Zentralblatt
für Bibliothekwesen. Leipzig, Otto Harrassowitz 1893) eine übersichtliche kurze
Auskunft. 1 ) Außerdem kommt in Betracht: G. Hedeler, Verzeichnis der Privat-
bibliotheken. III. Deutschland. Leipzig 1895.
Als besonders umfangreiche Bibliotheken seien hier auf historischem Gebiete
beispielsweise genannt: Die königliche Bibliothek in Berlin 2 ), W.-Platz am Opern-
*) Vgl. auch Minerva, Jahrbuch der gelehrten Welt, seit 1882 jährlich herausgegeben
von K. Trübner und Fr. Mentz in Straßburg.
a ) Seit Anfang 1892 wird der Druck der Akzessionen aus der neu erscheinenden Lite-
ratur bogenweis ausgegeben. Inhaltsverzeichnis der in der Handschriftenabteilung der Kgl.
Bibliothek zu Berlin befindlichen Collectio Genealogica ex dono Koehnii, Vierteljahrschr. f.
171
hause, die Bibliothek des deutschen Reichstags 1 ), die Kgl. Hof- und Staatsbiblio-
thek in München 2 ), die Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums 3 ), die
Kaiserl. Universitäts- und Landesbibliothek in Straßburg 4 ), die Kgl. öffentlichen
Bibliotheken in Hannover 5 ) und Stuttgart 6 ), die Stadtbibliothek in Trier 7 ), die
Fürstl. Stolberg-Wernigerodische Bibliothek 8 ), die Herzoglich Braunschweig-Lüne-
burgische Bibliothek in Wolfenbüttel 9 ), die Ratsschulbibliothek in Zwickau 10 ),
die Stadtbibliothek in Breslau 11 ), die Fürstl. Fürstenbergische Hofbibliothek, die
Staatsbibliothek in Frankfurt a. M., die Universitätsbibliotheken in Erlangen 12 ),
Wappenkunde XXVII, 1899, S. 263 ff . Die genealogischen Handschriften der Berliner Biblio-
thek sind: von Plotho, Genealogische Sammlung; Collectio genealogica ex dono Koehnii;
Hasse, J. E., Sammlung genealogischer Nachrichten; König, A. B., Ordensrat (Acta Koeni-
gana). Vgl. auch P. Schwenke und A. Holtschanski, Berliner Bibliothekenführer. Berlin,
Weidmann, 1906.
x ) Katalog der Bibliothek des deutschen Reichstags, hrsg. v. Aug. Potthast, Berlin
1882. Katalog der Bibliothek des Reichstages, hrsg. v. Ed. Blömeke, Berlin 1890. —Der
3. Band des Katalogs der Reichstagsbibliothek enthält besonders reiche Angaben über die
Literatur der deutschen Territorial- und Ortsgeschichte (Berlin 1896).
2 ) Keinz, Fr., Der Journalsaal und die neuere Periodische Literatur an der Hof- und
Staatsbibliothek zu München. München 1879. Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae
regiae Monacensis: Codices latini B. 3, 1 — 4 (B. 3, 1 in 2 Abtlgn.). B. 4, 1 — 4. Codices Ger-
manica B. 5 — 6. München 1868 ff. Hier liegt massenhaft aufgestapelt, was die Säkularisation
den geistlichen Stiftern und Klöstern (1803) abnahm. Sehr viele Manuskripte liegen auch in
der Kgl. Bibliothek zu Bamberg. Katalog von F. Leitschuh, Bamberg 1895.
3 ) Druckschriften des germanischen Nationalmuseums. I. Bd., 1. Abt. Nürnberg und
Leipzig. 1856, S. 171—484 (auch bes. u. d. Tit.: Bibliothek d. german. Nat.-Mus. 1855. Zu-
wachsverzeichnisse im Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit und seit 1884 im Anzeiger
des german. Nat.-Mus.).
4 ) Hottinger, Chr. G., Die Kaiserliche U. u. K. Bibliothek in Straßburg, 2. Aufl.
Straßburg 1875.
6 ) Hier befindet sich Manecke, Genealogischer Schauplatz.
6 ) Stalin, C. F., Zur Geschichte und Beschreibung alter und neuer Büchersammlungen
im Königreich Württemberg. Württemberg. Jahrb. für vaterländische Geschichte 1837,
S. 293 ff., 331 ff., 368 ff., auch separat 1838.
') Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde VII, 1839, S. 138 ff.;
VIII, 1843, S. 596 ff.
8 ) Förstemann, E., Die Gräfl. Stollberg. Bibliothek zu Wernigerode, Nordhausen 1866.
9 ) Schoenemann, C. P. O., Umrisse zur Geschichte und Beschr. der Wolfenbüttler
Bibliothek, Serapeum IV 1843, V. 1844, XVIII 1857.
10 ) Buchwald, G., Die Bedeutung der Zwickauer Ratsschulbibliothek f. d. Studium d.
Reformationszeit, Zeitschrift f. kirchl. Wissenschaft IV, 1883, S. 658—662.
11 ) Neigebaur, Die Stadtbibliothek in Breslau, N. Anz. f. Bibl. 1865, S. 246 ff., 293 ff.
12 ) Irmischer, J. K, Diplomat. Beschreibg. der Mss., welche sich in der Kgl. Univ.-Bibl.
zu Erlangen befinden. Nebst d. Gesch. dieser Bibl. Bd. 1. Erlangen 1829. — Kerler, D.,
Katalog des Klosters Heilsbronn aus dem 13. Jahrh. Serapeum 26. 1865. S. 199—203. —
Hocker, J. L., Bibliotheca Heilsbronnensis s. Catal. librorum tarn msstorum quam impressorum,
qui in cel. monasterii Heilsbronn, bibliotheca publ. adservantur [= Teil 2 zu dess. Halisbronn.
Antiquitaeten-Schatz]. Nürnberg 1731. — Oetter, G., Progr. de memorabilibus bibliothecae
monasterii S. Jodoci vulgo St. Jobst nuncupati Erlangen 1746. — Murr, Chr. Theoph. de,
Memorabilia bibliothecarum publ. Norimbergens. et Univ. Altdorfinae. P. 3. Nürnberg 1791. —
Irmischer, J. K, Hdss.-Katalog der Kgl. Univ.-Bibliothek zu Erlangen. Frankfurt a. M. und
Erlangen 1852.
172
Gießen 1 ), Greifswald 2 ), Halle 3 ), Würzburg 4 ), die Städtische Landesbibliothek in
Kassel.
Auf germanistischem Gebiete sind außer den bereits genannten hervorragend:
die Stadtbibliotheken in Braunschweig und Bremen 5 ), die Freiherrlich Karl von
Rothschildsche öffentliche Bibliothek in Frankfurt a. M. 6 ) und die Göttinger Uni-
versitätsbibliothek. 7 ) Da die Familienforschung häufig juristische Werke, besonders
solche über Privatrecht herbeiziehen muß, so sei auf die juristischen Büchersamm-
lungen aufmerksam gemacht, welche sich in der Bibliothek des deutschen Reichs-
gerichts 8 ), und in der Gehestiftung in Dresden, Kleine Brüderstraße 9 ), befinden,
sowie auf die Stadtbibliothek in Köln 10 ).
Über die Bücherbestände Österreich-Ungarns orientiert das in den Schriften
des „Österreichischen Vereins für Bibliothekswesen" erschienene „Adreßbuch der
Bibliotheken der Österreich-ungarischen Monarchie" von Johann Bohatta und
Michael Holzmann (Wien, Carl Fromme 1900). Hier seien als historisch her-
vorragende Bibliotheken erwähnt: Die Bibliothek des Mährischen Landesarchivs
in Brunn 11 ). Daselbst sind vertreten größtenteils historische Quellenwerke, Ge-
*) Heuser, E., Beitr. zur Gesch. der Universitätsbibl. Gießen, 6. Beiheft des Zentral-
blattes f. Bibl. W. Leipzig 1891.
2 ) Dähnert, Joh. Cas., Academiae Grypiswaldensis bibliotheca. Greifswald 1757 f.
Zuvvachsverzeichnisse seit 1836.
3 ) Boehmer, Ber. über d. v.Ponickausche Bibl. d. Universität Halle-Wittenberg, Halle 1867.
4 ) Reuss, Kurzer Abriß einer Gesch. d. Bücher- u. insbes. Hdss.-Sammlungen im vorm.
Hochstifte Würzburg. Serapeum VI, 1845, S. 161 — 174, 177 — 186. — Zugangsverzeichnisse
seit 1850. — Reuss, Kurze Beschreibung d. merkwürdigsten altdeutschen Hdss. d. K. Univ.-
Bibl. zu Würzburg. Archiv d. hist. Ver. v. Unterfranken. Bd. IV, Heft 3, 1838, S. 152—160.
Vgl. dess. Beiträge z. dtsch. Hdss.-Kunde, Ztschr. f. dtsch. Altert. III, 1843, S. 432— 446; V, 1845,
S. 453—463 u. Serapeum XIII, 1852, S. 11—16. — Archiv d. Ges. f. alt. dtsch. Geschichtsk.
VII, 1839, S. 108—111. — Manuskriptenkat. d. vorm. Dombibl. zu Würzburg. Mitget. von
Reuss. Archiv d. hist. Ver. v. Unterfranken. Bd. VII, Heft 2, 1842, S. 166—176. Abgedr.
Serapeum III, 1842, S. 376—382. — Die Pergam.-Hdss. der K. Univ.-Bibl. Würzburg in alpha-
betischer Reihenfolge verzeichnet. Würzburg 1886.
6 ) Rump, H, Alphabet. Verzeichnis sämtl. Bücher der Bremischen öffentl. Bibliothek.
Bremen 1833—34. Forts. 1859.
°) Berghöffer, Ch., Die Einrichtung u. Verwaltung d. Frhrl. Karl v. Rothschildschen
öffentl. Bibliothek während d. Jahre 1867—1890. Frankfurt a. M. 1891. Zugangsverz. seit 1891.
r ) Meiners, C., Beiträge z. Gesch. uns. Univ.-Bibliothek, in dess. Gott. akad. Annalen.
Bdchen 1, 1804, S. 1 — 95. — Akzessionen 1844—47 s. in Nachrichten v. d. Ges. d. Wiss.
1845 — 54. — Die Akzessionen d. Kgl. Univ.-Bibl. in Gott. währ. d. J. 1854—68. Göttingen
(seit 1857 Braunschweig) 1856-69 (13 Hefte).
») Schulz, K., Katalog der Bibliothek des Reichsgerichts Leipzig 1882. 1890.
") Katalog der Gehestiftung in Dresden, seit 1888.
10 ) Veröffentlichungen der Stadtbibliothek in Köln. Heft 1 die Stadtbibliothek in Köln,
Ihre Organisation und Verwaltung. Von A. Keysser. Köln 1886, Heft 3, I. Der Bücher-
erwerb der Kölner Stadtbibliothek, von A. Keysser. 2. Bestimmungen über die Verwaltung
und Benutzung. 1890, Heft 4. Zur geschichtl. u. landeskundl. Bibliographie d. Rheinprovinz.
Von A. Keysser, 1891. Zugangsverzeichnisse der Stadtbibliothek in Köln seit 1890.
") Dudik, Beda, Mährens Geschichtsquellen. Brunn 1850. — Wattenbach, W.,
Handschriften der ständischen Sammlung in Brunn aus Corwei's Nachlaß, in: Archiv f. alt.
deutsche Gesch. 10. 1851, S. 685. — Chlumetzky, Peter v. und Chytil, J., Bericht über
das mährische Landesarchiv. 1857.
173
schichtswerke und geschichtliche Hilfswissenschaften, soweit sie Mähren, Böhmen,
Schlesien, die österreichischen Länder und Deutschland betreffen. — Mährische
Landesbibliothek in Brunn, Museumsgasse, im Gebäude des Landesmuseums,
(Franzensmuseum) 1 ), pflegt in erster Linie die auf die mährische Landeskunde be-
zügliche Literatur. — Steiermärkische Landesbibliothek am Joanneum in Graz,
Kalchberggasse 2 ). Bevorzugt steiermärkische Landeskunde, Geschichte und Hilfs-
wissenschaften. — Universitätsbibliothek Lemberg 3 ), besonders wird die landes-
literatur von Galizien berücksichtigt. — Das Museum des Königreiches Böhmen
in Prag 4 ), Die Bibliothek bevorzugt hauptsächlich böhmische Literatur, Bohemica
und Geschichte. — Die Bibliothek und das historische Museum der Stadt Wien
in Wien, Rathaus 5 ); bevorzugt Geschichte und Topographie von Wien, österrei-
chische Geschichte, Theatergeschichte und Literatur, Städtegeschichte und Städte-
verwaltung. — Bibliothek der K. K. heraldischen Gesellschaft ,Adler' 6 ), Wien I,
Rosengasse 4. — K. K. Hofbibliothek. Wien I, Josefsplatz, K. K. Hofburg. 7 ) Be-
sonders gepflegt: Bibliographie, Geschichte. — Wiener Universitätsbibliothek 8 ).
— Die Bibliothek des Ungarischen Nationalmuseums in Budapest 9 ). — Die
K. ungarische Universitätsbibliothek 10 ); vertreten besonders Geschichte und Rechts-
wissenschaft. — Die Bibliothek des Baron Brukenthal'schen Museums in Hermann-
*) Katalog der Bibliothek des Franzensmuseums mit 8 Nachträgen, verfaßt von Custos
Moritz Trapp, Brunn 1868—79 und vom Bibliothekar W. Schräm, Brunn 1885— 96. —
Katalog der Handschriften des Franzensmuseum, verfaßt von W. Schräm, Brunn 1890. —
Schräm, W., Geschichte der Bibl. des Franzensmuseum (Annales musei Franciscei
MDCCCXCVI, p. 41—77).
2 ) Göth, Das Joanneum in Graz, geschichtlich dargestellt, Graz 1861. — Zwiedineck-
Südenhorst, H. v., Die steierm. Landesbibl. am Joanneum zu Graz. Graz 1893. — Jahres-
berichte des Joanneums Graz, seit 1812.
3 ) Catalogus bibliothecae Leopold. 1795. — Dudik, Beda, Archive im Königreiche
Galizien und Lodomerien, AÖG 33, 113.
4 ) Portz, Aus dem Handschriftenverzeichnis des Böhmischen Museums zu Prag, AG
477. — Petters, J., Deutsche Handschriften in Prag, AKD 2, 30. 141. 165. — Kelle, J.,
Altdeutsche Handschriften aus Prager Bibl. im Serapeum 1868; Zeitschr. f. deutsches Alter-
tum XVIII. — Vokrosenskij, G., Die slavischen Handschriften der Bibliothek in: Abhand-
lungen der Petersburger Akademie XXXI, 1883, S. 16.
5 ) [Weiß, K.,] Katalog der Bibl. der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Wien 1865.
8 ) Bibliothekskatalog, erschien Wien 1890. Die früheren Jahrgänge des Jahrbuches des
Vereins ,Adler' enthalten wertvolle Berichte über Erscheinungen familiengeschichtlichen In-
haltes, besonders auch aus dem Auslande.
') Chmel, J., Die Handschriften der K. K. Hofbibl. in Wien im Interesse d. Geschichte,
besonders der österreichischen verzeichnet und exzerpiert. Wien 1840 — 41. — Hoff mann
von Fallersleben, Verzeichnis der altdeutschen Handschriften der K. K. Hofbibl. in Wien.
Leipzig 1841. — Wattenbach, W., Handschriften der K. K. Hofbibl. in: Archiv für ältere
deutsche Gesch. X, 1851, S. 447. — Beer, Rudolf, Die K. K. Hofbibl. 1848—1898. In:
Schnitzer, Ign., Franz Joseph I. und seine Zeit. Wien 1898, Bd. I.
8 ) Leithe, Fr., Die K. K. Universitätsbibliothek in Wien. Wien 1877. — Grassauer,
Ferd., Generalkatalog der laufenden Druckschriften an den österreichischen Universitäts- u.
Studienbibliotheken, hrsg. im Auftrage des K. K. Ministeriums für Kultus und Unterricht von
der K. K. Universitätsbibliothek in Wien. Wien 1898.
9 ) Kataloge in latein. Sprache erschienen 1799 — 1815.
10 ) Lateinische Kataloge der Handschriften erschienen 1889. 1894.
174
Stadt in Siebenbürgen 1 ), Baron Brukenthal'sches Palais, Großer Ring 10. — Biblio-
thek des Siebenburgischen Museumsvereins in Klausenburg. 2 )
Ehe ich in die Erörterungen über diejenigen Bücher eintrete, welche zur Er-
forschung einer einzelnen Familie gute Dienste leisten, verzeichne ich eine
Anzahl solcher Werke, welche allgemein über die Familie überhaupt handeln:
Achelis, Die Entwickelung der Ehe. Berlin 1893.
Amira, Erbenfolge und Verwandtschaftsgliederung nach den altniederdeutschen
Rechten. München 1874.
Bachofen, J. J., Das Mutterrecht. Stuttgart 1861.
Dargun, L., Mutterrecht und Raubehe und ihre Reste im germanischen Recht
und Leben (= Heft 16 von O. Gierke, Untersuchungen zur deutschen Staats-
und Rechtsgeschichte), Breslau 1883; ders., Mutterrecht und Vaterrecht, Heft 1
(Studien zum ältesten Familienrecht 1, 1), Leipzig 1892.
Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates.
8. Aufl. 1900.
Ficker, J., Untersuchungen zur Erbenfolge der ostgermanischen Rechte.
Bd. 1 — 5, 1 u. 6, 1 (= ders., Untersuchungen zur Rechtsgeschichte). Innsbruck 1892
bis 1904.
Gierke, Erbrecht und Vicinenrecht im Edikt Chilperichs (Zeitschr. d. Savigny-
stift. German. Abtlg. 21).
Giraud-Teulon, Les orgines du mariage et de la famille. Genf u. Paris 1884.
Gothein, E., Artikel „Familie" in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften,
hrsg. v. Conrad, Elster, Lexis und Loening. Jena, Gustav Fischer, 3 2 , 1900.
Große, Die Formen der Familie und der Wirtschaft. Freiburg i. Br. und
Leipzig 1896.
v. Hellwald, Die menschliche Familie nach ihrer Entstehung. Leipzig 1889.
Laveleye, De la propriete et de ses formes primitives. Paris 1874; deutsch
bearbeitet von Bücher u. d. T. Das Ureigentum. Leipzig 1879. Vgl. auch Fustel
de Coulanges, Le probleme des origines de la propriete fonciere (Revue des
quest. hist. 45).
Lippe rt, Geschichte der Familie. Stuttgart 1884.
Mac-Lennan, Studies in ancient history. London 1876; ders., The patri-
archat theory. ebd. 1885.
Maurer, K., Artikel „Familie" in: Bluntschli u. Brater, Deutsches Staats-
Wörterbuch III.
Morgan, Ancient society. London 1877.
Mucke, Horde und Familie. Stuttgart 1895.
Post, Die Geschlechtsgenossenschaft der Urzeit und die Entstehung der Ehe.
Oldenburg 1875; ders., Entwickelungsgeschichte des Familienrechtes, ebd. 1889;
ders., Grundriß der ethnolog. Jurisprudenz. 2 Bde., ebd. 1894. 95.
*) Csaki, M., Das Baron Brukenthal'sche Museum. Hermannstadt 1895.
2 ) In erster Linie ungarische Literatur und Geschichte Siebenbürgens. Die Bibliothek
ist mit der Universitätsbibliothek vereinigt. Deren Kataloge erscheinen in ungarischer Sprache
Kolozsvär 1892 ff. — Über bibliographische Hilfsmittel zur Familiengeschichte der übrigen
Staaten Europas vgl. weiter unten unter: Heroldsämter.
175
Riehl, Die Familie.
Schmoller, Die Urgeschichte der Famile, in „Jahrb. f. Gesetzgebung, Ver-
waltung und Volkswirtschaft", Bd. 23, I. Leipzig 1899.
Schröder, R., Geschichte des ehelichen Güterrechtes in Deutschland, T. 1.
Stettin 1863.
Sohm, Recht der Eheschließung, Trauung und Verlobung. Vgl. auch Artikel
Standesregister" von Ferd. Schmid im Handwörterbuch der Staatswissenschaften,
6. Bd., 2. Aufl., Jena, Fischer, S. 981—991 und oben S. 20.
Starcke, Die primitive Familie. Leipzig 1888.
Unger, Die Ehe in ihrer welthistorischen Entwickelung. Wien 1850.
Westermarck, History of human marriage. 3. Aufl. London 1901; deutsch
Jena 1893.
Zur allgemeinen Orientierung in der fast erdrückenden Fülle gedruckter
Bücher dienen:
Bibliographie der deutschen Zeitschriften-Literatur mit Einschluß von Sammel-
werken und Zeitungsbeilagen. Alphabetisches, nach Schlagworten sachlich ge-
ordnetes Verzeichnis von Aufsätzen, die in etwa 2000 zumeist wissenschaftlichen
Zeitschriften, Zeitungsbeilagen und Sammelwerken deutscher Zunge erschienen
sind, mit Autoren-Register, herausgegeben von F. Dietrich. Leipzig, F. Dietrich.
Großes, vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste.
Bd. 1 — 64. Halle u. Leipzig, hrsg. von J. H. Zedier, 1732 — 50 und Supplem.
Bd. 1 — 4. Leipzig 1751 — 1754. — Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften
und Künste. Hrsg. von J. S. Ersch und J. G. Gruber. Leipzig 1818 — 1889.
— P. Larousse, Grand Dictionnaire universel du XIX siecle. Paris 1 866 ff. —
La grande Encyclopedic. Inventaire raisonne des sciences, des lettres et des arts.
Paris 1884 ff. — Nuova Enciklopedia italiana, 6. Aufl. von Boccardo. Torino
1875 ff. — The Encyclopaedia Britannica 9. ed. Vol. 1—24. Edinburgh 1875—89.
— The Encyclopaedia Americana. New York, Philadelphia, London 1883 ff. —
Enciclopedia universalis (Barcelona, seit 1908, auf 25 Bände berechnet, hauptsäch-
lich auch Spanisch.Amerika behandelnd). — The Catholic Encyclopedia (seit 1907,
bis jetzt 4 Bände, auf 15 berechnet). New York, Appleton-Company.
Kaiser, Ch. H., Vollständiges Bücherlexikon. I. 1750. Leipzig 1834. Mit
Sach- und Schlagwörter-Register 1893/94 ff.
Georgi, Th., Allgem. Europäisches Bücherlexikon. 5 Bde. u. 3 Siegel-Bde.
Leipzig 1742—58.
Heinsius, Wilh., Allg. deutsch. Bücher-Lexikon usw. Leipzig 1812.
Hinrichs Fünfjahrs-Katalog der im deutschen Buchhandel erschienenen Bücher,
Zeitschriften, Landkarten usw. Herausgegeben und verlegt von der J. C. Hinrich-
schen Buchhandlung in Leipzig. Als Ergänzung dazu dient Hin rieh's Wöchent-
liches Verzeichnis der erschienenen und der vorbereiteten Neuigkeiten des deut-
schen Buchhandels.
Stein, Henri, Manuel de Bibliographie generale. Paris 1897. Dies ist
eine von kritischen Bemerkungen begleitete Bibliographie der Bibliographien
für alle Gebiete der Wissenschaft und alle Länder. S. 401 — 466: Geschichte
und Hilfswissenschaften. Der Anhang enthält u. a. ein Verzeichnis der Register
176
zu den wissenschaftlichen Zeitschriften der Welt und ein Verzeichnis der ge-
druckten Kataloge der wichtigsten Bibliotheken. — Noch immer mit Nutzen zu
gebrauchen ist: J. Petzholdt, Bibliotheca Bibliographica, Leipzig 1866. Mangel-
haft gearbeitet ist: L. Vallee, Bibliographie des Bibliographies. Paris 1884. —
Ein gutes Verzeichnis neuerer Bibliographien enthält: A. Graesel, Bibliotheks-
lehre. 2. Aufl. Leipzig 1902 (Anhang).
Die besten zusammenfassenden, darstellenden Werke über die Quellen zur
deutschen Geschichte sind:
Wattenbach, W., Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur
Mitte des 13. Jahrhunderts. Stuttgart und Berlin. I 6 1893. II 6 1894. F umge-
arbeitet von Ernst Dümmler 1904.
Lorenz, O., Deutschlands Geschichtsquellen seit der Mitte des 13. Jahr-
hunderts. 3. Aufl. Berlin 1886/7. 2 Bde.
Potthast, A., Bibliotheca historica medii aevi. Wegweiser durch die Ge-
schichtswerke des europäischen Mittelalters bis 1500. 2. Aufl. 2 Bde. Berlin 1896.
Oesterley, H., Wegweiser durch die Literatur der Urkundensammlungen.
Berlin 1886. Brauchbar trotz mancher Mängel. Zeitgrenze 1500.
Wegele, v. Franz X., Geschichte der deutschen Historiographie, seit dem
Auftreten des Humanismus. Auf Veranlassung Sr. Majestät des Königs von Bayern
hrsg. durch die histor. Kommission bei der Kgl. Akademie der Wissenschaften.
München und Leipzig, 1885 (= Geschichte der Wissenschaften in Deutschland.
Neuerer Zeit. 20. Band). Sehr angenehm zu lesen, aber unvollständig, für die
neueste Zeit nicht genügend.
Sehr häufig kommt der Familienforscher in die Lage, sich historisch-geogra-
phischer Wörterbücher bedienen zu müssen. Im allgemeinen muß diesbezüglich
auf die reiche Literatur verwiesen werden, welche bei Dahlmann-Waitz, Quellen-
kunde der deutschen Geschichte, 7. Aufl. von Brandenburg 1906, S. 2 ff. und Er-
gänzungsband 1907, Seite 1 u. 2 verzeichnet ist. Hier sei nur auf folgende Werke
aufmerksam gemacht:
Neumann, G., Geographisches Lexikon des Deutschen Reichs. Leipzig,
4. Aufl. 2 Bde. 1905.
Brunkow, O., Die Wohnplätze des Deutschen Reichs. 8 Bde. Berlin 1880
bis 1885. 2. Aufl. Bd. 1—3. Ebd. 1889.
Ritter's Geographisch-statistisches Lexikon. 9. Aufl. von Joh. Penzier. I. 1905;
II. 1906.
Von hervorragender Wichtigkeit für den Familienforscher ist zu wissen, wohin
kleine Ortschaften eingepfarrt sind:
Kolbe, Arthur, Handbuch der Kirchenstatistik für das Königreich Sachsen.
Nach handschriftlichen Angaben und amtlichen Quellen (N. F. 16. Ausg., Dresden,
E. Wulffen 1894, seitdem wiederholt neu aufgelegt). Mit Hilfe des alphabetischen
Ortsverzeichnisses am Ende dieses Werkes kann man für jede Ortschaft das zu-
ständige Pfarramt sofort feststellen. Vgl. oben Seite 15 und 16. Vgl. ferner
Bundschuh, Geographisch-historische Beschreibung Bayerns, Schwabens und
Frankens (letztere allein 5Bde); Roppelt, Histor.-top. Beschr. d. Fürstent. Bam-
berg; Steichele, A. v., Das Bistum Augsburg, histor.-statist. beschrieben, fort-
177
gesetzt von A. Schröder. Bd. 1 — 6. Augsburg 1861 — 1903. Dazu kommen
die Diözesanschematismen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz.
Im übrigen ist auf die sonstigen Hilfsmittel der kirchlichen Geographie zu
verweisen. Diesbezüglich vgl. die dritte Abteilung des Werkes von Comte de
Mas Latrie, Tresor de Chronologie, d'histoire et de geographie pour l'etude et
l'emploi des documents du moyen äge, Paris 1899. — Theologisches Hilfslexikon.
Verlag von F. A. Perthes 1894. Bd. 2 (hier S. 1—419: ein „Kirchengeschichtliches
Ortslexikon") und weitere Hilfsmittel bei Bernheim, Lehrb. d. histor. Methode,
3. u. 4. Aufl. 1903, S. 292 ff.
Wenn es nicht gelingt festzustellen, an welchem Ort die einschlagenden
Kirchenbücher lagern, dann versuche man durch ein Gesuch an die für den be-
treffenden Ort zuständigen Amtsgerichte den einschlagenden Pfarrort zu erfahren.
Eine außerordentlich große, kaum übersehbare Fülle familiengeschichtlichen
Materials ist in den Sammlungen und Veröffentlichungen unserer Geschichts- und
Altertumsvereine niedergelegt. Über diese orientieren folgende Werke:
Stoehr, Hans Adam, Allgemeines Deutsches Vereins -Handbuch. Statisti-
sches Repertorium der gelehrten Gesellschaften und wissenschaftlich-gemeinnützigen
Vereins der Staaten des Deutschen Reichs. Frankfurt a. M. 1873 (hrsg. vom freien
deutschen Hochstifte zu Frankfurt a. M.).
Müller, Johannes, Die wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften Deutsch-
lands im 19. Jahrhundert. Bibliographie ihrer Veröffentlichungen seit ihrer Be-
gründung bis auf die Gegenwart. Berlin 1883 — 87.
Walt her, Th. A. F., Systematisches Repertorium über die Schriften sämt-
licher historischen Gesellschaften Deutschlands. Darmstadt 1845.
Kon er, W., Repertorium über die vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1850 in
akademischen Abhandlungen, Gesellschaftsschriften und wissenschaftlichen Journalen
auf dem Gebiete der Geschichte und ihrer Hilfswissenschaften erschienenen Auf-
sätze. 2 Bde. Berlin 1852-56.
Hettler, August, Jahrbuch der deutschen historischen Kommissionen, Insti-
tute und Vereine des Deutschen Reichs und des deutschen Sprachgebiets des Aus-
lands. I. Jahrgang 1903. Halle a. S., Verlag der Plötz'schen Buchdruckerei Curt
Nietschmann, 1904. Diese Veröffentlichung ist zwar unvollständig und ungleich
gearbeitet, aber trotzdem nützlich durch die Angabe über Personalangaben über
die Vorstände der einzelnen Vereine.
Nicht selten sind die Vereinshefte im Buchhandel vergriffen und schwer zu
haben. Dann empfiehlt es sich, die Vermittelung des jeweiligen Vereinsvorstandes
behufs Entleihung oder Kopierung zu erbitten.
Mit Rücksicht auch auf den germanischen Westen und auf die aus Frankreich
nach Deutschland ausgewanderten Familien sei genannt: R. de Lasteyrie et F.
Lefevre-Pontalis, Bibliographie des travaux historiques et archeologiques publies
par les societes savantes de la France, T. 1 — 3. Paris 1888 — 1903 (T. 4 im Erscheinen).
Das Zentralorgan der einschlagenden Vereine ist das „Korrespondenzblatt des
Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine". Es wird heraus-
gegeben von dem Verwaltungsausschusse des Gesamtvereins in Berlin und redi-
giert von Geh. Archivrat Dr. P. Bailleu, zweitem Direktor der preußischen Staats-
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 12
178
archive in Berlin, und ist im Vertrieb bei E. T. Mittler & Sohn, Kgl. Hofbuchhand-
lung in Berlin SW 68, Kochstraße 68—71.
Die Vermittlung zwischen den historischen Vereinen und der Geschichts-
wissenschaft suchen als ihr Programm durchzuführen die „Deutschen Geschichts-
blätter, Monatsschrift zur Förderung der landesgeschichtlichen Forschung", hrsg.
von Dr. A. Tille (Gotha, F.A.Perthes).
Im übrigen sei verwiesen auf: Jahresberichte der Geschichtswissenschaft (seit
1878). Berlin 1880ff. Jahrg. 1—3, hrsg. v. F. Abraham, J. Hermann, E. Meyer.
Jahrg. 4. u. 5 v. J. Hermann, J. Jastrow, E. Meyer. Jahrg. 6 v. J.Hermann
und J. Jastrow. Jahrg. 7 — 17 v. J. Jastrow. Jahrg. 1 8 ff . v. E. Berner.
In Rücksicht auf vielfache Erfahrungen, wie sie z. B. in den Grenzboten 1878,
Jahrg. 37, Bd. I, 1 S. 251 ff. mitgeteilt worden, erscheint es nicht überflüssig,
darauf aufmerksam zu machen, daß jeder, der Bücher auf Bibliotheken verlangt,
die Titel so angeben möge, daß sie ohne Schwierigkeit zu finden sind. Man
gebe, wenn es irgend möglich ist, die Jahreszahl des Erscheinens und auch die
Vornamen des Verfassers an. Nicht selten sind auch unter anscheinend sel-
tenen Familiennamen mehr Schriftsteller vertreten als man annimmt. Also no-
tiere man wenigstens die Anfangsbuchstaben der Vornamen, z. B. H., wenn man
nicht weiß, ob der Verfasser Heinrich oder Hermann heißt. Der Titel des Buches
ist dem genauen Wortlaut nach anzugeben. Wenn man diesen nicht weiß, so
empfiehlt es sich, die Unwissenheit besonders anzugeben; eine gefällige Biblio-
theksverwaltung wird einer höflichen Bitte, die Ungenauigkeit richtig zu stellen,
zu entsprechen suchen. Wesentlich für die Genauigkeit des Titels ist namentlich,
daß das Schlagwort, welches für die alphabetischen Zettelkataloge der Bibliotheken
maßgebend ist, nicht etwa fehlt. 1 )
Bei umfangreicheren familiengeschichtlichen Arbeiten ist es, wenn man nicht
eine große Bibliothek am Wohnort benutzen kann, sehr zu empfehlen, eine Zeit-
lang die Reise nach einem solchen aufzuwenden. Durch persönlichen Verkehr
kann man alsdann am Bibliotheksort in kurzer Zeit viel mehr erreichen, als durch
weit, weit längeres Hin- und Herschreiben von Ort zu Ort. Auch versuche man
gegebenen Falles die Erlaubnis zur Benutzung der Repertorien und Zettelkataloge
zu erlangen. Man kann dann leicht in die Lage kommen, die gedruckten Litera-
turnachweise zu ergänzen und familiengeschichtliche Seltenheiten zu finden. Man
versäume auch nicht, sich um die handschriftlichen Schätze zu kümmern, welche
neben den gedruckten Büchern auf einer Bibliothek verwahrt werden. 2 )
1 ) Vgl. Instruktion für die aiphabet. Kataloge der preuß. Bibliotheken usw. Berlin 1899.
*) Verzeichnis der Handschriftenkataloge der deutschen Bibliotheken von A. Blau im
Zentralblatt für Bibliothekswesen 1886. Bd. III, Heft 1 u. 2; der schweizer Bibliotheken von
Q. Meyer, ebd. 1887, Bd. IV; der österreichischen von A. Goldmann, ebd. 1888, Bd. V;
betreffs Frankreichs vgl. Catalogue general des manuscripts des bibliotheques publiques de
France 1885 ff., auch Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1892, Bd. VII, S. 342,
G. Huet, Catalogue des manuscrits Allemands de la Bibliotheque Nationale. Paris 1895;
betr. Spaniens vgl. R. Beer, Handschriftenschätze Spaniens, in: Sitzungsber. der K. Akad.
d. Wissenschaften zu Wien, phil. histor. Klasse 1891 ff., Bd. 124 ff.; betr. Italiens vgl. Mazza-
tinti, G., Inventari dei manoscritti dette biblioteche d'Italia 1886 ff; betr. Englands vgl.
R. Priebsch, Deutsche Handschriften in England, Bd. 1. 2. Erlangen 1896, 1901.
179
Die ältere familiengeschichtliche Literatur in Deutschland 1 )
bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
In genealogischen Dingen ist das sogenannte „alte Buch" gewöhnlich die
unbrauchbarste Sache von der Welt. 2 ) Als ein abschreckendes Beispiel jener
Lügenhistoriographen, welche sich dem Adel gegenüber in Schmeichelei und Unter-
würfigkeit überboten, sei der aus Lauban gebürtige Abraham Hosemann erwähnt
(gräzisiert Knemiander 1561 — 1617); hungrige Literaten seines Schlages fertigten
teils auf Bestellung, teils um ein literarisches Trinkgeld zu erhaschen, jeder be-
liebigen adeligen Familie einen bis in die entfernteste Vorzeit reichenden Stamm-
baum an und erhoben dabei die einzelnen Familienglieder, nicht nur solche, die
einst wirklich gelebt, sondern auch rein erdichtete, bis in den Himmel.
Da sich die der genealogischen Nachweisungen bedürftige Stiftsmäßigkeit bis
zu einem gewissen Grade mit der Hoffähigkeit und selbst mit der Landstand-
schaft kombinierte, so gewannen im ganzen Deutschen Reiche völlig kritiklose
Kompilationen von der Geltung eines Bürgermeisters hohes Ansehen. Heute noch
kann der auf dem Gebiete der Adelsgeschichte tätige Forscher dazu verurteilt
sein, die künstlich angelegten Irrgänge, mit denen ihn tendenziöse Skribenten des
17. und 18. Jahrhunderts beglückt haben, durchwandern zu müssen; und es mag
die Klage Roth von Schreckensteins nicht unbegründet sein, daß viele Leute eitle
Sagengeschichte der Wahrheit vorziehen und es übelnehmen, wenn man sie
darauf aufmerksam macht, daß ihre mit Vor- und Zunamen, zuweilen auch mit
Wappen ausgerüsteten Vorfahren, welche in Werken der genannten Art dem 12.,
11., wohl gar dem 10. Jahrhundert zugewiesen werden, völlig aus der Luft ge-
griffen sind. 3 ) Es muß nachdrücklich betont werden, daß in allen auf genealo-
gische Buchliteratur bezüglichen Angelegenheiten der neuere und neueste Dar-
steller fast stets eine größere Glaubwürdigkeit in Anspruch nehmen kann als der
alte, wenn man von demselben eine gewissenhafte Arbeitsweise voraussetzen darf,
weil das heute zur Verfügung stehende urkundliche Material in genealogischen
Dingen erheblich größer ist als dasjenige, welches selbst den besten Schriftstellern
älterer Zeit vorgelegen hat.
Gerade die Genealogien sind von jeher ein wahrer Tummelplatz teils sagen-
hafter, teils ganz bewußt erfundener Fälschung gewesen. Familien- und National-
eitelkeit haben in der Zurückführung der Stammbäume auf Heroen und Helden
das Unglaublichste geleistet. Der Wunsch, lückenlose Ahnenreihen zu besitzen,
das Bestreben der Gelehrten, unbestimmte Verwandtschaftsbeziehungen sicherzu-
stellen und recht vollständige genealogische Linien zu gewinnen, sind kaum minder
verhängnisvoll geworden. Als ein Beispiel großer Entstellung der tatsächlichen
x ) Über die außerdeutsche familiengeschichtliche Literatur älterer Zeit orientiert man
sich am raschesten aus Wachler, Geschichte der historischen Wissenschaften, Qöttingen
1812 — 1820, dem ich auch im folgenden teilweise mich angeschlossen habe. Das Folgende
habe ich zum Teil bereits in der Wissenschaftl. Beilage d. Leipziger Zeitung veröffentlicht.
2 ) Lorenz, Lehrbuch der Genealogie Seite 150.
3 ) v. Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie 1885, S. 558 ff.
12*
180
Überlieferung können die fränkischen Königslisten angeführt werden, welche Joh.
Hübner in seinen „Genealogischen Tabellen" (1708, später öfter neu aufgelegt)
veröffentlicht hat. Nicht selten suchte man genealogische Fälschungen durch ge-
fälschte oder erfundene Quellennachweise zu unterstützen. Als ein Beispiel hier-
für diene das genealogische Werk von Jerome Vignier, La veritable origine
des tres-illustres maisons d'Alsace, de Lorraine, d'Autriche etc. 1649, worin der
Vater der heiligen Odilia als Stammherr hingestellt und zum Nachweise angeb-
lich vom Verfasser entdeckte Fragmente einer Biographie der Heiligen erfunden
sind, vgl. Julien Havet, Questions merovingiennes, in Bibliotheque de l'ecole
des chartes 1885, Bd. XXXXVI, 261 ff. 1 )
Besonders bedürftig einer kritischen Nachprüfung sind die Angaben der
Turnierbücher. 2 ) Daß in diesen namentlich in heraldischer Beziehung, wenn die
kritische Sondierung das Echte vom Falschen geschieden hat, manch interessante
Überlieferung verborgen ist, soll nicht geleugnet werden. Daß aber die Literatur
unseres deutschen Turnierwesens noch manchen Wunsch unerfüllt läßt, wird
hauptsächlich durch die dem hochberühmt gewesenen, nun aber mit Fug und
Recht verrufenen Turnierbuche des pfälzischen Herolds Georg Rüxner beschie-
denen Erfolge verschuldet. Durch dieses opulent ausgestattete und sich schon
hierdurch empfehlende Werk ist den Ritterspielen und den Familien, welche sie
besucht haben, im Gegensatze zu anderen Geschlechtern eine viel zu große Be-
deutung beigemessen worden. Die Ritterschaft nahm leider die der Eitelkeit Tür
und Tor öffnenden, dreisten Erfindungen eines Schwindlers so begierig auf und
berief sich so selbstgefällig auf dieselben, daß sie lange Zeit als historische
Wahrheit galten und der Verbreitung richtiger Ansichten hemmend entgegen-
x ) Bernheim, Lehrb. d. histor. Methode. 3. u. 4. Aufl. 1903, S. 332 f.
2 ) Hefn er- Alten eck, J. H. v., Hans Burgkmaiers Turnierbuch (28 kolorierte Tafeln
mit Text). — Frey dal. des Kaisers Maximilian I. Turniere und Mummereien, hrsg. von
Quirin von Leitner. Wien 1880—82 (vgl. Monatsblatt des herald, genealog. Vereins
„Adler" in Wien. 1881 Nr. 3, S. 10). — Clamorinus, Barthol., Thurnierbüchlein, darinnen
36 Thurnier sind gehalten worden u. sampt Register vber 360 Deutsche vom Adel, wie sie
in alten Thurnieren vor 700 Jaren gefunden werden. Dresden 1591. — Vgl. auch: Nach-
richten über die Turniere zu Würzburg und Bamberg in den Jahren 1479 und 1486. Würz-
burg, Druck von Friedrich Ernst Thein 1867. — Über Rüxner, dessen Turnierbuch, Sim-
mern 1527, 1530, 1532 f. und oft erschien, vgl. Roth von Schreckenstein, Ritterwürde
und Ritterstand, S. 619; Wachler, Geschichte der historischen Wissenschaften. I, 304 f. —
Appendix Joannis Hollandi et Jacobi Pütrichii rythmi saec. XV de familiis Bojo-
ariae quae ludis equestribus (vulgo Torneamentis) interfuerunt ex MSS editi praemissis illa-
rum ex iisdem MSS scutis gentiliciis in: Raymundi Duellii, Excerptorum General. Histor.,
Leipzig 1725, S. 249 ff. Johann Hollandt von Eykhenfelden war „bayrischer Ehrenhold zu-
zeiten Herzog Ludwigs von Bayern, Grafen zu Martani". — Bellica progymnasmata duce
Joachimo, S. R. d. Marchione Brandenb. et Heinrico Magnopolitano duce Novirupinc cele-
brata et a P. Vigilantio latinitati donata Frankf. a. O. (Hochtrabende Beschreibung eines zu
Neurupin von obigen Fürsten 1512 gehaltenen Turniers. Mit Benennung aller Teilnehmer.
— Turnierbuch Herzog Wilhems IV. von Bayern (1510 — 45) nach dem Originale der Kgl.
Staatsbibliothek, hrsg. von Schlichtegroll und Sennefelder, München 1817. — Turnier
bei Hochzeit des Churprinzen 1722. Von solchen im Turnierhaus zu München gehaltenen
Hof festen, sog. Turnieren, gibt es eine große Anzahl Separatbrochüren von 1717 — 63. Vgl.
auch v. Gumpenberg, Die Gumpenberger auf Turnieren, 1862.
181
wirkten. Was Rüxners Schrift in gewissen Kreisen besonders empfahl, war ab-
solut unstichhaltig: die Vorstellung nämlich, daß der kleine Reichsadel im 10.
und 1 1 . Jahrhundert mit Fürsten und Herren auf der Stechbahn und auch außer-
halb derselben beinahe wie mit seinesgleichen verkehrt hätte. Turniere hat es
bekanntlich im 10. und 11. Jahrhundert nicht gegeben. Erwägen wir, daß die
Erteilung des Druckprivilegiums (1527) für das Turnierbuch nur wenige Jahre
nach dem 1522 von Franz v. Sickingen zu Landau abgehaltenen Rittertage er-
folgte, so ist es gewiß sehr begreiflich, daß die politisch erregten, sich bis zum
Untergange Wilhelms v. Grumbach mit großen Dingen tragenden Reichsritter,
die es dem hohen Adel gleichtun wollten, sehr dazu geneigt waren, alles zu
glauben, was ihrem Größenwahn den Schein historischer Berechtigung verlieh.
Zwar wurden schon im 16. Jahrhundert wohlbegründete Bedenken hinsichtlich
der Zuverlässigkeit des Turnierbuches mehrfach ausgesprochen. Aber diesen
Bedenken fehlte die erforderliche Verbreitung hauptsächlich in jenen Schichten,
die sich hätten belehren lassen sollen, während das Turnierbuch von 1530 — 1750
eine Reihe von Auflagen erlebte und zu weiterem Überflusse durch eine Über-
setzung ins Lateinische sowie auch durch gedruckte und handschriftliche Aus-
züge fortwährend im Kurs blieb und heute noch in manchen Werken ge-
spensterhaft erscheint, die sich ein gelehrtes Ansehen geben möchten. Nur
wenige Edelleute der sogenannten guten alten Zeit besaßen die erforderlichen
Kenntnisse und die nötige Unbefangenheit, um das Turnierbuch nach seinem
wahren Werte, will sagen Unwerte, beurteilen zu können. Was sie in Pagen-
häusern, auf Ritter- und Jesuitenschulen gelernt hatten, diente gewiß nicht
zur Weckung kritischer Bedürfnisse. Auch auf den Universitäten herrschte die
Methode des sich besonders im theologischen und juristischen Gebiete breit-
machenden Probabilismus, bei dem es bekanntlich mehr auf die Häufung von Aus-
sprüchen anerkannter Autoritäten als auf Gründe ankommt. Wer sollte aber,
wenn es sich um das wie ein Palladium der Ritterschaft angestaunte Turnier-
wesen handelte, ein Autor probabilis sein, wenn es der durch kaiserliche Druck-
privilegien geschirmte Vater Rüxner nicht war?
Man würde den genealogischen Schriftstellern des 16. Jahrhunderts unrecht
tun, wenn man sie alle für so minderwertig wie Rüxner halten wollte. Schon
bei Franz Irenicus aus Ettlingen, mit dessen Exegesis Germaniae (Hagenau 1518
fol.) die genealogische Wissenschaft in Deutschland zuerst einsetzt *), offenbart sich
eine richtige Ansicht und Methode der genealogischen Untersuchung und eine
angemessene Benutzung ihrer Resultate; aber im ganzen ist doch die mühsame,
oft geräuschvolle, mit beträchtlichem Kostenaufwande verbundene Kraftanstrengung
der damaligen deutschen Genealogen von einem unverhältnismäßig geringem Er-
folg begleitet gewesen. Kein deutsches Fürstenhaus kam dem österreichischen in
Begünstigung und tätiger Unterstützung der genealogischen Studien gleich; schon
unter K. Friedrich III. fingen sie an zu gedeihen, aber weit angelegener läßt sich
*) Was die Geschichte des Mittelalters betrifft, so soll der Mönch Alberich im 13. Jahr-
hundert der erste gewesen sein, der einen Versuch mit Qeschlechtsregesten machte, vgl.
Rose, Artikel Genealogie, bei Ersch und Gruber, Allgem. Encyklopädie. I. Sektion, 57. Teil,
speziell Seite 366.
182
Maximilian I. ihre Förderung sein. Johann Stabius (f 1510) und Ladislaus Sunt-
heim mußten Deutschland und andere Teile Europas bereisen, um für die Ge-
schichte des Habsburgischen Geschlechtes Materialien und Urkunden zu sammeln,
wovon vieles in dem unruhigen Zeitalter gegen Ende des 16. und im Anfange
des 17. Jahrhunderts untergegangen, zerstreut und verfälscht worden ist; Sunt-
heims Schriften bleiben als Denkmäler gelehrter Emsigkeit achtungswert 1 ) und
die Aufklärungen, welche Cuspianian unter Anschluß an Suntheim über mehrere
Probleme des Mittelalters verbreitete, verdienen dankbare Erwähnung; ohne vielfache
mühsame Vorarbeiten hätte Hans Jakob Fugger sein ungedrucktes pracht-
volles Werk 2 ) nicht zustande bringen können.
G. Spalatins genealogische Forschungen, die er im Dienste und auf Be-
gehren des Kurfürsten Friedrichs des Weisen von Sachsen 1514 begann und bis
zu seinem Tod mit Unterbrechungen fortführte, sind noch sehr unreif. Über den
Ursprung der alten Landgrafen von Thüringen und der Markgrafen von Meißen
verbreitete er am kursächsischen Hofe falsche Ansichten, die als Haustraditionen
bis tief in das 19. Jahrhhundert hinein nicht zu tilgen waren. Vorsichtiger ging
er beim Studium der adeligen Geschlechter zu Werke, wobei er Urkunden zur
Hand nahm. Ebenso ermangelt des Straßburger Hieronymus Gebwiler Epitome
regii ac vetustissimi ortus Caroli V. et Ferdinandi omniumque Archiducum
Austriae et comitum Habsburgensium (Straßburg 1527, mit Holzschnitten, voll-
ständiger 1530, in 4° und Löwen 1650 in 8°, ohne Holzschnitte), sowie des Flam-
länders Jacob Meyer Flandricarum rerum tomi X de orgine antiquitate nobilitate
ac genealogia comitum Flandriae (Brügge 1531, in 4° und Antwerpen 1531 in 8°)
der Sicherheit und Glaubwürdigkeit. Sie enthalten alle noch Märchen und
Legenden der Geschlechter. Unsicherheiten und Fabeleien behielten auch in
Ph. Melanchtons Theatrum genealogicum (Magdeburg 1598), in den genea-
logischen Versuchen Kasp. Peucers und Lazias (Latzens) Schrift De aliquot
gentium migrationibus (1555 und Frankfurt 1600) und in Chyträus Chronicum
Saxoniae die Oberhand. Der Pfälzer Kurfürst Ludwig VI. spielte mit den Ge-
schlechtsregistern seiner Familie derart, daß er Reime mit Prosa vermengte. 3 )
Erst Reiner Reineccius (Reineck) aus Helmstedt brachte mehr wissenschaft-
liche Methode in die Genealogie, die er in ihrem ganzen Umfange zu be-
arbeiten unternahm. Er erregte unter seinen Zeitgenossen Aufsehen durch sein
Syntagma de familiis quae in monarchiis tribus prioribus rerum potitae sunt
(Basel 1574 — 1580, 4 Bde.) und durch seine Historia Julia seu syntagma he-
roicum (Helmstedt 1594 — 1597, 3 Bde.). Wie Reineccius erwarben sich auch
*) Bauer, Josef Ritter von, Ladislaus von Suntheim und die Anfänge genealogischer
Forschung in Österreich, JAW NF 14, 60 f f . — Ägyd Kopriva, Die Suntheimer Tafeln,
ebd. S. 84 ff. Hier auch über die Ausgabe dieser Tafeln bei Hieron. Pez, Scriptores
rerum Austriacarum, T. i. 1721.
2 ) Wahrhaftige Beschreibung zweier in einem der alleredelsten uralten und hochlöb-
lichsten Geschlechter der Christenheit des Habsburgischen und Österreichischen Geblüts
1555 mit wenigstens 10000 Wappen; s. v. Aretin, Beyträge. Leipzig 1803, Okt., S. 49 f.
3 ) Herausgegeben v. Fischer in der novissima scriptorum ac monumentorum rerum
germanicarum collectio zu Halle 1781. 4. 2 Bde.
183
Hermann Hammelmann und Andreas Engel unleugbares Verdienst um die
Geschlechterkunde. Die Genealogie der bayerischen Fürsten fand an Aventin
und Hund treffliche Bearbeiter.
Unter denen, welche mehrere Teile der deutschen Spezialgeschichte behandelt
haben, ist seines seltenen patriotischen Fleißes wegen, und weil er anderen den
Weg bahnte, beachtenswert: Cyriacus Spangenberg 1 ) aus Nordhausen (geb.
1528, gest. 1604); dieser war unermüdet tätig, um sich über einzelne Gegenden,
Orte und Geschlechter urkundliche Nachrichten zu verschaffen und dieselben in
Chroniken zusammen zu stellen; besonders ließ er sich die Aufklärung der
Genealogie angelegen sein. Sein Erzählungston ist treuherzig und kräftig, die
Sprache rein und wohlklingend. Auch Johann Letzner 2 ), Prediger zu Iber im
Grubenhagischen, aus Hardegsen (geb. 1531, gest. 1613), sah viele Handschriften,
Diplome und Familienpapiere ein und klärte manches auf. Beider Männer Samm-
lungen sind aber zu unkritisch, so daß man ihren Angaben nicht ohne strenge
Nachprüfung folgen kann.
Alles in allem war noch immer im einzelnen viel zu wenig vorgearbeitet,
um allgemeine genealogische Werke, wie solche von Hieronymus Henninges 3 )
aus Lüneburg (starb 1598) und von dem Jenaischen Professor Elias Reusner 4 )
unternommen wurden, gelingen zu lassen. Bei beiden ist die Anlage fehlerhaft
und die Ableitung der neueren Familien voll willkürlicher Voraussetzungen und
unerweisbarer Kombinationen; die Observanz hatte Behauptungen geheiligt, deren
Beibehaltung alles Streben nach genealogischer Wahrheit vereiteln mußte. In
Reusners Bahnen arbeitete auch Andreas Hildebrand (starb 1638). Seine
Tabulae genealogicae continentes Pomeranorum ducum modernorum progenitores
(Sedini 1618) besitzen die Königl. Bibliothek zu Berlin und die Königl. und
Universitätsbibliothek zu Breslau, das Stamm- und Geburtsregister der Könige von
Schweden (Stettin 1632) die Universitätsbibliothek zu Greifswald. Sehr selten
scheinen seine Genealogia illustrissimorum Pomeraniae ducum (Sedini 1622), über
welche Otto Heinemann in den Monatsblättern, herausgeg. von der Gesellschaft
für Pommersche Geschichte und Altertumskunde, 1905, S. 110 ff., berichtet, und
seine Genealogia comitum ab Eberstein (Stettini 1623) zu sein. In Deutschland
wurde die Genealogie zuerst von Nikolaus Rittershausen 5 ) Professor der
*) Leukfeld, S. J. G., Hist. Spangenbergensis etc. Quedlinburg, 1712. 4. Adelspiegel.
Schmalkalden das. 1591.
2 ) Stammbuch oder Chron. der von Berlepsch. Erfurt 1593. 4. Plessisches Stammbuch
in Joach. Meier Origg. Pless.
3 ) Genealogicarum Tabularum T. 1. 2. Uelzen 1584—1587; umgearbeitet: Theatrum
genealogicum, ostentans omnes omnium aetatum familias etc. Magdeburg 1598. 4 Folianten.
— Genealogiae aliquot familiarum nobilium in Saxonia etc. Uelzen 1587. verm. Hamburg 1590 f.
4 ) Genealogicum Romanum de familiis praecipuis Regum, Principum Caesarum Rom.
Frankfurt 1589 f. Opus genealogicum catholicum das. 1592 f. Stemma Wittichindeum.
Jena 1592. 1597 f.
5 ) Genealogiae imperatorum, regum, ducum, comitum praecipuorumque aliorum pro-
cerum orbis christiani. Altdorf 1653, Tübingen 1658; 1664; 1674; 1683 f. — Brevis exegesis hist.
genealogiarum imp. etc. Tübingen 1674 f. — XIV. Tabulae chronologicae, quibus exhibentur
praecipuae familiae hodiernorum Principum Imperii. Tübingen 1661; 1668; 1670; 1 684 f. — Im-
hof, I. W. v., ergänzte und erweiterte diese Schriften und legte sie bei seinen Arbeiten zugrunde.
184
Rechtsgelehrsamkeit zu Altorf (geb. 1597, gest. 1670), nach den Regeln der
historischen Kritik wissenschaftlich bearbeitet und von abenteuerlichen Sagen und
Grillen gereinigt; er ging bei der Ableitung der Geschlechter vom 15. christlichen
Jahrhundert aus und ließ ein höheres Altertum der Familien nur als seltene Aus-
nahme zu; sein Verfahren ist vorsichtig und auf Zeugnisse gestützt. Positive
Aufstellungen für die dunkleren Jahrhunderte lagen außerhalb seines Gesichts-
kreises.
Der ehrwürdige Theolog Philipp Jacob Spener 1 ) aus Rappoltsweiler im
Elsaß (geb. 1635, gest. 1705) brachte wissenschaftliche Methode in die von ihm
aus historischem Gesichtspunkte betrachtete und mit der Genealogie in engere
Verbindung gestellte Heraldik; seine Schriften, besonders das System der Heraldik,
haben durch Vollständigkeit, Klarheit in der Anordnung und technische Präzision
Epoche gemacht und genossen lange klassisches Ansehen. Spener gab dem
heraldischen Mystizismus den Todesstoß, er erläutert die einzelnen Teile des
Wappens historisch, indem er . sie selbst als geschichtliche Gebilde betrachtet.
Die erste Frucht seiner heraldischen Studien war der Kommentar zum sächsischen
Wappen (1660). Eine vollständige theoretische Übersicht über die Wappenwissen-
schaft und Wappenkunst ist die Historia insignium, deren pars specialis 1680,
deren pars generalis 1690 erschien. Auch sein Theatrum nobilitatis Europeae ist
ein monumentales Werk, das für sich allein genügen würde, den Verfasser zum
berühmten Manne zu machen. Speners Werke werden auch noch heute mit Nutzen
zu Rate gezogen und dürfen in keiner Fachbibliothek fehlen. 8 )
Äußerst unkritisch und pflichtgemäßer Treue und Sicherstellung der oft will-
kürlich hingeworfenen Angaben ermangelnd sind die bändereichen Kompilationen
des Benediktiners Gabriel Bucelin 3 ) zu Weingarten (geb. 1599, gest. 1681). Wie
ungereimt man noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts in genealogischen Dingen
nicht selten verfuhr, beweist eine sauber gearbeitete Stammtafel des Landgrafen von
Hessen, die deren Ursprung bis auf Adam zurückführt und die angibt, daß der
erste Landgraf Heinrich das Kind, welcher 1306 starb, im 91. Gliede von Adam
abstammt. Nachdem dann Joh. Ehrenfr. Zschackwitz aus Kosen mit seinem
historisch -genealogischen Schauplatze usw. (Lemgo 1724, 4) einen unglücklichen
Versuch gemacht hatte, trat Joh. Hübner zu Hamburg mit seinem Lexicon genea-
logicum portatile (Hamburg 1729) und den genealogischen Tabellen auf, die zwar
allgemein verbreitet und bekannt wurden, die Wissenschaft aber an Gründlichkeit
und Zuverlässigkeit der Forschung wie an Vollständigkeit des Stoffes um keinen
Schritt weiter brachten und außerordentlich vieles noch zu wünschen übrig ließen.
*) Insignia serenissimae familiae Saxonicae 1660. — Historia insignium Illustrium s. Operis
Heraldici. Pars specialis. Frankfurt 1680. Pars generalis, das. 1690; 1717. — De insignibus
familiae Saxoniae, das. 1668. 4. — Theatrum nobilitatis Europeae, das. 1668 f. — Sylloge
genealogico-historica, das. 1675. 8. — Illustriores Halliae stirpes tab. geneal. comprehensae,
das. 1689 f.
a ) Kekule von Stradonitz, Die Grenzboten, 60. Jahrgang, Nr. 13 vom 28. März 1901,
wieder abgedruckt in seinen Ausgewählten Aufsätzen aus dem Gebiete des Staatsrechts und
der Genealogie. I. 1905, S. 181 ff.
3 ) Zu seinen wichtigsten Schriften gehört die Germania topo-chrono-stemmatographica
sacra et profana, s. u. unter: Handapparat des Familienforschers.
185
Die Tabellen erschienen in Leipzig 1708—1730, Querfol., 4 Bände, nebst den
kurzen Fragen aus der Genealogie, ebendaselbst 1719 — 1737, 12, 4 Bände, neue
Auflage beider Werke durch Krebel ebendaselbst 1737 — 1766.
Hieran schließen sich Sam. Lenzen's aus Stendal historisch -genealogische
Untersuchungen und Erläuterungen dieser Hübnerschen Tabellen (Köthen 1756, 4)
und der Königin Sophie von Dänemark mit Fleiß und Zuverlässigkeit aus-
gearbeitete Supplemente zu jenen sechs Lieferungen (Kopenhagen 1822 — 1825,
Querfol.). Hierzu kommen noch Cp. Saxii Tabulae genealogicae (Utrecht [Leipzig]
1783 fol.), die wieder in Faseleien zurückfielen, mit mehr Verdienst aber Oatterers
Stammtafeln zur Weltgeschichte, wie auch zur europäischen Staaten- und Reichs-
historie (Göttingen 1790, gr. 4).
Im emsigen und vorsichtigen Sammeln und historischen Anordnen und Be-
nutzen der Materialien zur allgemeinen neueuropäischen Geschlechterkunde ver-
suchte sich Jakob Wilhelm von Imhof 1 ). Sein Hauptwerk beschränkt sich ver-
ständigerweise auf Deutschland und behandelt mit Sachkunde und Einsicht die
Genealogie der großen und vornehmen Fürsten und Herren vom Kaiser bis zu
den reichsfreien Grafengeschlechtern; auch die geistlichen Fürsten sind berück-
sichtigt. Die übrigen genealogischen Schriften Imhofs, die sich mit den Stamm-
bäumen der großen und kleinen Geschlechter in England, Frankreich, Italien,
Spanien usw. beschäftigen, beruhen auf unzulänglichen Hilfsmitteln.
Von entschiedenem Gewinn war die schriftstellerische Tätigkeit des berühmten
Johann David Köhler aus Colditz. Auf eine dankbare Nachwelt hat Köhler
um deswillen gerechte Ansprüche, weil er der erste war, der alle wissenschaft-
lichen Bedingungen, unter welchen die historische Forschung gelingen kann, zum
Gegenstand des Unterrichts erhob, in Lehrbüchern und Vorträgen bearbeitete und
durch einzelne Erörterungen und Untersuchungen oder Folgerungen auf gelungene
Weise veranschaulichte. So bearbeitete er die Genealogie kritisch, führte sie auf
Urkunden und authentische Zeugnisse zurück und setzte die Heraldik damit in
angemessene Verbindung. Von seinen Werken seien genannt: Der durchlauchtigsten
Weltgeschichts-, Geschlechts- und Wappen-Kalender (Nürnberg 1722 — 55), Histo-
rische Münzbelustigungen usw. (Nürnberg 1727 — 65, 22 Teile), Eine Reihe von
Dissertationen über die Genealogien römisch-deutscher Kaiser (Altdorf 1721 — 31).
Er gab Weberi Examen artis heraldicae (Göttingen 1753, 8) mit vielen Ver-
mehrungen heraus.
Die ersten genealogischen Veränderungen verzeichnete der rüstige Sammler
x ) Spicilegium Rittershusianum. Tübingen 1683 — 85. 2. fol. — Notitia Procerum S. R.
G. Imperii, das. 1684. 2. Bd. 8; 1687, 4; 1693; 1699 f.; verm. herausgeg. von I. D. Köhler
1732. 2 f. — Genealogiae familiarum Bellomaneriae, Claromontanae, de Gallerande et Mem-
miae. Nürnberg 1688 F. — Histor. Regum Pariumque M. Brittanniae, Nürnberg 1690;
c. Append, das. 1691 f. — Genealogiae XX illustr. Italiae familiarum. Amsterdam 1700; 1710f.
— Hist. Ital. et Hisp. geneal. Nürnberg 1701, 2 f. — Genealogiae hist. caesarearum, regiarum
et principalium familiarum, quae in terris europaeis post romanae extinctionem monarchiae
hucusque imperarunt. Frankfurt und Leipzig 1701. f. 8 f.; die verbesserten Lohmeierschen
Tafeln. — Stemma regum Lucit. Amsterdam 1708 f. — Recherches Hist. et geneal. des
Grands d'Espagne. Amsterdam 1707. 12. — Genealogiae XX. illustr. in Hisp. famil. Leipzig
1712 f. u. a. m.
186
Michael Ranft, Prediger zu Gr.-Stechau im Altenburgischen (geb. 1700, gest.
1774), im Genealogisch-Historischen Archivarius, „welcher alles", wie es auf dem
Titelblatt heißt, „was sich unter den jetzt lebenden in der Welt an Geburten,
Vermählungen, Avancements und Todes-Fällen veränderliches zuträgt. Mit Ein-
rückung vieler Lebens-Beschreibungen sorgfältig anmerket" (Leipzig 1731 — 38,
8 Bände, 8; Geneal.-histor. Nachr. L. 1739 ff., 126, 8, und Neue Geneal.-histor.
Nachr. 1752 ff., 12 Bände, 8); von anderen fortgesetzt bis 1772. Ein General-
register zu allen Bänden des vorgenannten „genealogischen Archivarius" steht am
Schluß des 8. Bandes. Aus dem mannigfachen genealogischen und biographischen
Inhalt dieses Werkes seien hier noch eine Reihe von Listen hervorgehoben, die
man hier nicht sucht: Band VI: „Vollständiges Verzeichnis aller heutigen Ritter
des Heiligen Geistes, samt einigen neu ernannten", „Die heutigen Österreichischen
Ritter des güldenen Vließes", „Verzeichnis aller Marschalle von Frankreich",
„Die Herren-Meister des Johanniter-Ordens in der Marck, Sachsen, in Wenden-
land, samt denen unter den jetzigen Herrenmeistern zu Sonnenburg geschlagenen
Ordensrittern". Band VII: „Die jetzigen Kayserl. würckl. Geheimbden Räthe nach
dem Alphabet"; „Die jetzigen Mitglieder des neuen königlich dähnischen Ritter-
Ordens de la Fidelite wie auch die jüngst ernannten sowohl als jüngst ver-
storbenen Stern-Creutz-Ordens-Damen".
Die Wappenkunde fand zwar mehrere Bearbeiter 1 ), welche Lehrbücher ver-
faßten und sich zum Teil in unsicheren Überlieferungen und in dreisten Voraus-
setzungen und Vermutungen gefielen, aber an den wackeren Spener schlössen
sich nur Eucharius Gottlieb Rink 2 ), Professor zu Altdorf (gest. 1745), und
Joh. D. Köhler in der historischen Behandlung und Benutzung des heral-
dischen Studiums an; der letztere 3 ) besorgte auch die erste größere Wappen-
sammlung.
Gatt er er, Johann Christoph (1727 — 1799) entrollte in seiner „Genealogischen
Geschichte der Herrn von Holzschuher" 4 ), eines Nürnberger Patriziergeschlechtes,
die Vergangenheit einer bedeutenden Familie wohl zum erstenmal auf urkund-
licher Grundlage und in erschöpfender Weise; er erörtert dabei die Entstehung
des städtischen Adels mit spezieller Beziehung auf das Nürnberger Patriziat,
allerdings in betreff der Turnierfähigkeit desselben in der früheren Zeit eine zu
nachsichtige Kritik übend. Besondere Verdienste erwarb er sich um die Diplomatik. 5 )
Für den Familienforscher kommen namentlich seine genealogischen und heraldischen
*) Am bekanntesten: Trier, J. W., Einl. zur Wappenkunst. Leipzig 1714; vermehrt
von C. J. Feustel, Leipzig 1744. 8. — Schmelzl, M., Einleit. z. Wappenlehre. 2. Aufl.
Jena 1734. 8. — Zschackwitz, J. E., Heraldica. Leipzig 1735. 8; voll unhaltbarer Be-
hauptungen.
2 ) Will und Nopitzsch, Nürnb. Gel. -Lex.
3 ) Das große und vollständige, anfangs Siebmachersche, dann Weigelsche Wappen-
buch in 17 Teilen, nebst einer Vorrede J. D. Köhlers, Nürnberg 1734. Q.-F.; Supplemente
1755—56; neue Aufl. das. 1776—91. 6 Bd. und 8 Supplem. Bd. Über die jetzige Gestalt des
Siebmacherschen Wappenbuches s. weiter unten.
4 ) Historia genealogica dominorum Holzschuherorum etc. Patriciae gentis etc. (Nürn-
berg 1755; Text nebst einem umfassenden Codex diplomaticus).
'•>) Wegele, Franz X. von, Geschichte der deutschen Historiographie 1885, S. 760.
187
Arbeiten 1 ) in Betracht. Er hatte bereits 1767 eine Sammlung von etwa 18000 Wappen
zusammengebracht. Gatterers heraldische Arbeiten sind sehr verschieden beurteilt
worden. Entschieden zu weit im Ausspenden des Lobes geht Hermann Wesen-
donk in seiner von der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig gekrönten
Preisschrift „Die Begründung der neueren deutschen Geschichtsschreibung durch
Gatterer und Schlözer" (Leipzig 1876), S. 243. Hier wird die gesamte Geschichte
der Heraldik an drei Namen geknüpft: Spener, Gatterer und Karl Ritter von Mayer.
So wenig aber die Verdienste Gatterers um die Wappenkunde geleugnet werden
sollen, eine so grundlegende Bedeutung, wie sie Wesendonk behauptet, besitzt er
nicht. Andererseits geht ein moderner Schriftsteller im Tadel zu weit, wenn er
sagt: „Es hüte sich ein jeder, die heraldischen Werke der Zopfzeit und ihre An-
hänger zu studieren, die Hefner treffend mit der allgemeinen Bezeichnung
, Gatterer und Kompagnie' belegt (Gatterer war der tollste dieser Skribenten)".
Daß das Studium der heraldischen Werke Gatterers nicht nutzlos oder gar schäd-
lich ist, hat demgegenüber Seyler, Geschichte der Heraldik, S. 655, betont. Aber
allerdings wird die Theorie Gatterers durch eine unglückliche Art von mathe-
matischer Betrachtung wesentlich beeinträchtigt. Nach Gatterer besteht der Kern
der Heraldik in der Austüftelung der geometrisch-mathematischen Grundlagen der
Heroldsbilder. Gatterer selbst schreibt: „Die ganze Theorie der Wappen und ins-
besondere des Wappenschildes gründet sich vermöge der Erfahrung fürnämlich auf
die Veränderungen, welche derGebrauch der geraden und krummen Linien verursacht."
Diese „Theorie" wird mit einer Feinheit, Gründlichkeit und mit einer Geduld durch-
geführt, die einer für solche Theorie weit besser geeigneten Sache würdig wäre.
Zu den Mitarbeitern Gatterers gehörten Johann Ludwig Levin Gebhardi 2 )
aus Braunschweig (geb. 1699, gest. 1764), Professor in Lüneburg, ein behutsamer
und vielbelesener Forscher, dem die Geschichte der deutschen Fürstenhäuser
mannigfaltige Aufklärung verdankt, und sein Sohn Ludwig Albrecht Gebhardi
(geb. 1735, gest. 1802), welcher mit noch schärferem Blicke, nach des Vaters
Grundsätzen, in demselben Fache fortarbeitete.
Die Braunschweigischen Annalen besaßen mehrere treffliche Forscher von
anerkannter wissenschaftlicher, fruchtbarer Gründlichkeit. Christian Ludwig
Scheidt 3 ) aus Waidenburg im Hohenlohischen (geb. 1709, gest. 1761), Biblio-
*) Handbuch der neuesten Genealogie und Heraldik. Nürnberg 1759—1769. — Abriß
der Genealogie 1788. — Von der Evidenz der Genealogie (1769) in der allgemeinen histo-
rischen Bibliothek 12, 3—17. Dazu in unmittelbarem Anschluß ein Beispiel (S. 46) zur Er-
läuterung Gattererscher Methode in der Genealogie. — Abriß der Heraldik 1773. — Prak-
tische Heraldik, Nürnberg 1791.
2 ) Meusel, Lexikon Bd. 4, S. 52 f. — Der europäischen Kaiser- und Königlichen Häuser
historisch-genealogische Erläuterung (nach Gg. Lohmeier), Lüneburg 1731, 3 fol. — Reges
Francorum Merovingici documentorum auctoritate asserti, das. 1736. 4. — Historisch-genealo-
gische Abhandlungen das. 1747 f., 4. Th. 8; den 3. u. 4. hat sein S. herausgegeben. Dieser
ließ auch mit Benutzung des väterlichen Nachlasses erscheinen: Genealogische Gesch. der
erblichen Reichsstände in Deutschland. Halle 1776—1785, 3 Bd., 4.
3 ) Meusel, Lexikon, Bd. 12, S. 120 f. — Origines Guelficae, quibus potentissimae
gentis primordia, magnitudo variaque fortuna usque ad Ottonem . . deducuntur etc. Hannover
1750 flg., 5 fol.; den 5. gab J. H. Jung 1780 heraus. Später ist der gewaltige, mit Exkursen
und Vermutungen durchflochtene Apparat zu festeren und anschaulicheren Ergebnissen ver-
188
thekar in Hannover, begründete mit kritisch-gelehrter Benutzung der Leibnitz-
Eccard sehen Vorarbeiten die Geschichte des uralten Guelfen-Geschlechts urkund-
lich und legte in diesem Werke eine für das ganze Mittelalter, besonders
Deutschlands, reichen Schatz tiefer Forschungen nieder. Mehrere andere genea-
logische und staatsrechtlich - historische Arbeiten verfolgte er mit deutscher
Beharrlichkeit, umfassender Belesenheit, reifem Scharfblicke und folgerechter
Prüfung.
In Kursachsen arbeitete der Königlich polnische und kurfürstlich sächsische
Akziseinspektor zu Kohren, Valentin König, der Verfasser und Herausgeber
einer in Folio seit 1727 erschienenen dreibändigen genealogischen Adelshistorie
„derer im Chursächsischen und angrenzenden Ländern — zum Teil ehemals,
allermeist aber noch jetzt in gutem Flor stehenden adelichen Geschlechter". Es
sind in diesem großen Werke gegen 200 Familien abgehandelt, also nur ein
ziemlich kleiner Teil der im Kurfürstentum und in den Herzogtümern Sachsen
sowie im Fürstentum Anhalt, welches auch hineingezogen ist, damals noch vor-
handenen Adelsgeschlechter. Auf die meisten, welche genealogischen Studien aus
Liebhaberei sich hingeben , insbesondere auf adeligen Familien angehörige un-
gelehrte Mitglieder, welche sich um die Aufstellung von Stammtafeln ihrer eigenen
Familie bemühen, wird das weit und breit bekannte, überall zu findende König-
sche Werk nach oberflächlicher Bekanntschaft den Eindruck machen, daß es von
zuverlässigem Inhalt und die Frucht großartiger, in Archiven und in den sonstigen
authentischen Quellen gemachter Forschungen sei, ferner daß, wenn ihm auch
nicht das Lob der größten oder doch annähernden Vollständigkeit und Genauig-
keit in den Genealogien gebührt, es doch als eine gute Grundlage für die
Stemmatographie der in dem Werke eigens behandelten Adelsfamilien und ein-
zelner Zweige solcher von hundert anderen, die sich in dem Werke finden, be-
trachtet werden könne. Diese gute Meinung von Königs kursächsischer Adels-
historie, dieses Vertrauen in die Richtigkeit und Zuverlässigkeit seiner Angaben
erweist sich aber leider als vollkommen unhaltbar. Die Unzuverlässigkeit der
Königschen Arbeiten, insbesondere ihrer die ältesten Zeiten behandelnden Ab-
schnitte, ist durch Vergleichung mit urkundlichen Daten leicht zu erweisen; vor-
nehmlich sind die Ahnentafeln, die er in überaus großer Zahl aufgestellt, geradezu
als Produkte krasser Unwahrheiten und heilloser Erdichtungen konstatiert worden.
Wir nehmen, was die Stemmatographien anlangt, wahr, daß nicht etwa die Ur-
kunden der Archive ihm bei dem Entwürfe seiner Stammtafeln gedient haben,
sondern bei einzelnen Familien selbst befindlich gewesene handschriftliche genea-
logische Nachrichten und meistens Leichenpredigten. König beginnt die meisten
seiner Genealogien mit dem 15. Jahrhundert und hat hierbei nicht selten früher
gedruckte Vorgänge nur reproduziert; und die hier und da in völlig in-
korrektem Abdrucke eingestreuten Urkunden des 13. bis 16. Jahrhunderts dürfen
nicht den Schein erwecken, daß er sie sämtlich den Privatarchiven selbst ent-
arbeitet worden in: Eichhorn, J. G., Urgeschichte des erl. Hauses der Weifen etc. Han-
nover 1817, gr. 4. — Histor. u. diplomat. Nachricht von dem hohen und niederen Adel in
Deutschland, das. 1754; dazu Mantissa documentorum etc. 1755. 4.
189
lehnt habe; vielmehr sind sie Publikationen aus den nur mit großer Vorsicht
zu benutzenden handschriftlichen „Familienchroniken" und aus den bei den be-
treffenden Familien selbst entstandenen schriftlichen Aufzeichnungen, als deren
Urheber sich nicht selten ein Candidatus ministerii oder der Pastor loci zu er-
kennen gibt. Ganz besonders sieht der nach archivalischen Quellen Arbeitende,
daß jede der Ahnentafeln, von denen Königs Werk strotzt, zum größeren oder
geringeren Teile auf willkürlicher Erfindung und Erdichtung beruht. König
wollte jedem der von ihm behandelten Geschlechter eine großartige Ahnenprobe
zuteil werden lassen; und wo für die in die letzten Fächer der Ahnentafeln hinein-
ragende Generation die Quellen versiegten, da nahm er zu Erfindungen, um nicht
zu sagen Lügen, seine Zuflucht. Und zwar läßt sich dies mit großer Leichtig-
keit und ohne tiefere archivalische Studien fast überall nachweisen. Um nur eine
kleine Blumenlese aus den massenhaften Beispielen anzuführen, ist die bei König
S. 128 stehende Trothasche Genealogie erfunden, wie aus dem Trothaschen
Familienwerke und den dasselbe ergänzenden Forschungen des Geheimen Archiv-
rates v. Mülverstedt in Magdeburg hervorgeht, erfunden auch die Familie
v. Hodeberg auf Gnetschke, aus der einer mit Hedwig v. „Stehen" (Steuben!)
vermählt gewesen sein soll. Dabei laufen Korruptionen von Namen wie z. B.
Mechs v. Pooestatt, Max v. Poll unter. Seite 142 lernen wir eine — sonst
existierende — Familie Köllich auf Cölleda kennen, wo sie nie begütert ge-
wesen ist. Seite 140 findet sich abermals eine erdichtete v. Trothasche Genea-
logie usw. 1 )
Für Österreich seien, der Fabeleien Heinrichs von Gundelfingen (1476),
Schönlebens D. Lequile's und anderer zu geschweigen, aus der älteren Literatur
genannt: die unreifen Leistungen von Wolfgang Latz in seinen Commentationum
in genealogiam Austriacam libri II (Basel 1564 Fol.) und Abrah. Hosmann in seiner
Genealogia Austriaca (Leipzig 1612, 4), Sigm. v. Birkens Ehrenspiegel des Erz-
hauses Österreich (Nürnberg 1668 Fol.); ferner des Pater Marq. Herrgott, seine Vor-
gänger übertreffende genealogia diplomatica aug. gentis Habspurgica (Wien 1737,
3 Bde. Fol.) mit Fried. Kopp's Vindiciis actorum Mur. (Münster 1750, 4), und
außer dem Werke des Fürsten Lichnowsky (1836) noch Jac. A. F. Hyrtle's Fürst-
liche, gräfliche und freiherrliche Familien des österreichischen Kaiserstaates
(Wien 1851). An Leupolds Allgemeines Adelsarchiv in Österreich (zu Wien
in 3 Bänden 1789 erschienen) schloß sich Megerle's v. Mühlfeld Öster-
reichisches Adelslexikon des 18. und 19. Jahrhunderts (Wien 1822 — 1824,
2 Bde.). 2 )
Die Öffnung zahlreicher, früher dem Forscher unzugänglicher Archive, die
Rankesche Schule, sowie zahlreiche andere Gelehrte, unter ihnen vor allem
O. Lorenz, die Herausgabe der Monumenta Germaniae Historica und vieler anderer
i) Mülverstedt, DH 26, 48 ff.
2 ) Über die weitere ältere genealogische Literatur in Deutschland und Österreich unter-
richtet gut Rose in Ersch und Gruber, Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften u. Künste,
1. Sektion, 57. Teil, Leipzig 1853, Artikel „Genealogie", speziell Seite 366 ff. Vgl. unten unter
„Der Handapparat des Familienforschers" und unter „Heroldsämter".
190
Werke brachten der Genealogie mannigfache Anregungen. Aus der Fülle der
infolgedessen erschienenen Literatur seien im folgenden
die neueren Arbeiten über die deutschen 1 ) Fürstenhäuser]
zusammengestellt :
Adlers feld-Ballestrem, Eufemia von, Ahnentafeln zur Geschichte europäischer
Dynastien, Großenhain 1901 (enthält viele Druckfehler, Versehen und Ungenauigkeiten, vgl.
Fr. Wecken, HV 1902, S. 561).
Behr, K. v., Genealogie der in Europa regierenden Fürstenhäuser. Leipzig
1854. 2. Aufl. ebenda 1870. Dazu: Wappenbnch 1871. Supplement zur 2. Aufl.
ebenda 1890.
Broemmel, Genealogische Tabellen zur Geschichte des Mittelalters bis zum
Jahre 1273 mit sorgfältiger Angabe der Zeit und des Besitzes. Basel 1846; ders.,
Fürstenbuch der europäischen Staaten. Regensburg 1846.
Cohn, L. A. , Stammtafeln zur Geschichte der deutschen Staaten und der
Niederlande. Braunschweig 1871 (neue Bearbeitung des Deutschland betreffenden
Teils von Tr. G. Voigtel unter dem Titel: „Genealogische Tabellen zur Er-
läuterung der Europäischen Staatengeschichte". Halle 1811. Supplement 1829).
Damberger, J. F., Sechzig genealogische, auch chronologische und statistische
Tabellen zu Fürstentafel und Fürstenbuch der europäischen Staatengeschichte.
Regensburg 1831.
Dungern, Otto Freiherr von, Der Herrenstand im Mittelalter. 1. Bd.
Papiermühle, S.-A., Verlag von Gebr. Vogt, 1908. Hier S. 28ff. Verschwägerungen
dynastischer Familien in der Zeit von 1150 — 1450. a) Heute regierende Familien,
b) Heute standesherrliche Familien. — S. 57 ff. Die Stellung der einzelnen ver-
schwägerten Familien ehemals unfreien Standes. — S. 107 ff. Andere gleichgestellte
ehemals dienstmännische Familien. Verschiedene Grade der Annäherung dienst-
männischer Familien an den hohen Adel. — S. 151 ff. Übergang vom hohen zum
niederen Adel. — S. 251 ff. Die Neubildung des Herrenstandes während der
staufischen Periode. Verwandten Inhalts ist: Borch, Frhr. L. v., Ritter und
Dienstmannen fürstl. u. gräfl. Herkunft. Lindau 1877.
Held mann, Die Heiraten der Karolinger. Festgabe f. v. Heigel. München
1903. S. 1—99.
Grote, H., Stammtafeln (= Münzstudien, Bd. 9). Leipzig 1877.
Hopf, K., Historisch-genealogischer Atlas. Bd. 1, 2, 1 — 4. Gotha 1858.
x ) Für Frankreich sei erwähnt: Le Sage (Graf Las Casas), Atlas historique genealo-
gique, chronolog., geograph. Paris 1803, 1804, 1826. Dieses Werk ist ins Deutsche über-
setzt u. vermehrt von A. v. Dusch und J. Eyselein. Karlsruhe 1831. Vgl. auch Koch,
Tables genealogiques des maisons souveraines de l'Europe (deutsch Berlin 1808). — Tableaux
genealogique de la Dynastie Capetienne . . par le Comte Jules Boselli. Paris, Klincksieck.
Das Buch kann denjenigen, welche französische Geschichte studieren, bestens empfohlen
werden, weil es sie der Mühe überhebt, in den unhandlichen Folianten von Sainte-Marthe,
Anselme, Moreri nachzuschlagen. Außerdem enthält es die unehelichen Seitenlinien, welche
in den sonst vorzüglichen, jedoch schon selten gewordenen Tableaux genealogiques des
souveraines de France et de ses grands feudataires (1863) von Garnier fehlen. Nur die
portugiesische Linie ist nicht enthalten; sie ist allerdings für das Studieren der Geschichte
Frankreichs ohne Belang.
191
Lorenz, O., Genealogischer Hand- und Schulatlas. Berlin 1892. 2. Aufl.
u. d. Titel: „Genealogisches Handbuch der Europäischen Staatengeschichte."
Ebenda 1895. 3. Aufl. von Ernst Devrient 1908. Hierzu einige Berichtigungen
in der Rezension von Kunz von Kauffungen ASW 1908.
Oertel, Fr. Max, Genealogische Tafeln zur Staatengeschichte des 19. Jahrh.
2. Aufl. 1857.
Kekule von Stradonitz, Stephan, Ahnentafel-Atlas. Ahnentafel der Re-
genten Europas und ihrer Gemahlinnen. Verlag von J. A. Stargardt. Berlin,
Dessauer Str. 2. 1898—1904.
Schenk zu Schweinsberg, G. Freiherr, Genealog. Studien zur Reichs-
Geschichte, Arch. f. hessische Gesch. N. F. 3, separat, Darmstadt 1905.
Hiort-Lorenzen, Hans Rudolf, 1. Genealogie des maisons princieres regnantes
dans l'Europe depuis le congres de Vienne en 1815. Leipzig, Alb. Fritsch, 1871. 2. Annuaire
genealogique des maisons souveraines en Europe depuis le commencement du XIX. siecle
I— V. Koppenhagen 1882—86.
Bern er, F., Die Abstammung und älteste Genealogie d. Hohenzollern, FBK 6.
Bertouch, Ernst v., Ahnentafel Ihrer Maj. Augusta Viktoria, Kaiserin und Königin
des Deutschen Reiches u. v. Preußen. Mit historisch-genealogischen Erläuterungen. Wies-
baden, Verlag von Bechthold & Co.
Dungern, Otto Freiherr von, Ahnen deutscher Fürsten, I. Haus Zollern,
Ahnen der Deutschen Kaiser, Könige und Herzoge von Preußen, Kurfürsten von
Brandenburg aus dem Hause Zollern und ihre Gemahlinnen. Verlag von Gebr.
Vogt, Papiermühle S. A. 1906.
Grossmann, J., Berner, E., Schuster, G., Ziegeler, K. Th., Genealogie
des Gesamthauses Hohenzollern. Berlin, Moeser, 1905.
Kekule von Stradonitz, Stephan, Die Ebenbürtigkeit des preußischen
Königshauses, Die Grenzboten, 59. Jahrg. Nr. 6 vom 8. Febr, 1900; abgedruckt in
desselben Ausgew. Aufs, aus d. Gebiete d. der Staatsrechts u. d. Genealogie, I,
1905, 33 ff. — Die Ebenbürtigkeit der Kaiserin, Die Zukunft, 8. Jahrg., Nr. 50
vom 15. Sept. 1900 abgedruckt in dess. Ausgew. Aufs, aus d. G. d. Staatsrechts
und Geneal. I, 1905, 43 ff. — Die Abstammung des Kaisers vom Admiral Coligni,
Berliner Tageblatt, Nr. 528 vom 17. Okt. 1902, abgedruckt in dess. Ausgew. Aufs,
aus d. Geb. d. Staatsrechts u. d. Geneal. I, 1905, 137 ff. — Kaiser Wilhelms Ab-
stammung vom Cid, Berliner Tageblatt Nr. 616 vom 31. Dez. 1903, abgedruckt
in dess. Ausgew. Aufs, aus d. Geb. d. Staates u. d. Geneal. I, 1905, 149 ff. —
Die Ahnen des Prinzen Georg von Preußen, Jahrbücher d. Königl. Akademie ge-
meinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, N. F. Heft XXIX, Erfurt 1903, abgedruckt
in dess. Ausgew. Aufs, aus d. Geb. d. Staatsr. u. d. Genealogie, II, 1907, S. 153 ff.
Derselbe, Hohenzollern als Ritter des Ordens vom Goldnen Vlies in alter
Zeit. HZJ 1907 (Nachtrag dazu in Vorbereitung).
Riedel, Die Ahnherren des Preußischen Königshauses, Berlin 1854 (Sitzungs-
ber. der Akademie der Wissenschaften).
Rottenhoff, A. v., Stammfolge des glorreichen Hohenzollernschen Hauses von Fried-
rich I., Markgraf zu Brandenburg, bis auf d. heut. Tag. 3. Aufl. Berlin 1839.
Schuster, Georg, Stammtafel der Kurfürsten von Brandenburg, der Mark-
grafen von Ansbach und Bayreuth und der Herzoge in Preußen, HZJ 5. — Kon-
192
sanguinitätstafel der Häuser Hohenzollern und Mecklenburg, HZJ 8. — Der Ur-
stamm Zollern und die Burggrafen von Nürnberg. Zollern ebenda. — Konsanguini-
tätstafel der Häuser Hohenzollern und Braunschweig, HZJ 9. — Konsanguinitäts-
tafel der Häuser Hohenzollern und Schleswig-Holstein, HZJ 10. — Die Verwandt-
schaft der Häuser Hohenzollern und Wettin, hierzu 3 Konsang.-Tafeln, HZJ 1907.
Schwartz, E., Namentafel des preußischen Königshauses. Breslau 1898.
Ütterodt zu Scharffenberg, Vom Hohenstaufen zum Hohenzollern, deutsche
Kaiserstammtafel von Kaiser Friedrich Barbarossa bis auf S. M. Kaiser Wilhelm II. 41 Blatt
heraldische Tafeln mit begleitendem genealogischen Texte. Dresden, v. Grumbkow, 1888.
Nordenskjöld, O. v., Genealogie des deutschen Kaiserpaares Wilhelm I. und Augusta,
zurückgeführt auf den Kaiser Sigismund. Hrsg. v. Wiese. Berlin 1871.
Stillfried, R. Graf, Stammtafel d. Gesamthauses Hohenzollern. Berlin 1869 f.
Vgl. Schmid, L, Der Urstamm der Hohenzollern und seine Verzweigungen. Tübingen
1884. — Die älteste Geschichte des erlauchten Gesamthaus der Königlichen und Fürstlichen
Hohenzollern. 3 Th. Tüb. 1884 — 88. — Die Könige von Preußen sind Hohenzollern, nicht
Abenberger. Berl. 1892 (richtet sich gegen Ch. Meyer, Die Herkunft der Burggrafen von
Nürnberg, der Ahnherrn des Deutschen Kaiserhauses. Ansb. 1889).
Soltau, W., Ist unser Kaiserhaus aus Zollernstamm entsprungen? (ZOR XLV
= N. F. VI).
Reiner, J., Genealogie des hochfürstlichen Hauses Hohenzollern. Stuttgart 1893.
Der oberrheinische Adel unter den Ahnen des Kaisers. Heraldisch-genealogische Blätter.
Monatschr. v. Oelenheinz u. v. Kohlhagen 1908, Nr. 9.
Haeutle, Genealogie des erlauchten Stammhauses Witteisbach von dessen
Wiedereinsetzung in das Herzogtum Bayern (11. Sept. 1180) bis herab auf unsere
Tage. (München (vgl. darüber Herald, geneal. Ztschr. d. Ges. ,AdIer' in Wien.
I, 1871, S. II). 1 )
Hofmeister, E., Das Haus Wettin von seinem Ursprung bis zur neusten
Zeit in allen seinen Haupt- und Nebenlinien. Leipzig 1889.
Posse, O., Die Wettiner. Leipzig 1897.
Weiland, L., Handschriftliches zur Genealogie der Wettiner, NASG 8.
Lippert, W., Zur Genealogie d. Wettiner im 15. Jahrh., NASG 15, 317—321.
Ermisch, H., Noch einige Berichtigungen zum Stammbaum des Hauses
Wettin, ebd. Seite 322.
von Stieglitz, Über den ältesten Ursprung des durchlauchtigsten Hauses
zu Sachsen, Mitteilungen d. Kgl. Sachs. Altertumsvereins. IV, 28 — 85.
Burkhardt, C. A. H., Stammtafeln der Ernestinischen Linien des Hauses
Sachsen- Weimar 1885.
Drevient, Ernst, Die älteren Ernestiner. Eine genealogische Charakteristik.
VJH 25, 1. Vgl. dazu meine Besprechung, NASG 18.
Kekule von Stradonitz, Stephan, Die Thronfolge in Sachsen-Coburg und
-Gotha. Die Grenzboten, 58. Jahrg., Nr. 40 vom 5. Okt. 1899, abgedruckt in dess.
Ausgew. Aufsätzen a. d. Gebiet d. Staatsrechtes u. d. Genealogie. I, 4 ff.
Pick, B., Stammbaum der älteren Ernestiner in Münzen und Medaillen (mit einer
Tafel). Heimatblätter. Aus dem coburg-gothaischsn Lande. Hrsg. v. R. Ehwald, Heft 4.
Gotha, Fr. A. Perthes, 1906.
x ) Vgl. Böhmer, Wittelsbachsche Regesten bis 1340 (Stuttgart 1854); Wittmann,
Monumenta Wittelsbacensia (Urkundenbuch, München 1857—61, 2 Teile).
193
Werneburg, A., Beiträge zur Genealogie u. Geschichte des fürstl. Hauses
Schwarzburg. Nebst einem Anhange: Über das Kevernburg- Schwarzburgische
Wappen. Erfurt 1877.
Werneburg, Beiträge zur Genealogie der Grafen von Henneberg bis zum
Ausgang des 13. Jahrhunderts, ZTG 9 NF 1.
Rein, W., Berichtigte Stammtafel der Grafen von Weimar-Orlamünde. Mit
historischen, genealogischen, monumentalen und heraldischen Zusätzen, ZTG 6.
Haeutle, Christian, Landgraf Hermann I. V.Thüringen u. seine Familie, ZTG 5.
Diemar, H., Kammerherr d. thüring. Landgrafenhauses und des hessischen
Landgrafenhauses bis auf Philipp den Großmütigen, JHG NF 27.
Giefel, J., Schön, Th. und Kolb, H., Stammbaum des württembergischen
Fürstenhauses. Nebst Textheft (Stuttgart, Essenberger 1895). 1 )
Bertouch, E. v., Das badische Fürstengeschlecht der Zähringer 2 ). Wies-
baden 1885.
Schaller, Das fürstl. Haus Zähringen-Baden. Stammtafeln. Karlsruhe 1906.
Chrismar, E. v., Genealogie des Gesamthauses Baden vom 16. Jahrh. bis
heute. Gotha 1892.
Heyck, Geschichte der Herzöge von Zähringen 1891.
Leichtlen, E. J., Die Zähringer. Freiburg 1831.
Krüger, Zur Herkunft der Zähringer, ZOR NF 6, 7.
Roller, O. K., Ahnentafeln der letzten regierenden Markgrafen von Baden-
Baden und Baden-Durlach. Heidelberg 1902.
Vgl. Dungern, Otto Frhr. v., DH 1908, 141 ff. — Roller, O. K, DH 39, 60, DH 1908,
Nr. 3, und Witte im Register zu Fester's Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg
(Innsbruck 1892 ff.).
Hoffmeister, J., Histor. genealog. Handbuch über alle Linien d. hessischen
Regentenhauses. 1861, 3 Aufl. 1874. 3 )
von Bippen, Genealogie der älteren Grafen von Oldenburg, BJ 9.
Kekule von Stradonitz, Das Haus Oldenburg, Neue Preußische (Kreuz-)
Zeitung, Nr. 133 vom 19. März 1904, abgedruckt in dess. Ausgew. Aufsätzen a.
dem Gebiet des Staatsrechts u. d. Geneal. II, 1907, 11 ff.
Tegner, Friedrich, Die Successions- und Verwandtenrechte des Prinzen Alexander
von Oldenburg genannt Graf von Welsburg auf Grund des derzeitigen Oldenburgischen
Staats- und Hausrechtes. Berlin W. 8, Carl Heymanns Verlag.
Wigger, F., Stammtafeln des großherzoglichen Hauses von Mecklenburg,
VMG 26. — Über die Stammtafel der alten Grafen von Schwerin, VMG 34. —
Über die Verwandtschaft des Mecklenburgischen Fürstenhauses mit den Königen
von Schottland, VMG 41.
Beyer, W. G., König Kruto und sein Geschlecht. Eine histor. Untersuchung
über die Abstammung d. großherzogl.-mecklenburgischen Fürstenhauses, VMG 13.
Lisch, Über die Verbindungen des fürstl. Hauses Werle mit dem herzogl.
Hause Braunschweig-Lüneburg, VMG 18. — Genealogische und chronologische
x ) Heyd, Bibliographie der württembergischen Geschichte. Bd. 1 u. 2. Stuttgart 1895, 96.
Bd. 3 von Schön, Th., 1907.
a ) Schöpf lin, Historia Zaringo-Badensis. Karlsruhe 1763 — 66. 6 Bde.
3 ) Ackermann, Bibliotheca hassiaca. Kassel 1884, bis 1899 Nachträge.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 13
194
Forschungen zur Geschichte der mecklenburgischen Fürstenhäuser, VMG 23. —
Über die Töchter und Schwiegertöchter des Fürsten Johann II. von Werle-Güstrow,
VMG 26.
Lisch, Mooyer und Masch, Zur Genealogie der Grafen von Schwerin,
VMG 15. — Wille, Hans, VMG 72.
Feske, C, Die Wappen des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg in geschichtlicher
Entwickelung. Mit 23 Tafeln und vielen Textabbildungen. Dazu eine Anlage: Stammtafel
des Großherzoglichen Hauses Mecklenburg. Schwerin 1893.
Krüger, Emil, Der Ursprung des Weifenhauses und seine Verzweigung in
Süddeutschland. Wolfenbüttel 1899.
Schmidt, Friedrich, Die Anfänge des weifischen Geschlechts. Teil I. Die
weifischen Grafen der westlichen und der östlichen Bar. Teil II. Vier Exkurse.
Hannover 1900 (vgl. Roller, HV 1901, 440 ff.).
A. Mn., Beiträge zur Genealogie der weifischen Fürsten vom Beginn der
Karolingischen bis zur Salischen Zeit. Leipzig 1901.
Wäschke, H., Die Askanier in Anhalt. Dessau 1904 (vgl. Suhle, VAG 10).
v. Witzleben, Genealogie u. Geschichte des Fürstenhauses Nassau. Stuttgart 1855.
Schliephake, Von dem Ursprung des Hauses Nassau. Stuttgart 1857.
Vorsterman van Oyen, Het Vorstenhuis Orange-Nassau 1882.
Schmidt, B., Die Reußen Schleiz 1903. Arnold von Quedlinburg und die
ältesten Nachrichten zur Geschichte des Reußischen Hauses, ZTG NF 3 und in:
Vogtländische Forschungen, Dresden 1904, Verlag von Wilh. Baensch, Seite 1 ff.
(mit einer Stammtafel); Berichtigungen und Zusätze zur Genealogie des Reußischen
Hauses, JVH 56. 57.
Voß, v., Die Ahnen des Reußischen Hauses mit besonderer Rücksicht auf
Weida und Voigtswürde. Lobenstein 1882, vgl. dazu Ernst Wülcker, ZTG
NF 3, S. 397 f.
Hoffmeister, Histor.-geneal. Handbuch über alle Grafen und Fürsten von
Waldeck und Pyrmont. Kassel 1883.
Vorsterman van Oyen, Het Vorstenhuis van Waldeck en Pyrmont, bene-
vens de uitsgestorven en grafelijke takken van dit stamhuis. Utrecht 1876.
Glogau, Hnr., Stammtafeln des Schleswig-Holsteinschen Fürstenhauses von 1460 bis
auf die Gegenwart. Kassel 1864.
Lisch, Über die letzten Herzoge von Holstein-Sonderburg von der Linie Franzhagen,
VMG 31.
Buchwald, G. v., Beiträge zur Geschichte der letzten Schauenburger, SHL 10.
Kekule von Stradonitz, Untersuchungen zur Lippischen Thronfolge. An-
gestellt im Auftrage der Fürstlich Schaumburg-Lippischen Staatsregierung. Berlin
W 8. Carl Heymanns Verlag: I. Heft: Der Fall Fontanien. II. Heft: Die Ahnen
der Modeste von Unruh. III. Heft: Der Status der Modeste von Unruh. — Der-
selbe, Die staatsrechtliche Stellung der Grafen zu Dohna am Ende des 17. und
Anfang des 18. Jahrhunderts. Rechtsgutachten der Fürstl. Schaumburg -Lippeschen
Staatsregierung erstattet. Carl Heymanns Verlag, Berlin W 8. — Derselbe, Die
Reichsverfassung und der Lippesche Thronfolgestreit. Drei Entgegnungen gegen
Prof. Max von Seydel. Berlin W 8, Carl Heymanns Verlag.
Reuling, W. G., Das Ebenburtsrecht des Lippeschen Hauses nach Haus-
gesetzen und Hausobservanz. Rechtsgutachten Sr. Durchl. d. Fürsten zu Schaum-
195
burg-Lippe erstattet. Mit einem Anlagehefte. Vgl. Triepel, Der Streit um die
Thronfolge im Fürstentum Lippe. Leipzig 1903. 1 )
Bülow, G., Stammtafeln des Pommersch-Rügenschen Fürstenhauses und seiner
Nebenlinien. Stettin 1876.
Baltzer, Osw., Genealogie der Piasten (polnisch geschrieben), hrsg. von der
Akademie der Wissensch. zu Krakau 1895 (darüber Wertner, MAW 4, 33 f.).
Grotefend, H., Stammtafeln der Schlesischen Fürsten bis 1740. Breslau
1875. 2. Aufl. Ebd. 1889.
Ilgen, Th., Die ältesten Grafen v. Berg u. deren Abkömmlinge, d. Grafen
von Altena, ZBG 36.
Wertner, Moritz, Glossen zur fränkischen Kaisergenealogie, VJH 1886. —
Glossen zur Genealogie der Arpaden, VJH 1887 (teilweise im Turul 1887). —
Zur Genealogie der Karolinger, JAW 1884. — Die Allianzen der Arpaden, mit
Stammtafel der Arpaden, JAW 1886 (auch im Turul 1885). — Die letzten Arpaden
JAW 1888 (zugleich mit einer Abschrift über die Grafen der Champagne aus
JAW 1888 separat erschienen, mit zahlreichen Stammtafeln älterer französischer
Dynastenhäuser).
Gluckselig, Studien über den Ursprung d. österr. Kaiserhauses. Prag 1860.
Wöber, Franz-Xaver, Genealogie des Hauses Habsburg von den ältesten
Zeiten bis zum Aussterben des Mannesstammes 1740, Wien 1883 (nicht im Handel).
Schulte, Geschichte der Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten. Inns-
bruck 1887.
Hoernes, Österreich-Ungarn und das Haus Habsburg. Geographisch und
statistisch, geschichtlich und genealogisch in Umrissen dargestellt. Teschen 1892.
Weihrich, Franz, Stammtafel z. Gesch. d. Hauses Habsburg. Prag 1893. 2 )
In diesem Zusammenhange sei schließlich noch erwähnt: Chas. A. Bernau's Verlag
Walton-on-Thames, England: The Genealogist's Pocket Library, vol. III: Royal Descents,
Scottish Records. chap. I. W. Q. D. Fletcher, How to trace a descent from royalty.
chap. II: J. Bolam Johnson, The scottish records.
Eine besondere Besprechung verdienen die Leichenpredigten. Schon im
16. Jahrhundert entstand bei den Protestanten 3 ) der Gebrauch, von verstorbenen
Personen von einiger Bedeutung nicht nur eine weitläufige Trauer- (Lob-) Rede
oder Parentation zu halten, sondern solche auch dem Drucke zu übergeben. Dieser
Gebrauch erreichte während des 17. Jahrhunderts seine größte und allgemeinste Aus-
dehnung, verlor sich aber alsdann nach und nach. Solchen Leichenpredigten wurden
regelmäßig sogenannte Personalien angehängt, die den Lebenslauf des Verstorbenen,
seine Familienverhältnisse, insbesondere auch seine Abkunft, seine Vorfahren,
seine Ahnen beibrachten; ja oft dehnten sich diese Predigten zu einer völligen
*) Weerth u. Anemüller, Bibliotheca Lippiaca. Detmold 1886.
2 ) Herrgott, Genealogia diplomatica augustae gentis Habsburgicae. Wien 1737 — 38.
3 Bde. — Röpell, Die Grafen von Habsburg. Halle 1832. — Fürst Lichnowsky, Gesch.
des Hauses Habsburg. 8 Bde. Wien 1836—44.
3 ) Leichenpredigten werden von der katholischen Kirche nur geduldet. Auch in der
Stadtbibliothek zu Augsburg finden sich viele „Leichensermone", vgl. Zapf, „Augsburger
Bibliothek" 1795, I. Bd., S. 202—539 (in demselben Werke finden sich S. 539—553 Beschrei-
bungen der Augsburger Epitaphien, ferner Geschlechtergeschichte und Stammbäume).
13*
196
Genealogie der betreffenden Familie aus. In der sächsischen Oberlausitz war es
noch vor einigen Jahrzehnten allgemein üblich, daß der Geistliche am Grabe den
Lebenslauf des Verstorbenen vorlas. Solche Lebensläufe finden sich handschrift-
lich an einzelnen Orten, z. B. in den Pfarrarchiven von Frankenthal und Mülsen
St. Michael. Daß die Sitte, bei Beerdigungen Lebensläufe vorzulesen, eine ziem-
lich allgemeine war, beweist das Erscheinen eines Schriftchens mit dem Titel:
„Noth- und Hülfs-Büchlein für Schuldiener auf dem Lande, welche in Abfassung
der gewöhnlichen Lebensläufe, so nach gehaltenen Leichenpredigten pflegen ab-
gelesen zu werden, nicht allzu geübt sind", auf Verlangen herausgegeben von
Friedrich Wilhelm Baumelburg, Pastore zu Reurieth und Beinerstadt. Hild-
burghausen, bey Johann Gottfried Hanisch, 1796.
Die größte und bekannteste Sammlung von Leichenpredigten ist die sogenannte
„Funeralien-Sammlung" auf dem Schlosse Stolberg a. H. Sophie Eleonore
von Stolberg-Stolberg (1669 — 1745) brachte aus Interesse für die Behandlung der
Predigttexte gegen 40000 Leichenpredigten zusammen. Nach 1870 hat Heinrich
Beyer die Sammlung neu und zweckmäßig katalogisiert. Doppelstücke sind den
Bibliotheken zu Roßla — dort sind jetzt 9000 Stück — , zu Wernigerode —
dort befinden sich 6635 — sowie elf anderen öffentlichen Bibliotheken der Pro-
vinz Sachsen überwiesen worden; vgl. die näheren Angaben in der „Zeitschrift
des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde", 10. Jahrg. 1877, S. 343 bis
352. Die drei Sammlungen sind vollständig katalogisiert, und die Kataloge ge-
statten eine bequeme Benutzung der Bestände. Ein „Register zu den adeligen
Leichenpredigten auf der gräflichen Bibliothek zu Stolberg a. H." ist gedruckt in
der „Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie", 12. Jahrg. 1884,
S. 159 — 214; es werden darin die Predigten für 3810 Personen und 2346 Familien
behandelt. Eine andere beträchtliche Sammlung befindet sich in der Stadtbibliothek
zu Braunschweig: katalogisiert sind 8279 Stück; doch sind dies noch nicht alle
vorhandenen. Sie stammen zum größten Teile aus Mittel- und Norddeutschland
und umfassen die Jahre 1560 — 1747. Einen Katalog dieser Sammlung hat Frei-
herr von Eschwege in der „Vierteljahrsschrift", 7. Jahrg. 1879, S. 21 ff., 99ff.,
und 15. Jahrg. 1887, S. 97ff., bearbeitet. Auf die Sammlung in der Bibliothek
des Gymnasiums zum grauen Kloster in Berlin hat zuerst Schwebel 1889 auf-
merksam gemacht; vgl. MGBn 6, 86. Hermann Nohl hat dann in der „Beilage
zum Jahresbericht des Berlinischen Gymnasiums zum grauen Kloster Ostern 1902"
den ersten Teil eines alphabetischen Katalogs veröffentlicht. Dieser Druck ist
antiquiert, nachdem er das um 100 neu aufgefundene Nummern vermehrte Re-
gister vollständig in der genannten „Vierteljahrsschrift", 31. Jahrg. 1903, S. 191 ff.,
mitgeteilt hat. Die älteste der aufgeführten rund 2600 Predigten ist von 1546.
Die Bibliothek der Marienkirche zu Frankfurt a. O. besitzt eine Sammlung, die
Amtsgerichtsrat Arno Bötticher in der „Vierteljahrsschrift", 33. Jahrg. 1905,
S. 21 ff., bezüglich aller vorkommenden Namen beschrieben hat. Von den rund
1000 Leichenpredigten ist die älteste aus dem Jahre 1585; wenige gehen über
1740 herab. Über eine Anzahl Leichenpredigten dieser Sammlung handelt
Bötticher in der Zeitschrift d. histor. Gesellsch. f. d. Provinz Posen, herausgegeben
von Prümers, 19. Bd., I. Halbbd. Posen, Jalowicz. Eine kurze Übersicht über
197
die in der Bibliothek des Gymnasium Albertinum zu Freiberg im Königreich
Sachsen enthaltene Sammlung von Leichenpredigten habe ich veröffentlicht in
meinem Bibliographischen Repertorium über die Geschichte der Stadt Freiberg
und ihres Berg- und Hüttenwesens (Freiberg in Sachsen 1885) Nr. 935 — 1199;
ebenso veröffentlichte Ran tz au ein „Register der in der ehemaligen Universitäts-
Bibliothek zu Wittenberg befindlichen Leichenpredigten" in „Der deutsche Herold" VI,
1875, S. HOff. Über „Leichenpredigten an der Frankfurter Stadtbibliothek" handelt
Karl Kiefer in seinen Frankfurter Blättern für Familiengeschichte 1908, Nr. 7. —
Zu nennen ist in diesem Zusammenhange auch das Buch von Eduard Lange: Die
Greifswalder Sammlung Vitae Pommeranorum, alphabetisch nach Geschlechtern
verzeichnet (Greifswald, Julius Abel, 1898, 406 S.). Eine „Ergänzung" dazu ist
erschienen in den „Baltischen Studien", Neue Folge, 9. Bd. (Stettin 1905), S. 55ff.
Es handelt sich diesbezüglich jetzt um die Verarbeitung des in 172 Sammel-
bänden enthaltenen Materials. Auf der Leipziger Stadtbibliothek sind die sämt-
lichen Predigten, deren Zahl sich auch nicht annähernd bestimmen läßt, katalogi-
siert und der Katalogabteilung „Biographien" eingeordnet. In der Ratsbibliothek
zu Zwickau ist der Katalog zu den über die ganze Bibliothek verstreuteu Leichen-
predigten noch in der Entstehung begriffen. In der Landesbibliothek zu Cassel
ist die Zahl sehr beträchtlich, aber nicht genau festgestellt, und der größte Teil
ist auch katalogisiert. Hier finden sich bemerkenswerterweise auch nicht wenige
Stücke aus dem 19. Jahrhundert; und die Bestände der dortigen Stadtbibliothek
besitzen ebenfalls eine größere Anzahl solcher jüngeren Leichenpredigten. In der
Stadtbibliothek zu Nürnberg befindet sich eine 697 Stück umfassende Sammlung,
die der Altdorfer Professor Will angelegt hat, aber außerdem sind in anderen
Abteilungen eine Menge einzelner Predigten, im ganzen wenigstens noch einmal
so viel zu finden, die nicht sämtlich nürnbergischen Ursprungs sind. 1614 gab
Jo. Eichhorn eine Sammlung der von M. Christophorus Neander gehaltenen
Leichenreden heraus unter dem Titel: Orationum funebrium in illustri Marchiae
Brandenburgicae Academia a M. Christophoro Neandro philosophiae moralis pro-
fessore habitarum decades quinque ed. Jo. Eichhorn. Schließlich sei noch auf
eine Sammlung von etwa 700 Stück in der Gymnasialbibliothek zu Z erbst hin-
gewiesen, die von Professor Sickel inventarisiert ist.
Was die Beurteilung der in den Leichenpredigten enthaltenen Personalangaben
betrifft, so ist zu unterscheiden zwischen denjenigen Personen, welche der Prediger
persönlich kannte oder über die er doch wenigstens von Zeitgenossen Mitteilung
empfing, und zwischen den Personen der vorhergehenden Generationen.
Bisweilen läßt sich der Todestag nicht erkennen, sondern nur der Begräbnis-
tag. Nicht ohne Interesse ist, daß nicht eben selten neben dem Trauungstage
auch der Verlobungstag 1 ), und zwar als der wesentliche, genannt wird. Bei Aus-
*) Über das Verhältnis zwischen Verlobung und Trauung nach älterem deutschem
Rechte vgl. Geffken, „Die Zivilehe im Mittelalter", in der Halbmonatsschrift „Deutsche
Stimmen" (Köln 1900), S. 472 ff., und ebenso die lehrreichen Mitteilungen über die in der
Reichsgrafschaft Wartenberg in dieser Hinsicht im 18. Jahrhundert geltenden Bestimmungen
in dem Aufsatz „Verlobt, Ausgerufen, Verheiratet" von Kleinberger in PfQ 2 (Kaisers-
lautern 1906), S. 21 ff.
198
zügen ist da Sorgfalt anzuwenden, damit nicht ein falscher Tag exzerpiert wird.
Was die chronologischen Angaben betrifft, so ist zu beachten, daß die Menschen
der früheren Jahrhunderte die uns heute geläufige Genauigkeit bei derartigen An-
gaben überhaupt nicht kannten. In einer von Tille besprochenen 1 ) Leichenpredigt
des Jahres 1650 wird als Todestag der Elisabeth Lindner „am vergangenen
Dienstag früh um 8 Uhr" angegeben; der Begräbnistag, der 15. September, fiel
1650 auf einen Sonntag, mithin war der vorhergehende Dienstag der 10. Sep-
tember. Trotzdem lesen wir in dem lateinischen Nachruf des Rektors der Uni-
versität, der Todestag sei „Montag, der neunte laufenden Monats", gewesen, und
dieselbe Angabe findet sich auf dem Titel der beigefügten Trostgedichte. An
einer Stelle muß ein Irrtum vorliegen; denn an eine Unsicherheit in den Tages-
angaben, wie sie verständlich ist, wenn der Tod um Mitternacht erfolgt, ist hier
nicht zu denken. Auch die Schreibung der Eigennamen war in den früheren
Jahrhunderten von der heutigen weit entfernt. Schwankungen in der Schreib-
weise der Namen kommen früher fortwährend vor. So ist z. B. in einer von
Tille an der zuletzt angeführten Stelle behandelten Leichenpredigt des 17. Jahr-
hunderts von Frau Barbara geborenen Leidnerin die Rede, aber ihr Vater wird
13 Zeilen weiter als Adam Leutner bezeichnet. Daß es sich in diesen beiden
Fällen um denselben Namen handelt, ist in diesem Zusammenhang ohne weiteres
klar. Ebenso schwankt die Schreibung der Vornamen von Matthias, Matthäus,
Matthes etc.
Während es sich bei den Angaben der Leichenpredigten über den Verstorbenen,
seine Ehefrauen und Kinder im allgemeinen für den Prediger um Zeitgenossen
handelte, war er über die Vorfahren des Verstorbenen auf Nachrichten angewiesen,
die ihm zum Ruhme der betreffenden Familie zugetragen wurden und über deren
Glaubwürdigkeit der Prediger ein Urteil häufig gar nicht haben konnte und bei
seiner nicht seltenen Abhängigkeit von dem Verstorbenen oder seiner Familie
auch nicht zu haben wünschen konnte. Was in den Leichenpredigten über die
womöglich bis in das graueste Altertum zurückreichende Ahnenreihe gesagt wird,
ist entweder naive Familiensage oder auch bewußte lobhudelnde Fälschung, im
günstigsten Falle kritiklose Kompilation von mündlichen Mitteilungen und etwa
vorgefundenen schriftlichen Aufzeichnungen. Durch die gläubige Benutzung solcher
Leichenpredigten ist mancher Irrtum in die Genealogie vieler Familien gebracht
worden.
Die Trauergedichte (Epicedien), welche bei dem Begräbnis hervorragender
Persönlichkeiten teils separat, teils als Beigabe zu den Leichpredigten erschienen,
wurden auch gesammelt. Und wenn natürlich viele dieser poetischen oder poetisch
sein wollenden Ergüsse sich nur in Allgemeinheiten ergehen, so finden sich doch
gelegentlich auch speziell familiengeschichtliche oder biographische Beziehungen
verwendet. Deshalb soll man auch dieses, allerdings recht kritisch zu prüfende
Hilfsmittel nicht unbesehen beiseite werfen, wenn man solcher Trauergedichte
habhaft werden kann. Als ein Beispiel von Sammlungen derselben nenne ich:
Taurellus, Nie, Carmina funebria, quae magnorum aliquot clarorumque virorum
*) Tille, ZPF 2, 77.
199
felici memoriae dicavit (Nürberg 1602). Diese Sammlung enthält unter anderem
Gedichte auf Phil. Geuder f 1581, Wolfg. Haller f 1591, Barth. Poemer f 1590,
Andr. Duditius f 1589, Seb. Welser f 1589, Geo. Palm f 1591, Karl Chr. v. Orten-
burg f 1591 usw. Eine gute Sammlung von Trauer- und Hochzeitsgedichten
befindet sich in der „Koninklijhe Bibliotheek" im Haag.
Ordnungen bei Trauungen, Einholungen, Begräbnissen und anderen
Festlichkeiten. 1 ) Bei wichtigen familiengeschichtlichen Vorkommnissen fürstlicher
Häuser oder vornehmer Familien pflegte seit alter Zeit ein großer Prunk entfaltet
zu werden. Bei Trauungen, Einholungen, Begräbnissen und sonstigen feierlichen
Gelegenheiten wurde ein genaues Programm aufgestellt, welches allen Teilnehmern
des Festes eine bestimmte Stellung, ein spezielles Geschäft zuwies. Es wurden
nach Namen und Stand die Personen verzeichnet, welche z. B. den Sarg oder die
Fahne oder die Fackeln tragen sollten. Hierbei wurde eine große Anzahl von
Personen, häufig unter Angabe auch der Vornamen, als adelig bezeichnet, wo-
durch für solche Familien, deren Adelsstand zweifelhaft ist, eine Zeitbestimmung
gewonnen wird, wenn sie von der betreffenden Behörde und dem betreffenden
Landesherrn für adelig angesehen worden sind. Aber auch bürgerliche Familien
werden in dergleichen „Prozessionen", wie sich solche Programme gelegentlich
nennen, aufgezählt, z. B. bei der Dienerschaft, besonders häufig aber wurden
viele Geistliche aufgeführt, welche dem Sarge folgen. Eine wie reichhaltige
Quelle für familiengeschichtliche Forschungen solche „Ordnungen" oder „Pro-
zessionen" sind, zeigt folgendes Werk: „Die Personalien und Leichen-Prozessionen
der Herzoge von Pommern und ihrer Angehörigen aus den Jahren 1560 bis
1663. Gesammelt von Ulrich Grafen Behr Negendank-Semlow und Julius
Freiherrn von Bohlen-Bohlendorf. Halle, Druck der Buchdruckerei des Waisen-
hauses, 1869." Während die hier abgedruckten Leichenpredigten Material über
die Pommerschen Herzoge und ihre Angehörigen bieten, haben die Herausgeber
durch zahlreiche Anmerkungen wertvolle Beiträge zur Geschichte der bei den
Prozessionen beteiligten Familien geliefert, leider aber ein Register zu diesem
lehrreichen Quartanten nicht beigefügt.
Eine nützliche Sammlung solcher „Ordnungen " veranstaltete HansvonSchwei-
nichen, geboren 1552, welcher sich als Fürstlich Liegnitzscher Rat, Marschall und
Hofmeister, als Autobiograph und Sittenschilderer einen wohlbekannten Namen
erworben hat. Wie die Tagebücher 2 ) dieses Mannes für die schlesische Genealogie
von großer Bedeutung sind, so nicht minder seine Sammlung von Ordnungen
J ) Diese Quellenart kommt häufig in den Archiven und Bibliotheken vor, so z. B. in
besonders reicher Anzahl in den Archiven zu Bamberg und Nürnberg. Im erstgenannten
Archiv lagert auch eine beträchtliche Bändezahl sogenannter „Hofdiarien", in denen alle, das
Hofleben berührende Vorkommnisse, wie Reisen, Empfänge, Feste ganz eingehend geschildert
wurden und sehr viele Personen genannt sind.
2 ) Hans von Schweinichens Tagebücher wurden zuerst von Büsching herausgegeben
unter dem Titel: Lieben, Lust und Leben der Deutschen des 16. Jahrh., 3 Bde., Breslau
1821 — 23, jedoch in unvollständiger und mangelhafter Weise; dann von Hermann Oesterley:
Denkwürdigkeiten des Hans von Schweinichen, Breslau 1878; eine populär gehaltene Über-
arbeitung, bis zur Gefangennahme Herzog Heinrichs XI. reichend, gab Ernst von Wol-
zogen, Leipzig 1885, heraus.
200
und Prozessionen. Auf seinen Wanderfahrten mit Herzog Heinrich XI. durch das
deutsche Reich, Polen usw. sah er vieles Merkwürdige an fremden Höfen. Er
interessierte sich dabei besonders für Festlichkeiten. Als fürstlicher Marschall
und Hofmeister konnte er ja selbst in die Lage kommen, eine solche Festlichkeit
arrangieren zu müssen. Um solche Solennitäten recht geschmackvoll und glänzend
zu veranstalten, legte er sich ein Verzeichnis von solchen Prozessionen, die ihm
vorkommenden Falles zur Richtschnur dienen könnten, an. Wenn er auch nicht
alle Prozessionen aufnahm, bei denen er beteiligt war, so brachte er doch ein
stattliches Material zusammen. Dasselbe ist zum ersten Male von Konrad
Wutke unter dem Titel „Merkbuch des Hans von Schweinichen" (Berlin, Star-
gardt 1895) herausgegeben. Gleich die erste Ordnung 1 ) dieser Sammlung aus
dem Jahre 1582 bietet eine Fülle von Namen sowohl aus dem Adel, der die
Trinkmarschälle, Vorschneider, die „Trucksassen von der Fr. Tafel" stellte, die
Stühle bei der Fr. Tafel anwies und bei den Tischen aufwartete, als auch aus
dem Bürgerstand, den wir im Bier- und Weinkeller bedienstet finden und „auf
der Fürsten und Herren Zimmer zu Aufwärtern bestellt worden". Als eine be-
sondere Art der Quellen, die Hans von Schweinichen benutzte und gelegentlich
abdruckte, seien die „Futterzettel" erwähnt, welche nicht nur Wagen und Rosse
der höchsten Herrschaften verzeichneten, sondern auch angaben, wie viel Pferde
für die einzelnen, mit ihren Vornamen verzeichneten „Landjunker" zu füttern
waren. 2 ) Das „Personen-, Orts- und Sachregister" der Wutkeschen Ausgabe
Seite 240 — 273, gibt eine für den Familienforscher sehr nützliche Übersicht über
die in diesen Ordnungen vorkommenden Personen.
Von den gedruckten Stammbäumen 3 ) in alter und neuer Zeit sind sehr
viele mehr oder weniger unzuverlässig. 4 ) Gedruckte urkundliche Belege für die
1 ) „Ordnung wie es auf des Durchlauchten Hochgebornen Fürsten und Herrn Herrn
Johann Georgen Herzog in Schlesien, zur Liegnitz und Brieg etc. hochzeitlichen Ehrenfest
so mit Durchlauchten Hochgebornen Fürstin und Fräulin Anna gebornen Herzogin zu
Wittenberg etc. den löten Septemb. Ao. 1582 zum Brieg gehalten worden."
2 ) Auf des Herzog Friedrichs Hochzeit 1594 waren 1157 Roß zu füttern „ohne d. F. O.
eigene Roß" (Ausgabe von Wutke S. 145).
3 ) Du Prel, Frhr., Die Bedeutung von Stammbäumen für die Erkenntnis des Be-
völkerungsganges, im Allgem. statist. Archiv IV, Jhrg. II, Tübingen 187ö. — Über Stamm-
bäume handelt näher Rose in der Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste
von Ersch und Gruber, 1. Sektion, 57. Teil 1853, S. 346 ff. Zu dem Besten, was bisher über
Stammbäume geschrieben worden ist, gehört das Kapitel „Die Lehre vom Stammbaum" bei
Lorenz, Lehrbuch der Genealogie, Berlin 1898, S. 78—202. Vgl. auch Lorenz, Die Ge-
schichtswissenschaft in Hauptrichtungen und Aufgaben, zweiter Teil: Leopold von Ranke,
Die Generationenlehre und der Geschichtsunterricht, Berlin 1891, S. 191 ff. — Nützlich zu
lesen, weil auf jahrzehntelanger Archivpraxis beruhend, ist Grotefend, H., Über Stamm-
tafeln, mit einem Beispiel: Familie Wachenhusen, Jahrbuch des Vereins für mecklenburg.
Gesch. 70. — Roller, Die Einwohnerschaft der Stadt Durlach im 18. Jahrhundert, in ihren
wirtschaftlichen und kulturgeschichtlichen Verhältnissen dargestellt aus ihren Stammtafeln
(Karlsruhe 1907), und dazu Tille, DGB 9, 88. — Frhr. von Müllenheim-Rechberg,
Stammtafel und Ahnentafel, ASW 3. — Beringuier, Die Stammbäume der Mitglieder der
französischen Kolonie, Berlin 1887.
4 ) Hörschelmann, Sammlung zuverlässiger Stamm- und Ahnentafeln verschiedener
jetzt florierenden adligen und freiherrlichen Familien. Coburg 1774. — H um bracht, Joh.
201
Richtigkeit der einzelnen Angaben eines Stammbaumes sind durchaus notwendig;
denn da erfahrungsmäß bei Stammbäumen sehr leicht Irrtümer unterlaufen, so hat
der Benutzer eines Stammbaumes das volle Recht, zu verlangen, daß ihm auch
von Autoritäten auf genealogischem Gebiet für jede Angabe die Quelle angegeben
wird. Stammbäume ohne Quellenangabe sind für eine exakte Familienforschung
so gut wie wertlos und können höchstens durch die wissenschaftliche Autorität ihres
Verfassers relativen Wert erhalten. Was im allgemeinen über den Wert gedruckter
Stammbäume zu halten ist, mögen die der freiherrlichen Familie von Friesen dartun.
Unter den zahlreichen Stammbäumen dieser Familie ist der im Jahre 1853 ge-
legentlich der Feier des 200jährigen Freiherrnjubiläums derer von Friesen von
Dr. Leo Bergmann verfaßte im Druck erschienen. Er war seinerzeit der reich-
haltigste und ausführlichste Stammbaum, den es in der genannten Familie gab,
deckte sich auch mit den Angaben in Valentin Königs Adelschronik und reichte
bis zum Jahre 1488 zurück. Aber bei der Mehrzahl der darin angeführten Mit-
glieder waren Angaben über ihren Geburts-, Verheiratungs- und Todestag nicht
vorhanden. Eine urkundliche Kontrolle der Stammbaumangaben fehlte. Als nun
Herr General Ernst Frhr. von Friesen, der Verfasser der berühmten „Geschichte
der reichsfreiherrlichen Familie von Friesen" (Dresden, 2 Bde., Verlag von Heinrich),
von mehr als 100 Geistlichen und Kirchenbuchführern des In- und Auslandes das
einschlagende urkundliche Material herbeizog, ergab sich, daß Bergmanns Stamm-
baum so viel Fehler enthielt, daß er eigentlich unbrauchbar war. Einer war zum
Sohne seines Bruders gemacht, wodurch dessen Sohn wieder zu seinem Enkel
verwandelt wurde; ein jüngerer Bruder zum älteren verwandelt, wodurch dessen
Nachkommenschaft die ältere Linie wurde, und dergleichen mehr; Geburts- und
Todesdaten waren aber nur selten richtig. Infolgedessen war Herr General von
Friesen genötigt, auf Grund von Kirchenbuchnachrichten einen vollständig neuen
Stammbaum aufzustellen. 1 )
Als ein Muster, wie Stammtafeln zu bearbeiten sind, sei empfohlen das
Maxin., Die höchste Zierde Deutschlands und Vortrefflichkeit des Teutschen Adels, vor-
gestellt in der Reichs-Freyen Rheinischen Ritterschaft, Auch auss derselben entsprossenen
und angränzenden Geschlechtern, so auff hohen Stifftenn aufgeschworen oder vor 150 Jahren
Löblicher Ritterschafft einverleibt gewesen, Stammtafeln und Wapen. Frankfurt a. M.
1707f. — Seifert, Joh., Hochadlige Stammtafeln. 4 Bde. Regensburg 1721. — Weltrich,
Rieh., Schillers Ahnen. Eine familiengeschichtliche Untersuchung. Mit 6 Stammtafeln und
4 in den Text gedruckten Wappen. Weimar 1907. (Dazu „Schillers Ahnen." Wiss. Beil. d.
Leipziger Zeitung 1907, Nr. 52.) Vgl. auch weiter unten unter: „Ahnentafeln".
x ) J. Dejerine, L'heredite dans les maladies du Systeme nerveux, Paris 1886. Bearbeitet
auf Grund zahlreicher Stammtafeln (vgl. unten unter „Ahnentafeln"). — Familiennachrichten
und Stammbaummaterialien in der Zittauer Ratsbibliothek. Neues Lausitzisches Magazin XXXI,
80. Vgl. auch: Magnus' genealogische Collectaneen, Inhaltsangabe zweier Bände, von
Fr. Schneider ebenda XVII, 294. — Unbescheid, H., Chronik und Stammbaum in
Originalbeiträgen deutscher Dichter 1908; ders., Chronik und Stammbaum in hundert Sprü-
chen (beide Arbeiten sind in der Verlagsbuchhandlung Gebr. Vogt in Papiermühle, S.-A., er-
schienen); ders., Chronik und Stammbaum im Bürgerhause in: „Aus den Akten einer deut-
schen Familie. Ein Mahnwort an Haus und Herd" I, 1900, S. 1 f . Kahla, A. Wellers Verlag.
— Weissenborn, E., Anleitung zur Aufstellung von Stammtafeln und Ahnentafeln, Gebr.
Vogt in Papiermühle, S.-A. Dazu Ahnentafel- und Stammtafel-Vordrucke, ä Stück 10 Pf.
202
klassische Werk: Die Wettiner. Genealogie des Gesamthauses Wettin Ernesti-
nischer und Albertinischer Linie, im Auftrage des Gesamthauses herausgegeben
von Otto Posse. Leipzig und Berlin 1897. Posse begnügt sich hier nicht, auf
Grund eines mit unendlichem Fleiße zusammengebrachten, weitzerstreuten und oft
schwer zugänglichen Materials die Zeit der Geburt, der Heirat und des Todes der
verschiedenen Glieder des Hauses genau, soweit irgend möglich war, festzustellen,
sondern er gibt auch in einem Anhange die Quellen für sämtliche, auf der Stamm-
tafel enthaltenen Daten an. „Diese Neuerung, welche in dieser Weise meines
Wissens noch nie vorher bei Herstellung der Stammtafeln eines souveränen
Hauses eingeführt worden ist, sollte," wie Theodor Schön (Der Deutsche Herold
XXIX, 1898, Nr. 12, S. 168) sehr richtig bemerkt, „fortan bei ähnlichen Publi-
kationen zur Regel werden. Mit dem gleichen Rechte, wie der Leser eines histo-
rischen Werkes vom Verfasser den Nachweis der Quellen verlangt, kann der Leser
einer Stammtafel von dem Verfasser eine genaue Angabe verlangen, woher der-
selbe etwaige neue, von den bisher bekannten abweichende Daten geschöpft hat.
Erst wenn der Autor diesem nachgekommen ist, kann der Leser entscheiden, was
auf Rechnung der Kombinationsgabe des Autors und was auf wirklich neue
Forschungen bei diesen neuen Daten zu setzen ist." 1 )
Kalender und Almanache. Eine für den Familienforscher sehr beachtens-
werte Quelle sind die Kalender und Almanache. 2 ) Der älteste gedruckte deutsche
Kalender wurde 1439 von Johannes de Gamundia (Hans von Schwäbisch-Gmünd)
herausgegeben. Ihm folgten bald eine Menge anderer. In diese Kalenderausgaben
trug man hier und da Aufzeichnungen über Dinge ein, welche dem Besitzer des
Kalenders wichtig erschienen. Durch leer gelassene Blätter wurde von vornherein
dafür gesorgt, daß für solche Niederschriften Raum vorhanden war. So trug z. B. in
das Exemplar des „Calendarium historicum" vom Jahre 1559 (Wittenberg in officina
haeredum Georgii Rhann), welches auf der Hofbibliothek in Wien aufbewahrt wird
und die Signatur 49, M. 13 trägt, der steierische Landschaftssekretär Caspar Hirsch
verschiedene Aufzeichnungen ein. 3 ) Seinem Beispiele folgte sein Sohn Siegfried.
J ) Klemme rühmt als nachahmenswürdig dasselbe Verfahren, „welches jedes Datum
mit dem nötigen Quellennachweise versieht", MAW 2, 87, von dem Werke: „Notices
genealogiques tournaisiennes dressees sur titres par le comteP. A. du Chastel de la
Howardries-Neuvirenil, Tournai 1881— 1887." — Eine gute Art, Stammbäume drucken zu
lassen und zu erläutern, ist die, jeder Person eine Ziffer beizugeben, unter der dann im er-
läuternden Text die biographischen Einzelheiten dargelegt werden, sowie die, die Träger
des Familiennamens, rot, die übrigen (angeheirateten, verschwägerten) aber schwarz zu
drucken. So ist der Stammbaum behandelt z. B. in dem als Manuskript gedruckten Heft:
„Erläuterungen zum Stammbaum der im 18. Jahrhundert aus Johanngeorgenstadt (Chur-
Sachsen) ins Siegerland (Hanau a. d. Sieg) eingewanderten, jetzt meist im Bergischen (Rhein-
land) verbreiteten Familie Heinrich. Hrsg. 1907 von Christian Qottlieb Heinrich, Bürger-
meister in Wald (Rheinl.)." Ein großes Material (ca. 1500 Stück) von Stammbäumen erliegt
bei dem Centraal Bureau voor Genealogie en Heraldiek in s' Oravenhage sowie bei allen
Heroldsämtern (vgl. unten).
2 ) Meniik, Ferd., Sitzungsberichte der K. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften,
Prag 1885, S. 67 (Kalendärni Zpräv? o-nökter^ch moravsk^ch bratrech).
3 )Menzik, Ferd., Caspar Hirsch und seine Familienaufzeichnungen, Jahrbuch der
Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, 22. Jahrg. 1901, S. 18 ff.
203
Diese Eintragungen betreffen teils die Familie Hirsch, teils allgemeine Angelegen-
heiten. Hier eine Probe: „22. Jänner. Anno 1579 nata est mihi prima filia Dorothea
ex Susanna uxore. Compatres dominus pastor D. Hornberger, dominus de Sarau
Erasmus, Ordinarius et d. Joh. Leib, uxor domini Wagneri, uxor domini Wilhelmi
Ratmanst(orffer) archigrammatici Graecensis, Pangriessers uxor ... 16. Februar.
Hohenberterin Pragam profecta est. Anno 1578 duxi secundam meam uxorem
Susannam Pragensem. 17. Februar. Vendidi meas aedes, quas in urbe Vienna habui,
Stephano Wolf pro 1500 Fl. Anno 1567. 19. Februar. Imp. Ferdinandus accepit
coronam et gladium dono datum a papa in templo Augustini. 1600 Pastor
Eferdicensis me accusavit apud dominum Erasmum de Starhemberg propter sanam
doctrinam universalis electionis et excommunicavit."
Die ältesten Kalender 1 ) enthalten die sogenannten Kalenderpraktiken, d. h.
Angaben, an welchen Tagen man zu purgieren, Ader zu lassen, Medizin zu
nehmen, zu baden usw. habe. Eine wesentliche Erweiterung ihres Inhaltes weisen
die Kalender seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auf. Man erkannte im Kalender
das geeignetste Mittel, gemeinnützige Kenntnisse und Aufklärung unter den niederen
Volksschichten zu verbreiten. Es bildete sich mit der Zeit eine förmliche Kalender-
literatur aus, welche allgemeine Belehrung und Unterhaltung als Hauptzweck ver-
folgte. Diese Belehrung erstreckte sich auch auf gewisse Beamtengruppen, z. B. auf
die Geistlichen, Stadtväter und Stadtverordneten eines bestimmten Ortes oder einer
bestimmten Gegend. Es können solche Angaben dem Familienforscher gelegent-
lich recht gute Dienste leisten.
Almanache nannte man kalenderartige Tafeln mit astrologischen und son-
stigen Notizen. Der erste gedruckte war der von Regiomontan 1474 für die
Jahre 1475 — 1506 herausgegebene und später bis 1551 fortgesetzte Almanach, der
in Nürnberg in lateinischer Sprache erschien. Jährliche Almanache scheinen erst
im 16. Jahrhundert aufgekommen zu sein. Im 17. Jahrhundert fing man an, den
astrologischen und meteorologischen Kalendernotizen anderweitige Nachrichten
hinzuzufügen. So gab der A. royal, der seit 1679 in Paris erschien, Notizen über
den Postenlauf, die Hoffeste, die Messen und Märkte usf., seit 1679 wurden auch
die Genealogie des Königlichen Hauses, ein Verzeichnis der höheren Geistlich-
keit u. dgl. hinzugefügt. Hiermit ist familiengeschichtliches Material gegeben.
In Deutschland fand dies bald Nachahmung und seit 1730 auch in England. 2 )
*) Die Braunschweigischen Anzeigen vom Jahre 1743 und 1744 enthalten Nachrichten
von den ältesten Kalendern. Bayrische Ordens-Almanache und Ordens-Kalender sind zu-
sammengestellt OBA 29, S. 256 f. Der Wappen-Almanach des K. B. Haus-Ritter-Ordens vom
heil. Michael enthält nicht nur Wappen und Porträts, sondern auch Ahnenproben der Ritter und
genealogische Notizen; 1769—93 war der Titel: Nouveau Calendrier du tres illustre orde equestre
de Baviere sous le titre . . de Saint Michael-Archange. Von 1794 an fiel das Nouveau weg.
2 ) Champier, Victor, Les anciens almanachs illustres, histoire du calendrier
depuis les temps anciens jusqu'ä nos jours, ouvrage accompagne de 50 planches hors texte
en noir et en couleur, reproduisant les principaux almanachs illustres ou graves par Leonard
Oaultier, Crispin de Passe, Abraham Bosse, de Larmessin, Lepautre, Cl. Audran, Qravelot,
Corhin Queverdo, Dorgez, Debucourt, Deveria etc. etc. Paris, bibliotheque des deux
mondes. E. Frinzine et Cie., editeurs. Rue Bonaparte 1, 1886. — Welschinger, Les
almanachs de la Revolution. Paris 1884. — Grand-Carteret, Les almanachs francais,
edits ä Paris 1600—1895, Paris 1896.
204
Einer besonderen Hervorhebung wert sind die Kaiendarien der Domstifter. 1 )
In früheren Zeiten pflegten mehrere deutsche und ausländische Stifter, bei denen
die Präbendare adeliger Abkunft 2 ) sein mußten, alljährlich Kalender oder Alma-
nache herauszugeben, welche zu den interessantesten und zugleich auch authen-
tischsten heraldischen Dokumenten gehören. Diese Almanache, in der Form von
mehr oder minder großen Tafeln gedruckt, geben nämlich stets außer dem Kalen-
darium und einigen damit zusammenhängenden Beisätzen die Wappen, Namen
und Titel sämtlicher zur Zeit in dem betreffenden Stifte lebender Glieder an, und
zwar in der Regel mit großer Genauigkeit. 3 ) Als ein Beispiel solcher Stiftskalender
sei der für Osnabrück vom Jahre 1758 erwähnt. Der Antiquariatskatalog von
Ferdinand Schöningh Nr. 97, 1908, der diesen Kalender für 50 Mark anbietet,
beschreibt ihn wie folgt:
„Calendarium Cathedralis Ecclesiae Osnabrugensis. Stiffts-Calender a. d. J. 1758.
Kupferstich J. W. Baumgartner del Klauber sc. mit reich, figürlichen und ornamentalen Dar-
stellungen. Oben in Wolken die hl. Dreifaltigkeit, darunter der hl. Joseph, Petrus, Paulus,
Bischof Wiho, Crispinus, Crispinianus, Karl d. Or. u. d. Wappen d. Bischofs Clemens
August. In der Mitte befindet sich das Kalendarium, umgeben von den Wappen des derzeit.
Domherren. Unten in reicher Cartouche eine hübsche Ansicht von Osnabrück. Höhe
123 cm. Breite 64 cm. Die Wappen sind die derer v. d. Asseburg, zur Hindenburg,
v. Spies, v. u. z. Weichs, Stael zu Sutthausen (3 mal), v. Wachtendonk, v. Oer, v. d. Eggel-
borg, v. Meschede z. Alme, Wolfr. Metternich z. Werden u. Gracht, v. Roll, v. Beververde-
Stockum, v. d. Bussche-Hunnefeld, v. Hacke, v. u. z. Weicht z. Wenne (3 mal), v. Korffgen.
Schmising-Patenhausen, v. Ketteier z. Harcotten, v. Landsberg, v. Galen zu Dincklage,
v. u. z. Weichs z. Roesberg, Droste z. Hülshoff, v. Kerckerinck z. Stapel."
Es gibt jetzt für alle möglichen Berufsarten Kalender, von denen einige, wie
z. B. der Universitätskalender und der Kalender für Eisenbahntechniker, zum Teil
mit Beiheften versehen, durch die Bearbeitung des Materiales und die Gediegenheit
ihrer Beiträge wissenschaftliche Bedeutung gewonnen haben. Die hier dargebotenen
Personenstandvermerke sind dem Familienforscher gelegentlich nützlich. 4 )
Eine Besonderheit in der Kalenderliteratur ist der zu Ende der 1870 er Jahre
unter dem Einfluß der Wiederbelebung der deutschen Renaissance entstandene
„Münchener Kalender" von O. Hupp, der sich in seinem farbigen Bildschmuck, in
der Form der Typen und in der Anordnung des Satzes an die deutschen Druck-
werke des 16. Jahrhunderts anschließt, in seinen bildlichen Darstellungen aber
vorzugsweise das Wappenwesen pflegt.
x ) Bormanns, Stanislaus, Über die Kaiendarien der Domstifter, JAW 4, 8.
2 ) In einigen Domstiftern finden sich neben adeligen auch nichtadelige Domherren;
diese legten sich alsdann ein (oft sehr unheraldisch zusammengestelltes) Wappen bei, falls
ihre Familie nicht schon früher ein solches geführt hatte.
3 ) Interessantes Material ist in den Kapitular-Protokollen enthalten. Den Inhalt solcher
Protokolle (conclusions capitulaires) aus Lüttich hat Stan. Bormanns teilweise veröffentlicht
in den Analectes pour servir ä l'histoire ecclesiastique de la Belgique Tom. VI — XII (1869 bis
1875). Es existiert davon auch ein Separatabdruck unter dem Titel: Repertoire chronologique
des conclusions capitulaires du chapitre de St. Lambert ä Liege, Tom. I, 1427 — 1650, Liege
1875. Die Wappen der dortigen Domherren befinden sich in dem Werke von F. X. deTheux,
Le chapitre de St. Lambert ä Liege. 4 vols. 4 Brüssel 1871.
4 ) Knobloch, Die wichtigsten Kalender der Gegenwart. Wien 1885. — von Reins-
berg-Düringsfeld, Katechismus der Kalenderkunde. Leipzig 1876.
205
Eine besondere Gattung bilden die Hof- und Staatskalender, deren erster
der „Status particularis regiminis Ferdinandi II" (Wien 1637) war. Sie enthalten
auch Angaben der Personen, welche bei Hoffesten Dienst getan haben, und fügen
nicht selten auch Stand und Vornamen derselben hinzu. Viele Geschlechter finden
daher in diesen Hof- und Staatskalendern eine Reihe ihrer Mitglieder vertreten. 1 )
Beispielshalber sei der Königlich Preußische Genealogische Kalender genannt, der
soeben durch C. v. Bardeleben 2 ) eine vorzügliche Wertschätzung erfahren hat.
Der berühmteste unter diesen Kalendern ist der „Gothaische Genealogische Hof-
kalender nebst diplomatisch-statistischem Jahrbuch". In stetiger Vervollkommnung
ist er bis zum 146. Jahrgang (1909) vorgeschritten. Nach dem eigentlichen Ka-
lender nebst kalendarischen Beigaben bringt dieser Kalender ein genealogisches
Jahrbuch in drei Teilen: 1. Genealogie der europäischen Regenten in alphabetischer
Reihenfolge, 2. Genealogie der deutschen Standesherren in alphabetischer Reihen-
folge, 3. Genealogie von anderen, nicht souveränen fürstlichen Häusern Europas
in alphabetischer Reihenfolge. Darauf folgt ein diplomatisch -statistisches Jahr-
buch: Reihenfolge der Staaten und Verzeichnis der obersten Zivil- und Militär-
behörden der wichtigsten Staaten der Welt, einschließlich der diplomatischen Ver-
treter, sowie statistische Nachrichten über diese Länder. Die hier dargebotenen
Beamtennamen, denen auch Vornamen beigegeben sind, stellen ein weitverzweigtes
Material dar zur Geschichte bürgerlicher und adeliger Familien. Der neueste Jahr-
gang zählt allein 1167 Seiten mit engem Drucksatz. Daneben erscheint auch eine
französische Ausgabe unter dem Titel: „Almanach de Gotha. Annuaire genealogique
diplomatique et statistique. Gotha, Justus Perthes." Die Einrichtung und Reich-
haltigkeit ist dieselbe wie bei der deutschen Bearbeitung.
Eine namentlich in neuerer Zeit stark vermehrte Literaturgattung, die sehr
wertvolle genealogische Mitteilungen enthält, sei hier besonders hervorgehoben: die
Jubiläumsschriften, welche gelegentlich des 25-, 50- und 100 jährigen Bestehens
von kaufmännischen und industriellen Firmen veröffentlicht werden. In ihnen
spielen die Personen der Besitzer und ihre Herkunft eine große Rolle. Ein Ver-
zeichnis von 60 solchen Festschriften hat Tille in seinem Buche „Wirtschafts-
archiv" (Berlin 1905, S. 41 ff.) veröffentlicht.
Eine andere Art von Druckschriften, welche für den Genealogen wertvoll ist,
sind Berufshandbücher 3 ), d. h. periodisch erscheinende Verzeichnisse aller Ver-
*) Als besonders reichhaltig verdient der Württemberger Hof- u. Staatskalender 1879
in WJb 1 hervorgehoben zu werden, da er sich über eine lange Reihe von Jahren erstreckt
(LXX Seiten Großquart). Man findet hier ein Verzeichnis der Präsidenten des Geheimen
Rates u. d. Staatsministeriums, der Minister u. Departementchefs seit d. 8. Nov. 1816; Ver-
zeichnisse der Mitglieder der konstituierenden Versammlungen von 1815—17, 1819; ein Ver-
zeichnis der Mitglieder der Kammer der Standesherren seit 1820 nach Aufzeichnungen von
Bullinger u. Widmann; ein Verzeichnis der Mitglieder der Kammer der Abgeordneten
seit 1820 nach Aufzeichnungen von Bullinger u. Hartmann.
2 ) Vgl. C. von Bardeleben, Die Kgl. preußischen Genealogischen Kalender von 1724
bis 1850 in der Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde 1908 (auch separat
Berlin 1909 im Verlag von Edmund Meyer erschienen).
3 ) Eine Fülle von Staats- und Kommunalbeamten ist verzeichnet in Kürschners Staats-,
Hof- und Kommunalhandbuch des Reichs und der Einzelstaaten (nebst Anhang: Die außer-
206
treter eines Berufes mit näheren Angaben über ihre Persönlichkeit, z. B. für Ärzte,
Apotheker, Geistliche, Bibliothekare. Namentlich die älteren Jahrgänge sind be-
sonders wertvoll. Auch zusammenfassende Werke dieser Art und entsprechende
Abhandlungen in Zeitschriften gibt es, z. B.:
Arbusow, Leonid, Livlands Geistlichkeit vom Ende des 12. bis ins 16. Jahrhundert,
Jahrbuch für Genealogie, Heraldik und Sphragistik 1900 (Mitau 1902), S. 33 ff., und
1901, S. lff.
Biederstaedt, Herrn., Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Neu-
vorpommern. T. 1 — 4. Greifswald 1818; ders., Nachträge zu den Beiträgen. Ebenda 1818.
Di et mann, Die gesamte der ungeänderten Augspurgischen Confession zugethane
Priesterschaft in dem Churfürstenthum Sachsen bis 1752 (5 Bände, Dresden und Leipzig
1752—1763).
Dreves, A., Geschichte d. Kirchen, Pfarren, geistlichen Stiftungen und Geistlichen des
Lippischen Landes. Lemgo 1881.
Ehrhard, Schlesische Presbyterologie.
Elze, Th., Die evangelischen Prediger Krains im 16. Jahrhundert, Jahrbuch der Gft.
f. d. Gesch. des Protestantismus in Österreich 21, 159 ff., 22, 53 ff.
Haags und Bordier, La France protestante (Auskunft über französische Protestanten
nach Aufhebung des Edikts von Nantes).
Kallmeyer, Die evangelischen Kirchen und Prediger Kurlands, ergänzt, bis zur Gegen-
wart fortgesetzt und im Auftrage der kurländischen Gesellschaft für Literatur und Kunst
bearbeitet von Otto. Mitau 1890. — Ein kurländisches Ärzte-Lexikon vom Jahre 1570 bis
1825 in: Kurland. Ges. für Lit. und Kunst, Sitzungsbericht 1847, I. Bd.
Kayser, Die hannoverschen Pfarren und Pfarrer seit der Reformation. Braunschweig,
Verlag von Albert Limbach in Braunschweig. Im Erscheinen begriffen.
Kiefer, Ludw. Alb., Pfarrbuch der Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Straßburg, J. H.
Ed. Heitz (Heitz & Mündel) 1890. Dazu ein Register von Ludw. Alb. Kifer und Karl
Kiefer 1907.
Kobolt, A. M., Bairisches Gelehrten-Lexikon. Landshut 1795; ders., Lexikon bairischer
Gelehrten und Schriftsteller, hrsg. Ende des 17. Jahrh. Mit Nachträgen v. Gandershof er.
Landshut 1825. Vgl. auch weiter unten unter: Beographieen.
Könnecke, G., Hessisches Buchdruckereibuch. Marburg 1894.
Kreyssig und Wilsdorf, Album der evangel. luther. Geistlichen im Kgrch. Sachsen
von der Reformationszeit bis zur Gegenwart. 2. Aufl. Crimmitschau 1898.
Krause, Schlesische Priesterquelle.
Lipowsky, F. J., Bairisches Künstler-Lexikon. 2 Bde. München 1810.
Moderow, Hans, Die evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis
zur Gegenwart. Auf Grund des Steinbruck-Bergschen Manuskriptes bearbeitet. 1. Teil: Der
Regierungsbezirk Stettin. Stettin 1903.
Paulus, Nachr. von Hess. Schaumburg. Superintendenten. Rinteln 1786. — Vgl.
Historie der Herren Superintendenten und Diakone zu Oschatz 1722. — Histor. Lebens-
beschreibung derer Merseburger Superintendenten. Zeibisch 1732. — Lebensbeschreibung
Nürnberger Geistlicher 1756—89. Hirschberg, Würfel. 3 Bände.
Roth, F. W. E., Geschichte und Bibliographie der Heidelberger Buchdruckereien
1485—1510, Neues Archiv f. d. Gesch. der Stadt Heidelberg IV, 4, 1901, S. 197ff.
deutschen Staaten). 23. Ausg. 1908, bearbeitet von Gerhard Reuter (München, Verlag
von E. Ertel). — In demselben Sinn ist zu nennen: Handbuch für das Deutsche Reich.
33. Jahrg. 1908 (Berlin, Carl Heymanns Verlag). — Dergleichen Bücher gibt es auch für
Einzelstaaten, z. B.: Staatshandbuch für das Königreich Sachsen 1908 (Verlag von C. Hein-
rich). — Die Varrentrappsche Buchhandlung in Frankfurt a. M. gab seit 1742 ein Genealo-
gisches Reichs- und Staatshandbuch heraus, welches bis 1805 regelmäßig jedes Jahr, darnach
aber nur in größeren Zwischenräumen erschien. Der zweite Teil enthält ein ziemlich aus-
führliches Beamtenverzeichnis der zahlreichen großen und kleinen deutschen Territorien.
207
Schlichthaber, Ant. Gottl., Mindischer Prediger Gedächtnis. 3 T. Frankfurt und
Leipzig 1749.
Volbehr, Friedrich, Die Prediger der schleswigschen General-Superintendentur von
1848—1865. Kiel 1866.
Walther, Friedr., Unsere Landgeistlichen von 1810—68. Prenzlin 1889.
Werner, A., Geschichte der evangelischen Parochien in der Provinz Posen (mit zahl-
reichen Pastorenreihen), überarbeitet von J. Steffani. Posen, Hofbuchdruckerei W. Decker
& Co. 1898. Vgl. hierüber H. Kleinwächter, ZHGP 13.
Willoh, K., Geschichte d. kath. Pfarreien im Herzogt. Oldenburg. 5 Bde. Köln 1898.
Zahn, W., Die altmärkischen Dorfkirchen und ihre Geistlichen im Mittelalter
(=34. Jahresbericht des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel,
Magdeburg 1907, S. 33—116).
Jährlich erscheint: Dresdner Lehrerbuch, herausgegeben vom pädagogischen Verein
(Dresdner Lehrerverein). Dresden, Druck von O. & R. Becker. — In den „Monatsheften
für Rheinische Kirchengeschichte", herausgegeben von W. Rothscheid, Köln, Verlag des
Westdeutschen Schriftenvereins 1907, veröffentlicht R. ein mit biographischen Nachrichten
versehenes Verzeichnis der „Diener" der hochdeutschen Gemeinde zu Köln im XVII. Jahr-
hundert, und Walter Bösken gibt eine Liste der Prediger der lutherischen Gemeinde zu
Cleve (von 1612 — 1831). — Vgl. auch unten unter: Listen.
Auch die Arbeiten über Visitationen einzelner Berufsstände liefern familien-
geschichtliches Material. Vieles hiervon liegt ja ungedruckt in den Archiven.
Aber insbesondere über Theologen ist einzelnes auch gedruckt, z. B. Visitations-
berichte der Diözese Breslau. Archidiakonat Oppeln, hrsg. von J. Jungnitz.
Breslau 1904. Visitationsberichte der Diözese Breslau. Archidiakonat Glogau.
Erster Teil. Herausgegeben von J. Jungnitz (Veröffentlichungen aus dem fürst-
bischöfl. Diözesan-Archiv zu Breslau. Dritter Band). Breslau, G. P. Aderholtz'
Buchhandlung 1907 (XIII, 768 Seiten 4°). Vgl. dazu Paczkowski, KGV 1908,
446 ff. Burkhardt, Geschichte der deutschen Kirchen- und Schulvisitationen im
Zeitalter der Reformation. Bd. I. Geschichte der sächsischen Kirchen- und Schul-
visitationen 1524 — 25, Leipzig 1879. — Gess, Die Klostervisitationen d. Herzogs
Georg v. Sachsen. Leipzig 1888. — Könnecke, Die evangel. Kirchenvisitationen
des 16. Jahrhunderts in der Grafschaft Mansfeld. Mansfelder Blätter 11 u. 12. —
Bickerich, Visitationen der evangel. Kirche zu Lissa durch den Bischof v. Posen,
ZHGP 21. — Pallas, Karl, Die Registraturen der Kirchenvisitationen im ehe-
mals sächsischen Kur-Kreise, hrsg. von d. hist. Kommission für die Prov. Sachsen
und das Herzogtum Anhalt. (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angren-
zender Gebiete). Halle, Otto Hendel. Vgl. dazu Gess, NASG, 29. Bd. Abtei-
lung I. Allgemeiner Teil. 1906. Abteilung II, 1. Teil: Die Ephorien Wittenberg,
Kemberg und Zahna. 1906. 2. Teil: Die Ephorie Bitterfeld, 1907. Für den
Familienforscher kommen nur die Abschnitte über die Personalien in Betracht.
Von diesen mögen hier zwei Proben den Reichtum dieser Quellengattung erläu-
tern. Bei Salzfurt in der Ephorie Bitterfeld heißt es über die Lokalvisitationen
1517—1583 (Seite 40, Abt. 2, Teil 2): „Saltzfurt, Filial von Cappel in Anhalt.
Erbherren: Die Junker Christopf und Jobst Zantiers. Pastor Casparus Pauli, 1577 :
24 Jahre hier, 1578: von Eisleben, 52 Jahre alt: ein alter, gelehrter und wohl-
beredter Mann. Custos Laurentius Dratzschke (Trantschke) vom Henichen (1578:
wohnte auch in (appell) ist fleißig etc., soll aber seines zänkischen Weibes wegen,
wenn die sich nicht bessert, seines Amtes entlassen werden." Über Greven-
208
henichen meldet die Registratur unter anderen (Magdeburg, R.-Arch. A 50, XI,
Nr. 65, Bl. 422 fg., bei Pallas Seite 104. 105):
„Pfarrer Magister Christophorus Wustehof Westvalus, ein wolbetagter, wolgelarter,
gotfurchtiger man, hat 9 jar in universitate Witebergensi studirt und in der lateini-
schen schul doselbst fast 2 iar deringent gedienet und ist nachmals anno 40 zu Wite-
berg ordinirt af das diaconat zu Grevenhenichen, doselbst er bei dem alten pfarrer
Antonio Ottone Hertzbergensi, der ietziger Zeit zu Northausen ad D. Nicolaum pfarrer
ist 2y 2 iar gedienet und ist nach desselben abziehen von dem rat und der gemein
zum pfarrampt berufen, welchem er bis uf diese zeit treulich vorgestanden ist, hat im
sterben weib und alle seine Kindle verloren, und von der andern frauen wider einen
söhn bekommen. Diaconus Magister Johannes Niderstetter von Torgau, ist ein iunger,
wolberedter, sittiger man, hat in die 8 iar zu Witteberg ordinirt; hat 2 kinder, bald
aber nach der gehaltenen Visitation ist er gen Freiberg zu einer pfarr berufen. Schul-
meister Johannes Kraus von Querfurt, ein zimlich betagter mann, der ein guter gram-
maticus und musicus ist und wolgeubt in lingua latina, daneben wolberedt und vor-
stendig, ist 24 iar zum Henichen Schulmeister gewesen und das iugend wol vorge-
standen, ist vor einem iar vom rat und der gemeine umb seine geschickligkeit willen
zum bürgermeister erkorn und hat dies iar das regiment, hat 4 Kinder. Cantor Jo-
hannes Hopf, des statschreibers zum Heinichen, eins frommen mans söhn, ist selb
auch frum und sittig, aber noch iung und ungeübet, ist 2 iar am dienst gewesen, hat
wenig ansehens bei der iugent, derhalb bitt er, desgleichen der vater und die ge-
mein: man wolle in anderswo versorgen und die schul mit einem eidern und anseh-
lichern cantor bestellen. Custos Christoff Sommerstein, ein burger und meßner, muß
zugleich das dorf Gremin helfen versorgen."
Warm empfohlen werden darf Wilhelm Schmidt, Die Kirchen- und Schul-
visitationen im sächsischen Kurkreise vom Jahre 1555 (= Schriften des Vereins für
Reformationsgeschichte, Heft 90 u. 92). Halle, in Komm. v. Rudolf Haupt 1906.
Vgl. auch H. Volk, Visitationsprotokolle von 41 Pfarreien des Niederstiftes Trier
aus den Jahren 1772 bis 1773 in: „Das Triersche Archiv", Heft 12. — W. Fa-
hr icius, Visitationsregister des Archidiakonus Johann von Vinstingen in: „Das
Triersche Archiv", Heft 9.
Die Schüler- und Lehrerverzeichnisse unserer Gelehrtenschulen sind ein
nicht zu verachtendes Hilfsmittel. In neuerer Zeit sind diesbezügliche Listen ge-
druckt worden, wobei mancher Herausgeber nach Kräften bemüht gewesen ist,
Nachrichten über die späteren Lebensschicksale der Betreffenden zu sammeln.
Von derartigen Arbeiten seien beispielsweise genannt:
Arnesen, Martin, Biographische Nachrichten über 830 Schüler, welche von 1823—72
die Lateinische und Realschule in Fredrikshald besuchten. Fredrikshald 1874.
Bachmann, Die Abiturienten der Friedrichsschule und des Friedrichs-Gymnasiums
Ostern 1789 bis Ostern 1904 (Wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht des Kgl. Fried-
richs-Gymnasiums zu Frankfurt a. O., Ostern 1904).
Beyer, Th., Die ältesten Schüler u. Gönner d. Neustettiner Gymnasiums, Neustettin 1895.
Bienemann, Die Matrikel des Rigaischen Lyceums 1675—1709, Jahrb. f. Genealogie,
Heraldik und Sphragistik 1901 (Mitau 1902), S. 161 ff.
Bischoff, E. F., Das Lehrerkollegium des Nikolaigymnasiums in Leipzig 1816—1897.
Biogr.-bibliogr. Beiträge. Leipzig 1897.
Bittcher, C. F. H., Pförtner Album. Verzeichnis sämtl. Lehrer u. Schüler 1543—1843.
Leipzig 1843.
Böhme, Geschichte des Fürstlichen Gymnasiums ,Ruthenum' zu Schleiz (Schleiz 1901),
verzeichnet Seite 131—166 den Lebensgang der Leiter und Lehrer der Anstalt und Seite 169
bis 196 die Abiturienten von 1658—1906.
209
Braun, Philipp, Zur Geschichte des Hanauer Gymnasiums. Mitteilungen über die
Matricula illustris paedagogii Hanoviensis von 1648 — 1748. Hanau 1907.
Eder, Georg, Catalogus rectorum et illustrium virorum archigymnasii Viennensis.
Wien 1559.
Friedrich, Album des Gymn. zu Zittau. Zittau, bei Münzel 1886; dazu ein Nachtrag.
Gemmelt-Flischbach, Max Freiherr von, Album des K. K. Theresianums 1746
bis 1880. Wien 1880.
Haller, Bernh., Album der Estländischen Ritter- u. Domschule zu Reval. Reval 1893.
(Hesekiel, J. G. L.), Album der Schüler zu Kloster Roßleben 1742—1854. Halle 1854.
Jaeger, J., Verzeichnis der Schüler des Gymnasium Carolinum zu Osnabrück 1625
bis 1804. Osnabrück 1903.
Lange, Adalbert, Verzeichnis sämtlicher Lehrer der Lateinischen Hauptschule und
des Königlichen Pädagogiums seit Ostern 1833. Lange, Adalbert; Merklein, Theodor;
Weiske, Karl, Verzeichnis der Abiturienten der Lateinischen Hauptschule und des Kgl.
Pädagogiums in den Frankischen Stiftungen zu Halle a. S. seit Ostern 1848, sowie der Abitu-
rienten aus früherer Zeit, welche als noch lebend ermittelt worden sind (beides in der Fest-
schrift der Lateinischen Hauptschule zur 200 jährigen Jubelfeier der Frankischen Stiftungen).
Lühr, Georg, Die Schüler des Rößeler Gymnasiums nach dem Album der Mariani-
schen Kongregation 1631 — 1748, Braunsberg 1906.
Kroschel, Die Erziehungsanstalt zu Arnstadt und Arnstädter Abiturienten des 16. und
17. Jahrhunderts, Schulpr. des Fürstl. Gymnasiums 1890.
Meyer, Georg, Verzeichnis der Ilfelder Schüler 1853 — 1903. Göttingen 1903.
Mone, Zur Gelehrten- und Schulgeschichte vom 14. bis 17. Jahrh., ZOR 8.
Schneider, Die Abiturienten des Gymnasium illustre zu Gotha 1768 — 1859. Progr. d.
Herzogl. Gymnasium Ernestinum zu Gotha 1905/6.
Sillem, Die Matrikel des Akademischen Gymnasiums in Hamburg 1613 — 1883. Her-
ausgabe von Bürgermeisters Kellinghusen Stiftung (Hamburg 1891, 238 Seiten fol.).
Sorgenfrey, Die Abiturienten des Rektors J. H. Lipsius 1866 — 77, ein Beitrag zur
Geschichte der Nikolaischule zu Leipzig (Leipzig, H. Haessel 1904).
Svoboda, Joh., Die Theresianische Militärakademie zu Wiener-Neustadt und ihre
Zöglinge von der Gründung der Anstalt bis auf unsere Tage. Wien 1894. 2 Bde.
Wad, G. L., Meddelser om Rektorerne paa Herlufsholm (Mitteilungen über die Rek-
toren auf Herlufsholm), Nästved 1878.
Wotschke, Theod., Das Lissaer Gymnasium am Anfang des 17. Jahrh., ZHGP 21.
Zelle, Klosteralbum des 19. Jahrhunderts. Verzeichnis der Lehrer und Schüler des
Berlinischen Gymnasiums zum grauen Kloster 1804 — 1903. Berlin 1904. — Einladungsschrift
des Gymnasiums Casimirianum zu Koburg zur Schlußfeier am 26. März 1907. Hierin: Ver-
zeichnis der Lehrer des Gymnasiums von der Gründung an.
Die neuerdings an einer Anzahl von Schulen aufgekommene schöne Sitte,
den verstorbenen früheren Lehrern und Schülern einmal im Jahre ein sogenanntes
Ecce zu halten, d. i. eine Gedächtnisfeier mit ausführlicher Biographie, hat manche
Schulverwaltung in den Besitz eines umfangreichen biographischen Materials ge-
setzt. Eine allerdings nur geringe Anzahl Schulen findet ihre verstorbenen ehe-
maligen Lehrer und Schüler in solcher Weise auch im Druck alljährlich darge-
stellt. Das Afranische Ecce (St. Afra, Fürstenschule Meißen) gibt Russ, das
Grimmaische (mit Porträts) Scheuffler, das Pförtner ein Lehrer der Landesschule
Pforta heraus (alle drei käuflich in der Geschäftsstelle des Vereins ehemaliger
Fürstenschüler, Dresden, Altmarkt 611 bei Rechtsanw. Brückner & Hientzsch).
Für die Fortsetzung und Ergänzung dieser Arbeiten ist durch Einsetzung eines
Stammbuchführers seitens des Vereins ehemaliger Fürstenschüler gesorgt worden;
der „Stammbuchbote" (jährlich 4 Nummern, hsg. v. Pfr. Kühn, Hof bei Stauchitz,
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 14
210
Selbstverlag des Vereins, gedruckt bei Philipp in Dresden, auch durch die Buch-
handlung von G. Gensei in Grimma zu beziehen) teilt die neu bekannt gewordenen
Tatsachen mit, aber vor allem wird auf die unter den einzelnen Zöglingen der An-
stalten bestehende Verwandtschaft aufmerksam gemacht, wodurch unmittelbar eine
große Fülle von Tatsachen erschlossen und bei gleichnamigen Personen sofort
die richtige verwandtschaftliche Beziehung aufgedeckt wird. Über die drei säch-
sischen Fürstenschulen existieren außerdem folgende Werke: Lorenz, Grimmenser
Album 1850. Im Jahre 1900 erschien als Neubearbeitung und Fortsetzung das
„Grimmenser Stammbuch", bearbeitet von Fraustadt. Das „Afraner-Album" von
Aug. Herrn. Kreyßig erschien 1876 (Meißner Afraner-Album. Verzeichnis aller
Schüler der Landesschule von 1543—1875 an der Zahl 8422. Meißen 1876.
Neuherausgabe von Pf. Lindner in Gottleuba vorbereitet); dazu liegen zwei
Nachträge aus den Jahren 1893 und 1900 vor. Das „Pförtner -Stammbuch
1543 — 1893", bearbeitet von Hoffmann, wurde 1893 veröffentlicht; hierzu er-
schienen zwei Nachträge.
Andere Gymnasien, z. B. die von Freiberg und Zittau bringen wenigstens
kurze Personalien über verstorbene Schüler.
Für den Familienforscher, welcher sich mit dem Leben von Personen der
gelehrten Stände beschäftigt, gehört deren Bildungsgang auf den Universitäten
unbedingt zu den wissenswerten Daten, die unter Umständen auf andere Vor-
gänge schließen lassen oder hinweisen. Im allgemeinen haben die Personal-An-
gaben in den Universitätsmatrikeln 1 ) folgenden Inhalt:
1. Datum der Aufnahme (dabei oft Angabe des Rektorats).
2. Vor- und Zunamen des Studenten (Stand des Vaters selten).
3. Vaterland, bisweilen Datum und Ort der Geburt.
4. Angabe, ob Handschlag oder Eid über Befolgung der akademischen Vor-
schriften geleistet worden ist.
5. Bisweilen Fakultät und Abgang in der Exmatrikel, desgl. Doktorpromotion.
6. Nachträgliche zufällige Eintragungen über spätere Tätigkeit.
Es fragt sich, was man aus diesen Bemerkungen schließen kann? Es ist zu-
nächst die Sicherheit, daß der Betreffende sich studienhalber vom gegebenen Zeit-
punkt bis auf weiteres in der Universitätsstadt aufgehalten hat. Die Exmatrikel
ist nämlich sehr selten angegeben.
Ferner ist man berechtigt, an seinem Geburtsort, nota bene wenn er richtig
und genau angegeben ist, auf den 10 bis 30 Jahre vor der Immatrikulation zu-
rückliegenden Geburtstag forschen zu lassen und auf Angabe der Eltern und
Paten zu hoffen.
Bei Unterlassung des Eides kann auf ein sehr jugendliches Alter des Imma-
trikulierten geschlossen werden und bei Nachholung des Eides, daß er dann das
eideswürdige Alter (ca. 16 Jahre) erreicht hatte.
x ) Weissenborn, E., Die Universitätsmatrikeln als genealogische Quellen. Deutscher
Herold 1906, wieder abgedruckt in O. v. Dassels Familiengeschichtlichen Blättern 1907. — Hier
teilweise wiederholt und mit Zusätzen vermehrt.
211
Die Fakultät und Randbemerkungen über späteres Amt geben einen Anhalt
für das spätere Leben, wenn der Betreffende nicht anderswo weiter studierte
oder umsattelte.
Die Exmatrikel über den Abgang von der Universität gewährt einen Hinweis
auf die Zeit, von der man den Gesuchten auf einer anderen Universität oder an
einem andern Ort im Amt zu finden hoffen darf.
Zur Erleichterung für Forscher ist hierunter eine alphabetische Aufzählung
der deutschen und benachbarten Universitäten erfolgt, die für deutsche Ge-
schlechterforschung in Frage kommen können. Sie enthält das Stiftungsjahr oder
die Stiftungsjahre bei Unterbrechung des Bestehens oder verzögerter Eröffnung
und bei Aufhebung das Schlußjahr, damit der Forscher sofort erkennen kann, ob
nach der Studienzeit eine Immatrikulation an der betreffenden Universität mög-
lich war. Die Daten der Aufhebung mittelalterlicher und selbst neuzeitlicher
Universitäten haben nicht immer nach der Jahreszahl festgestellt werden können ;
ein Teil litt zuletzt an chronischem Schwund der Hörer, so daß schließlich nur
ganz wenige übrig blieben, weil die Lehrer nichts leisteten und nichts für die
Unterhaltung und Neubelebung geschah. Sie erloschen dann bisweilen ohne
Sang und Klang, die Kollegienhäuser und sonstiger Besitz fiel dem Fiskus anheim
und wurde anderweitig verwertet.
Es folgen ferner Angaben über das Erscheinen der gedruckten Matrikeln
nebst Verfasser, Druckort und Jahr, um durch das Heranziehen dieser in den
Bibliotheken vorhandenen Bücher die Feststellung zu erleichtern. Danach ist an-
gegeben, ob in der Neuzeit gedruckte Personenverzeichnisse erschienen sind. Zu-
letzt folgen die Behörden, bei denen die geschriebenen Matrikeln der früheren
Zeit aufbewahrt werden und die Auskunft bzw. Abschrift von der Eintragung er-
teilen, damit der Forscher sich mit seinen Bitten um Auskunft gleich an die
richtige Stelle wenden kann.
Außer den aufgeführten gedruckten Matrikeln gibt es aber noch eine Anzahl
Drucksachen, die auch und besonders in neuerer Zeit auf die Studienzeit hin-
weisen. Dies sind besonders die „Alten Herren-Verzeichnisse" der Korps, Burschen-
schaften, Landmannschaften und sonstigen schlagenden und nichtschlagenden Ver-
bindungen und Vereine, ebenso Korps- usw. Zeitungen aller Jahrgänge. 1 )
Aus der zahlreichen, allgemeinen Literatur über unsere Universitäten sei ge-
nannt:
Die deutschen Universitäten; für die Weltausstellung in Chicago 1893, hrsg.
von W. Lexis. 2 Bde. Berlin 1893 (in Bd. 1: F. Paulsen, Wesen und geschicht-
liche Entwicklung der deutschen Universitäten).
x ) Vgl. z. B. Verzeichnis der lebenden alten Herren des Universitäts-Sängervereins zu
St. Pauli in Leipzig, hrsg. von Paul Klemm und O. Denecke, Leipzig 1901. — Verzeich-
nis der alten Burschenschafter 1903. — Kösener Korpslisten 1898—1904, hrsg. von Karl Rü-
gemer. — Verzeichnis sämtlicher Mitglieder der Uttenruthia. Erlangen 1897. — Reichhaltig
ist das „Verzeichnis der alten Burschenschaften nach dem Stande vom August 1893. Im Auf-
trage der Vereinigung alter Burschenschafter gesammelt und herausgegeben von Vorort
Marburg. Leipzig, Verlag von Karl Jacobson" (inzwischen neu aufgelegt). Ein ähnliches
Verzeichnis gab 1899 der Vorort Berlin heraus (Berlin, Carl Heymanns Verlag).
14*
212
Paulsen, Geschichte d. gelehrten Unterrichts. 2. Aufl. Leipzig 1896/97, 2 Bde. 1 ).
Falckenheiner, Bibliographie der im Druck erschienenen Universitäts-
matrikeln. I. Die deutschen Universitäten, sowie die deutschen Nationen des
Auslandes, in Heft 15 der „Sammlung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten",
hrsg. von Carl Dziatzko. Leipzig 1902.
Bibliographie der deutschen Universitäten von W. Er man und E. Hörn,
Leipzig u. Berlin 1904. 1. Band. Allgemeiner Teil (Kapitel 11: Universitätslehre,
12: Universitätsbeamte, 13: Der Student als akademischer Bürger). 2. Band, die
gesamte Literatur über 50 deutsche Universitäten inkl. ihrer Literatur, über Per-
sonal und Matrikel enthaltend. Es finden sich darin Series rectorum et professo-
rum, Catalogus professorum, Liste des professeurs, Nachrichten über Lehrerpersonal,
Studenten und ihre Verbindungen, Landsmannschaften, Korps, Burschenschaften,
andere schlagende und nichtschlagende Vereinigungen, Personalstand, Gelehrten-
geschichte, Selbstbiographien ehemaliger Universitätsangehöriger und außer den
Drucken der hierunter aufgeführten ganzen Matrikeln noch folgende Matrikel-
auszüge, deren voller Titel in der Bibliographie selbst aufgesucht werden muß,
da der Raum hier nicht dazu ausreicht:
Aachener in Basel, Erfurt, Heidelberg, Marburg und Wittenberg.
Altenburger in Wittenberg.
Altmärker in Erfurt.
Anhaltiner in Heidelberg, Frankfurt a. O., Erfurt, Tübingen.
Augsburger in Heidelberg.
Badener in Wittenberg.
Balten in Gießen und Rostock.
Baseler in Tübingen.
Braubacher in Erfurt.
Czechen in Wittenberg.
Eichstädter in Heidelberg.
Einbecker in Erfurt.
Elberfelder in Heidelberg.
Elsasser in Heidelberg.
Erfurter in Köln.
Esthländer in Göttingen, Greifswald, Frankfurt a. O., Jena, Königsberg und
Wittenberg.
Frankfurter in Erfurt, Köln, Tübingen, Wittenberg.
Gemündener in Erfurt.
Hallenser in Basel und Tübingen.
Hamburger in Erfurt, Frankfurt a. O., Greifswald, Wittenberg.
Harzer und Nachbarn in Heidelberg.
Hessen in Erfurt, Köln und Prag.
Horber in Erfurt, Heidelberg, Marburg und Wittenberg.
Konstanzer in Heidelberg und Prag.
*) Weitere Literatur bei Dahlmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte,
7. Aufl. von Brandenburg, Leipzig 1906, Nr. 2022 ff., 5424 ff.
213
Kurländer in Halle, Qreifswald, Frankfurt a. O., Königsberg.
Lahnsteiner in Erfurt und Heidelberg.
Lausitzer in Wittenberg.
Livländer in Erfurt, Heidelberg, Göttingen, Greifswald, Frankfurt a. O., Jena,
Köln, Königsberg, Marburg, Prag, Rostock und Wittenberg.
Lübecker in Erfurt.
Mähren in Wittenberg.
Märker in Wittenberg.
Magdeburger in Heidelberg, Prag, Tübingen und Basel.
Meininger in Wittenberg.
Mühlhäuser in Basel.
Nassauer in Heidelberg und Prag.
Niederländer in Heidelberg.
Norweger in Erfurt, Prag und Rostock.
Oberschwaben in Wittenberg.
Österreicher in Wittenberg.
Pommern in Heidelberg und Straßburg.
Reutlinger in Erfurt, Heidelberg, Tübingen und Wittenberg.
Rheinländer in Prag.
Schlesier in Erfurt.
Schwaben in Göttingen.
Schweizer in Köln.
Sechsstädter in Frankfurt a. O.
Siebenbürger in Frankfurt a. O., Heidelberg, Jena und Wittenberg.
Steinacher in Tübingen.
Ulmer in Frankfurt a. O., Straßburg und Wittenberg.
Ungarn in Heidelberg, Jena, Prag und Wittenberg.
Urner in Freiberg i. Br. und Basel.
Westfalen in Erfurt, Marburg und Wittenberg.
Württemberger in Frankfurt a. O., Heidelberg, Bamberg, Straßburg und
Wittenberg.
Abo (Finland), Cathedralschule 1326— 1630. Gymnasium 1630—1640; Privat-
schule, nach Helsingfors verlegt und zur Universität gestaltet 1829. Lagus,
Album Studios. Academiae Aboensis MDCXL — MDCCCXXVII. 1. Teil Helsing-
fors 1891, 2. Teil 1895. — Leinberg, Skolstaten i nuvarande Abostift. Jyvas-
kyla 1893.
Agram (Zagreb), alte Jesuitenschule, 1776 regia scientiarum academia, 1850
Rechtsakademie, 1871, 1874 Universität in kroatischer Sprache. Die alten Matri-
keln sind nicht gedruckt. Personal- Verzeichnisse seit 1874/75. Auskunft über die
ungedruckten Matrikeln erteilt der Universitätssekretär.
Alcalä de Henares 1499—1807.
Altdorf, Gymnasium 1575, akademisches Gymnasium 1578 — 1622. Universität
1623, mit Erlangen vereinigt 1807, siehe Georg Andreas Wills Geschichte und
Beschreibung der Nürnbergischen Universität Altdorf, 2. Ausg. von Christ. Conr.
Nopitsch, Altdorf. Der Fränkische Geschichtsverein will die Matrikel in. den
214
nächsten Jahren drucken lassen. Auskunft über die ungedruckte Matrikel erteilt
auf kurze Fragen die Universitätsbibliothek zu Erlangen, auch kann sie auf der
Bibliothek eingesehen werden.
Amsterdam 1632. Album Academicum van het Athenaeum et Universiteit
Amsterdam, Amsterdam 1882, Erven H. Munster & Zoon, enthält Professoren 1632
bis 1882 (alphabetisch geordnet), Studiosi 1799—1822, Studiosi des Seminariums
des Wiedertäufer, 1692 — 1799, Liste der Studiosen, welche versäumten, Namen
anzugeben 1879—1881. Kolleglisten des Professors M. H. L. Cras jur. doct. 1771
bis 1802, Kollegliste 1795 des Professors J. H. von Swinden. Keine Personalver-
zeichnisse der Neuzeit. Auskunft erteilt der Pedel der Universität von Amsterdam.
Avila 1482—1808.
Bamberg 1585, aufgehoben 1803, Matrikeln sind nicht gedruckt. Auskunft
erteilt das Kgl. Lyzeum und das Kgl. Kreisarchiv zu Bamberg.
Barcelona 1450.
Basel 1460. Vis eher, W., Geschichte der Universität Basel von d. Gründg.
1460 bis zur Reformation 1529. Basel 1860. — Thommen, R., Geschichte der
Universität Basel 1532—1632. Basel 1889. Matrikeln sind nicht gedruckt.
Personalverzeichnisse seit 1872. Auskunft erteilt die Universitätsbibliothek.
Berlin 1809. Matrikeln sind nicht gedruckt. Akademische Auskunftsstelle zur
Erteilung von Auskünften auf Anfragen wissenschaftlicher Art. Vorsteher: Prof.
Wilh. Paszkowski.
Bern 1834. Matrikeln sind nicht gedruckt. Personalverzeichnisse seit 1840.
Auskunft erteilt die Universitätskanzlei.
Bologna 1119. Acta Nationis Germanicae Bononiensis Universitatis (1289 bis
1543) von E. Friedlaender, und C. Malagola. Berlin 1887, mit aiphabet.
Register. Deutsche Studenten in Bologna (1289 — 1562). Biographischer Index
zu den Acta nationis Germanicae universitatis Bononiensis. Im Auftrage der
K. Preuß. Akademie d. Wiss. bearb. von Gustav C. Knod. Berlin, R. v. Decker,
1899. — I Roduli dei lettori legisti e artisti dello studio Bolognese dal 1384
el 1799 pubbl. dal Umberto Dallari. Bologna, Tip. Merlani Vol. 1, 1888;
Vol. 2, 1889; Vol. 3, 1, 1891 =Monumenti istorici pertinenti alle provincie della
Romagna, Serie 2. — A. LuschinvonEbengreuth, Vorläufige Mitteilungen über die
Geschichte deutscher Rechtshörer in Italien (bis 1630). Wien 1893 (Sitzungsber. der
Wiener Akad. 127, Bd. 1892. Hier S. 87 ff. ein alphabetisches Verzeichnis von
7542 Familiennamen der bisher von ihm ermittelten 14 303 Scholaren). —
Grotefend, Mecklenburger a. d. Universität Bologna, AMG 1888. — Pfoten-
hauer, Schlesier auf der Universität Bologna, Zeitschr. d. Ver. f. Gesch. u. Altert.
Schlesiens, Bd. 38, S. 433 ff.; Bd. 39, S. 268 ff.
Bonn, Kurkölnische Akademie 1777 — 78, Universität 1786, eingegangen 1800,
neu errichtet 1818 als Ersatz für Duisburg, Köln und Trier. Matrikeln sind nicht
gedruckt. Personalverzeichnisse seit ca. 1820. Auskunft erteilt das Universitäts-
sekretariat.
Braunsberg, Lyceum Hosianum 1568 — 1807, erneut 1818. Matrikeln sind
nicht gedruckt, Personalverzeichnisse nicht vorhanden. Auskunft erteilt mit vor-
215
vorheriger Genehmigung des Kurators der Hochschule (des Oberpräsidenten der
Provinz Ostpreußen) das Rektorat oder ein von demselben beauftragter Kandidat.
Breslau, städtisches Gymnasium 1505, Leopoldina 2 Fakultäten, neu errichtet
1811 (vgl. Frankfurt a. O.). Matrikeln sind nicht gedruckt. Personalverzeichnisse
seit 1825. Auskunft erteilt das Universitätssekretariat (auch für Frankfurt a. O.).
Brunn 1779 — 1783, bisher in Olmütz, dann wieder in Olmütz.
Brüssel 1834.
Buda-Pest (1554, seit 1635 in Tirnau), 1777 in Ofen, 1784 in Pest.
Bützow s. Rostock.
Cambridge 1218—31. Book of Matriculations and Degrees 1851— 1900 Uni-
versity Press. Cambridge. Cambridge university Calender, jährlich veröffentlicht
von Deigthon, Beck & Co., enthält die Namen fast aller lebenden Graduierten
und Untergraduierten. Auskunft erteilt the Registrary of the University.
Cassel, Universität 1633 — 1653, dann mit Marburg vereinigt. Dr. C. Fr.
Webel, Geschichte der städtischen Gelehrtenschule zu Cassel, Cassel 1846; Bei-
lage A: Verzeichnis derjenigen Casselaner, welche in den Albums der Universität
Erfurt (1392—1528), Wittenberg (1502—1528) und Marburg (1527—1538) als
Studiosen eingetragen sind. — Wilh. Falkenheiner, Die Annalen und die
Matrikel der Universität Cassel 1633 — 1652, in der Zeitschr. des Vereins für
hessische Geschichte und Landeskunde, Bd. 18, 1893. S. auch Marburg.
Christiania 1811. Det Kgl. Norske Frederiks Universitets Aarsberetning samt
Universitäts-Matrikel seit 1842. Dies Buch verzeichnet die in die Matrikel auf-
genommenen Studenten mit Geburtsdaten und Eltern nebst Prüfungszeugnissen.
Coimbra 1288.
Czernovitz 1875. Anton Norst, Alma mater Francisco-Josephina, Festschrift
Czernovitz 1900. Personalverzeichnis des akadem. Lehrkörpers seit 1875. Aus-
kunft erteilt die K. K. Quästur der Universität.
Deventer, Akademie der niederländischen Prov. Oberyssel. D. G. van Epen,
Haag, Pratizijushoek, erteilt Auskunft gegen Portovergütung.
Dijon 1722.
Dillingen, Kollegium 1548—49. St. Hieronimus-Universität 1554, 1803 auf-
gelöst. Geschichte der ehemal. Universität Dillingen 1549 — 1804 von Dr. Thomas
Specht. Freiburg i. Br. 1902, Bd. I. — Quellen zur Geschichte der Universität
Dillingen (Jahrb. d. hist. Ver. Dillingen 12). — Matrikeln der Universität Dillingen
(ebenda 8, vgl. J. Schlecht ebenda 9). Auskunft erteilt das Kgl. Lyceum Dillingen.
Dorpat, ursprünglich schwedische Universität 1632 — 1665 und 1690 — 1710.
Die Matrikel für beide Jahresfolgen ist herausgegeben von Th. Beise in den
Mitteilungen aus dem Gebiet der Geschichte Liv-, Esth- u. Kurlands Bd. 8. Riga
1857. Neu errichtet 1802, jetzt Jurjew genannt. — Hasselblatt und Otto, Album
acad. der Kaiserl. Russischen Universität Dorpat. Dorpat 1889. — Hasselblatt,
Die Ehrenlegion der 14000 Immatrikulierten. Jurjew (Dorpat). 1892.
Dublin 1591.
Duisburg 1654—55, aufgehoben 18./10. 1818. W. Varges, Die Universität
Duisburg (Germania, Zeitschr. f. Kult.-Gesch. 1). Matrikel ist nicht gedruckt.
Auskunft erteilt die Universitätsbibliothek zu Bonn. S. Bonn.
216
Ellwangen, Kath. Landes-Universität 1812 — 1817, dann als kath. theol. Fakultät
mit Tübingen vereinigt.
Erfurt 1392, aufgehoben 1816. Dr. Weißenborn, Akten der Erfurter Uni-
versität, nebst Universitätsmatrikel, 1. Teil 1392—1492, 2. Teil 1492—1636.
3 Bde. Halle 1881 — 1889. — Q. Bauch, Die Universität Erfurt im Zeitalter
des Frühhumanismus. — Jordan, Verzeichnis der in Erfurt studierenden Mühl-
häuser (1392—1636), MGB 5. — Wilh. Sillem, Studenten aus Hamburg und
den Nachbargebieten in Erfurt 1492—1686, ZHbG 8. Auskunft erteilt die Kgl.
Bibliothek zu Erfurt.
Erlangen 1743. Keine gedruckte Matrikel. Personalstand der Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen 1742 — 1843. Erlangen 1843. Augsburger Studenten
auf der Universität Erlangen (1742 — 1827). Personalverzeichnis seit 1380 bzw.
1835 — 36. Auskunft erteilt das Universitätssekretariat, auch wird Einsicht an
Ort und Stelle gestattet.
Franeker, niederländische Provinz Friesland, Universität von 1585 — 1811. Die
gedruckte Matrikel ist bei Herrn D. G. van Epen in Haag, Praktizijushoek, in
Bearbeitung. Derselbe erteilt Auskunft gegen Portovergütung.
Frankfurt a. O. 1506, nach Breslau verlegt 1811. Akten und Urkunden der
Universität Frankfurt a. O. Hrsg. von G. Kaufmann und G. Bauch. Breslau
1897ff. Matrikel im Universitätsarchiv. — Dr. Friedländer, Matrikel der Uni-
versität Frankfurt a. O. Leipzig 1887* 3 Bde. u. Erg.-Bd. 4. — G. Bauch,
Das älteste Dekanatsbuch der philosophischen Fakultät an der Universität Frank-
furt, JSs 74, Abt. 3, 1896, S. 13, 1897, S. 17.
Freiburg i. Br. 1460. H. Schneider, Geschichte der Albert-Ludwigs-Uni-
versität zu Freiburg i. Br. 3 T. Freiburg 1857 — 60. Die Matrikel von 1460 bis
1656 hat Hermann Mayer in Arbeit. Band I seiner Ausgabe (Einleitung und
Text) erschien Freiburg 1907. — Im XIII. Bd. der Zeitschr. der Gesellsch. f. Bef.
d. Geschichtskunde von Freiburg ist enthalten: Mitteilungen aus den Matrikel-
büchern der Universität 1501 — 1584 von Ed. Winkelmann. Personalverzeichnisse
seit 1822 — 23. — J. König, Die Professoren der theologischen Fakultät zu Frei-
burg i. Br. 1470 — 1870 (Freiburger Diözesanarchiv Bd. 27). Amoenitates literariae
Friburgenses (von Riegger), Ulmae, A. L. Stettinius 1775; Beiträge zur Geschichte
der Universität Freiburg: Rektorat und Prorektorat von König, in: Freiburger
Diözesanarchiv Bd. 23, 1893, S. 61 ff. — M. Gmelin, Verzeichnis der Studierenden
zu Freiburg und Heidelberg, aus Orten, die jetzt zum Königreich Württemberg
gehören, WVL 2, 177 ff. Auskunft erteilt Dr. Hermann Meyer, Professor am
Bertholdsgymnasium in Freiburg i. Br.
Freiburg i. d. Schweiz 1886. Auskunft erteilt die Universitätskanzlei.
Fulda, Universität 19./8. 1734—1804, dann Gymnasium.
Genf 1559, erneut 1873. Le livre du recteur, Catalogue des etudiants de
l'academie de Geneve de 1589—1859. Ed. de Fort, Revilliod et Fick, Geneve
1860. Liste des Etudiants seit 1875 erscheinend.
Gent 1816.
Gießen 1608. Dr. Ernst Klewitz und Dr. Karl Ebel, Die Matrikeln
der Universität Gießen 1608—1707. Gießen 1898 (aus Mitteil, des Oberhess.
217
Gesch.- Ver. N. F. Bd. 2 — 6, 1890 — 96). Die ungedruckten Matrikeln liegen auf
der Universitätsbibliothek. Personalverzeichnisse seit 1885. Auskunft erteilt die
Universitätskanzlei.
Göttingen 1734 — 37. J. S. Pütter, Versuch einer akademischen Gelehrten-
geschichte der Universität Göttingen von Saalfeld und Oesterley. 4 T.
Göttingen 1765 — 1838. Göttinger Professoren, Gotha 1872. — Beiträge zur Ge-
lehrten-Geschichte Göttingens (Festschr. zur Feier des 150 jähr. Bestehens der
Kgl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen). Berlin 1901. Matrikeln sind nicht
gedruckt. Personalverzeichnisse seit 1763. Auskunft erteilt das Universitäts-
sekretariat.
Granada 1531.
Graz, Stiftung 1585, Eröffnung 1586, 1826 neue Universität mit drei Fakul-
täten, seit 1863 Volluniversität. Matrikel ist nicht gedruckt. Personalverzeichnis
erscheint nicht. Auskunft erteilt das Rektorat.
Greifswald 1456. J. G. L. Kosegarten, Gesch. d. Univ. Greifswald. Greifs-
wald 1857. BS 44 i. d. Sammlung der Vitae Pommeranorum : Greifswalder Pro-
fessoren. — Dr. Friedländer, Matrikel der Universität Greifswald 1476—1700.
2 Bde. Leipzig 1874, Verl. S. Hirzel. Personalverzeichnisse seit 1844. Auskunft
erteilt die Universitätsbibliothek.
Grenoble 1339.
Groningen 1614.
Habana 1722.
Halle 1694. Damit vereinigt Wittenberg 1817. W. Schrader, Geschichte
der Friedrichs-Universität zu Halle. 2 T. Berlin 1894. — J. Conrad, Die
Statistik der Universität Halle während d. 200 Jahre ihres Bestehens (in: Fest-
schrift d. Univ. Halle). Jena 1894. Matrikel ist nicht gedruckt. — Schilling,
Rud. Freiherr von, Die an der Kgl. preußischen Friedrichs-Universität zu
Halle a. S. 1690 — 1785 immatrikulierten baltischen Edelleute, Jahrb. f. Genealogie,
Heraldik und Sphragistik 1897. Mitau 1898, S. 50f. Personalverzeichnis seit
1825. Auskunft erreilt die Universitätsbibliothek.
Harderwijk (Niederlande) 1600 — 1818. D. G. van Epen im Haag, Praktizijns-
hoek, Album studiosorum academiae Gelro Zutphonicae 1648 — 1818. Haag 1904.
D. G. van Epen besitzt das Liber doctorum und erteilt Auskunft darüber gegen
Portovergütung. (Man promovierte gegen — Zahlung.)
Heidelberg 1386, ern. 1803. G. Toepke, Matrikel v. 1386—1846. 5 Bde.
1884 ff., Verl. d. Univ. — J. F. Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg.
2 Bde. Mannheim 1862, 64. — H. Thorbecke, Geschichte der Universität
Heidelberg, Abteilung I, 1386 — 1449. Heidelberg 1886. — Ed. Winkelmann,
Urkundenbuch der Universität Heidelberg. 2 Bde. Heidelberg 1886. — Kurt
Klemm, Die Helvetia in Heidelberg von 1811, Akademische Monatshefte Nr. 272
vom 1. Dezember 1906. Personalverzeichnis seit Beginn des 19. Jahrhunderts.
Auskunft erteilt die Große Universitätsbibliothek. Vgl. auch unter Freiburg.
Helmstedt, Stiftung 1575, Eröffnung 1576—1809. VI. Jahrgang des hand-
schriftlichen Jahrbuchs des Vereins f. geschichtl. Hilfswissenschaften a. d. Uni-
versität Leipzig „Roter Löwe"; S. 211 — 226 enthält Auszüge d. Matr. der Univ.
218
Helmstedt v. Paul Georg Herold, stud. jur. Das sog. Album von Helmstedt
wird von dem Herzogl. Landeshauptarchiv zu Wolfenbüttel aufbewahrt, welches
auch Auskunft erteilt.
Helsingfors (Finland) 1829 aus Abo dorthin verlegt, vgl. oben unter Abo.
Herborn 1584 — 1817 aufgehoben. Die Nassauer Drucke der Kgl. Landes-
bibliothek in Wiesbaden von A. v. d. Linde. I. Bd. S. 340— 496, Wiesbaden 1882,
enthalten die Herborn er Hochschul-Matrikel v. 1584 — 1726. Matricula studiosorum
scholae Herbornensis. — Neuausgabe wird von der historischen Kommission für
Nassau bearbeitet. Auskunft erteilt die Direktion des Kgl. theol. Seminars zu
Herborn.
Ingolstadt 1472, 1782— 92 Lyceum, nach Landshut verlegt 1800, von hier nach
München 1826. Fr. X. Freninger, Das Matrikelbuch der Universität Ingolstadt-
Landshut-München, Rektoren, Professoren, Doktoren 1472 — 1872, Kandidaten
1772—1872. München 1872. In alphab. Folge. Der ältere Teil der Ingolstädter
Matrikel ist im Jahre 1905 im Druck erschienen. Personalverzeichnis seit 1826.
Auskunft erteilt das Universitätsarchiv in München.
Innsbruck 1673, Akademie mit vier Fakultäten, 1782 — 1792 Lyceum,
1792—1810 Universität mit drei Fakultäten, 1810 aufgehoben, 1826 mit zwei
Fakultäten neu eröffnet, 1869 Volluniversität. Die Matrikeln sind nicht gedruckt
und befinden sich im Universitätsarchiv. In der Zeit der tirolischen Befreiungs-
kriege und später bestehen Lücken. Eine Kommission von drei Historikern
ordnet die Akten. Zeit der Vollendung ist unbestimmt. Personalverzeichnisse
seit 1827, enthalten nur die Professoren. Vgl. Geschichte d. Univ. i. Innsbruck
seit ihrer Entstehung bis 1860 v. J. Probst. Innsbruck 1869. Auskunft erteilt
das Sekretariat.
Jena 1558. Günther, Lebensskizzen der Professoren der Universität Jena
s. 1585 — 1858. Jena 1858. Keine gedruckte Matrikel. Die Universität von Ende
Juli 1578 bis 9. März 1579 wegen der in der Umgegend herrschenden Pest nach
Saalfeld verlegt. S. unter Saalfeld. Es ist ein bis zum Jahre 1826 reichendes
alphabetisches handschriftliches Namensverzeichnis vorhanden. Personalverzeichnis
s.1826. Auskunft erteilt die Universitätsbibliothek.
Kiel 1665. Chronik der Universität Kiel und der Gelehrtenschulen in Schlesr
wig-Holstein, mit alphab. Verz. d. Stud. Kiel. H. Ratjen, Geschichte der Univer-
sität Kiel (s. 1665). Kiel 1870. Mit alphab. Regist. Personalverzeichnis s. 1854.
Auskunft erteilt die Registratur der Universitätskanzlei.
Klausenburg 1872.
Köln a. Rh., 1388/89, städtische Universität, aufgehoben 1797 resp. 1813 und
in ein Lyzeum verwandelt. F. J. v. Bianco, Die alte Universität Köln. Köln 1855.
— H. Keussen, Beiträge zur Geschichte der Kölner Universität, WZ 18. —
Die Matrikel der Universität Köln 1389—1559, bearb. von H. Keussen, B...1
(1389—1466). 1. Hälfte unter Mitwirkung von W. Schmitz. 2. Heft Register.
Bonn 1892. Die Rotuli der Kölner Universität. (Mitteil. a. d. Stadtarchiv von
Köln. B. 20). — Crecelius, W., Aus der I.Matrikel der Universität Köln, VJH 7.
Auskunft erteilt das Universitätssekretariat Bonn.
Königsberg, 15.8.1544. D. H. Arnoldt, Historie der Königsbergischen Uni-
219
versität, 2 B. Königsberg 1746. Der Druck der Matrikeln ist in die Wege ge-
leitet. Die Zeitschrift f. d. Gesch. u. Altertumskunde Ermelands von Dr. Fr. Hipler,
Braunsberg 1894, enthält u. a.: Die Ermeländischen Studenten an der Albertina
zu Königsberg von Fr. Hipler. Außerdem s. K. Bogun, Stammbuchsammlung
i. d. Stadtbibliothek zu Königsberg, Sonderabdruck a. d. „Vierteljahrsschrift" 1901.
Personal -Verzeichnis s. 1787, als Manuskript gedruckt. Akademisches Erinnerungs-
buch für die, welche in den Jahren 1787 — 1817 die Königsberger Universität be-
zogen haben. Königsberg 1825, Härtung. Hrsg. ist G. F. Härtung. Enthält
S. 8— 14 die Namen der Rektoren und Prorektoren, sowie die Anzahl der jährlich
immatrikulierten Studierenden von 1544—1787, S. 17—226 ein Verzeichnis der
Studierenden von 1787—1817 mit Index S. 227 ff. — Akademisches Erinnerungs-
buch für die, welche in den Jahren 1817 — 1844 die Königsberger Universität be-
zogen haben. Hrsg. bei Gelegenheit der 3. Säkularfeier der Universität Königs-
berg (Hrsg. G. F. Härtung) 1844. Enthält S. 1—174 ein Verzeichnis der Stu-
dierenden von 1817 — 1844 mit Index S. 175 — 186. Alphabet. Verzeichnis des Lehr-
personals auf der Albertina von 1825 — 1844, S. 187—194. Auskunft erteilt das
Universitätssekretariat.
Kopenhagen 1475, erneuert 1611. Kjöbenhavns Universitets Matrikel v.
S. B. Smith. Kopenhagen 1890—94. 2 Bde., I. (1611—67) u. II. (1667—1740).
Ohne aiphabet. Register.
Krakau. Gegründet 1364, erneuert 1400. Album studiosorum universitatis
Cracoviensis. Tom. 1 (ab a. 1400 ad a. 1489). Cracoviae 1887 ed. Zegota
Pauli et Boleslaus Ulanowski. Tom. 2 (ab a. 1490 ad a. 1551) ed. Adam
Chmiel. Ebd. 1892. — Auszüge: Das älteste Matrikelbuch der Universität Krakau.
Beschreibung und Auszüge, mitgeteilt durch Heinrich Zeissberg. Festschrift
zur 400 jähr. Jubelfeier der Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Inns-
bruck, Wagner 1872. Deutsche Scholaren in Krakau in der Zeit der Renaissance,
1460—1520, von G. Bauch. Breslau, M. u. H.Marcus, 1900 = 78. Jahresbericht
der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. 1900. 3. Abt. S. 1 ff.
Dazu Kasimir von Morawski, Historya Uniwersystetu Jagiellohskiego (Geschichte
der Universität Krakau). Krakau 1900. Personal -Verzeichnis s. 1850. Auskunft
erteilt die Universitätskanzlei.
Kulm 1366. Die Stiftung wurde erst 1554 ausgeführt, aber ist nicht weit
gediehen. Verbleib der Matrikel ist unbekannt.
Landshut 1800, wurde 1826 nach München verlegt, siehe das für Ingolstadt
Gesagte. General-Repertorium über sämtliche an der Ludwig-Maximilian Univer-
sität Landshut 1800—1826 immatrikulierten Studenten. Friedberg 1861. Aus-
kunft erteilt das Universitäts-Archiv in München.
Lausanne, 1536 Akademie, 1890 Universität.
Leiden (Leyden) 1575. Album studiosorum Lugduno-Bataviae acad. 1575 — 1875
von G. de Rieu. Haag 1875, mit aiphabet. Register. Personal -Verzeichnis s. 1877
im Jaarbock d. Ryks-Universiteit to Leiden, Auskunft erteilt der Sekretär des
Senats.
Leipzig 1409. F. Zarncke, Die urkundlichen Quellen z. Gesch. d. Univ. Leipzig
(Abh. d. Ges. d. Wiss. zu Leipzig 1857) und in Kl. Zeitschriften B. 2. — Th. Dro-
220
bisch, Beiträge zur Statistik der Universität Leipzig (Ber. üb. d. Verhandl. d. Kgl.
Gesellsch. d. Wissensch. zu Leipzig 1848, 60 ff. u. 1849, 69 ff.). Die Anfänge der
Univers. Leipzig. Pers.-Verz. v. 1409 — 1419. Aus den ältest. Matr. d. Univers, zu-
sammengestellt v. Paul Wilh. Ullrich, Werdau 1894. VI. Jahrg. 1881 des hand-
schriftl. Jahrbuchs des Vereins geschichtlicher Hilfswissenschaften an der Univers.
Leipzig „Roter Löwe". S. 227 — 288 Matrikel d. Univers. Leipzig, Auszüge aus der-
selben a. d. Jahren 1537 — 1877 v. Max Schmidt, stud. med., und Paul Wilhelm
Ullrich, stud. hist. — Georg Erler, Die Matrikel der Univers. Leipzig m. Re-
gister. I. Die Immatrikulierten von 1409—1559. Leipzig 1895—99. 3 Bde. Die
in Leipzig von 1409 — 1600 studierenden Aachener v. Loersch, AG 13. Die ge-
druckte Matrikel erscheint 1909 zum 500 jährigen Bestehen der Universität Leipzig.
Die theologischen Promotionen an der Universität Leipzig (1428 — 1539) von
Th. Brieger. Leipzig 1890. Personalverz. s. 1824. — H. Wuttke, Collegium
beatae virginis in universitate Lipsiensi. Leipzig 1859. — E. G. Gersdorf, Die
Rektoren der Universität Leipzig. Denkschrift zum 2. Juni 1869, MDGL 5. —
P. Pfotenhauer, Schlesier als Rektoren der Universität Leipzig in dem ersten
Jahrh. ihres Bestehens, Ztschr. des Ver. f. Gesch. u. Altert. Schlesiens XVII, 1883,
S. 177 ff. — Alois John, Egerer Studenten an der Leipziger Universität (141 3— 1556).
Eger, Selbstverlag 1907. Auskunft erteilt der Universitätsrat.
Lemberg (Lwow, Galizien, Österr.-Ung.) gegr. 1784, reorg. 1817, früher mit
deutscher, seit 1871 mit polnischer Unterrichtssprache. Es besteht ein Personal-
Verzeichnis der Professoren und Dozenten. Auskunft erteilt die Kanzlei der
Universität.
London 1836.
Löwen (Louvain) 1426, erneut 1793, ausgesprochen katholisch seit 1835. Matricule
de Puniversite de Louvain (1426 — 1433) v. E. Reusens. Bruxelles 1903. Mit aiphabet.
Register. Union des etudiants anversois ä Louvain par E. Lalone dans les annales
de l'academie royale d'archeologie de Belgique Nr. 51 ff., 583 ff. La congregation
des theologiens campinois par J. Wils. Louvain 1905. In Vorbereitung: Natio
inclyta Germanica par J. Wils. Im Jahrbuch der Universität werden s. 1837 die
Ergebnisse der Examina veröffentlicht. Auskunft erteilt das Kgl. Archiv in Brüssel
oder die Kgl. Bibliothek in Louvain.
Lund (Schweden) 1666. M. Weibull och E. Tegner, Lunds universitet
historia. 2 Bde., 1868. Publ. Acta universitatis Lundensis.
Lüttich 1817.
Madrid 1508.
Mainz 1476 — 77. F. W. E. Roth, Niederrheinische Gelehrte an der Mainzer
Universität vom 15. — 17. Jahrh. (Beitr. z. Gesch. des Niederrheins 14); ders.,
Z. Gesch. der Juristenfakultät zu Mainz im 15. u. 16. Jahrh. (J. d. Savigny-Stiftg.
f. RG. Germ. Abt. 1902). — Ein Verzeichnis graduierter Philosophen von 1565 bis
1618 findet sich in: Nomina reverendorum . . dominorum qui . . suprema eiusdem
laurea vel condecorati vel academico culculo ea digni iudicati fuerunt (Mainz 1568).
Auszüge aus der Matrikel bei Henr. Knodt, De Moguntia litterata commentationes
historicae (Mainz 1751). Die ungedruckten Matrikeln, soweit sie erhalten, werden
im Großh. Haus- u. Staatsarchiv in Darmstadt aufbewahrt.
221
Manila 1605.
Marburg 1527. K. W. Justi,' Grundzüge einer Geschichte der Universität
Marburg. Marburg 1827. — Mirbt, Die katholisch-theologische Fakultät zu
Marburg, Marburg 1905. — Catalogus studiosorum scholae Marpurgensis per
annos 1527 — 1628 descriptus ed. Julius Caesar. Marburgi, Elwert, 1875 bis
1887. Pars I, 1527—1547, eb. 1775. Pars II, 1547—1571, eb. 1877. Pars III,
1571 — 1604. Accedunt Guilelmi et Ludovici Landgraviorum edicta a. 1578
emissa eb. 1882. Pars IV, 1605—1628, eb. 1887. Diese Teile erschienen zuerst
als Marburger Universitätsprogramme, Particulae 1 — 14, zur Feier des Geburts-
tages Kaiser Wilhelms I. in den Jahren 1872 u. 1874, 1875—1877, 1878—1881,
1882—1886. Die Matrikel des Jahres 1629—1636 erschien als Universitäts-
programm zur Einführung des neuen Rektors 1888 (hrsg. von W. Falcken-
heiner) u. d. T.: „Catalogi studiosorum Marpurgensium cum brevibus annalibus
coniuncti fasciculus decimus quintus annos ab 1629 ad usque 1636 complectens.
Marburg 1888, C. L. Pfeil. — Personen- und Ortsregister z. d. Matrikeln aus d.
Annalen der Univ. Marburg v. 1572 — 1652 von Wilhelm Falckenheiner, Mar-
burg, N. G. Elwertsche Verl .-Buchhandlung 1904. Auskunft über die ungedr.
Matr. erteilt das Kgl. Staatsarchiv Marburg. Personalverzeichnis seit 1823 (31).
Messina 1548.
Modena 1683.
Montpellier 1181. 1289. Einzelne Namen in: Cartulaire de l'universite de Mont-
pellier. Publie sur les auspices du conseil general des facultes de Montpellier.
T. 1 (1181—1400). Montpellier 1890, Ricard Freres.
München, von Landshut hierher verlegt 1826. C. Prantl, Geschichte der
Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München. 2 Bde. München
1872. — Das Matrikelbuch der Universität Ingolstadt-Landshut-München, Rektoren,
Professoren, Doktoren 1472—1872, Kandidaten 1772—1872, hrsg. v. Freninger,
München 1872. Personalverzeichnis seit 1826. Auskunft erteilt das Universitäts-
archiv.
Münster, gest. 1773, eröffnet 1780 mit drei Fakultäten, 1818 Akademie mit
zwei Fakultäten, 1902 Universität mit drei Fakultäten. Matrikeln sind nicht ge-
druckt. Auskunft erteilt das Universitäts-Sekretariat geg. entspr. Entschädigung.
Neapel 1224.
Neuenburg-Neuchätel 1866, neu organisiert 1894. Personalverzeichnis erscheint
am Ende jedes Semesterprogramms. Auskunft erteilt le secretaire de l'academie.
Olmütz, 1566 gestiftet, 1581 eröffnet, von 1779—1783 in Brunn, 1827 re-
organisiert, 1855 aufgehoben, jetzt nur kath.-theol. Fakultät daselbst.
Orleans. Fournier in Nouvelle Revue historique de droit Franc, et etranger 12,
386—431. Liste der Mitglieder der deutschen Nation v. J. 1378 (58 Namen).
Die Studenten der deutschen Nation bearbeitet Prof. Knod in Straßburg.
Oxford. Register of the University of Oxford, Parts 1 — 4 Oxford, University-
Press (1884 — 1889). Personalverzeichnis siehe: Alumni Oxfordienses b. J. Foster,
seit 1800. Auskunft erteilt The registrar of the University of Oxford.
Paderborn, gegr. 1614, aufgehoben 1844 u. in ein phil.-theol. Lehranst. ver-
wandelt. J. Freisen, Die Universität Paderborn. T. 1. Quellen und Abhand-
222
lungen v. 1614—1808. Paderborn 1898. Matrikeln sind nicht gedruckt. Prof.
Dr. Freisen in Würzburg ist mit der Bearbeitung beschäftigt. Später werden
die Originalmatrikeln wohl wieder an das Kgl. Staatsarchiv Münster gelangen.
Padua 1222. Material noch unediert. Auszüge: Rheinländer Studenten im
16. u. 17. Jahrh. auf der Universität Padua von Gustav C. Knod, ANR 68,
133ff. — Oberrheinische Studenten im 16. u. 17. Jahrh. auf der Universität Padua
von Gustav C. Knod, 30 R. N. F. 15, 197ff, 432ff.; 16, 246ff., 612ff. Vgl.
ferner Monumenta della Universitä di Padova 1318 — 1405, raccolti du Andrea
Gloria. Vol. 1, 2. Padova 1888. Tip. del Seminario = Studi editi della Uni-
versitä di Padova a commemorare Pottavo centenio dalla origine della Universitä
di Bologna. Vol. 1, 2. 1899.
Palermo 1779.
Paris 1200 bzw. 1257. Die Universität Paris und die Fremden an derselben
im Mittelalter, Dr. Budinski, Berlin 1876. Auctuarium zu dem zahlreiche Namen
enthaltenden: Cartularium Universitatis Parisicae ed. H. Denifle et Aem. Chate-
lain, T. 1—4 (1260—1452), Paris 1889—97, welches den Liber Procuratorum
nationis Anglicanae (Alemanniae) ab anno 1333 — 1466, Vol. I, II (1894—97),
enthält. Da es sich über eine Zeit erstreckt, in der in Deutschland erst Uni-
versitäten entstanden, so ist diese Matrikel der in Paris wie in Orleans besonders
begünstigten Deutschen Nation von großem Wert. Die gesamten Matrikeln sind
nicht gedruckt. Personalverzeichnisse werden nicht herausgegeben. Doch gibt
es im Druck wenigstens eine Veröffentlichung solcher Art: Personalverzeichnis
der Pariser Universität von 1464 und die darin aufgeführten Handschriften- und
Pergamenthändler von Max Spirgatis = l. Beiheft zum Centralbiatt für Biblio-
thekswesen. Leipzig 1888. Auskunft erteilen die Sekretariate der Fakultäten,
bei denen die Matrikeln verwahrt werden. Dem Publikum sind sie nicht zu-
gänglich.
Parma 1025.
Pavia 1361.
Perugia. Gegründet 1308. Adolf Stölzel, Die in Perugia von 1515 — 1656
immatrikulierten Deutschen, in seiner Schrift: „Die Entwickelung des gelehrten
Richtertums in deutschen Territorien" II, 1872, S. 9 ff.
Philadelphia 1740.
Pisa 1343.
Pont ä Mousson. Universität v. 1571 bis zur franz. Rev. Von Westdeutschen
stark besucht.
Posen, Kgl. Akademie 1903. Keine Personalverzeichnisse. Auskunft erteilt
das Rektorat.
Prag 1348. W. W. Tomek, Geschichte der Prager Universität. Prag 1849.
Monumenta Historiae Universitatis Prag. Bd. I, Prag 1830, enthält das Dekanats-
buch der phil. Fakultät mit sämtl. Graduierten von 1376 — 1585. Dass. Bd. II ff.,
Prag 1830, 32, 34, 48, enthält Teile der Matrikel. Personalverzeichnisse seit 1850.
Die k. k. Universitätskanzlei gestattet Einsichtnahme und Abschrifterhebung aus
den ungedruckten Matrikeln.
Rinteln 1619, eröffnet 1620, aufgehoben 10./12. 1809. Verbleib der Matrikel
223
war weder in Rinteln, Cassel, Göttingen, Marburg noch im Kloster Fischbeck zu
ermitteln.
Rom 1303.
Rostock 1419—31. Volluniversität. O. Krabbe, Die Universität Rostock im
15. u. 16. Jahrh. 2 T. Rostock 1854. — Die Matrikel der Universität Rostock
v. 1419—1789 v. Hoffmeister, Verl. d. Stillerschen Hofbuchhandlung, Rostock
1889—91. I. T. (1419—1499); II. T. (1499—1611) in I. Bd., II. Bd. v. 1895
(1611—64); III. Bd. v. 1904 (1694—1789). Ohne alphab. Verzeichnis. Personal-
verzeichnis seit 1813. Auskunft erteilt das Sekretariat d. Univers, auch üb. d.
Matr. v. Bützow.
Saalfeld. Die Universität Jena verweilte hier von Ende Juli 1578 bis 9. März
1579 wegen der in der Umgegend von Jena herrschenden Pest. S. Sagittarius,
Saalfeldische Historie, Handschr. des Herzoglichen Archivs zu Weimar, S. 594 f.
(jetzt von Devrient herausgegeben).
Salamanca 1243.
Salerno 1150—1817.
Salzburg 1620—1810.
Santjago 1 504,
Sassari 1556.
Sevilla 1502.
Siena 1246.
Straßburg i. Eis., Akadem. Gym. 1536, Universität 1566—1621, reorganisiert
1872. R. Hoseus, Die Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg. Eine Fest-
schrift zum 1. Mai 1897. Straßburg 1897. — S. Hausmann, Die Kaiser-Wil-
helms-Universität zu Straßburg. Eine Darstellung ihrer Geschichte und ihrer
Bauten. Straßburg 1897. — Gustav C. Knod, Die alten Matrikeln der Uni-
versität Straßburg v. 1621—1793, Verl. v. Karl C. Trübner, Straßburg 1897,
2 Bde., 1902 d. 3. Bd. (= Urkunden u. Akten der Stadt Straßburg, Abteilung 3).
Personalverzeichnis seit 1872. Vgl. auch O. Berger-Levrault, Annales des
professeurs des academies et universites alsaciennes 1523 — 1871. Nancy 1892.
Auskunft erteilt Prof. Dr. Knod, Straßburg i. Eis., Sternwartstr. Nr. 7.
Stuttgart, hohe Karlsschule, 1773 Militär-Akademie, 1780 Universität, 1794 auf-
gehoben.
Toulouse 1233.
Trier 1473. Nach Kaufmann begann das Dekanatsbuch mit 1473, zeigte aber
nach wenigen Jahren vollständigen Stillstand. Aufgehoben 1798. Matrikeln sind
nicht gedruckt. Prof. Eulenburg in Leipzig hat sich damit beschäftigt (Frequenz
der deutschen Universitäten, 1904). Auskunft erteilt die Stadtbibliothek Trier,
falls nicht zu umfangreich. Zu größeren Arbeiten müßte Übersendung der Ma-
trikel an eine öffentliche Bibliothek erfolgen.
Tübingen 1477. K. Klüpfel, Geschichte der Universität Tübingen. Tübingen
1849. — E. Friedländer, Gedruckte Urkunden zur Geschichte der Universität
Tübingen aus den Jahren 1476 — 1550. Tübingen 1877, Laupp. Mit aiphabet.
Register (hierin die Matrikel von 1477 — 1545). Personalverzeichnis seit 1817. —
v. Pusikan, Fürsten, Grafen, Herren und Ritterbürtige, welche von 1477 — 1628
224
zu Tübingen studiert haben, nach Ramslers Palmenzweig mitgeteilt, VJH 4, 55 ff.
Auskunft erteilt die Universitätsbibliothek, soweit Zeit vorhanden ist.
Turin 1412. 1632.
Upsala 1477. 1593 — 95 neu errichtet. Aksel Andersson, Upsala Universitets
Matrikel 1 — 4 1595—1680, Upsala 1900—1904, wird fortgesetzt. Annerstedt,
Claes, Upsala. Univ. Historia. Bd. I (1477—1654) 1877. Bd. II (1655—1718)
1908. — Geijer, Rnh., Ups. Universitet 1872 — 1897, Ups. 1897. (Systematische
Übersicht über deren Vorstände, Lehrer und Beamte nebst Biobibliographie S. 1 — 183).
Personalverzeichnis vor 1818 in einzelnen Jahren, seit 1818 regelmäßig. Auskunft
erteilt die Universitätsbibliothek resp. Kopisten.
Utrecht 1636. Album studiosorum Academiae Rheno-Trajectinae 1636 — 1886.
Ultrajecti 1886 mit alphab. Register (soll schlecht bearbeitet sein). Personal-
verzeichnis jährlich in dem Jaarbook der Ryks Universiteit te Utrecht seit 1878.
Auskunft erteilt der Archivar des Senats.
Valencia 1500.
Valladolid 1346.
Warschau 1816.
Wien 1365 — 84. Erman und Hörn, Bibliographie der Deutschen Universi-
täten II. Leipzig 1904, Nr. 18994—18999. — Rektorenliste von 1365 an, siehe
Erman u. Hörn II, Nr. 18 890 ff. Professorenlisten in d. Universitäts-Schematismus
von 1787 an, I c. II 18 41 5 ff. und in der Übersicht der akademischen Behörden
von 1850 an, I c. II 19008ff. und Nachr. S. 313. — Die Wiener Universität und
ihre Gelehrten 1520—1569. Wien 1889 (=J. Aschbach, Geschichte der Wiener
Universität Bd. 3). Dazu Nachträge von W. HartI und K. Schrauf. Wien 1893.
2 T. — Die Matrikel der Wiener Universität. B. 1. Von der ältesten Zeit bis
inkl. Sommersemester 1420. Hrsg. von Wenzel Hartl und Karl Schrauf.
Wien, Selbstverlag der Herausgeber, 1892. — Mitteilungen aus dem Matrikel-
buche der rhein. Nation bei der K. K.Universität Wien (von R. Kieck) 1852. —
Die Matrikel der Ungarischen Nation an der Wiener Universität 1453 — 1630.
Hrsg. von K. Schrauf. Wien 1902. — K. Schrauf, Zur Gesch. d. Studenten-
häuser an der Wiener Universität (Mitt. d. Ges. f. dt. Erziehung Bd. 5). Kurze
Auskunft erteilt das Universitätsarchiv.
Wittenberg 1502, nach Halle verlegt 1817. Bolte, Aus der Wittenberger
Universitätsmatrikel 1560—1660 in der Zeitschr. f. deutsche Philol. Bd. 20, 1288,
S. 81. — Mitteil. d. Ver. f. Gothaische Geschichte u. Altertumsk., Jahrg. I. Zu-
sammenstellung d. Gothaer Studenten a. d. Univers. Wittenberg, Jahrg. 4. Die
i. W. z. Pfarramt ord. Gothaer 1536 — 72. — A. Köstlin, Die Baccalaurei und
Magistri der Wittenberger Philosophischen Fakultät 1503 — 1576 (Akademisches
Programm der Universität Halle 1873). — K. E. Förstemann, Album Acad.
Vitenbergensis 1502 — 1540, Lipsiae 1841. Fortsetzung, 2. Bd., 1894 (vgl. Luschin
von Ebengreuth, Göttinger Gelehrte Anzeigen 1897, S. 663). — Lic. Dr. G.
Buchwald, Wtttenberger Ordiniertenbuch, Bd. I 1537—1560, Bd. II 1560— 1572.
Leipzig 1894 — 95. Mit alphab. Register (vgl. Hamburg, G[ärtner], Die in
Wittenberg von 1539 — 1572 ordinierten Zittauer. Mitteilungen d. Gesellsch. f.
Zittauer Gesch. Nr. 5, 1908. — Zahlreiche Personalien zur Geschichte der Uni-
225
versität Wittenberg im 16. Jahrh. bei Karl Pallas, Die Registraturen der
Kirchenvisitationen im ehemals sächsischen Kurkreise, 2, 1. Halle 1906, S. 53 ff.
Auskunft erteilt das Universitäts-Sekretariat in Halle.
Würzburg 1402. F. X. v. Wegele, Geschichte der Universität Würzburg.
2 T. Würzburg 1882. Die Matrikeln sind nicht gedruckt. Personalverzeichnis
seit 1831. Auskunft erteilt die Kanzlei des Rektorates.
Zaregoza 1474.
Zürich 1832 — 33. Personalverzeichnis seit 1864 im Akadem. Taschenbuch.
Die Universitätskanzlei erteilt Auskunft über die ungedruckten Matrikeln.
Außerdem sind zu beachten: M. Heraeus, Hamburger Studenten auf deutschen
und ausländischen Hochschulen 1290 — 1650, ZHbG 9. — Studierende aus Hessen
1368—1600 von A. Stölzel. Kassel 1875.
H. J. Böthfuhr, Livländer an auswärtigen Universitäten (Prag, Köln, Erfurt,
Rostock, Heidelberg, Wittenberg, Marburg, Leyden, Erlangen). Riga 1884.
Jahresbericht f. Mecklenburg, Gesch. u. Altertumsk., 48. Jahrg., Schwerin 1883,
enth. u. a. Mecklenburger auf auswärt. Universitäten.
Perlbach, Prussia scholastica. Die Ost- und Westpreußen an mittelalter-
lichen Universitäten. Braunsberg 1895 (=Monumenta hist. Warmiensis Bd. 6,
S. XXXff.). — G. Erler, Nachklänge zu Perlbachs Prussia scholastica aus den
Leipziger Matrikeln, Altpreuß. Monatsschrift 35, vgl. R. Toppen ebenda, 34.
Im Jahresbericht f. Mecklenburgische Gesch. u. Altertumsk. 49. Jahrg. 1884
u. 50. Jahrg. 1885 sind 2723 Mecklenburger verzeichnet, welche von der Grün-
dung der betreffenden Universitäten an bis zur Zeit des 30jährigen Krieges auf
den Universitäten Basel, Dorpat, Erfurt, Frankfurt, Greifswald, Heidelberg, Helm-
stedt, Jena, Köln, Königsberg, Leyden, Marburg, Prag, Straßburg, Tübingen, Upsala,
Wittenberg immatrikuliert gewesen sind. Die Nachweisungen sind teils direkt
aus gedruckten Matrikeln geschöpft, teils, soweit ein Abdruck der letzteren noch
nicht erfolgt war, auf Kosten des Vereins von Professoren und Universitäts-
Sekretären geliefert. Auch ist jedem einzelnen Musensohn seine spätere Lebensstellung
beigefügt, soweit dies möglich war. — Kolb behandelt die Beteiligung desZabergäus
und Leintales am akademischen Studium im Mittelalter in den „Vierteljahrsheften des
Zabergäuvereines" 1904 und 1905. — Leiß, Studierende aus Waldeck vom 13. — 19.
Jahrh., GWP 4 — 6. — H. v. Petersdorff, Pommersche Studierende auf der Uni-
versität Heidelberg 1386 — 1686, VJH 15. — Vieles einschlagende Material enthält
das erste Buch des 1. Bandes (S. 33ff.) des Werkes von Adolf Stölzel „Die Ent-
wicklung des gelehrten Richtertums in deutschen Territorien" 1872 (Das Rechts-
studium bis zum Beginn des 17. Jahrh. §2. Beziehungen Deutschlands zu ausländischen
Hochschulen. § 3. Rechtsstudium auf deutschen Hochschulen. § 4. Verbreitung der
Hessen auf deutschen und außerdeutschen Hochschulen — mit zahlreichen Listen).
— Leinberg, K. G., „Om Finske Studerende i Jesuitcollegien". Helsingfors 1890.
Gedruckte Bürger- und Ratslisten begegnen uns nicht nur in unseren
Urkundenbüchern 1 ), sondern auch anderwärts. Ich nenne beispielsweise:
J ) Ein ziemlich gutes Verzeichnis von Urkundenbüchern bis auf die neueste Zeit findet
sich bei Dahlmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte, 7. Aufl. von Branden-
burg, 1906, S. 42 ff.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 15
226
Beyerle, Die Konstanzer Staatslisten des Mittelalters. Heidelberg 1898 (fort-
geführt bis 1548).
Crull, Frdr., Die Ratslinie der Stadt Wismar. Halle 1875 = Hansische
Oeschichtsquellen, hrsg. vom Verein für Hansische Geschichte II.
Eggers, Der Stadt Lübeck Bürgermeister und Ratsherren, sowie auch ver-
schiedene Syndici und Sekretäre des Rats, von den ältesten Zeiten bis auf unsere
Tage, VJH 13.
Ermisch, H., Die Ratslinie der Stadt Chemnitz bis 1484 in den Mitteilungen
d. Ver. f. Chemnitzer Geschichte, Heft II.
Gundlach, Das Kasseler Bürgerbuch 1520—1699 (Kassel 1895).
Hempel, F., Die Ratslinie der Stadt Chemnitz von 1485 — 1618, in der Fest-
schrift zum 750 jährigen Jubiläum der Stadt Chemnitz.
Karteis, Rats- und Bürgerlisten der Stadt Fulda. Fulda 1904.
Mall in c kr od t,G., Die Dortmunder Ratslinie seit dem Jahre 1500. Dortmund 1895.
Pyl, Th., Die Genealogie d. Greifswalder Ratsmitglieder v. 1382 — 1647. 1896.
Rubel, Bürgerlisten der Freien und Reichsstadt Dortmund (1411 — 1802) in
den „Beiträgen zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark", 12. Bd.
Dortmund 1903.
Seuberlich, Auszug aus dem Bürgerbuch der Stadt Riga in Livland 1657/72.
Verzeichnis der neuen Bürger, soweit deren Geburtsorte nach den Ratsprotokollen
feststellbar waren, ASW 7.
Stein, Walther, Zur Geschichte der Deutschen in Stockholm im Mittel-
alter, HGB 32, S. 81 ff.; bietet S. 101 ff. Rats- und Amtslisten seit 1419. —
„Visby Stads Rädslängd under Medeltiden" in Lindström, Anteckningar om
Gotlands Medeltid, Stockholm 1895, S. 456—79.
Diese gedruckten Listen beruhen zumeist auf den archivalischen Bürgerlisten.
In diese wurde jeder neu aufgenommene Bürger, nachdem er vor Bürgermeister
oder Rat den Bürgereid geleistet hatte, eingetragen. Diese Bürgerbücher wurden,
da sie die urkundliche Grundlage für den späteren Nachweis des Bürgerrechtes
bildeten, überall sehr sorgfältig aufbewahrt; und so kommt es, daß sie sich für
manche Städte durch viele Jahrhunderte hindurch in fortlaufender Reihenfolge
(für Hamburg von 1278, für Frankfurt von 1312 ab) bis auf die neuste Zeit er-
halten haben. 1 )
x ) Bücher, Karl, Die Bevölkerung von Frankfurt a. M. im 14. u. 15. Jahrh., I. 1886,
S. 25. — Uitterdijk, Nanninga, Het burger boek der stad Kampen, Alg. Nederl. Farn.
Blad 15, 1902. — Sehr nützlich können gelegentlich Bibliographien über die Geschichte
einzelner Städte werden. Mancherlei Material, wenn auch zerstreut, enthalten in diesen
Beziehungen die Veröffentlichungen der Geschichts- und Altertumsvereine, soweit sie Jahres-
berichte über ihre Bezirke enthalten. In größerem Umfange ist das bibliographisch-histo-
rische Material nur für wenig Städte gesammelt. Beispielsweise seien genannt: Mein
„Bibliographisches Repertorium über die Geschichte der Stadt Freiberg und ihres Berg- und
Hüttenwesens". Freiberg im Kgr. Sachsen; Gerlachsche Buchdruckerei 1885. — Zapf, Georg
Wilhelm, Augsburg. Bibliothek oder Historisch-Kritisch-literarisches Verzeichnis der Schriften,
welche der Stadt Augsburg angehen und deren Geschichte erläutern. 2 Bde. 4° (1118 S.). —
Lacombe, Bibliographie parisienne. Tableaux de mceurs 1600—1880. 1886. — Calvi,
Bibliografia generale di Roma (Band I. Rom 1905).
227
Nicht nur die mit Bürgerrecht versehenen, sondern alle Einwohner oder
doch wenigstens solche, welche eigene Wohnungen haben, werden in den
Adreßbüchern vereinigt. Daß die Adreßbücher eine wichtige historische, ins-
besondere auch familiengeschichtliche Quelle sind, ist längst anerkannt. Unsere
öffentlichen Bibliotheken, soweit sie die Geschichte pflegen, sammeln sie, ebenso
unsere Altertumsvereine. Je vollständiger die Reihe der für eine einzelne Stadt
im Laufe der Zeit gedruckten Adreßbücher in einer Bibliothek vorhanden ist, um
so größer ist dieser Quellenwert. Auch können dem Familienforscher solche
Adreßbüchersammlungen nützlich werden, welche in modernen Lesehallen oder
Geschäftsräumen aufgestellt sind. In der Dresdner Lesehalle (Dresden-Altstadt,
Waisenhausstraße) findet man Adreßbücher aller wichtigeren Städte Deutschlands;
sie ist gegen eine Gebühr von 30 Pf. täglich geöffnet. 1 ) In manchen Städten haben
einzelne Geschäfte größere Sammlungen von Adreßbüchern angelegt. In Frank-
furt a. M. sind beispielsweise in den Geschäftsräumen der Firma Mahlau & Wald-
schmidt etwa 3000 Adreßbücher deutscher und ausländischer Städte zum öffent-
lichen Gebrauch gegen eine Gebühr von 20 Pf. für das erste und je 10 Pf. für
jedes weitere Adreßbuch ausgestellt.
Führen die Listen über die Aufnahme der Bürger immer nur einen Teil der
Bevölkerung auf und überdies nur einmal, nämlich in dem Jahre, in welchem das
Bürgerrecht erworben wird, so beschäftigen sich die Steuerlisten, für die auch
die Benennungen „Beedbücher" und „Geschoßregister" vorkommen, mit der ge-
samten erwerbstätigen Einwohnerschaft, wenn auch im wesentlichen nur mit den
Haushaltungsvorständen. Aber sie schildern uns diese in regelmäßigen Zwischen-
räumen, oft Jahr für Jahr und lassen uns damit Einblicke tun in die kleinen Ver-
änderungen, die sich auch bei einer sehr seßhaften Bevölkerung während eines
Jahres vollziehen. Diese Steuerlisten sind häufiger benutzt, als herausgegeben
worden. Eine einschlagende Veröffentlichung liegt für Leipzig vor: Wustmann
hat in den „Quellen zur Geschichte Leipzigs", l.Bd. (Leipzig 1889), S. 48 — 189
die ältesten vorhandenen, die gesamte Bevölkerung Haus für Haus namentlich
vorführenden Listen, nämlich die von 1466, 1481, 1499 (1502, 1506) und 1529
veröffentlicht. Das Göttinger Wortzinsbuch von 1334 und 1364, d. h. das Ver-
zeichnis der Eigentümer der Worte (Worde, Hausgrundstücke) und deren Ab-
gaben, hat Georg Meyermann veröffentlicht, FBAB 4, 25 ff. Ein Freiberger Steuer-
register von 1546 ist gedruckt in den „Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins",
19. Heft, S. 25 — 60 mit alphabetischem Verzeichnis der Einwohner; im 20. Hefte,
S. 45 — 58 folgen die Bewohner der Hospitale und Ratsdörfer aus demselben Jahre.
In der Schweiz kommen in dieser Richtung in Betracht:
Kelle r-Euher, C., Das Steuerwesen der Stadt Zürich im 13., 14. und
15. Jahrhundert (67. Neujahrs-Blatt z. Besten des Waisenhauses in Zürich für 1904).
Zürich, Faesy & Beer. In Vorbereitung ist eine neue Publikation: Die völlige
Veröffentlichung der Steuerbücher von 1357—76 wird einen Band umfassen, die
Fortsetzung für die späteren Jahre soll in Auswahl geschehen. Herausgeber:
Dr. Hans Nabholz und Dr. Friedr. Hegi, Verlag: Faesy & Beer in Zürich.
*) In München kann man dieselben kostenlos auf dem Polizeiamt einsehen.
15*
228
Welti, Frdr. Emil, Die Tellbücher der Stadt Bern a. d. Jahre 1389. Bern,
Stämpfli &Cie., 1896.
Zechlin, Fritz, Das älteste Churer Steuerbuch v. J. 1481 (S. A. aus Jahres-
bericht d. histor. antiq. Ost. v. Graubünden, 1908).
Eine ganz eigentümliche und, wie Tille richtig sagt 1 ), nachahmenswerte Be-
arbeitung haben die Steuerlisten von Eisenach aus den Jahren 1636 — 39 gefunden,
indem sich Hugo Peter die Mühe genommen hat, unter Heranziehung der
Kirchenbücher unter dem Titel „Eisenacher Bewohner 1630 — 40" (Beiträge z. Ge-
schichte Eisenachs X. Eisenach, H. Kahle 1901, 120 S. 8°), eine Art Adreßbuch
für jene Zeit herzustellen. In diesem Buche liegt für einen Forscher, der sich
mit Eisenacher Familiengeschichte beschäftigen will, ein ganz einzigartiges Material
in vorzüglicher Ordnung vor.
Zu den Steuerlisten gehören auch die Übersichten über die Einrichtungen
von Kreuzzugs- und Türkensteuern früherer Jahrhunderte. Sowohl die einsam-
melnden Personen als auch die zahlenden werden, wenn auch keineswegs immer
alle zusammen, in solchen Übersichten genannt. So sind z. B. in der „Übersicht
der vom Collector Aliron eingehobenen Zehntgelder" gelegentlich der Einhebung
des Lyoner Zehnten im Erzbistum Salzburg 1282 — 85 eine ganze Reihe von
kirchlichen Beamten genannt, welche die gesammelten Beträge zahlten. 2 )
Die Zünfte führten eigene Akten. Wir ersehen aus den Innungsverzeich-
nissen die Namen sowohl der Meister als auch der Gesellen. Auch die durch-
reisenden Fremden wurden gebucht. Die Söhne von Mitgliedern zahlten ein ge-
ringeres Einzugsgeld als Fremde, was für genealogische Zwecke wichtig werden
kann. Gedruckt ist von einschlagendem Material nicht viel. Es seien erwähnt:
Moltke, „Die Leipziger Kramerinnung im 15. und 16. Jahrhundert" (Leipzig
1901), S. 112 — 131 bietet ein Verzeichnis der 1477 — 1548 neu eingetretenen Mit-
glieder. Derselbe Verfasser hat ein ähnliches Verzeichnis, allerdings nicht von
Innungsmitgliedern, sondern ein solches der Angehörigen eines Handlungsgehilfen-
vereins, der Zwölfer-Gesellschaft, 1737 — 1811 in den „Urkunden zur Entstehungs-
geschichte der ersten Leipziger Großhandelsvertretung. Der erste Leipziger Hand-
lungsgehilfenverein." (Leipzig 1904), S. 73 — 108 herausgegeben und die in dem
Verzeichnis enthaltenen biographischen Angaben überdies noch nach anderen
Quellen ergänzt.
Dietz, „Das Frankfurter Zinngießergewerbe und seine Blütezeit im 18. Jahr-
hundert" (= Festschrift zur Feier des 25 jährigen Bestehens des Städtischen his-
torischen Museums in Frankfurt a. M., 1903, S. 175 — 179) verzeichnet 188 Meister
vom 14. bis 19. Jahrhundert und die Zeit, wann sie Meister geworden und wann
sie gestorben sind.
In diesem Zusammenhang weisen wir auch auf die Schützenbrüderschaften
hin. So gibt z. B. Petiscus, Halberstadts Schützenbrüderschaft anno 1634/35,
1663/64 und 1672/73 (ASW 7, 60 ff.), familiengeschichtliche Auszüge aus den Ein-
nahmen- und Ausgabenverzeichnissen der Halberstädter Schützenbrüderschaft.
*) Tille, ZPF 2, 59.
«) Steinherz, MJÖQ 14, 51 ff.
229
Die modernen Ranglisten haben keinen großen Wert für familiengeschicht-
liche Zwecke, weil in der Regel Vornamen und Geburtsdatum fehlen. Alte Rang-
listen vermeiden vielfach diesen Fehler und bringen deshalb den Genealogen
größeren Nutzen. Diesbezüglich seien erwähnt: Neubauer in den „Mitteilungen
des Vereins für anhaltische Geschichte u. Altertumskunde", 7. Bd. (Dessau 1898),
S. 546 — 548; hier wird eine Rangliste des Kgl. preußischen Alt-Anhaltischen Re-
gimentes von 1752 dargeboten, in der für jeden Offizier das genaue Alter, das
Datum des Patents und das Vaterland angegeben ist. „Personalauszüge" aus
der in Halle 1767 — 1772 erschienenen „Vollständigen Geschichte aller Königlich
Preußischen Regimenter" hat H. v. Voß, VJH 15, 223 ff. 16, 421 ff. mitgeteilt. 1 )
Die jetzt häufig erscheinenden Regimentsgeschichten und Geschichten
ganzer Kontingente enthalten in ihren Offiziersstammlisten ein familiengeschicht-
liches Material, das in einzelnen Fällen an Wert noch dadurch gewinnt, daß auch
die späteren Schicksale jedes einzelnen Offiziers nach Möglichkeit verfolgt werden.
So enthält z. B. die „Geschichte der stehenden Truppen im Herzogtum Braun-
schweig-Wolfenbüttel" von Elster (Leipzig 1899—1901, 2 Bde.) eine bis 1806
reichende Offiziersliste, die 1700 Namen umfaßt. In diesem Zusammenhange sei
auch Blanckmeisters Schrift „Die sächsischen Feldprediger" genannt (Leipzig
1893), in welcher S. 40 — 51 ein Verzeichnis sämtlicher sächsischen Militärgeist-
lichen sich findet. Vgl. Schild, E., Der preuß. Feldprediger. I. Eisleben, O. Mähnert
1888. — Ich nenne noch: Geschichte der Kgl. deutschen Legion 1803 — 1816 von
B. Schwertfeger. Hannover und Leipzig 1907. — Besondere Aufmerksamkeit
verdient das soeben von dem Verlag Carl Beck in Leipzig angekündigte Werk:
„Stammregister u. Chronik der Churf. u. Königl. Sächsischen Armee von 1670 bis
auf die Jetztzeit", bearbeitet von H. A. Verlohren. Dieses Werk bringt über
mehr als 675 Familiennamen in alphabetischer Anordnung genaue Kunde, zu
welcher Zeit die einzelnen Familienglieder der sächsischen Armee angehörten usw.
Die Personalverhältnisse sind möglichst genau angegeben, ebenso Geburts- und
Sterbeort, sowie die Verwandtschaftsgrade der einzelnen unter sich, Namen der
Ehefrauen, etwaiger Grundbesitz, bei Adelsgeschlechtern Auskunft über das Wappen. 8 )
Besonders hervorgehoben zu werden verdienen die selbständigen Offizier-
x ) Eine Sammlung von Ranglisten aus den Jahren 1742 — 1908 befindet sich im Centraal
Bureau voor Genealogie en Heraldick in 's Gravenhage.
2 ) Das Buch von Preser, C, Der Soldatenhandel in Hessen. Versuch einer Abrech-
nung, Marburg 1900, enthält Seite 65 ff. Offizierslisten aus adeligen Häusern vom Jahre 1779.
— J. C. W. Hirsch hat im Laufe mehrerer Jahrzehnte mit unermüdlichem Fleiße ein Ver-
zeichnis sämtlicher Offiziere, Oberbeamten, Ärzte, Feldprediger usw. nach ihrer Dienstlauf-
bahn, die in der Zeit von 1648 — 1814 der deutsch-norwegischen Armee angehört haben
(Fortegnelse over Danske og Norske Officerer m. f. fra 1648—1814), angefertigt. Vorläufig
noch in Handschrift bildet es in der stattlichen Reihe seiner zwölf starken Foliobände für
jeden Forscher, der das Königliche Reichsarchiv zu Kopenhagen besucht, um genealogische
oder sonst Personalverhältnisse aus der dänischen Geschichte zu durchforschen, eine wahre
Goldgrube für seine Zwecke. Unter den über 32000 Personen, deren Dienstlaufbahn in dem
genannten Werke Aufnahme gefunden, befinden sich mehrere tausend Glieder deutscher,
namentlich preußischer, mecklenburgischer, schleswig-holsteinischer Adelshäuser. Von dem
brandenburgischen Adel des 17. Jahrhunderts ist hier fast kein Geschlecht unvertreten.
DH 39, 60.
230
Stammlisten. Beispielsweise sei genannt: „Offizier-Stammliste des Grenadier-
Regiments König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pommersches) Nr. 2", auf Befehl des
Regimentskommandeurs Oberst Bock von Wülfingen zusammengestellt von
v. Priesdorff (Berlin, Mittler & Sohn 1906, 746 S. 8 ). 1 ) Im übrigen findet man
das einschlagende gedruckte Material zusammengestellt von Paul Hirsch,
„Bibliographie der deutschen Regiments- und Bataillonsgeschichten" (Berlin, Mittler
& Sohn 1906, 169 S.), welches nicht weniger als 869 solche Bücher verzeichnet.
Die zusammenfassende Arbeit „Bredow- Wedel. Historische Rang- und Stamm-
liste des deutschen Heeres, bearbeitet von Claus v. Bredow. Berlin, Scherl 1905
(XXI u. 1442 Seiten) ist mit Vorsicht zu benutzen, vgl. Wiegand, HZ 97. Bd.
3. Folge, 1. Band 1906, S. 460 von Leszczynski, Militär-Wochenblatt Nr. 100,
130, 131 und FBP 18, 232 ff.
Mannigfache Belehrung findet der Familienforscher in der Literatur über
die Orden und Stifter. Wie viele Mitglieder der Familien aller Stände sind
in einen Orden eingetreten und mit dessen Geschichte verwachsen ! Deshalb stelle
ich hier die folgenden Arbeiten zusammen und verweise im übrigen auf Dahl-
mann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte, 7. Auflage von Branden-
burg 1906, S. 136 ff., wo sich weitere bibliographische Nachweise finden:
d'Ablaing von Giessenburg, De Duitsche Orde of geschiedenis der broeders van
het duitsche huis van S. Marie van Jerusalem. Haag 1857. Wapenboek de Ridders
der Duitsche Orde, Balye van Utrecht, sedert 1581. Haag 1871.
Akten der Ständetage Preußens unter der Herrschaft des deutschen Ordens, hrsg. von
Toppen, Bd. 1—5. 1878—86.
Backer, Bibliotheque des ecrivains de la Comp, de Jesus. 7 Bde. Lüttich 1856—61.
Neubearbeitung durch P. Sommervogel auf 12 Bände berechnet.
Bertouch, Ernst v., Kurzgefaßte Gesch. d. geistl. Genossenschaften. Würzburg 1888.
Biedenfeld, Geschichte und Verfassung aller geistlichen und weltlichen Ritterorden.
Weimar 1841. 2 Bde.
Bosio, G., Istoria della s. Religione ed illustre milizia di S. Giovanni. Gerosolinitano
Rom 1594—1604.
Brunner, Ein Cistercienserbuch. Würzburg 1882. Studien und Mitteilungen aus dem
Benediktiner- und Cistercienserorden. Würzburg 1883 f.
Brunner, S., Ein Benediktinerbuch. Geschichte und Beschreibung der bestehenden
und Anführung der aufgehobenen Benediktinerstifte in Österreich-Ungarn, Deutsch-
land und der Schweiz. Würzburg 1880.
Cernik, Die Schriftsteller der noch best. Chorherrenstifte Österreichs von 1600 bis
heute. Wien 1895.
Chowanetz, Joseph, Handbuch sämtlicher Ritterorden sowohl der blühenden als
der erloschenen. Wien 1878. 2 )
Codex diplomaticus Prussicus, hrsg. von Voigt, 6 Bde. Königsberg 1836—61.
Danjas, Etudes sur les temps primitifs de l'ordre de St. Dominique. 3 Bde. Poitieis
1874—75. Neue Folge 2 Bde. Paris 1885—88.
Delaville le Roulx, J., De prima origine Hospitalariorum Hierosolymitanorum, Paris
1885; derselbe, Les Statuts de l'Ordre de PHöpital de St. Jean de Jerusalem. Paris
1887. Derselbe, Notices sur les archives de Malte ä Cite la Valette 1857. Derselbe,
Les archives la bibliotheque et le tresor de l'ordre de Saint-Jean de Jerusalem ä
J ) Näheres über dieses Werk bei Tille, ZPF 2, 62 f.
*) Vgl. auch die Übersicht über die Gesellschaften der Rittermäßigen in Gustav Frey-
tags Bildern aus der deutschen Vergangenheit (Leipzig, Hirzel) II. 1, Nr. 8.
231
Malte (Bibliotheque des ecoles francaises d'Athenes et de Rome, fasc. 32) Paris,
E. Thorin 1883) (vgl. Mühlbacher, MIÖG 4, 633 ff.). Derselbe, Cartulaire generale
de l'ordre des Hospitaliers de St. Jean de Jerusalem. Paris, Leroux (vgl. Röh-
richt, MIÖG 1902, 198 f.).
Die Urkunden des Deutsch-Ordens-Centralarchivs, hrsg. von Ed. Gaston Graf
von Petten egg. Prag 1887.
Über den Dominikanerorden vgl.: Denifle, im „Archiv für Literatur- u. Kirchen-
geschichte des Mittelalters" 1885 und 1890.
Döring, M.W. , Geschichte der vornehmsten Mönchsorden. 2 Bändchen. Dresden 1828.
Duellius, Raymundus, historia ordinis equitum Teutonicorum hospitalis S. Mariae
Hierosolymitani. Vienna 1729. fol.
Eberl, P. Angelikus, Geschichte der bayerischen Kapuzinerordensprovinz. Frei-
burg 1902.
Eubel, Geschichte der oberdeutschen Straßburger Minoritenprovinz. Würzburg 1886.
Everl, Analecta ad fratrum minorum historiam. Leipzig 1882.
Falkenstein, Karl, Geschichte des Johanniterordens. Zeitz und Leipzig 1867.
Finck, Übersicht der Geschichte des souveränen ritterlichen Ordens St. Johannis vom
Spital zu Jerusalem und der Balley Brandenburg, Leipzig 1890.
Frieß, Geschichte der österreichischen Minoritenprovinz. Wien 1882.
Gelbke, Abbild, u. Beschreibung der Ritterorden. Berlin 1832—39, mit 44 Kupfertafeln.
Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergang der Ordensherrschaft,
hrsg. von Hirsch, Toppen und Strehlke. 5 Bde. 1861—74.
Gottschalck, Frdr., Almanach der Ritterorden. Teil I. Die deutschen Ritterorden.
Teil II. Die Ritterorden außer den deutschen. 2 Bd. Leipzig 1817 — 18.
Gottschalk, Almanach der Ritterorden. Leipzig 1817 — 19. 3 Bde.
Gritzner, Handbuch der Damenstifter. Frankfurt a. M. 1893.
Grote, O., Lexikon deutscher Stifter, Klöster und Ordenshäuser. Osterwiek 1881 — 84.
Gryphius, Christ., Kurzer Entwurf der geistlichen und weltlichen Ritterorden, zum
andernmal herausgegeben. Leipzig und Breslau 1709.
v. Gumppenberg, Das bayrische Großpriorat des Johanniterordens, OBA 9.
Hammer, Die Franziskaner in den Vereinigten Staaten Nordamerikas. Köln 1892.
Vgl. die verschiedenen Arbeiten von: Ehrle, F., Archiv für Literatur- und Kirchen-
geschichte des Mittelalters. 1, 2, 3, 6.
Heimbuch er, M., Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche. 2 Bde.
Paderborn 1896 — 97. (Dies Werk ist das beste zur Orientierung und gibt alle ein-
einschlägige Spezialliteratur.)
Hellwald, Ferd. von, in der „Bibliographie methodique de l'ordre souverain de
St. jean de Jerusalem. Rom 1885.
Helyot, Histoire des ordres monastiques religieux et militaires. 8 Bde. Paris 1714
bis 1719. Neue Auflage 1792, deutsch Leipzig 1753—56.
Herrlich, Die Balley Brandenburg des Johanniterordens. 2. Aufl. 1891.
Hess, C. J. Ign. Seb., Discursus inauguralis de potissimis personarum tarn imperantium
quam parentium in imperio juribus succincta equestris ordinis Teutonia historia
nee non eiusd. 48 magnorum magistrorum iconibus atque XI balliviarum Prussi-
carum et Allemannicarum archicommendatorum illustratus (Würzburg 1720).
H i n s c h i u s , Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche in Preußen. Berlin 1874.
Jaksch R. v., Wartenhorst, August, Die Einführung des Johanniter-Ritterordens in
Kärnten und dessen Commende und Pfarre Pulst daselbst, AÖG 76, 90.
Janauschek, Origines Cisterciensium. Bd. 1. Wien 1877.
Kleinermann, Der dritte Orden von der Buße des heil. Dominicus. Dülmen 1885.
Koch, Ad., Die frühesten Niederlassungen der Minoriten im Rheingebiete. Leipzig 1881.
Koch, H., Die Karmeliterklöster der niederr. Provinz des 13. bis 16. Jahrh. Freiburg 1889.
Laurence-Archer, The ordres of chivalry London 1888. Über den Orden von Al-
cantara vgl. Difiniciones de la orden y cavalleria de Alcantara, con la historia y
origen della. Madrid 1663.
232
Lies, Beschrijving van de koniklijk Nederlandsche en groothertogelijk Luxemburgsche
ridderorden. Delff, 1889. — „Beiträge zur Geschichte des Ordens vom goldenen
Vließ" im „Adler" I. 1871, Nr. 1 u. 3.
Lindner, Die Schriftsteller des Benediktinerordens in Bayern. 2 Bde. Regensburg 1880;
Nachträge 1884.
Mabillon, Annales Ordinis S. Benedicti. 6 Bde. Paris 1703—39.
Rangliste und Personalstatus des souveränen Maltheser Ritterordens im Großpriorate
von Böhmen und Österreich. Wien 1874 ff. Vgl. auch weiter unten unter: Listen.
Mantissa ad Comentarium rer. Augustanarum D. Caroli Stengelii abbatis Anhusani
in qua Civitates Monasteria Viri ecclesiastici dignitate illustres diligenter annotantur.
Aug. Vind. 1650.
Minges, Geschichte der Franziskaner in Bayern 1896.
Montalembert, Les moines d'Occident. 7 Bde. Paris 1860 — 77. (Nur bis St. Bernhard
reichend.)
Monumenta ordinis Praedicatorum historica, rec. Reichert, Lovanii, Romae, Stutt-
gart 1896 ff.
Monumenta historica Societatis Jesu. Matriti 1894 ff.
Müller, K., Die Anfänge des Minoritenordens. Freiburg i. B. 1885.
(Musson), Pragmatische Geschichte der vornehmsten Mönchsorden (im Auszuge).
10 Bde. Leipzig 1774—84.
Perrot, Collection historique des ordres de la chevalerie. Paris 1828, wichtig wegen
der erloschenen Orden.
v. Pflugk-Harttung, Anfänge des Johanniterordens in Deutschland, besonders in der
Mark Brandenburg. Berlin 1899.
Poolsum, G. v., Description de la Livonie avec une relation de l'origine, du progres
et de la decadence de l'ordre Teutonique. Utrecht 1709.
Prutz, Entwickelung und Untergang des Tempelherrenordens. Berlin 1888.
Reiffenberg, Baron, Histoire de la Toison d'or depuis son Institution jusqu'ä la ces-
sation des chapitres generaux et des ecrivains qui en ont traite. Bruxelles 1830.
Vgl. auch Hartmann-Franzenshuld, Edler von, JAW 1883, p. I. XXX.
Reimer, Verfall der Deutschordensballei Koblenz im 15. Jahrh., in: „Das Triersche
Archiv", Heft 11.
Reumont, A. von, Die letzten Zeiten des Johanniterordens. Leipzig 1844.
Salles, Annales de l'ordre teutonique depuis son origine jusqu'ä nos jours. Wien
1887.
Sattler, Handelsrechnungen des deutschen Ordens. Leipzig 1887.
Schottmüller, Der Untergang des Templerordens. Berlin 1887. 2 Bde.
Schulze, H., Chronik sämtl. bekannter Ritterorden und Ehrenzeichen. Berlin 1870,
3 Bde. und 1 Band Abbildungen.]
Spencer-Northcote, Geschichte des Johanniterordens (aus dem Englischen von
Studemund. Münster 1874.)
Steenackers, Histoire des ordres de chevalerie et des distinctions honorifiques en
France. Paris 1867.
Vertöt, R. A. de. Histoire des Chevaliers hospitaliers de Saint Jean de Jerusalem etc.
4 Bde. Paris 1726.
Voigt, Geschichte des deutschen Ritterordens in seinen 12 Balleien in Deutschland.
2 Bde. Berlin 1857—59.
Wadding, Annales minorum sive historia trium ordinum a S. Francisco institutorum
(bis 1540, 8 Bde. Lyon 1625; 18 Bde. Rom 1731).
Wahlen, Ordres de chevalerie et marques d'honneur. Brüssel 1854 mit Kupfertafeln.
2 Suppl.
Wietz, Die geistl. u. weltl. Ritter- und Damenorden. Prag 1821—27 (Kostümbilder).
Wilcke, Geschichte des Ordens der Templer. 2. Ausg. Halle 1860, 2 Bde.
Winter, Die Cisterzienser des nordöstlichen Deutschlands. 3 Bde. Gotha 1868 — 71.
233
Winterfeld, Geschichte des ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem.
Berlin 1859.
Woker, Geschichte der norddeutschen Franziskanermissionen. Freiburg i. Br. 1880.
Von besonderen Wert für familiengeschichtliche Zwecke sind auch heraldische
Werke über Ritterorden. 1 ) Diesbezüglich seien genannt:
Beckmann, J. G., Beschreibung des ritterlichen Johanniterordens in der Mark (Sachsen),
Pommern und Wendland. Frankfurt 1726.
Briesen, A. v., Wappenbuch des ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Je-
rusalem, Balley Brandenburg. Leipzig 1856. — Insignia gentilicia equitum ordinis velleris
aurei ferialium verbis renuntiata a Joanne Jacobo Chiffletio. Antwerpen 1632. — Le
blason des armoiries de tous les Chevaliers de l'ordre de la Toison d'or depuis la premiere
institution jusques ä present par Jean Baptiste Maurice, heraut et roy d'armes de sa
Majeste Catholique. A la Hay 1665. fol. Dies Werk enthält die gestochenen Wappen der
Ritter und ihrer Ahnen und viele genealogische Daten, doch fehlt es nicht an Druckfehlern
und Irrtümern.
Catalogue des Chevaliers de Malte, appelles successivement Chevaliers de l'ordre
militaire et hospitalier de Saint-Jean de Jerusalem, de Rhodes, de Malte (1099 — 1800). Paris
1889. Rangliste und Personalstatus des deutschen Ritterordens. Wien 1873 ff. Das
Mitgliederverzeichnis der Balley Brandenburg des Johanniterordens (Berlin
1859. 1870) enthält Vornamen, aber keine Geburtsdaten.
Dienemann, J. G, Nachrichten vom Johanniterorden nebst Beschreibung der gehal-
tenen Ritterschläge. Berlin 1767.
Diethmar, Justus Christoph, Genealogisch-historische Nachrichten von Herren-
meistern des Johanniterordens. 2 Bde. Frankfurt a. O. 1733. 1737.
Goussancourt, Matth. de, Celestin. Martyrologue des Chevaliers de S. Jean de Je-
rusalem dits de Malte cont. leurs armes blasons preuves de chevalerie et descente geneal.
Paris, Sim. Piget 1654 (mit zahlreichen Wappenabbildungen).
Ancien Armorial equestre de la Toison d'or et de l'Europe au 15 siecle. Facsimile
contenant 942 ecus et 64 figures equestres en 114 planches chromotypographiques reproduits
pour la premiere fois par Loredan Lacchey, Nancy und Paris 1890 (vgl. JAW NF 1, 272).
Ich nenne dann noch folgende Beiträge zur Personalgeschichte der Orden:
Mirbach-Harff, Ernst Graf von, Beiträge zur Personalgeschichte des deutschen
Ordens, JAW NF 1890, 1 ff. Hier werden unter anderen Nachweisungen über Landcomture,
sowie Comture und Leutpriester der einzelnen Ordenshäuser der Bailei Elsaß-Burgund mit
ausführlichen Quellennachweisungen dargeboten. Ferner: Bonani, Phil. S. J., Verzeichnis
der geistl. Ordens-Personen u. der streitenden Kirchen. Nürnberg und Würzburg 1711.
Das Buch vom Schwanenorden. Ein Beitrag zu den Hohenzollerischen Forschungen
von Graf Stillfried und S. Hänle, Berlin, W. Moser 1881 (der 3. Teil dieses Werkes
gibt ein alphabetisches Verzeichnis der einzelnen Ordensritter, welche zu ermitteln waren,
mit biographischen Nachrichten über dieselben, über 600).
Ziegler, J. A. O. v., Kleiner, d. chur-Bayr. Ritter-Ordens d. hl. Georgii Almanach auf
d. J. 1766. Sampt Verzeichnuss aus d. Todten-Buch d. Ordens. München 1766 (mit 85
Wappen und 10 Porträts).
Von mannigfachem Interesse für Familienforscher ist das Werk: Chapitres
nobles d'Autriche. Annales, Preuves de Noblesse, Listes de Chanoinesses, Docu-
menta, Portraits, Joyaux, Medailles, Sceaux et Decorations, par Felix Sali es.
Vienne 1889. Dieses Buch behandelt außer den vier großen Damenstiften am
Hradschin (Prag), dem Herzoglich Savoyschen in Wien, dem zu Innsbruck und
dem zu Brunn, die kleinen Kapitel zu Graz, Prag (drei Engel), Innsbruck (Qraf
x ) Vgl. auch Kirchberger, Die Wappen der religiösen Orden JAW NF 5. 6. Thierl,
Zur Symbolik der Abzeichen alter Ritterorden, JAW NF 13.
234
Wolkenstein), zu Görz, zu Hall in Tirol das Herbersteinsche Kapitel in Wien,
das Kärntensche zu Klagenfurt, das Krainsche zu Laibach, das Kapitel Kaiser
Leopold zu Prag, das Gräflich Millesimosche Kapitel zu Prag, die Kapitel der
Erzherzogin Stephanie zu Wien und Prag.
Hier seien dann noch folgende ordensgeschichtliche, für die Familienforscher
beachtliche Bücher genannt:
Capre, Franc., Catalogue des Chevaliers de l'ordre du collier de Savoye,
dict de l'Annonciade, avec leurs noms, surnoms, qualitez, armes et blasons depuis
son institution en 1362, par Amedee VI, jusqu'ä Charles Emmanuel. Turin 1654.
Catalogus d. aller Orten Hoch-Adeligen Stern-Creutz-Ordens Dames. Wien,
ohne Jahr (ca. 1740). — Les chefs d'ceuvre d'Art ancien ä l'Exposition de la
Toison d'or ä Bruges en 1907. Texte de MM le Baron H. Kervyn de Lettenhove
— Pot de Mont — I. Van den Gheyn, S. J. — I. Florit y Arizun. — E. van
Overloop. — L. Maeterlinck. — eh. Leon Cardon. — G. Macoir — le Baron
A. van Zuylen van Nyevelt. — V. Tourneur. — A. Mesdagh. Brüssel 1908.
Librairie Nationale d'Art et d'Histoire. G. Van Oest & Cie. Gr. 4. XVI u. 265 S.
mit 103 Tafeln, dazu Kekule von Stradonitz, Die Heraldik auf der Ausstellung
vom goldenen Vließ zu Brügge 1907, DH 1908.
Die Exulanten-Literatur verdient die besondere Beachtung des Familien-
forschers. Von den in ihren Einzelheiten oft erschütternden, von zäher Festigkeit
des Glaubens und seltenem Opfermut zeugenden blutigen Kämpfen um den Fort-
bestand des österreichischen Protestantismus ist den evangelischen Norddeutschen be-
sonders die Aufnahme der 15 000 Salzburger und ihre Ansiedlung an der östlichen
Grenze des preußischen Staates als eine der denkwürdigsten Taten des vielverkannten
Königs Friedrich Wilhelm I. am geläufigsten. Die Literatur über diese Koloni-
sation größten Stiles ist ungeheuer groß. Noch heute bilden die grundlegenden
und unter dem frischen Eindruck der großen Tat geschriebenen Werke des Pastors
zu Warnstedt Gerhard Gottlieb Günther Göcking 1 ) eine Hauptquelle. Für
den Familienforscher kommen Erbauungsschriften einschlagenden Inhalts nicht
in Betracht, auch kaum das Buch des Breslauer Professors der Kirchengeschichte
Arnold 2 ), das nicht sowohl darauf ausgeht, den Tatsachenbestand neu zu er-
gründen, als vielmehr die kultur- und religionsgeschichtliche Bedeutung des Vor-
ganges näher zu erfassen. Dagegen sind die Bücher von B eh ei m -Schwarzbach,
von denen das eine sich ausschließlich mit den Salzburgern befaßt und die Re-
sulate ausgedehnter und mühseliger archivalischer Forschungen zieht, während das
zweite Buch die Ansiedlungen im großen Rahmen der gesamten Hohenzollernschen
Kolonisation darstellt, 3 ) auch dem Familienforscher zu empfehlen.
J ) Vollkommene Emigrations-Geschichte von denen aus dem Ertz-Bistum Saltzburg
vertriebenen und größtenteils nach Preußen gegangenen Lutheranern. 2 Teile. Frankfurt
und Leipzig 1734 und 1737.
2 ) Arnold, C. Fr., Die Vertreibung der Salzburger Protestanten und ihre Aufnahme
bei den Glaubensgenossen. Leipzig 1900.
3 ) Beheim-Schwarzbach, M., Friedrich Wilhelms I. Colonisationswerk in Litthauen,
vornehmlich die Salzburger Colonie. Königsberg 1879; ders., Hohenzollersche Colonisationen.
Ein Beitrag zur Geschichte des Preußischen Staates und die Colonisation des östlichen
Deutschland. Leipzig 1874.
235
Gleichzeitig mit dem vorgenannten Buche Arnolds erschien im „Historischen
Jahrbuch der Görresgesellschaft" ein Aufsatz über die im engsten Zusammenhange
mit der salzburgischen stehende protestantische Bewegung in der gefürsteten Propstei
Berchtesgaden. 1 ) Die große Mehrzahl der evangelischen Berchtesgadener hat,
nachdem sie gleich ihren salzburgischen Nachbarn das Land ihrer Väter ver-
lassen mußte, in Hannover eine neue Heimat gefunden. Die Geschichte dieser
Auswanderung wurde lange Zeit kurz abgemacht, so von Göcking und von der
hannoverschen Landesliteratur und selbst von Hanemann 2 ). Erst Viktor Löwe
hat das vor ihm gänzlich unbenutzte, im hannoverschen Staatsarchive beruhende
einschlägige Material durchgearbeitet und das Ergebnis seiner eindringenden For-
schungen in dem Aufsatze: „Die Einwanderung der Berchtesgadener in Kur-
hannover 1733" vorgelegt, auch (Seite 77) ein Verzeichnis der Familiennamen
dieser Emigranten veröffentlicht.
Schon vorher, zur Zeit des Kaisers Ferdinands IL, gingen Auswanderungen
Evangelischer aus Österreich massenhaft vor sich. Selbst von Hurter muß sich
im Angesichte der zahlreichen Angaben entschließen, die Zahl der Auswanderer
auf 30 000 zu bestimmen und berichten, daß aus Leitmeritz allein 500 in das
benachbarte Pirna flohen, muß 185 flüchtige Individuen des Herren- und Ritter-
standes zugeben. Spärliche Auswandererverzeichnisse finden sich bei Raupach,
Fortsetzung des evangelischen Österreich 111,439, sowie bei Waldau, Geschichte
der Protestanten in Österreich, IL Bd. Ein älteres, von Saubert us entworfenes
Register erschien unter dem Titel: Liber Providentiae divinae specialis, d. i. Denk-
zettel Gottes, darinnen die recht Gottesfürchtigen aufgezeichnet zu finden. Nürn-
berg 1643. Dazu kommen noch Götzii Diptycha Exulum. Vgl. Anzeiger für
Kunde der deutschen Vorzeit, V. Jahrg. 1855, Sp. 161 ff., 1 93 ff. , 217 ff., 336.
Ein „Catologus Exulum Styrorum Carinth. et Carniol. ex numero provincialium
1629" in dem Codex 8830 der Wiener Hofbibliothek zählt mit aller Genauigkeit
714 Personen des Herren- und Ritterstandes, sowie 46 „nobilisierte" Personen auf
(Adalbert Heinrich Hör and in Wien, Österreichische Exulanten, AKDV, NF., 9,
316 ff.). Zur Charakterisierung dieser Quelle diene der Anfang: „Herr Bartholo-
mäus von Dietrichstain freyherr, seine frau gemahlin frau Elisabetha geborne
von Franckhingen freyin mit 4 Söhnen und 4 Töchtern. Herr Georg Albrecht
von Dietrichstain freyherr, seine frau gemahlin frau Anna, geborne herrin von
Welcz, Freyin mit 4 Söhnen und 2 Töchtern. Herr Georg Hainrich von Dietrich-
stain, Freyherr, seine frau gemahlin, frau Susanne, geborne Praunfalckhin, mit
2 Söhnen und 2 Töchtern. Herr Rudolph von Dietrichstain, Freyherr, seine frau
gemahlin Frau Anna Elisabetha geborne von Eckh, Freyin. Darzu daß Fräulin
Anna Catharina, Fräulin Maria, und fräulin Juditha von Dietrichstain Freyine, In
allem Personen 29."
*) Linsenmayer, A., Die protestantische Bewegung in der Fürstpropstei Berchtesgaden
bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft Bd. 22,
München 1901, S. 37—84).
2 ) Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg Bd. 3. Göttingen 1857, S. 660.
Einige nützliche Notizen hat Th. Röscher zusammengestellt: Böhmische und salzburgische
Exulanten in Hannover (Hannov. Geschichtsblätter 1899, S. 157—159, 163—164, 170—172).
236
Im übrigen sei hier noch die folgende Exulantenliteratur verzeichnet:
Aufnahme Glaubensflüchtiger in der Schweiz = Neujahrsblatt, hrsg. v. d. Feuerwerker-
Gesellschaft in Zürich Nr. 45. 1845.
Berger, J., Gesch. d. Hugenotten in Waldenser Ansiedlungen in Hessen-Darmstadt
(Hessenland 1903, Nr. 15-20).
Beringuier, R., D. Kolonieliste v. 1699. Berlin 1888.
Brandes, F. H. , Der Große Kurfürst und die Hugenotten (Gbll. d. dt. Hugenotten-
Vereins 11).
Burkhardt, C. A. H., D. französ. Kolonie f. Gewerbe u. Industrie in Weimar ZKu 6.
Dietsch, F., u. Tollin, H., Gesch. d. Hugenotten v. Metz (Gbll. d. Hugen.-Ver. 10,
1-2).
Lochner, Oesterreichische Exulanten in Nürnberg, AKDV 3, 161 ff.
Montet, Edd., Geneve et les pasteurs francais refugies en 1685. Genf 1885.
Muret, E., Geschichte der französischen Kolonie in Brandenburg-Preußen unter be-
sonderer Berücksichtigung der Berliner Gemeinde. Berlin 1885.
Pages, G., Les refugies ä Berlin d'apres la correspondance du comte de Rebenac
1681—88 (Bull. hist. de la Societe de l'hist. du protest. frang. 1902).
Schmertosch von Riesenthal, R., Die böhmischen Exulanten unter der Kursächsischen
Regierung in Dresden (NASG 22); ders., Vertriebene und bedrängte Protestanten in Leipzig
unter dem Schutze Johann Georgs I, NASG 16.
Schöttler, A., D. französ. Kolonie in Müncheberg (Gbll. d. dt. Hugenotten -Ver. 7, 9).
Stieda, W., Hugenotten-Kolonie in Mecklenburg, VMG 61. Dazu noch mehrere Jahr-
gänge der Geschichtsblätter des deutschen Hugenotten-Vereins.
Tollin, H., Geschichte der französischen Kolonie von Magdeburg. 3 B. Halle 1886 bis
1894; ders., D. Bürgerrecht d. Hugenotten zu Frankfurt a. Oder (Gbll. d. dt. Hugenotten-
Ver. 6).
Walter, F., Sektenniederlassungen in Mannheim unter Karl Ludwig (MaG 1901).
Wolf, B., Einwanderung böhmischer Protestanten, Mitteilungen des Vereins für Anna-
berg und Umgegend, und dazu Süß, E., ASW 6, 119 ff.
Sehr viel interessante Mitteilungen über katholisch geborene oder katholisch
gewordene Deutsche bieten Wetzer-Weltes Kirchenlexikon oder Enzyklopädie der
katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften, 12 Bde., Freiburg 1847 — 56,
2. Aufl., begonnen von J. Kardinal Hergenröther, fortgesetzt von Fr. Keulen,
Freiburg 1882—1901, 13 Bde. u. Registerb., ebenda 1903; Riss, Die Konvertiten
seit der Reformation (13 Bde.), Regensburg 1866 — 80; Rosenthal, Konvertiten-
bilder aus dem 19. Jahrh. (I. Band der „Deutschen Konvertiten"); The Catholic
Encyclopedia, New York, Appleton-Company, seit 1907 (die bisher erschienenen
Bände reichen bis „Diocesan").
Macht es schon Schwierigkeiten, bei Auswanderungen innerhalb des euro-
päischen Kontinents den in der alten Heimat abgerissenen Faden des genea-
logischen Zusammenhangs anderwärts anzuknüpfen, so sind die Schwierigkeiten
bei Auswanderungen in einen fremden Erteil noch viel größer. Zollamtsurkunden,
Passagierlisten, Erlaubnisscheine zum Benutzen der Seefahrt und Ausschiffungs-
urkunden kommen zu den übrigen Materialien als Quellen der Forschung in Be-
tracht. Die Urkunden zur Erforschung der Auswanderer nach Amerika sind von
Gerald Fothergill im ersten Kapitel des ersten Bandes des Sammelwerkes „The
Genealogist's Pocket Library", hrsg. von Chas. A. Bernau, Walton-on-Thames,
England, im Zusamenhang erörtert. Die Studien über die Auswanderung werden
jetzt auch von den Deutschamerikanern getrieben. Es ist eine Bewegung im
237
Gange, die auf systematische Forschung in deutschen Archiven nach Nachrichten
über Auswanderer abzielt. Es handelt sich dabei zunächst um eine Sammlung
von Nachrichten (Quellenauszügen), die zur Verwertung für die deutsch -ameri-
kanische Forschung in der Deutsch-amerikanischen Sammlung (New York,
Lenox Library Building), angelegt von Richard E. Heibig niedergelegt werden
sollen. Näheres darüber enthalten die Deutsch-amerikanischen Geschichtsblätter,
8. Jahrg. 1908, S. 138—153, bes. 139—140. Vgl. auch Tille DGB 10, 46 f.
Vgl. auch Seidensticker. Oswald, Die erste Deutsche Einwanderung in Ame-
rika und d. Grund, v. Germantown. Philadelphia 1883.
Schließlich muß auch noch auf die umfangreiche biographische Literatur
hingewiesen werden. Diese erstreckt sich jetzt nicht mehr ausschließlich auf
solche Personen, die zu den höchsten Staatsämtern gelangten oder in Wissenschaft
und Kunst die Führung haben, sondern auch auf schlichte Leute in allen Lebens-
stellungen. 1 ) Die Biographien berühmter Deutscher werden in dem bändereichen
und vornehm ausgestatteten, wenn auch keineswegs erschöpfenden Hauptwerk
zusammengefaßt: Allgemeine deutsche Biographie, herausgegeben von der Histo-
rischen Kommission bei der Kgl. Akademie der Wissenschaften (zu München),
redigiert von R. v. Liliencron und F. X. V. Wegele. B. 1 — 48 (A — J, dazu Nach-
träge). Leipzig 1875 ff.
Über Biographie im allgemeinen vgl. Platzhoff-Lejeune, Wert und Per-
sönlichkeit (Mind. 1903), über die Selbstbiographie Glagau, Die moderne Selbst-
biographie als historische Quelle (Marburg 1903). Dazu W. Götz, Zur Geschichte
des literarischen Porträts. Histor. Zeitschrift, N. F. 56, 1904, S. 61 ff. Die bio-
graphischen Sammelwerke (meist alphabetisch angelegt) sind in Hinsicht auf Aus-
führlichkeit und Stoffbegrenzung sehr verschieden und zwar teils allgemeiner Natur
(ausgezeichnete Persönlichkeiten aller Zeiten und Völker umfassend), teils auf ge-
wisse Zeiträume, einzelne Länder oder bestimmte Berufsarten (Künstler, Gelehrten-,
Schriftstellerlexika usw.) beschränkt. Zu den namhaftesten größeren Sammlungen
der allgemeinen Art gehören, von einigen älteren Werken abgesehen: Bayle's
Dictionnaire historique (1697 ff., zuletzt Paris 1820, 16 Bände). — Michauds
„Biographie universelle" (das. 1811—62, 85 Bände, 3. Aufl., 1870 ff.), — Höfers
„Nouvelle biographie generale" (das. 1852—66, 46 Bände). — Dezobry und
Bacholet, Dictionnaire general de biographie et d'histoire, 10. Aufl. von Darsy.
1889 ff. — Philipp, L. B., The dictionary of biographical reference, tagether with
a classed index of the biographical literature of Europe and America, 3. Aufl.
1889. — Oettinger, Moniteur des dates contenant un million de conseignements
biograph. genealog. et historiques. 6 vols. et 3 suppl. Leipzig 1869 82 2 ) —
Vapereau, G., Dictionnaire universel des contemporains. Avec Supplement. Paris
x ) Vgl. L. Stein, Zur Methodenlehre der Biographie, in: Biographische Blätter. Jahrbuch
für lebensgeschichtliche Kunst und Forschung, 1895, Bd. I, S. 22 ff.
2 ) Vgl. denselben, Bibliographie biographique universelle. Dictionnaire des ouvrages
relatifs ä l'histoire de la vie publique et privee des personnages celebres. 2 vols. Brux.
1866. — Auf die Zeit von der Gründung der christlichen Kirche bis 1500 beschränkt sich
Chevalier, Repertoire des sources historiques du moyen äge. I. Bio-Bibliographie. Paris
1897-1883.
238
1858 63 (jede Ausgabe des Vapereau behält ihren Wert, da in dieses Werk
immer nur die gerade Lebenden aufgenommen werden). — „Der neue Plutarch"
(hrsg. v. Gottschall, Leipzig 1874—88, 12 Bde.), der die Zeit von der Reforma-
tion bis zur Gegenwart umfaßt. — Götten, Das jetzt lebende gelehrte Europa.
Braunschweig, 3 T., 1735 — 63. — Sodann von Spezialwerken für einzelne Länder:
für England das von Stephen begründete „Dictionary of national biography"
(beendet von Lee, London 1885—1900, 63 Bde., Supplement 1903, 3 Bde.; Index
1903, Erreta 1904), das periodische „Who's who" (London); für die Niederlande
und Belgien van der Aas „Biographisch woordenboek der Nederlanden" (Haarl.
1852—78, 21 Bde.) und die „Biographie nationale" (Brüssel 1866—1903, 17 Bde.);
Donos „Nos contemporains (beiges)" (das. 1904), das periodische „Wie is dat"
(Amsterdam); für Dänemark (und Norwegen) Brickas „Dansk biographisk lexi-
kon" (Kopenhagen 1887 — 1905, 19 Bde.); für Schweden Palmblads „Biographiskt
lexikon öfver svenska man" (Ups. 1835 — 1857, 23 Bde.; neue Folge Örebro 1857
bis 1883, 9 Bde.), Hofbergs „Svenskt biographiskt lexikon" (Stockholm 1876,
2 Bde.); für Norwegen Anker, Carl J., Biographische Daten über 330 norwegi-
sche Generale von 1628 — 1884. Christiania, Cammermeyers Verlag. — Lassen,
Wilh., Biographische Nachrichten über die Studenten des Jahres 1831, 1881. —
Halvorsen, J. B., Norsk Forfatterlexikon 1814 — 1880 (Norwegisches Schriftsteller-
lexikon). — Lassen, Wlh., Norske Stamtavler. Christiania 1868. — Nielsen,
Yngvar, Om nogle middelalderske Slägter | i | det | vestlige Norge, Norst. hist.
Tidsskrift II, 2; für Frankreich Mennechets „Le Plutarque francais" (2. Ausg.
v. Hadot, Paris 1844 — 47, 6 Bde.), Gläsers „Biographie nationale des contempo-
rains" (das. 1878). „Les dictionnaires departementaux" (das. 1893 ff. ; umfaßt be-
reits die Hälfte der Departements); Montet, E. C. A. de, Dictionnaire biographi-
que des Genevois et des Vandois. Lausanne, G. Bridel 1877/78; für Italien Ti-
paldos „Biografia degli Italiani illustri" (Venedig 1834 — 45, 10 Bde.), Sorgata,
„Memorie funebri antiche e secenti" (Padua 1856 — 62, 6 Bde.), Cantus „Italiani
illustri" (3. Aufl., Mail. 1876, 3 Bde.); für Spanien Quintanas „Vidas de Espa-
noles celebres" (Madrid 1807—33, 3 Bde.; deutsch v. Baudissin, Berlin 1857),
Diaz y Cardena „Galeria de Espanoles celebres contemporaneos" (Madrid
1841 — 1846, 9 Bde.); für Afrika das periodische „The Anglo African Who's who"
(London); für Amerika Spacks „Library of American biography" (Boston 1834
bis 1848, 25 Bde.), Appletons „Cyclopaedia of American biography" (New York
1887 — 89, 6 Bde.), die „National Cyclopaedia of American biography" (New York
1892—1903, 12 Bde.), Lambs „Biographical dictionnary of the United States
(Boston 1900 ff.), R. Johnsons „The twentieth Century biographical dictionnary
of notable Americans" (das. 1904, 10 Bde.); das periodische „Who's who in
Amerika" (Chicago); für Mexiko Arronij' „Manual de biografia mejicana" (Paris
1857), Sosas „Biografias de Mexicanos distinguidos" (Mexiko 1884); für Brasilien
Pereira da Silvas „Plutarco brasileiro" (1847, 2 Bde.) und Manoel da Macedos
„Brasilian biographical Annual" (1876, 4 Bde.); für den Orient Beale's „Oriental
biographical dictionnary" (Kalkutta 1881). 1 )
x ) Vgl. Erich Brandenburg, Die Bedeutung der Persönlichkeit in der Geschichte,
mit besonderer Rücksicht auf das genealogische Problem, ZPf 3.
239
Brauchbare kleine biographische Handbücher sind: Cates' „Dictionary of
general biography" (4. Aufl., London 1885), Godmins „Cyclopedia of biography"
(neue Ausg., New York 1878), „The men and women of the time" (15. Aufl.,
London 1899); Gubernatis, A. de, Dictionnaire international des ecrivains du
jour 1891. Florenz und Leipzig, 3 Bde.); u.a. Ein umfassendes Sammelwerk, be-
stehend aus 24 einzelnen Lexiken über Zeitgenossen wurde 1895 in Paris unter»-
nommen.
Für Deutschland und Österreich: Die „Zeitgenossen" (Leipzig 1816 — 1841,
18 Bde.), Schlichtegrolls „Nekrolog (der Deutschen)" (Jahrg. 1790 — 1800 nebst
Suppl., 23 Bde.), fortgesetzt als „Nekrolog der Deutschen für das 19. Jahrh."
(5 Bde., Gotha 1791 — 1806) und Fr. A. Schmidts „Neuer Nekrolog der Deutschen"
(Jahrg. 1—30, Ilmenau 1824—34, Weimar 1835—54). — Allgemeines Gelehrten-
Lexikon von Christian Gottlieb Jöcher, Leipzig 1750/51, 4 Bde. 4. Fort-
setzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers Allgemeinem Gelehrten-
Lexikon (nur bis J), 2 Bde., Leipzig 1784/87; neu herausgegeben und fortgesetzt
von Rottermund (Bremen 1810—22, 6 Bde.; Bd. 7 von Günther, Leipzig 1897).
— Meusel, Joh. Geo., Das gelehrte Deutschland. Lexikon der jetzt lebenden
deutschen Schriftsteller. Lemgo 1783 — 1784, 4 Bde. — Nachträge. — Ebenda
1786—1806, 8 Bde. — Ebenda 1776— 1806, 18 Bde. — Deutsche Biographie,
hrsg. von der histor. Kommission bei der K. B. Akademie der Wissenschaften (s. o.).
— Plutarch, Der neue. Biographien hervorragender Charaktere d. Gesch., Lit. u.
Kunst, hrsg. von R. v. Gottschall, 12 Bde., Leipzig 1874 — 88. — Biographische
Blätter. Vierteljahrsschrift für lebensgeschichtliche Kunst und Forschung, hrsg.
v. A. Bettelheim. Berlin 1894 ff. — Geisteshelden. Eine Sammlung von Biogra-
phien, hrsg. v. Bettelheim, 46 Bde. Dresden, später Berlin 1890 ff. — Aus-
gewählte Selbstbiographien aus dem 15. — 18. Jahrh., hrsg. v. Chr. Meyer, Leipzig
1897. — Für die Länder des österreichischen Kaiserstaats ist ein ausgezeichnetes
Mittel: Wurzbach, Constant v., Biographisches Lexikon des Kaisertums Öster-
reich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis
1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. 1856
bis 1891. 1 ) — Unter den periodisch erscheinenden Schriften verdient als sehr
nützlich hervorgehoben zu werden: „Minerva, Jahrbuch der gelehrten Welt."
(Straßburg, Trübner); es erscheint jährlich und enthält die Mitglieder der Lehrkörper
der Hochschulen und die aktiven Beamten von Archiven, Bibliotheken und Mu-
seen in allen Ländern der Welt. — Es mögen hier angereiht sein das „Biogra-
phische Jahrbuch für Altertumskunde, begründet von Conrad Bursian, hrsg. v.
W. Kroll (bis jetzt 28 Jahrg., Leipzig, Reisland); es bietet von hervorragenden
Vertretern der klassischen Altertumswissenschaft ohne Berücksichtigung des familien-
geschichtlichen Elementes Biographien, welche den Wert der einzelnen Persönlich-
keiten für die von ihnen vertretenen Wissensgebiete eingehend darstellen. Von
Germanisten bietet ausführliche Lebensbeschreibungen Könnecke, „Deutsche
!) In Band I 1856, Vorrede, S. XII f. und in Band LX, Vorrede, S. XVII ff., dieser
v. Wurzbachschen Sammlung finden sich sehr ausführliche Literaturnachweise, von denen
im folgenden nur das Wichtigste mitgeteilt werden kann.
240
Sprachforscher und Literaturhistoriker", Bilderatlas zur Geschichte der deutschen
Nationalliteratur, 2. Aufl., Marburg 1895, S. XVII ff.
Wegen der Beziehungen der katholischen Hierarchie zu Deutschland und
Österreich seien genannt: Ciacconius, A. und Oldonius, A., Vitae et res ge-
stae pontificum Romanorum et cardinalium, Romae, 1677; Garns, P. B., Series
episcoporum ecclesiae catholicae quotquot innotuerrunt 1873; Eubel, K., Hierar-
chia catholica medii aevi (Päpste, Kardinäle, Bischöfe, Kirchenprovinzen) 1198
bis 1431, Münster 1898. — Unsere Altertumsvereine bringen teilweise Nachrichten
über Todesfälle in ihrem Gebiet. In einigen unserer Geschichtsvereine, z. B. in der
Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens oder in den Mit-
teilungen des Freiberger Altertumsvereins, Heft 18 ff. 1 ), hat sich dieser Gebrauch
zu einer Reihe wertvoller Nekrologe erweitert.
Ich stelle im folgenden eine Anzahl Arbeiten zur biographischen Literatur
von Deutschland und Österreich in alphabetischer Ordnung ihrer Verfasser zu-
sammen:
Alberti, Ed., Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schrift-
steller v. 1829 bis Mitte 1866. Kiel 1867, 68.
Baader, Clemens Alois, Lexikon verstorbener bayrischer Schriftsteller des 18. u.
19. Jahrh. Augsburg und Leipzig 1824.
Balbinus, Aloys Bohuslaus, Bohemia docta, opus posthumum editum notisque
illustratum ab Raphaelo Ungar. Prag 1876—80.
Baur, Samuel, Allgemeines historisch-biographisches literarisches Handwörterbuch
aller merkwürdigen Personen, die in dem 1. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts gestorben sind.
2 Bde. Ulm 1816.
Berner, K. S. H., Schlesische Landsleute . . . v. 1180 bis z. Gegenwart. Leipzig 1901.
Born, Ign. v., Effigies virorum editorum atque artificum Bohemiae et Moraviae.
Prag 1773—75. 4 vol. 8.
Brema literata, virorum qui hoc seculo vixerunt spectabilium maximam bremensium
etc. vitas et honores exhibens. Bremen 1726.
Bornmüller, F., Biographisches Schriftstellerlexikon der Gegenwart. 1882.
Brummer, Franz, Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten bis zu Ende des
18. Jahrh. 1884; ders., Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten des 19. Jahrh. 1895.
Clarmund, Vitae clarissimorum in re litteraria virorum. 4 T. 1704—06.
Czikann, Joh. Jac. H., Die lebenden Schriftsteller Mährens. Brunn 1812.
Degener's Wer ist's? Zeitgenossen-Lexikon. Leipzig 1904 u. ff.
Dlabacz, Gttfr. Joh., Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und
zum Teil auch für Mähren und Schlesien. Prag 1815. 3 vol. 4.
E senberg, Ludwig, „Das geistige Wien". Künstler- und Schriftsteller-Lexikon
(1. Band: Künstlerisch-belletristischer Teil 1889—1893. 2. Band: Medizinisch-naturwissen-
schaftlicher Teil 1893.
Eisen berg, L, Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jahr-
hundert. Leipzig 1903.
Foelkersam, Armin Frhr. v., Biographische Miscellaneen aus gedruckten russischen
Quellen: 1. Eine deutsche Kolonie in Astrachan. 2. Balten im Kaukasus. 3. Verzeichnis
') Ebenda bietet Knebel zahlreiches familiengeschichtliches Material über die Frei-
berger Goldschmiede von 1361 bis zur Aufhebung der Innung (Heft 31, S. 9 ff.) und über
Künstler und Gewerken Freibergs 1380-1700 (Heft 34 ff.). Inhaltlich berührt sich mit dieser
Arbeit, streift aber das Künstlerische nur ganz kurz Ldw. Schönach, Beiträge zur Ge-
schlechterkunde tirolischer Künstler aus dem 16.— 19. Jahrhundert. Innsbruck 1905. — Vgl.
ferner Weiss, Aug., Das Handwerk der Goldschmiede in Augsburg. Gotha 1897.
241
sämtlicher Balten, die während des 18. Jahrh. (1711—1800) Hofämter am russischen Kaiser-
hofe bekleidet haben. 4. Deutsche im russischen Generalstabe während der Regierung
Katharina II. Jahrb. f. Geneal., Heraldik u. Sphragistik 1900. Mitau 1902.
Fürst, M., Biograph. Lexikon f. d. Gebiet zwischen Inn u. Salzach. München 1901.
Gerber, Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler. 2 Teile. Leipzig 1790.
Gerber, Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler. 4 Teile. Leipzig 1813.
Haan, Wilh., Sächsisches Schriftsteller-Lexikon. Leipzig 1875.
Hettler, Aug., Archivalischer Almanach I, 1903—04. Großenhain u. Leipzig, Baumert
& Ronge.
Hinrichsen, Ad., Das literarische Deutschland. 2. Aufl. Berlin 1891.
Hirsch, Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten u. Völker. 1884.
Horany, Memoria Hungariorum et provincialium scriptis editis notorum. Wien
1775—77. 3 vol.
Das jährlich erscheinende Jahrbuch der deutschen Bibliotheken, hrsg. v. Ver. deutscher
Bibliothekare (Leipzig 1902 ff.) bietet in seiner Abteilung II ein „Verzeichnis der wissen-
schaftlichen Bibliotheksbeamten", worin ein kurzer Lebensgang der einzelnen Personen ent-
halten ist.
Ja eck, Pantheon der Literatur und Künstler Bambergs. 2 Bde.
Jenichen, Allerneuste Nachrichten von juristischen Büchern, Leben berühmter Rechts-
gelehrten. Leipzig 1839. 4 Bände.
Jördens, Karl Hnrch., Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten. 6 Bände und
Supplementband. Leipzig 1808.
Justi, K. W., Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten-, Schriftsteller- u. Künstler-
Geschichte von 1806—1830. Marburg 1831.
Ein ungeheures bio-bibliographisches Material über die deutsche Literatur findet man
bei Goedeke, K., Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen.
Zweite, ganz neu bearbeitete Auflage von E. Goetze u. A. Dresden 1884ff.
Kaiina v. Jaetenstein, Matth., Nachrichten über böhmische Schriftsteller und Ge-
lehrte, deren Lebensbeschreibungen bisher nicht bearbeitet sind. Prag 1818 — 20.
Kehrein, Jos., Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter,
Volks- u. Jugendschriftsteller im 19. Jahrh. 2 Bde. 1869.
Keiters Katholischer Literatur-Kalender, hrsg. von Karl Hoeber (8. Jahrg., Essen 1907).
Keßlin, Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern der Grafschaft Wernigerode
vom Jahre 1074 bis 1855, hrsg. auf Kosten des wissensch. Ver. zu Wernigerode. Magde-
burg 1856.
Klein, Joh. Sam., Nachrichten von den Lebensumständen u. Schriften evangelischer
Prediger in allen Gemeinen des Kgr. Ungarn. 2 Teile. Leipzig u. Ofen 1789.
Kobolt, Bayrisches Gelehrtenlexikon. Landshut 1795.
Kukula, Bibliographisches Jahrbuch der deutschen Hochschulen. Innsbruck 1892
(Ergänzungsheft 1893).
Kunitsch, M., Biographien merkwürdiger Männer der Österreich. Monarchie. Grätz
1805—06. 3 vol.
Kürschner, Deutscher Literatur-Kalender. Leipzig, G. J. Göschensche Verlagshandlung
(mit angegebener Adresse).
Langer, A., Schlesische Biographien. Landeck 1902.
Lemmen, Jak. v., Tirolisches Künstlerlexikon. Innsbruck 1830.
Lindner, Aug., Die Schriftsteller und die um die Kunst und Wissenschaft verdienten
Mitglieder des Benediktinerordens im heutigen Königreich Bayern. 2 Bände und Nachtrag.
Regensburg 1880.
Luca, Ign. de, Das gelehrte Österreich oder Verzeichnis aller jetzt lebenden öster-
reichischen Schriftsteller u. Künstler. 2 Teile. Linz 1776 — 78.
Mejer, O., Biographisches. Gesammelte Aufsätze. Freib. 1886.
Nagler, Neues allgemeines Künstlerlexikon. Bd. I — XXII. München 1835 — 1852.
Neubert, Frz., Deutsches Zeitgenossenlexikon. Biographisches Handbuch deutscher
Männer und Frauen der Gegenwart. Leipzig 1905.
Heydenreich, Familiengeschichtliche Quellenkunde. 16
242
Nowack, Schlesisches Schriftsteller-Lexikon. Breslau 1836.
Oelrichs, Joh. Carl Conr., Historisch-diplomatische Beyträge zur Geschichte der
Gelahrtheit, besonders im Herzogtum Pommern. Berlin 1767.
Pagel, J., Biogr. Lexikon hervorragender Ärzte d. 19. Jahrh. Wien.
Pelzel, Abbildungen böhmischer und mährischer Gelehrter, nebst kurzen Nachrichten
von ihrem Leben und Wirken. Prag 1773—1782. 4 voll.
Petrich, H., Pommersche Lebens- und Landesbilder. T. 1: Hamburg 1880. T. 2:
Stettin 1884—87.
Pyl, Pommersche Genealogien. 5 Bde. Greifswald 1895 — 96.
Ritter v. Rittersburg, J., Biographien der ausgezeichnetsten verstorbenen und leben-
den Feldherrn der K. K. österr. Armee aus der Epoche der Feldzüge 1788 bis 1821 nebst
treuen Abbildungen derselben u. einer kurzen Kriegsgeschichte dieses Zeitraumes. Prag
C. W. Enders, 1827—29.
Rotermund, Wilh. Hnr., Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern.
T. 1, 2. Bremen 1818.
Schrader-Hering, Biographisch-literarisches Lexikon der Tierärzte aller Zeiten und
Länder. Stuttgart 1863.
Schröder, H., Hamburger Schriftstellerlexikon. Hamburg, Bd. 1 — 8, 1851 — 53.
Schwarzer, Biographie zur Galerie berühmter und verdienter Forstmänner.
Brunn 1870.
Schindel, v., Die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrh. Leipzig 1823 — 25.
Scriba, J. E., Biographisch-literarisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogtums
Hessen-Darmstadt. I 1831. II 1843.
Seivert, Nachrichten von siebenbürgischen Gelehrten und ihren Schriften. Preß-
burg 1885.
Strieder, Fr. Wilh., Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- u. Schriftsteller-
geschichte. Seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten. Verlag von Grießbach,
Kassel. 18 Bde. 1771 ff.
Strodtmann, Rathelf, Geschichte jetzt lebender Gelehrten. Zelle 1740 — 46. 6 Bände.
Tardieu, Ambr., Grand dictionnaire biographique des personnages historiques ou
dignes de memoire nes dans le departement du Puy-de-Döme, avec une galerie de 160 por-
traits; ouvrage faisant suite au grand dictionnaire historique du Puy-de-Döme. Moulin 1877.
Taufrath, Kurze Nachrichten über die K. K. evangel. theol. Fakultät in Wien, nebst
Biographien ihrer ehemaligen Direktoren und bisherigen Professoren, sowie Verzeichnis
aller bis jetzt an ihr immatrikulierten Studierenden. 2. verm. Aufl. Wien 1871, Braumüller.
Ungarischer Plutarch oder Nachrichten von dem Leben merkwürdiger Personen
des Kgr. Ungarn und der dazu gehörigen Provinzen. Bd. I — IV. Pesth 1816.
Veyth, Bibliotheca Augustana (7 Bde., 18. Jahrh.).
Volger, Bruno, Sachsens Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild,
nebst einem Anhang „Nichtsachsen". Leipzig-Gohlis 1907 — 08.
Weeck, F. v., und Krieger, Badische Biographien 1891—1901. 2 Bde. Heidelberg,
Winter.
Weissert, J. N., Biographisch-literarisches Lexikon f. Königsberg i. Ostpreußen. 2. Aus-
gabe. Königsberg.
Weyerman, Albr., Neue historisch-biographisch-artist. Nachrichten von Gelehrten
und Künstlern. Ulm 1829.
Wien, Das geistige, Künstler- u. Schriftsteller-Lexikon, hrsg. v. Eisenberg u. Gröner.
Wien 1890.
Will, G. A., Nürnberger Gelehrtenlexikon. Nürnberg und Altdorf 1755f.
Wincklern, Joh. Bapt. v., Biographische u. literarische Nachrichten von den Schrift-
stellern u. Künstlern, welche in dem Herzogtum Steyermark geboren sind. Grätz 1810.
Wokaunius, Peter v., Wokaun, Chronologisches Verzeichnis der berühmtesten
Männer Böhmens. Prag 1877.
Hierzu kommen:
Kurtze Historia d. vormaligen u. gegenwärtigen Gelahrtheit derer Hessen 1726.
243
Basler Biographien, hrsg. v. Freunden vaterländischer Geschichte. Bd. 1. Basel 1900.
Sammlung Bernischer Biographien, hrsg. von dem Histor. Verein des Kantons Bern.
Bd. 1—4. Bern 1884 (Bd. 5 im Erscheinen).
Schwäbische Biographien (Diözesanarchiv für Schwaben 13, 14).
Biographie nationale, publiee par l'academie royale de Belgique. T. 1—17, 1.
Brüssel 1866 ff.
Biographisch woordenboek der Nederlanden. 21 D. (1, 2 von A. d. van der Aa,
fortgesetzt von J. R. van Hardewijk, Bd. 7 ff. von diesem und G. D. J. Schotel). Haar-
lem 1852-79.
Schließlich seien in diesem Zusammenhange genannt:
Zieler, G., u. Scheffer, Das akademische Deutschland. Leipzig. 2 Bde.
Das geistige Deutschland am Ende des XIX. Jahrh. 1. Bd.: Die bildenden Künstler.
Leipzig u. Berlin.
Das geistige Berlin, Enzyklopädie d. geistigen Lebens, hrsg. von R. Werde u.
H. Reinfels. 3 Bde.
Geistiges Deutschland. Deutsche Zeitgenossen auf dem Gebiet der Wissenschaft und
Musik. Berlin.
Jahrbuch, literarisches. Rundschau über die literarischen Erzeugnisse deutscher
Zunge auf schöngeistigem, dramatischem und musikdramatischem Gebiet. Verbunden mit
einem Lexikon der lebenden deutschen Schriftsteller und Schriftstellerinnen. Hrsg. von
Peter Thiel. Köln.
Bote, Adolph, Adreßbuch von bildenden Künstlern der Gegenwart. München.
Künstlerlexikon, Allgemeines, 3. Aufl., vorb. v. Alex. Müller, hrsg. v. H. Wolf-
gang Singer. 5 Bde. Frankfurt a. M.
Poggendorff, Biograph.-literar. Handwörterb. z. Gesch. d. exakt. Wissensch., hrsg.
v. A. D. von Oettingen. Leipzig. 4 Bde.
Who is who in Amerika (geb. M. 15).
Who is who in Canada (geb. M. 12).
Who 's who in London (M. 7,50).
Über Holland sei erwähnt die vorzügliche Arbeit von L. Petit, Repertorium der ver-
handelingen en bydragen des vaderlands in tydschriften en mengelwerken.
Unter den lexikalischen Zusammenstellungen der vorgenannten Arten von
Büchern, ist für den Familienforscher am nützlichsten: Degener, Hermann A. L.,
Wer ist's? Unsere Zeitgenossen. Zeitgenossenlexikon, enthaltend: Biographien
nebst Bibliographien. Angaben über Herkunft, Familie, Lebenslauf, Werke, Lieb-
lingsbeschäftigungen, Parteiangehörigkeit, Mitgliedschaft bei Gesellschaften, Adresse.
Andere Mitteilungen von allgemeinem Interesse. Dieses Buch erscheint jährlich
seit 1905 im Verlag von H. A. Ludwig Degener in Leipzig und bringt auch Mit-
teilungen über bemerkenswerte Vorfahren und über die Kinder der einzelnen
Zeitgenossen. Die Angaben beruhen fast ausschließlich auf Selbstbiographien der
betreffenden Personen.
Eine besondere Würdigung innerhalb der biographischen Literatur verdienen
die Memoiren 1 ) und Selbstbiographien 2 ). Während der Geschichtsschreiber
x ) Bezold, F. v., Über die Anfänge der Selbstbiographie und ihre Entwickelung im
Mittelalter, ZKu 1, S. 45ff. — Misch, G., Geschichte der Autobiographie. I. Bd.: Das
Altertum (mehr bis jetzt nicht erschienen). Leipzig, B. G. Teubner.
2 ) Vgl. das Sammelwerk (1907): Bibliothek wertvoller Memoiren, Lebensdokumente
hervorragender Menschen aller Zeiten und Völker, hrsg. v. Dr. Ernst Schultze. Hier sei
hervorgehoben: 2. Band. Deutsches Bürgertum und deutscher Adel im 16. Jahrhundert.
Lebens-Erinnerungen des Bürgermeisters Bartholomäus Sastrow und des Ritters Hans
16*
244
die gesicherten Tatsachen, auf welche es ihm ankommt, am liebsten für sich selber
sprechen läßt, sie aber in ihrem inneren Zusammenhang vorführt und seine Person
dabei möglichst weit zurückdrängt, nimmt der Verfasser von Denkwürdigkeiten
in der Mitte der Erzählung seine Stellung und geht auf die gleichzeitigen allge-
meinen Ereignisse und Verhältnisse nur insoweit ein, als er sie kennen gelernt
hat und sie irgendwie auf ihn eingewirkt haben. Die berichtende Persönlichkeit
wird also immer die Hauptsache sein; und von ihrer Bedeutung und Stellung
muß das Maß der Belehrung und des Reizes abhängen, welches ihre Erzählung
gewährt. Die Selbstbiographie berührt sich aus diesem Grunde aufs engste mit
den Memoiren. Nicht bloß Fürsten, Staatsmänner und Feldherren, sondern auch
Gelehrte, Künstler und Dichter usw. haben mit Erfolg zur Feder gegriffen, ihr
Leben und Wirken mit eigener Hand der Nachwelt zu überliefern. Auch Frauen
treffen wir in diesen Reihen, in Deutschland allerdings seltener als in Frankreich.
In „Wahrheit und Dichtung" von Goethe, in den „Jugenderinnerungen eines alten
Mannes" von v. Kügelgen oder Ludwig Richters Selbstbiographie in Herbsts „Idealen
und Irrtümern" und Bosses „Aus der Jugendzeit", besitzen wir köstliche Muster.
Gustav Freytag hat in seinen Bildern aus der deutschen Vergangenheit (Leipzig,
Hirzel) die Selbstbiographien des Götz von Berlichingen, des Schärtlin von Burten-
bach und des Hans von Schweinichen zur Charakterisierung des 16. Jahrhunderts
benutzt, das Unheil des 30 jährigen Krieges nach biographischen Aufzeichnungen
geschildert und die Zeit des Pietismus in der Selbstbiographie des Theologen Johann
Wilhelm Petersen und seiner Gattin Johanna Eleonore geb. von Merlau weiten
Kreisen vorgeführt.
Der subjektive Charakter aller solcher Aufzeichnungen darf freilich niemals
vergessen werden; denn die apologetische Absicht herrscht hier in der Mehrzahl
der Fälle vor und fordert demnach mehr als bei anderen Geschichtsquellen zur
Vorsicht heraus, so daß, was für den harmlosen Leser die reichste Quelle des
ungemischten Genusses ist, für das kritische Urteil leicht der Grund zu ab-
wägendem Zweifel wird.
Das Mittelalter ist der Memoirenliteratur nicht günstig gewesen. Selbst bei
dem Volke, welches das meiste Geschick dazu mitgebracht hat, bei den Franzosen,
finden wir Anfänge einer solchen nicht vor dem Ablaufe des 13. Jahrhunderts.
In Deutschland eröffnet Kaiser Karl IV. den Reigen. Aus den Kreisen der fah-
renden Schüler seien genannt Hermann von Butzbach, dessen „Wanderbüchlein"
vor einigen Jahrzehnten veröffentlicht wurde, und Thomas Plattner, der bekannte
Basler Drucker und Schulrektor, dessen Selbstbiographie aus Gustav Freytags
Bildern der deutschen Vergangenheit weiteren Kreisen bekannt geworden ist.
Lernen wir in den Aufzeichnungen des Deutschen Condottiere Sebastian Schertlin,
der ein ebenso gewandter Diplomat als berufener Feldhauptmann war, den fähigen
und glücklichen Emporkömmling, einen „selfmade man" kennen, der nicht besser
erscheinen will, als er war, so stellt sich uns Götz von Berlichingen in seinen
von Schweinichen. Bearbeitet von Dr. Max Qroos. Sastrow ist „das Juwel aller
deutschen Selbstbiographien". — Serrano y Sanchez, M., Autobiografias y Memorias.
Madrid 1905. — Für die historische Verwertung von Memoiren finden sich lehrreiche Winke
bei A. Fournier, Napoleon. Bd. 2 2 , S. 403 ff.
245
Denkwürdigkeiten als der ritterliche Haudegen dar, der im Sturme der Zeit und,
dank seiner eigenen Unzulänglichkeit, trotz des vielen Geräusches, das er ver-
ursacht, zuletzt ziemlich ruhmlos gescheitert ist. Seine Denkwürdigkeiten sind
als Werk der Literatur unbedeuteud und haben nur durch die berühmte Da-
zwischenkunft Goethes eine Aufmerksamkeit erregt, die sie sonst niemals gefunden
hätten. Aus der langen Reihe der Memoirenliteratur, die uns von Wegele in
packenden Zügen lehrreich vorgeführt hat 1 ), heben sich von selbst die Arbeiten
des geistesgewaltigen Preußenkönigs heraus; aus jeder Zeile Friedrichs des Großen
spricht der gewissenhafte Regent seines Staates, der scharfblickende Staatsmann,
der durchdringende Menschenkenner. Das Beispiel des großen Friedrich mag
nicht ohne Einfluß gewesen sein auf den Plan Schillers, das deutsche Publikum
mit den wichtigsten „Historischen Memoiren" des Mittelalters und der neueren
Zeit auf dem Wege der Übersetzung bekannt zu machen. In Goethes „Dichtung
und Wahrheit" haben wir ein in meisterhafter Sprache sicher gezeichnetes Bild
der ersten fünfundzwanzig Jahre des Dichters und zugleich eine unübertroffene
Schilderung der literarischen Zustände seiner Zeit. Von den zahlreichen Me-
moiren deutscher Staatsmänner sind die Denkwürdigkeiten des Fürsten Bismarck
und des Fürsten Hohenlohe von unmittelbarem Einfluß auf das politische Leben
der Gegenwart. Aus dem, was unser erster großer Kanzler an Erinnerungen
seinem Volke hinterlassen hat, ist es auch weiteren Kreisen bekannt geworden,
daß diese gesamte Literaturgattung, mögen die Verfasser solcher Denkwürdig-
keiten auch die allerbedeutendsten Männer sein, doch eine stark subjektive ist,
bei der Irrtümer leicht unterlaufen. 2 )
Eine abgelegene, aber keineswegs unergiebige Quelle sind Gelegenheits-
gedichte. Das für den Familienforscher Wichtige in diesen poetischen Veröffent-
lichungen sind die Überschriften. Als ein Beispiel führe ich Michael Kongehl,
Kürfürstlich Brandenburgischen Secretarius zu Königsberg in Preußen, an, von
dem zwei Bändchen Gedichte, „Der Belustigung bey der Unlust" erster und zweiter
Teil, zu Königsberg „gedruckt bey Friedrich Reußens Chur-Fürstl. und Academ.
Buchdruckers Erben", ohne Jahresangabe in den 80 er Jahren des 17. Jahrhunderts
erschienen. 3 ) Michael Kongehl war ein sehr fruchtbarer Gelegenheitsdichter. Hoch-
zeiten und Begräbnisse, Geburts- und Namenstage ließen ihn das Dichterroß an-
spornen zu oft ansehnlichen Leistungen, ansehnlich wenigstens dem Umfang nach.
Die Leichengedichte, inhaltlich an biblische Texte anknüpfend, lehnen sich in der
Form meist an bekannte Kirchenlieder. Mehr Persönliches enthalten die Hoch-
zeitslieder, jedoch liegt auch bei ihnen das Wertvollste in den Überschriften. Hier
drei Proben mit bestimmten Namen und Daten. Wo eine Ortsangabe in der
Überschrift fehlt, handelt es sich stets um Personen in Königsberg: „Die Herzens-
*) Wegele, F. X. von, Vorträge und Abhandlungen, S. 192ff: Die deutsche Memoiren-
literatur.
2 ) Kämmel, O., Kritische Studien zu Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen.
Leipzig 1899 (auch in den Grenzboten 1899). — Ulmann, H., Kritische Streifzüge in Bis-
marcks Memoiren, HV 5, vgl. R. Fester ebenda.
3 ) Walter Bösken, Ein verschollener Dichter und seine Werke als familiengeschicht-
liche Werke, Archiv für Stamm- u. Wappenkunde VIII, 1908, Nr. 7, S. 97ff.
246
Schmerzen Frauen Agnes Paschkin, Herrn Reinhold von Derschau, Vornehmen
J[uris] C[onsul]ti, Erbherrn uff Wonnigkeim etc. Churf. Brandenb. Pr. Ober-Appel-
lations Gerichts- und Hoff-Rahts, Wittiben, welche den 3. Aprilis 1678 der Erden
einverleibet worden" (I, 288). — „Der glückliche Hirschkampf. Bey dem Verehe-
lichungs-Fest Herrn Martin Kempen Churfl. Brandenb. Historiographi mit Jungf.
Anna Barbara, Seel. Herrn Friderich Wilhem von Hirsch, weyland Kaiserl. wie
auch Königl. Majest. in Schweden wolverdienten Capitains auff Fuchsberg, Freu-
denthal und Ranzau Erbherrn, hinterlassenen ältesten Jungf. Tochter, welches den
1. November des 1678. Jahres auf dem Adelichen Sitz Goldschmied feyerlich be-
gangen ward" (II, 183). — „Das Gleich-verpaarte Paar. Bei dem ansehnlichen
Myrten-Feste der Edlen und Fürtrefflichen Wolverlobten Floridan und Florinden 1 ),
welches den 3. Christ -Monats -Tag 1673 in Nürnberg vollzogen ward" (II, 111).
Auch Theaterzettel können gelegentlich dem Familienforscher gute Dienste
leisten. Es ist dabei der Unterschied von Künstler- und Familiennamen zu be-
achten. Es kommt auch die Verbindung beider Namenarten vor, z. B. infolge
von Heirat; Prof. Dr. Friedrich hat zu seinem Zittauer Album auch die Theater-
zettel, die bei der Aufführung von Schuldramen gedruckt wurden, benutzt. Be-
sonders bei der Geschichte von Komödiantenfamilien kommen die Theaterzettel
in Betracht. Dieselben werden von Bühnendirektionen und Altertumsvereinen ge-
sammelt. Quellenangaben zur Geschichte des Theaters findet man bei Eisenberg,
Großes biogr. Lexikon der deutschen Bühne 1903, am Schluß des ganzen Werkes.
Schließlich seien auch die Zeitungen 2 ) erwähnt. Sie bringen dem Familien-
forscher allerhand Familienanzeigen, Nachrufe, auch solche mit Lebenslauf und
allerhand Beiträge zum Tun und Treiben einzelner Personen. Zu beachten sind
in diesen Zeitungen außer den Anzeigen über Geburten, Verheiratungen und Todes-
fälle besonders auch Vormundschaftsbestellungen, Kuratelverfügungen, Nachlaß-,
Zwangs- und freiwillige Versteigerungen, Kaufangebote, Todeserklärungen und
sonstige Nachrichten mit Namen.
Soweit die einschlagende Literatur nicht bereits in vorstehendem erwähnt ist,
sei im folgenden
der Handapparat des Familienforschers
verzeichnet.
Alberti, O. v., Württembergisches Adels- und Wappenbuch. Stuttgart,
seit 1889. (Erschienen sind 11 Hefte.)
Dieses ausgezeichnete Werk ist infolge des Todes des Herausgebers bis jetzt unvoll-
endet geblieben. Zur Ergänzung dienen: Cast, Fr., Historisches und genealogisches Adels-
buch des Königreichs Württemberg. Nach offiziellen, von den Behörden erhaltenen und
anderen ausführlichen Quellen bearbeitet. 1839. — Dorst, I. G. L., Württembergisches
Wappenbuch oder die Wappen des immatrikulierten Adels im Königreich Württemberg.
Halle 1846, und L. v. d. Recke-Klüchtzner, Der Adel von Württemberg, Stuttgart 1879.—
Der Württembergischen Ritterschaft St. Georgen-Verein Wappenkalender (Verlag von Julius
x ) Die Schäfernamen lassen darauf schließen, daß es sich um Mitglieder der Gesellschaft
der Pegnitzschäfer handelt.
2 ) Sperlings Zeitschriftenadreßbuch, enthaltend die Zeitschriften und hervorragenden
politischen Tagesblätter von Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz. Hand- und
Jahrbuch der deutschen Presse. 43. Aufl. 1906. Stuttgart.
247
Hoffmann in Stuttgart). — Georgii-Georgenau, Eberhard Emil von, Fürstlich Württem-
bergisch Dienerbuch vom 9. bis 19. Jahrh., Stuttgart 1877; ders., Biographisch-genealogische
Blätter aus und über Schwaben. Stuttgart 1879. — Aus einer Reihe bürgerlicher Familien
Württembergs wird dankenswertes Material dargeboten von Karl Riecke, Altwirtembergisches
aus Familienpapieren zum Besten des Lutherstifts, einer Erziehungsanstalt für Pfarrersöhne.
Stuttgart 1886.
Bagmihl, J. T., Pommersches Wappenbuch, gezeichnet und mit Beschreibung
der Wappen und historischen Nachrichten versehen. 5 Bde. 1843 — 1855.
Der umfangreiche Text dieses noch immer sehr nützlichen Werkes verarbeitet ein
weitverzweigtes Material. Die zahlreichen Verweise auf einschlagende Literatur erleichtern
die Nachprüfung. Zum Vergleich ziehe man heran das 1619 in Alten Stettin gedruckte,
1881 in Neustrelitz wieder aufgelegte Buch von Bernhard Latomus aus Wismar, Ursprung
und Anhang des . . Ritterstandes . . Neue kurze Beschreibung und ordentliche Stammregister
aller . . in und zu Stargardt eingesessenen Geschlechter. — Ferner: Kiempen und Kratz,
Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom 14. bis in das 19. Jahrh.
Berlin 1863. — Kratz, Die Pommerschen Schloßgesessenen. Berlin 1865. — Pyl, Th.,
Pommersche Genealogien 1868 — 96. — Vanselow, A. C., Pommerisches Helden-Register,
oder Leben und Thaten derer fürstl., gräfl,, freyherrl., adelichen u. bürgerlichen Standes-
Personen, so in Pommern gebohren, u. in Kriegsdiensten sich berühmt gemacht. Colberg 1745.
— Gesterding, Carl, Genealogien und bzw. Familienstiftungen Pommerscher, besonders
ritterschaftlicher Familien. Berlin 1842. — Lange, Edmund, Die Greifswalder Sammlung
Vitae Pomeranorum. Alphabetisch nach Geschlechtern verzeichnet. Stettin 1898; hierzu ist
ein Heft „Ergänzungen" erschienen, welches von der Redaktion des „Deutschen Herold"
(Prof. Ad. M. Hildebrandt in Berlin W. 62, Schillerstraße 3, II) zu beziehen ist.
Below, G. v., Territorium und Stadt. München und Leipzig 1900.
Dieses auf eingehendsten Quellenstudien beruhende, höchst anregend geschriebene
Buch kommt für den Familienforscher namentlich durch die darin enthaltenen Beiträge zur
Geschichte der Rittergüter in Betracht. Vgl. auch desselben Verfassers lehrreichen Artikel
„Adel" im Wörterbuch der Staatswissenschaften, hrsg. v. Conrad, Elster, Lexis und Loening,
2. Aufl., 1. Bd., 1898, Jena, Fischer, S. 47 ff. Über Rittergüter sei noch folgende Literatur
verzeichnet: Adler, Zur Rechtsgeschichte des adeligen Grundbesitzes in Österreich. Leipzig
1902. — Bornhak, C, Entstehung des Rittergutsbesitzes östlich der Elbe, in den Forschungen
zur deutschen Geschichte. 26. Bd. — Bülau, Die Rittergüter und ihre Stellung zu Staat
und Gemeinde (mit besonderer Beziehung auf Sachsen-Weimar-Eisenach). Leipzig 1857. —
Franklin, Artikel „Stammgüter" in von Holtzendorffs Rechtslexikon. Leipzig 1876, II,
S. 641 ff. — Hof mann, H. L., Die Rittergüter des Königreichs Sachsen. Dresden-Blasewitz
1901. — Horst, v. d., Die Rittersitze der Grafschaft Ravensberg und des Fürstentums
Minden. Berlin 1894. — Knapp, G. F., Grundherrschaft u. Rittergut. Leipzig 1897. —
Knesebeck, Frhr. v. dem, Die Rittermatrikeln der Altmark nebst einer Übersicht der
Ritterschaft und der von derselben vertretenen Rittergüter. Magdeburg 1859. — Knesebeck,
Frhr. v. dem, Die Rittermatrikeln des Herzogtums Magdeburg, des Fürstentums Halberstadt
und der Grafschaft Wernigerode. Magdeburg 1860. — Knesebeck, Frhr. von dem, Die
Rittermatrikeln des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig nebst einer
alphabetischen Übersicht der Ritterschaft und der von derselben vertretenen ritterschaftlichen
Güter. Göttingen 1860. — Rachfahl, F., Zur Geschichte der Grundherrschaft in Schlesien,
in der Zeitschrift der Savignystiftung 16, Germanische Abteilung. — Rauer, Hand-Matrikel
der in sämtlichen Kreisen des Preußischen Staates auf Kreis- und Landtagen vertretenen
Rittergüter und alphabetischer Nachweis des in dem Preußischen Staate mit Rittergütern
angesessenen Adels. 1857. — Wittich, W., Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland.
Leipzig 1896.
Bernau, Chas. A. (Pendeen, Walton-on-Thames, England), The Inter-
national Genealogical Directory 1907.
Das in englischer Sprache abgefaßte und in erster Linie für England bestimmte Werk
248
enthält in seinem t. Teile 1387 Namen und Adressen von Freunden der Familiengeschichts-
forschung. Der II. Teil umfaßt eine Liste von solchen Familien, über welche Nachrichten
im allgemeinen gewünscht oder von näher bezeichneten im I. Teile aufgeführten Personen
auf Ansuchen an Familienforscher abgegeben werden. Der III. Teil enthält genealogische
Anfragen über Familien im besonderen. Teil IV enthält ein Verzeichnis von Gesellschaften
und Vereinen, deren Veröffentlichungen für den Familienforscher von Wert sind. Im V. und
VI. Teile werden Familiengeschichten aufgeführt.
Bernd, Christian Sam. Theodor, D. und Professor zu Bonn, Allgemeine
Schriftenkunde der gesamten Wappenwissenschaft, mit beurteilenden und anderen
zur Bücher- und Gelehrtengeschichte gehörenden Bemerkungen und Nachweisungen.
Bonn 1830. Im Besorge von Jo. Aug. Gottl. Weigel in Leipzig.
Ders., Allgemeine Schriftenkunde der gesamten Wappenwissenschaft, mit
beurteilenden und anderen zur Bücher- und Gelehrtengeschichte gehörenden Be-
merkungen und Nachweisungen. Zweiter Teil. Bonn 1830. Im Besorge von
Jo. Aug. Gottl. Weigel in Leipzig.
Ders., Allgemeine Schriftenkunde der gesamten Wappenwissenschaft, mit
beurteilenden und anderen zur Bücher- und Gelehrtengeschichte gehörenden Be-
merkungen und Nachweisungen. Dritter Teil. Nachträge, Zusätze und
Berichtigungen. Bonn 1835. Im Besorge von Jo. Aug. Gottl. Weigel in Leipzig.
Ders., Allgemeine Schriftenkunde der gesamten Wappenwissenschaft, mit
beurteilenden und anderen zur Bücher- und Gelehrtengeschichte gehörenden Be-
merkungen und Nachweisungen. Vierter und letzter Teil. Bonn 1841. Im
Besorge von Weigel in Leipzig.
Für die Benutzung zu bemerken ist, daß der erste und zweite Teil zusammen mit
fortlaufenden Seitenzahlen versehen sind (S. 1 — 679) und ein gemeinsames Autorenregister
haben. Der dritte Teil hat eigene Seitenzahlen und ein eigenes Autorenregister. Ebenso
der vierte Teil.
Die Anordnung des Stoffes ist eine systematische, aus der Einleitung, S. XXVIII bis
XXXII, ersichtliche.
Biedermann, Joh. Gottfr., Genealogie der hohen Grafen-Häuser im frän-
kischen Creyse. Erlangen 1745; ders., Genealogie der hohen Fürsten-Häuser im
fränkischen Creyse. I. Teil. Bayreuth 1746; ders., Geschlechts -Register der
Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft, Landes zu Franken Löblichen Orts an der
Altmühl. Bayreuth 1748; ders., Geschlechts-Register der Reichsfrey unmittelbaren
Ritterschaft, Landes zu Franken Löblichen Orts Braunach. Bayreuth 1747; ders.,
Geschlechtsregister der Reichs-Frey-unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Francken
Löblichen Orts Gebürg. Bamberg 1747; ders., Geschlechts-Register der Reichs-
Frey unmittelbaren Ritterschafts Landes zu Franken löblichen Ortes Steigerwald.
Nürnberg 1748; ders., Geschlechtsregister des Hochadelichen Patriciats zu Nürn-
berg. Bayreuth 1748; ders., Geschlechtsregister der Reichs-Frey-unmittelbaren
Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra. Bayreuth 1749;
ders., Geschlechts-Register der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschaft, Landes zu
Franken Löblichen Ortes Ottenwald. Culmbach 1751 ; ders., Geschlechts-Register
der löblichen Ritterschaft im Voigtlande. Culmbach 1752.
Volckamer, Christof Friedrich Wilh. von, Johann Gottfried Biedermanns
Geschlechtsregister des Patriciates der vormaligen Reichsstadt Nürnberg bis zum
Jahre 1854 fortgesetzt. Nürnberg 1854. — (Will, Georg Andreas) Geschlechts-
249
Register der Nürnbergischen adelichen Familien der Herren von Pruan, von Wölckern
und der ausgestorbenen Herren Schiandersbach. Beytrag zu den Biedermannschen
Tabellen des Hochadelichen Patriciats zu Nürnberg. Altdorf 1772.
Die Biedermannschen Arbeiten sind zwar hinsichtlich ihrer Einzelangaben einer sehr
sorgfältigen kritischen Nachprüfung zu unterziehen, aber inhaltreich und noch immer mit
Nutzen zu gebrauchen.
Bucelin, Gabriel, Germania topo-chrono-stemmato-graphica, erschienen in
3 Teilen von 1662—1665.
Die Aufstellungen sind von sehr gemischtem Werte und im allgemeinen nicht zu-
verlässig. Doch ist eine so ungeheure Masse familiengeschichtlichen Stoffes verarbeitet,
daß es sich noch heute lohnt, das Buch, freilich nur mit Vorsicht und Kritik, zu Rate zu
ziehen. Die Benutzung von Bucelinus' Germania topo-chrono-stemmato-graphica
ist wegen der Zerstreutheit des Materials bei dem Fehlen eines Registers sehr erschwert.
Das Werk ist in 4 Foliobänden in Druck erschienen, und zwar die zwei ersten Bände im
Verlag bei J. Görlinus zu Ulm, gedruckt aber von Joh. Prätorius in Augsburg; die zwei
letzten auf Kosten Christian Balth. Khünens zu Ulm, gedruckt zu Frankfurt a. M. und Ulm;
der erste Band 1655, der zweite 1662, der dritte 1671, der vierte 1678.
Der erste Band zerfällt in 4 Teile, sämtlich mit fortlaufender Paginierung. Der 1. Teil
mit 151 Seiten bildet die Topographiae Germaniae notitia und die Annales Germaniae bis
zum Jahre 1655. Der 2. Teil führt den Titel Germaniae sacrae Pars I und enthält die
Reihenfolge der Bischöfe an den einzelnen Bischofsitzen Deutschlands auf 64 Seiten. Der
3. Teil Germaniae sacrae Pars II zählt einige der berühmtesten Klöster auf unter Angabe
ihrer Stifter und ist 97 Seiten stark. Endlich der 4. Teil, überschrieben Pars operis III,
Genealogica Germaniae notitia, bringt die Genealogien der berühmtesten regierenden Häuser
und verschiedene sogenannte Adelsprobationen auf 282 Seiten. Zu diesen Genealogien folgt
unter anderen Inhaltsangaben auch ein index genealogiarum, desgleichen in allen folgenden
Bänden fehlt.
Der zweite Band zerfällt wieder in 2 Teile, deren letzterer abermals aus 3 Stücken
besteht. Der 1. Teil hat die ordentliche Seitenzahl 1—423 und enthält: 1. Topographica
Germaniae notitia 1—131; 2. Germania sacra (d. h. einen Nachtrag zum 3. Teil des ersten
Bandes, daher er Monasteriologiae imperii Germanici pars altera heißt), 132 — 328; 3. com-
pendium chronologicum Germaniae prophanae 329 — 345; endlich 4. Historia Agilolfinga, mit
genealogischen Belegen und den Bildern der Fürsten dieses Hauses, 346 — 423. Vom 2. Teil
ist nur das 2. Stück in üblicher Weise paginiert, das 1. u. 3. aber entbehrt der Seitenangabe.
Um daher richtig, wenn auch sehr umständlich zitieren zu können, bleibt nichts übrig, als
die sogenannte Signatur zur Hilfe zu nehmen. Diese Signatur ist in kleinen und großen
lateinischen Buchstaben und mit Zuhilfenahme der arabischen Ziffern für die Anzahl jedes
Signaturbuchstabens leidlich durchgeführt, und zwar folgendermaßen: Im 1. Stück sind
je 6 Blätter oder Folien mit A und der Reihe nach A, A2, A3, A4, die nächsten zwei aber
gar nicht signiert; dann mit B bis T in alphabetischer Reihe, dann mit V, X, Y, Z auf gleiche
Weise bezeichnet, so daß jeder Buchstabe sich sechsmal in fortlaufender Reihe befindet
(sogenannter Sexis), nur der letzte Buchstabe Z hat respektive 7 Folien. Macht zusammen
139 Folien. Nun folgt die Signatur Aa, Aa2 usw. mit Sexis und Bb, Bb2, Bb3, B4 und
ein unbezeichnetes Blatt, also ein Quinio, zusammen 11 Folien. Im ganzen 150 Folien oder
Blätter. Das 2. Stück hat die gemeinübliche Paginierung von Seite 1—347. Endlich das
3. Stück läßt sich wieder nur nach der Signatur zitieren. Das erste Folio hat gar keine
Signatur und ist eigentlich Hhh6; dann folgt Iii usw., Kkk, Kkk2 usw., beide Sexis;
endlich LH, L112, L113, also ein Ternio, zusammen 16 Folien. Sonach hat der ganze 2. Teil
166 Folien und 347 Seiten, und zwar das 1. und 3. Stück in 166 Blättern nur Genealogien,
das 2. Stück auf 347 Seiten nur Adelsprobationen.
Der dritte Band hat abermals 3 Teile. Der 1. Teil enthält Germaniae sacrae primo-
rum illatae fidei christianae seculorum chronologicum compendium, S. 1— 24, und Monasterio-
logiae s. r. i. Pars III, S. 25—128. Der 2. Teil liefert Genealogien und Adelsproben des
österreichischen Erbadels, S. 1—446. Der 3. Teil hat S. 1—325 die Genealogien, S. 326—423
250
Adelsproben von Fürsten, Grafen, Baronen und Rittern des heil, römischen Reichs. Dann
folgt noch ein genealogischer Anhang „Appendix totius trium tomorum operis", der wieder
nur vermittels der Signatur zitiert werden kann. Diesem Anhang voran geht: Equestris nobi-
litatis ludis solemnibus torneamentorum admissae probatio, mittels Signaturen zitierbar.
Der vierte Band, ein Auctarium der früheren 3 Bände, zerfällt wieder in 2 Teile.
Der 1. Teil: Auctarium Germaniae topographicae S. 1—6; dann Germania topographica sacra
S. 6 — 14; dann Monasteriologiae German. Auctarium S. 14 — 32. Der 2. Teil gibt S. 1 — 325
Genealogien und genealogische Fragmente; S. 326 — 519 Adelsprobationen und endlich einen
Catalogus aulicorum ministrorum Leopoldi I.
Ein „Alphabetischer Index zu Bucelins Genealogien" im Jahrbuch des heraldisch-
genealogischen Vereins Adler in Wien V 1878, S. 70ff., stellt die sehr zerstreuten Genealogien
und genealogischen Notizen übersichtlich zusammen.
Blanckmeister, Franz, Familienkunde und ihre Pflege im Bürgerhause,
Leipzig, ohne Jahresangabe. 19 Seiten gr. 4.
Mit großer Wärme und von weiten Gesichtspunkten ausgehend, versucht der Verfasser
alle Kreise für die Pflege der Familienkunde zu interessieren. Wir empfehlen die Lektüre
der vortrefflichen Schrift angelegentlich. Dieselbe ist einer Veröffentlichung desselben Ver-
legers beigegeben, welche im wesentlichen aus leerem Papier zum Eintragen familienchroni-
kalischer Notizen besteht und aus ihrem Titel ersichtlich ist: „Familienchronik, gr. 8°,
180 Seiten stark, zweifarbiger Druck, starkes Schreibpapier. Jede Seite der Chronik mit
einem Spruch und farbiger Einfassung versehen." Dergleichen Darbietungen größerer Massen
leeren Papiers mit sachlich verwandten Beigaben (Proben von Stamm- oder Ahnentafeln,
Familienrechtliches usw.) gibt es mehrere. Recht gut ist auch Leu seh er,B. .Familien-Genealogie.
Ein Buch für Familiengeschichte und für die Erziehung der folgenden Generationen. 3. Aufl.
Paderborn, Schöningh o. J. [1897 ff.] Blanckmeister ist evangelischer Pfarrer; Mitarbeiter
des Buches von Leuschner ist Fürstbischof Kardinal Dr. Kopp in Breslau.
Bouton, De l'ancienne chevalerie de Lorraine. Paris 1861.
Über lothringsche Familiengeschichte ist weiter zu vergleichen Benoit, Arthur, Les
bibliophiles, les collectionneurs et les bibliotheques des Monasteres de la Province des trois
eveches (Metz, Toul et Verdun) 1552—1790, (JAW 1884, 220). — Digot, Chevalerie Lor-
raine. Nancy 1887. — Grenser, Armorial de Lorraine. Leipzig 1863. — Lecossais,
Husson, Le simple crayon utile et curieux de la noblesse des duches de Lorraine et de Bar
et des Eveches de Metz, Toul et Verdun. Nancy 1857. — Chapitres Nobles de Lorraine.
Annales, preuves de noblesse, documents, portraits, sceaux et blasons. Vienne 1888. —
Georgel, J. A., Armorial des familles de Lorraine, titrees ou confirmees dans leurs titres
au XIX e siecle. Elberfeld 1882.
Burkhardt, C. A. H., Hand- und Adreßbuch der Deutschen Archive. Leipzig
1875. 2 Aufl. 2 Teile. Ebenda 1887.
Sehr nützliches Werk durch allgemeine Mitteilungen über die zur Zeit seines Erscheinens
vorhandenen Archivbestände. Über die thüringischen Bestände 1900 vgl. unter Mitzschke.
Über die städtischen Archivbestände enthält der Anhang zu meinem Vortrag über städti-
sche Archivbauten, den ich auf dem allgemeinen deutschen Archivtag in Düsseldorf gehalten
habe, eine Anzahl Nachträge aus allen Gebieten deutscher Zunge abgedruckt, KGV 50,
178 ff.
Index to American Genealogies and to genealogical Material contained
in all Works such as Town Histories, County Histories, Local Histories, Historical
Society Publications, Biographies, Historical Periodicals, and Kindsed Works,
alphabetically arranged enabling the reader to assertain wether the Genealogy
of any Family, or any past of it, is printed, either by itself or embodied in
other works. Fifth Edition, revised, improved and enlarged, containing
nearly 50000 References (First and second Editions were Edited by Daniel
251
S. Durrie). Copysighted 1900. Albany, N. Y., Joel Munsell's Sons, Publishers.
1900. 1 )
Dieses Werk ist das wichtigste, umfangreichste und beste der für die Vereinigten
Staaten von Nord-Amerika vorhandenen genealogischen Nachschlagewerke, das Ergebnis
eines sehr großen Fleißes und durch Vollständigkeit ausgezeichnet. Bei jedem Zitat ist an-
gegeben, wie viele Seiten es umfaßt. Es ist nicht nur für jeden unentbehrlich, welcher sich
mit amerikanischer Genealogie beschäftigt, sondern auch wegen der zahlreichen europäischen
Geschlechter, die in Amerika vertreten sind, für europäische, insbesondere deutsche, öster-
reichische und Schweizer Genealogie von höchstem Werte.
Buttlar-Elberberg, R. v., Stammbuch der althessischen Ritterschaft. Kassel
1889 (vgl. Jahrb. d. Ver. ,Adler< XVII, 1890, S. 239. 240).
Hierzu ist zu vergleichen Landau, Die Rittergesellschaften in Hessen. Mit einem Ur-
kundenbuch. Kassel 1840. Manchen Beitrag enthalten die Programme von Edward Sten-
dell, Die Familien der ehemaligen Reichsritterschaft, Eschwege 1887. 1901. Vgl. auch: Der
Grundbesitz der zur althessischen Ritterschaft gehörigen Familien im Reg.-Bezirk Kassel.
Fritzlar 1894. — Buttlar-Elberberg, Rudolf v., Wappentafel der zur althessischen Ritter-
schaft gehörigen Geschlechter, die sich gegenwärtig bezüglich des Stiftes Kaufungen in voller
Rechtsausübung befinden. Marburg, Elwert.
Carpzov, Joh. Benedict, Neu eröffneter Ehren-Tempel Merckwürdiger Anti-
quitäten des Marggraffthums Ober-Lausitz, Leipzig und Budissin 1719. 380 und
271 Seiten, Lexikonformat, dazu Register.
Der zweite, mit neuer Paginierung versehene, aber buchhändlerisch nicht separat aus-
gegebene Teil enthält „Einiger deren ältesten im Lande florirenden Adelichen Familien Ge-
schlechts-Historie und Genealogien". Die zahlreichen Stammbäume werden durch ausführ-
liche Geschichtserzählung begründet, auch die Wappen abgedruckt. Die Glaubwürdigkeit
Carpzovs ist verhältnismäßig gut.
Giustino Colaneri della R. Bibliotheca Casatanense di Roma, Bibliografia
aroldica e genealogica d'Italia, Con introduzione del Conte Ferruccio-Fras-
soni „L'Acaldica in Italia". Roma, Ermanno Loescher & Co. (Bretschneider e Re-
genberg), librai editori di S. M. la Regina d'Italia 1904.
Das Werk enthält 2056 Nummern, ist alphabetisch nach den Verfassern oder nach Stich-
worten geordnet und verzeichnet alle von italienischen und nichtitalienischen Verfassern ver-
öffentlichten Werke über italienische Genealogie. Es ist durch Vollständigkeit, und ein das
Auffinden erleichterndes Sachregister ausgezeichnet und berücksichtigt die wichtigsten Zeit-
schriften und die großen Sammelwerke. Wer sich mit italienischer Genealogie befaßt, kann
es nicht entbehren. Besonders wertvoll sind die kritischen Bemerkungen bei den einzelnen
Werken.
Dahlmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte. 7. Auflage.
Unter Mitwirkung von P. Herre, B. Hilliger, H. B. Meyer und R. Scholz, heraus-
gegeben von Erich Brandenburg. Leipzig 1906.
Eine Zusammenstellung der wichtigeren Arbeiten zur deutschen Geschichte, die beste,
welche existiert. Hier werden auch die bedeutsameren Arbeiten der weit zerstreuten Zeit-
schriftenliteratur verzeichnet. Ein Abschnitt über Familiengeschichte fehlt. Einzelnes ist
nachgetragen und berichtigt von v. Below in der Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirt-
schaftsgeschichte, 4. Bd. 1906, S. 394—396, von Tille in den deutschen Geschichtsblättern
VIII, 1, 1906, S. 23 f f . und von mir in der Berliner Zeitschrift für das Gymnasialwesen 1905
*) Ein Teil der folgenden Ausführungen ist entnommen dem Aufsatz von Kekule von
Stradonitz, Der Handapparat des Ahnenforschers, JAW NF 16, wieder abgedruckt in seinen
Ausgewählten Aufsätzen aus d. Gebiete des Staatsrechts und der Genealogie, Neue Folge,
Berlin 1907, Seite 61 ff.
252
und 1906. Wer weitere bibliographische Belehrung und auch die kleineren Beiträge in der
immer unübersichtlicher werdenden Zeitschriftenliteratur kennen zu lernen wünscht, der sei
hingewiesen auf die von Oscar Maßlow bearbeitete Bibliographie zur deutschen Geschichte
in der Historischen Vierteljahrsschrift, herausgegeben von Gerhard Seeliger in Leipzig,
Verlag von B. G. Teubner, und auf die „Jahresberichte der Geschichtswissenschaft im Auf-
trage der Historischen Gesellschaft zu Berlin herausgegeben". Vgl. oben Seite 178.
Außerdem gibt es eine Anzahl von Bibliographien einzelner deutscher Länder, die ich
bei anderen Gelegenheiten notiert habe (vgl. auch die Register). Hier nenne ich noch fol-
gende Bücher: Bibliographie der Württembergischen Geschichte, im Auftrage der Württemb.
Kommission für Landesgesch., bearb. v. W. Heyd, 2 Bde. Stuttgart 1895/96. — Badische
Bibliothek. Systematische Zusammenstellung selbständiger Druckschriften über die Mark-
grafschaft, das Kurfürstentum und Großherzogtum Baden. 1. Abt. Staats- u. Rechtskunde.
Bd. 1. Karlsruhe 1897. 2. Abt. Landes- u. Volkskunde, bearb. v. O. Kienitz u. K. Wagner.
Ebd. 1901. — Bachmann, F., Die landeskundliche Literatur über die Großherzogtümer
Mecklenburg. Güstrow 1889. — Richter, P. E., Literatur der Landes- u. Volkskunde des
Königreichs Sachsen. Dresden 1S89 (Nachträge 1892 ff.). — Partsch, J., Literatur d. Landes-
u. Volkskunde der Provinz Schlesien. Breslau 1893 (auch als Ergänzungsheft zum Jb. d.
Gesellsch. f. vaterl. Kultur 70). — Winkelmann, E., Bibliotheca Livoniae historica. Syste-
matisches Verzeichnis der Hilfsmittel zur Geschichte Esthlands, Livlands u. Kurlands. 2. H.
St. Petersburg 1869—70. 2. Aufl. Berlin 1878.
Dreyhaupt, J. Chr. v., Genealogische Tabellen oder Geschlechtsregister so-
wohl der im Saal-Creyse mit Rittergütern angesessenen Familien als auch der adligen
Patricier und bürgerlichen Geschlechter zu Halle. Mit Wappentafeln. Halle 1750.
Für den sächsisch-thüringischen Adel von besonderer Wichtigkeit.
Fahne, Geschichte der Kölnischen, Jülichschen und Bergischen Geschlechter.
Köln und Bonn. I, 1848. II, 1853.
Derselbe, Geschichte der westfälischen Geschlechter unter besonderer Be-
rücksichtigung ihrer Übersiedlung nach Preußen, Curland und Liefland. Mit fast
1200 Wappen. Cöln 1858.
Derselbe, Geschichte der Herren und Freiherren von Hövel nebst Genealogie
derjenigen Familien, aus denen sie ihre Frauen genommen haben. 3 Bände in
4 Teilen. Mit mehr als 500 Illustrationen. 1856 — 60.
Derselbe, Die Dynasten, Freiherren und jetzigen Grafen von Bocholtz, nebst
Geschichte und Genealogie derjenigen Familien, aus denen sie ihre Frauen ge-
nommen haben. 4 Bde. in 5 Abteilungen. Mit fast 3000 Illustrationen. 1856 — 63.
Derselbe, Geschichte der Grafen, jetzigen Fürsten zu Salm-Reifferscheid,
sowie ihrer Länder und Sitze, nebst Genealogie derjenigen Familien, aus denen
sie ihre Frauen genommen. 2 Bände in 3 Abteilungen. Mit vielen Illustrationen.
1838—66.
Derselbe, Forschungen auf dem Gebiete der rheinischen und westfälischen
Geschichte. 5 Bände in 8 Abteilungen. Mit Illustrationen. Düsseldorf 1864 — 76.
Derselbe, Denkmale und Ahnentafeln im Rheinland und Westfalen. 6 Bände
mit vielen Abbildungen. Düsseldorf 1876 — 83.
Die Fahneschen Arbeiten gehören zu unseren verdienstvollsten, familiengeschichtlichen
Veröffentlichungen, erhalten aber durch das große westfälische Siegelwerk eine wesentliche
Ergänzung (s. u.). In diesem Zusammenhang sei auch notiert: H. F. Macco 1 ), Beiträge zur
j _tLJL£l*l
*) Kurz, J. Georges, Zur Abwehr der Angriffe des Herrn Herrn. Friedr. Macco in
Aachen. Zugleich ein Beitrag zur Aachener Familiengeschichte. Aachen 1905; dazu die Be-
leuchtung dieser Schrift von Kurz durch Lorenz M. Rheude, Papiermühle S.-A. 1905.
253
Geschichte Rheinischer Adels- und Patrizierfamilien. 1884 ff. — Wappenbuch Aachener Pa-
trizierfamilien im Deutschen Herold. 1906. (Vgl. Register unter: Macco.) — Arndt, E. M.,
Die Rheinischen ritterbürtigen Autonomen. Leipzig 1844. — Arnold Robens, Der ritter-
bürtige landständische Adel des Qroßherzogtums Niederrhein, in Wappen und Abstammung.
2 Bde. Aachen 1818.
Eberstein, Hand- und Adreßbuch der Genealogen und Heraldiker unter be-
sonderer Berücksichtigung der Familiengeschichtsforscher. Erste Abteilung des
Handbuchs für den deutschen Adel. Berlin, Mitscher & Röstell. 1889. 1900.
Die erste Hälfte dieses Werkes, bearbeitet von Alfred von Eberstein, 180 Seiten,
weist Berufsgenealogen nach für das Deutsche Reich und für Deutsch-Österreich. Die zweite
Hälfte, bearbeitet von Botho Freiherrn von Eberstein, 394 Seiten, behandelt die
Berufsgenealogen des Auslandes, nämlich: 1. Russische Ostseeprovinzen, 2. Böhmen und
Mähren, 3. Ungarn und Siebenbürgen, 4. Polen, 5. Die Niederlande, 6. Belgien, 7. Frankreich,
8. Die Schweiz, 9. Italien, 10. Finland, 11. Schweden, 12. Norwegen, 13. Dänemark, 14. Eng-
land, 15. Amerika, 16. Griechenland, 17. Spanien, 18. Rußland. Ein Namenregister für beide
Teile ist der zweiten Hälfte beigefügt. Wenn die angegebenen Adressen zufolge Todes oder
Wegzuges nicht mehr stimmen, wende man sich an einen unserer familiengeschichtlichen
Vereine, am besten an die großen, über das meiste Material verfügenden, d. i. für Deutsch-
land an den Deutschen Herold (Schriftführer desselben ist Geheimrat Seyler, Berlin W. 30,
Nollendorfstraße 10), für Österreich an die K. K. Heraldische Gesellschaft „Adler" in Wien
(Schriftführer ist Gerichtsadvokat Hofrat Dr. Witting, Wien I, Rathausstraße 8).
Franke, Otto, Das Rote Buch von Weimar. Zum erstenmal herausgegeben
und erläutert (= Thüringisch-sächsische Geschichtsbibliothek von Paul Mitzschke,
Band II). Gotha, Perthes, 1891.
Dieses Buch vergegenwärtigt uns den Übergang des größten Teiles der orlamündischen
Besitzungen in Thüringen an die Wettiner und das Hinsinken des einst so mächtigen Hauses
Orlamünde, welches in zielbewußter Erwerbungspolitik jahrhundertelang seinen Besitz immer
mehr vergrößert und abgerundet hatte. Mit dem Tode Hermanns VIII., Grafen von Orla-
münde, fiel 1372 das Gebiet an die wettinischen Landgrafen von Thüringen. Das Rote Buch,
aufbewahrt im Haupt- und Staatsarchiv zu Weimar, bringt in seinem ersten Teil eine
Matrikel dieser neuwettinischen Lande und aller damit verknüpften Nutzungen, während sein
zweiter Teil die Belehnungen des Landgrafen Balthasar nach der Landesörterung von 1382
verzeichnet. Der zweite Teil beginnt bei Franke mit Seite 75 und enthält zahlreiche Namen
adeliger und bürgerlicher Geschlechter. Der ausführliche Kommentar zu diesem zweiten
Teil gehört zum Besten, was über die mittelalterliche Familiengeschichte der thüringisch-
sächsischen Länder geschrieben ist.
Fürth, Freiherr Herrn. Ariovist von, Beiträge und Material zur Ge-
schichte der Aachener Patrizier-Familien, 2. Band. Bonn 1882.
Nur dieser Band II wurde von Freiherrn von Fürth selbst, Band I und III sind aus
seinem Nachlaß 1890 herausgegeben, enthalten mehr Beiträge zur Geschichte und Ver-
fassung der Stadt Aachen. Das Studium des IL Bandes wird durch Abbildungen von Siegeln
und Wappen sowie durch Urkundentexte gefördert. Vgl. auch unter Macco (s. Register).
Georgii-Georgenau, Eberhard Emil, Fürstlich Württembergisch Diener-
buch vom IX. bis zum XIX. Jahrh. Stuttgart 1877 (XXII und 812 Seiten).
Ein Werk, das für genealogische Studien eine Fülle des reichsten Materials über hohen
und niederen Adel, ausgestorbene wie noch blühende Geschlechter und über die bedeu-
tendsten bürgerlichen Familien Württembergs bietet; ders., Biographisch -Genealogische
Blätter aus und über Schwaben. Stuttgart 1879. Ausgezeichnetes, nach Inhalt und Form
hervorragendes Werk, für das Studium württembergischer Familien unentbehrlich.
Frankenau, Gerhard Ernst de, Bibliotheca Hispanica Historico-
genealogico-heraldica. Lipsiae, Sumptibus Georgii Weidmanni, Sac. Reg.
Pol. Maj. ac Elect. Saxon. Bibliopolae. Anno MDCCXXIV.
254
Das Werk umfaßt 412 Oktavseiten und 1490 Schriften in alphabetischer Reihenfolge
der Schriftstellen. Der umfangreiche „Index Cognominum et Familiarum" erleichtert das
Nachschlagen. Für spanische Familiengeschichte ist das Buch unentbehrlich.
Oatfield, George, Guide to Printed Books and Manuscripts relating to
english and foreign Heraldy and Genealogy being a classified Catalogue of Works
of those Branches of Litteratur. London, Mitschell and Hughes, 140 Wardour
Street, 1892.
Das Werk zeichnet sich durch Vollständigkeit aus, wimmelt aber in bezug auf Nicht-
englisches von Druckfehlern; es ist ein Verzeichnis aller genealogischen Bücher und Manu-
skripte, welche der Verfasser in den Katalogen der großen englischen Bibliotheken ver-
zeichnet fand. Es ist besonders wertvoll durch das Verzeichnis gedruckter „Family Histories,
Pedigrees and Peerage Cases" (S. 284 — 522). Die Abschnitte America, Austria, Belgium,
Danmark, France, Germany, Italy, Netherlands, Portugal, Russia and Poland, Spain, Sweden
and Norway, Swizerland sind namentlich wegen der hier aufgeführten, in englischen Samm-
lungen befindlichen, auf die betreffenden Länder sich beziehenden und dort bisher wohl
fast ganz unbekannten Manuskripte, Stammbücher etc. wertvoll.
Gleichenstein, Johann Basilius, Edler Herr zu (herz. Sachsen-Weimar.
Hofrath und Amtmann in Bürgel), Tabulae genealogicae, oder der vom Adel des
Fürstenthum Sachsen-Gotha Stemmatographia alphabetica. Frankfurt und Leipzig
1716ff.
Enthält 111 Familien und findet sich auch in desselben Gotha diplomatica, 4 Bde.,
Frankfurt a. M. 1717 f., an welchem Werke Friedrich Rudolph Edler Herr zu Gleichenstein
Teil hat.
Goethals, Felix Victor, Indicateur nobiliaire de France, de Belgique, de
Hollande, d'Allemagne, d'Espagne, d'Italie et d'Angleterre d'apres les collections
manuscriptes des Bibliotheques publiques de Belgique. Paris, Librairie Bachelin-
Deflorence, 3, Quai Malaquais, 1869.
Dieses Werk verzeichnet ohne jede Rücksicht auf die gedruckte Literatur in alpha-
betischer Folge die Familien, über welche in der Handschriftenabteilung der königlichen
Bibliothek zu Brüssel, in den Lefortschen Sammlungen des Staatsarchivs Lüttich, in der
heraldisch-genealogischen Bibliothek des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zu
Brüssel, in den Valkonisseschen Manuskripten der Bibliothek zu Antwerpen, endlich in den
Sammlungen des Verfassers etwas zu finden ist. Das Buch ist sehr nützlich, weil man aus
ihm feststellen kann, wo Handschriftliches über eine Familie vorhanden ist. Die betreffende
Aufbewahrungsstelle, Archiv oder Bibliothek, wird meist ohne Schwierigkeiten etwa vor-
handene gedruckte Literatur nachweisen.
Grellet, Jean, et Tripet, Maurice, President resp. Secretaire de la
Societe Suisse d'Heraldique. Heraldique et Genealogie. Berne, K. J. Wyss,
Libraire-Editeur 1895 (= Bibliographie Nationale Suisse. Repertoire methodique
de ce qui a ete publie sur la Suisse et ses habitants, Fasz. V, 4).
Das Werk umfaßt rund 1000 heraldisch-genealogische Schriften und zerfällt in zwei
Abteilungen. Die erste Abteilung verzeichnet „Werke über die gesamte Eidgenossenschaft
und solche, die mehrere Kantone betreffen oder von der Heraldik im allgemeinen handeln",
die zweite Abteilung „Werke, welche einzelne Kantone betreffen". An die Aufzählung der
Titel knüpfen sich oft kurze, belehrende Notizen über den Inhalt. Es sind Handschriften,
gedruckte Bücher und Beiträge zu Zeitschriften aufgenommen.
Gritzner, Maximilian, Standeserhebungen und Gnaden-Acte deutscher
Landesfürsten während der letzten drei Jahrhunderte. Nach amtlichen Quellen.
1. Band: Anhalt bis Bayern, mit Register. 1880. 2. Band: Braunschweig, Han-
nover, Hessen, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Fürsten von
255
Lichtenstein, Lippe, Mecklenburg, Nassau, Reuß, Sächsische Länder, Waldeck und
Pyrmont, Württenberg 1881. Görlitz, Starke. Dem 2. Band ist ein alphabetisches
General-Register und eine Reihe von Nachträgen zu beiden Bänden beigegeben.
Ein ganz vorzügliches Werk, das Ergebnis eines staunenswerten deutschen Gelehrten-
fleißes. Das ungeheure Material ist mit großer Sorgfalt und annähernder, jedoch nicht ab-
soluter Vollständigkeit verarbeitet. Nur sehr selten haben sich in der unendlichen Fülle von
Einzelheiten Irrtümer eingeschlichen. Wenn eine Familie bei Gritzner nicht erwähnt ist, so
folgt daraus noch keineswegs, daß sie nicht zum Briefadel gehört, schon deshalb nicht, weil
das einschlagende Urkundenmaterial nicht mit absoluter Vollständigkeit erhalten ist. Das
Werk ist für alle auf Briefadel bezüglichen Untersuchungen in keiner Weise zu entbehren.
Über Brandenburg schrieb derselbe Verfasser: Chronologische Matrikel der Brandenburg-
Preußischen Standeserhöhungen und Gnadenakte von 1600 — 1873. Berlin, Mitscher & Rösteil,
1873. — Ein allerdings unvollständiges — vgl. Frhrn. v. Zedtwitz im „Dresdner Residenz-
Kalender" 1909, Dresden, Verlag von H. Burdach (Warnatz & Lehmann), im Vergleich mit
Fiekers Angaben über Sachsen — Verzeichnis der deutschen Standeserhebungen aus dem
Jahre 1907 gibt Hans Fieker ASW 1908.
Gritzner, M., Handbuch der heraldischen Terminologie in zwölf (germanischen
und romanischen) Zungen, enthaltend zugleich die Haupt-Grundsätze der Wappen-
kunst. Nürnberg 1890 (= Siebmachers Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B)
325 Seiten groß 4 mit 36 Tafeln.
Dieses Werk ist das beste der zahlreichen Lexika der heraldischen Kunstsprache alter
und neuer Zeit und bringt insbesondere auch eine Erläuterung derjenigen Ausdrücke, welche
durch den Verein „Herold" jetzt die größte Verbreitung gefunden haben. Die gut aus-
geführten Tafeln sind, zusammen mit den beigegebenen „Erklärungen" und dem ausführ-
lichen Text des Buches selbst, geeignet, auch dem Laien auf heraldischem Gebiete in das-
selbe näher einzuführen. Dem Verein „Herold" gebührt das Verdienst, durch jahrelang
fortgesetzte, konsequente Bemühungen wesentlich zur systematischen Ausbildung der
Terminologie beigetragen zu haben. Hierdurch ist eine überaus wertvolle Grundlage für
die einheitliche Ausgestaltung und Rezeption der heraldischen Kunstsprache geschaffen
worden. Es läßt sich indessen nicht verkennen, daß diese Terminologie teilweise gekünstelt,
allgemein gar nicht und nur dem wohlbewanderten Spezialisten verständlich ist. Es wird
daher neuerdings von mehreren Seiten auf eine wirklich praktische Blasonierungsmethode
und eine allgemeinverständliche Terminologie unter Aufgabe eines Teiles der durch den
Verein „Herold" eingeführten Kunstausdrücke besonderes Gewicht gelegt. Vgl. diesbezüglich
Josef Ritter v. Bauer, Über die notwendige Planmäßigkeit heraldisch -genealogischer
Forschung und Quellenpublikation, Monatsblatt der K. K. Gesellschaft Adler 1907, wiederholt
nachgedruckt, z. B. als besondere Beilage zum „Deutschen Herold" 1907, Nr. 12.
Gritzner, M., und Hildebrandt, Ad. M., Wappenalbum der gräflichen
Familien Deutschlands und Österreich-Ungarns. Leipzig, Weigel, 4 Bde., 1885 bis
1890. Gr. Lex.-Format.
Der begleitende Text geht auf die Diplome zurück, die Zeichnungen entstammen der
Meisterhand Hildebrandts. Das Werk umfaßt zwar nicht alle gräflichen Familien; was aber
dargeboten wird, ist zuverlässig.
Gundlach, O., Bibliotheca familiarum nobilium. Repertorium gedruckter
Familiengeschichten und Familiennachrichten. Ein Handbuch für genealogische
Forscher und Bibliothekare. Erster Band A bis L. Zweiter Band M bis Z. Nach-
trag. Neustrelitz, Verlag von Gundlachs Antiquariat. 1897.
Dieses Werk enthält ein alphabetisches Verzeichnis nach Familiennamen mit Hinweisen
auf das Vorkommen in der Literatur. Für Deutschland und Österreich ist es die vollstän-
digste Nachschlagegelegenheit, welche es gibt. Das nichtdeutsche Ausland ist nur sehr
mangelhaft vertreten. Doch finden sich auch für deutsche Familien empfindliche Lücken.
256
So scheint der für genealogische Dinge aller Art eine wahre Fundgrube bildende „Rhei-
nische Antiquarius" von Stramberg mit seinen vierzig starken Bänden dem Verfasser ganz
unbekannt geblieben zu sein. Es ist vor dem Irrtum zu warnen, daß, wenn in diesem Buch
über eine Familie nichts enthalten ist, es über sie überhaupt nichts Gedrucktes gäbe.
Hattstein, Damian Hartard von, Die Hoheit des teutschen Reichs Adels etc.
Das ist: Vollständige Probe der Ahnen unverfälschter Adlicher Familien, ohne
welche keiner auff Ertz-Dhomb, hoher Orden- und Ritter-Stiffter gelangen kan
oder angenommen wird. 3 Bände. Mit 3 Titelkupferz., Portr. des Fürst Albert
Adolf v. Fulda. 16 Wappentafeln u. zahlreiche Wappen. Fulda 1729 — 40. Großfol.
Jeder Band führt die einzelnen Familien in alphabetischer Reihenfolge von A bis Z vor.
Es sind zwar nicht alle Adelsfamilien aufgenommen, für die aufgenommenen aber ist ein
riesiges genealogisches Material vorgelegt. Auch die zahlreichen Wappenabbildungen sind
beachtlich. Ein Generalregister zu allen drei Bänden fehlt.
Hauptmann, F., Das Wappenrecht. Historische und dogmatische Darstel-
lung der im Wappenwesen geltenden Rechtssätze. Ein Beitrag zum deutschen
Privatrecht. Mit 2 Farbendrucktafeln und 104 Textillustrationen. Bonn 1896.
Aus diesem großen zusammenfassenden Werke über das Wappenrecht sei die vortreff-
liche Orientierung über die „Literatur des Wappenrechts" Seite 22 ff. hervorgehoben. Die
einzelnen Lehrsätze des Wappenrechtes des alten und des jetzigen deutschen Reiches
werden durch zahlreiche Beispiele aus der Wappenführung einzelner Familien erläutert. So
verbirgt sich in diesem klassischen „Beitrag zum deutschen Privatrecht" eine stattliche Menge
familiengeschichtlicher Nachrichten aus allen Ländern germanischer Zunge. Ein vortreffliches
Namen- und Sachregister erleichtert das Nachschlagen.
Hettler, A., Archivalischer Almanach. I. Jahrg. 1903/4. Großenhain und
Leipzig, Verlag von Baumert und Ronge.
Enthält ein kurzes Verzeichnis der historischen Archive des Deutschen Reiches, Öster-
reich-Ungarns, der Schweiz, der Niederlande und der Ostseeprovinzen Rußlands, welche
unter fachmännischer Leitung stehen. Daran schließt sich ein Lexikon aktiver Archivare mit
Angaben über deren literarische Tätigkeit. Auch ein Verzeichnis der „Archivalischen Zeit-
schriften" ist beigegeben. Über desselben Verfassers „Adreßbuch der wichtigsten Archive
Europas. I. Deutsches Reich ohne Preußen", 1903, das gar keine Archivbestände verzeichnet,
vgl. Tille in DGB 1904.
Hübner, Joh., Bibliotheca genealogica, das ist ein Verzeichnis aller alten
und neuen genealogischen Bücher von allen Nationen in der Welt, den Liebhabern
der politischen Wissenschaften zur Bequemlichkeit gesammelt und in eine richtige
Ordnung gebracht. Hamburg, bei Christian Wilhelm Brandt 1729.
Es ist eine systematische, allgemeine genealogische Bibliographie mit kritischen Bemer-
kungen über einzelne Werke und zeugt von großem Fleiß und vieler Belesenheit. Hübner
ist in seinen kritischen Bemerkungen eilfertig (Kekule von Stradonitz, Aufsätze a.d. Staats-
recht und der Genealogie, Berlin 1905, S. 190 f.). Trotzdem ist das Buch noch heute wohl
zu brauchen. Ein gutes Autoren- und ein Sachregister ist beigegeben. Die Angaben über
außerdeutsche genealogische Bücher sind weit weniger vollständig als diejenigen über deutsche.
Huyttens, J., PArt de verifier les Genealogies des Familles Beiges et
Hollandaises. Bruxelles, Librairie ancienne de G. A. van Trigt, Rue Saint-Jean,
30, 1865.
Zunächst wird ein chronologisch geordnetes Verzeichnis der über hundert benutzten
Werke, jedoch ohne kritische Bemerkungen, sodann ein sorgfältiges Namenverzeichnis der-
jenigen belgischen und holländischen Familien dargeboten, über welche sich in den wich-
tigsten Einzel-, Sammel- Werken und Zeitschriften der genannten Länder etwas findet, mit
Angabe der Fundstellen.
257
Janeki, Marcelli, Handbuch des preußischen Adels. Berlin 1892/93.
Dieses Werk ist unter Förderung des Kgl. Preuß. Herolds-Amtes herausgegeben. Für
die allerdings nicht große Zahl von Familien, die es behandelt, ist es wohl das zuverlässigste
Buch, was über den preußischen Adel bisher erschienen ist. Über diesen Adel sind außer
den an anderer Stelle von mir genannten Arbeiten die folgenden erschienen:
Bernd, Chr. S. Theod., Wappenbuch der preußischen Rheinprovinz. Mit Beschrei-
bung der Wappen. 2 Teile. Bonn 1835.
Diethmar, Churmärkische Adelshistorie oder Genealogie. Frankfurt a. O. 1737.
Dorst, Schlesisches Wappenbuch. Görlitz 1842—46.
Gritzner, Alphabetischer Nachweis der sämtlichen adeligen Familien, welche das
schlesische Inkolat erhalten haben, VJH 16.
Grundmann, Christ. Wlh., Versuch einer Uckermärkischen Adelshistorie. 2 Bde.
Prenzlau 1744.
Hennings, H., Genealogiae aliquot familiarum nobilium in Saxonia; quae vel a comi-
tibus vel baronibus ortae quosdam Pontificiam episcopalem dignitatem adeptos produxerunt.
Hamburgi ex Officina Jacobi Wolfii. MDXC.
Krone, Freiherr A. v., Wappen- u. Handbuch des landgesessenen Adels in Schlesien.
Mit Zeichnungen von Prof. Ad. M. Hildebrandt, Görlitz 1901—4.
v. Mülverstedt, Der altmärkische Adel in kurbrandenburgischen u. preuß. Kriegs-
diensten 1640—1713. Altmärk. Ver. 33, 45 46.
Pfotenhauer, Der Adel des Fürstentums Öls im 16. Jahrh. Zeitschr. d. Ver. f. Gesch.
u. Altert. Schlesiens, XXI 1887, S. 318 ff.; Schlesien im Dienste des deutschen Ordens im
Jahie 1410, ebd. XV, 1880, 203 ff.; die fünfzig Ritter von 1294, ebd. XVI, 1882, 157 ff.; die
Ritterschaft von Teschen im 16. Jahrh. ebd. XVIII, 1884, 270 ff .
Priebatsch, Die Hohenzollern u. d. Adel der Mark, HZ 88, 193 ff.
Robens, A., Der ritterbürtige, landständische Adel des Großherzogtums Niederrhein,
dargestellt in Wappen und Abstammungen. Bd. 1, 2. Aachen 1818 (mit Wappenabbildungen).
Sinapius, Johannes, Kuriositäten, darinnen die ansehnlichen Geschlechter des schle-
sischen Adels mit Erzählung des Ursprungs, der Wappen, Genealogien, der qualifiziertesten
Kavaliere, der Stammhäuser und Güter beschrieben. 2 Bde., 1720. 1728. (Eine sehr fleißige,
wenn auch in vielen Punkten veraltete Materialiensammlung, noch heute mit Nutzen zu ge-
brauchen. Jeder Band reicht selbständig von A bis Z und ist mit Register versehen.)
Spießen, M. v., und Hildebrand, Wappenbuch des westfälischen Adels. Görlitz,
Starke, 1898—1903.
Stillfried, Graf R., Beiträge zur Geschichte des schles. Adels. Berlin, R. v. Deckers
Verlag, G. Schenck. Heft I: Die Grafen Schaffgotsch 1860. Heft II: Auszüge aus dem älte-
sten Glatzer Amtsbuche und der Adel des Glatzer Landes 1864. Heft III: Regesten zur
älteren Geschichte der Grafen Mettich, Freiherrn von Tschitschau 1870.
Wernicke, Urkundliche Beiträge zur Geschichte der Adelsfamilien in den Kreisen
Bunzlau — Löwenberg 1866.
Zahn, Die Ritterschaft des Kreises Stendal. Stendal 1892; Die Ritterschaft des Kreises
Osterburg. Ein Beitrag zur Geschichte des altmärkischen Adels. Stendal 1897.
Vgl. auch Cavaignac, Godefroy, La feodalite en Prusse ä la fin de XIX. siecle
(Revue de Paris, 1. mars 1894).
Schrötter, Frhr. Robert v., Der deutsche, insbesondere der preußische Adel im
19. Jahrh. u. d. deutsche Adelsgenossenschaft. Neudamm 1907.
Ferner sind hier die preußischen Adelslexika zu nennen: Ledebur, Leop. Freiherr v.,
Adelslexikon der preuß. Monarchie, 3 Bde. Berlin 1855 ff.
Mannstein, Ober- und niedersächsisches Adelslexikon. Bd. 1, Abteil. 1, Dresden und
Leipzig 1843 (wurde nicht fortgesetzt).
Zedlitz-Neukirch, Freiherr v., Preußisches Adelslexikon 1837. Vgl. oben Seite 88.
Zur Einführung in die Literatur über preuß. Geschichte ist am meisten zu empfehlen
Koser, Rnh., Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. I. 1888,
Seite 1—56. Zur Einführung in die Literatur speziell über Schlesien sei hingewiesen auf
Heydenreich, Familiengeschichtliche QuellenKiinde. 17
258
Markgraf, H., Die Entwickelung der schlesischen Geschichtsschreibung, Zeitschr. d. Ver. f.
Gesch. u. Altertumsk. Schlesiens. XXII, 1888, S. 1 ff.
Kekule von Stradonitz, Stephan, Ausgewählte Aufsätze aus dem Gebiete
des Staatsrechtes und der Genealogie. Festschrift zur Thronbesteigung Seiner
Königlichen Hoheit des Herzogs Carl Eduard zu Sachsen-Coburg und Gotha.
1905. Neue Folge: Festschrift zur Silberhochzeit Seiner Hochfürstlichen Durch-
laucht des Fürsten Georg zu Schaumburg-Lippe und Ihrer Hoheit der Fürstin
Marie Anna zu Schaumburg-Lippe, Herzogin zu Sachsen. 1907. Berlin, Carl
Heymanns Verlag.
Diese beiden inhaltreichen Sammlungen des rühmlichst bekannten Genealogen bieten
in ihrem ersten Bande außer Beiträgen zur Genealogie des Gesamthauses Sachsen-Coburg
und Gotha, der Hohenzollern, Habsburger und anderer fürstlichen Geschlechter, außer
mehreren staatsrechtlichen Aufsätzen, insbesondere über Ebenbürtigkeit und über das preu-
ßische Heroldsamt drei populäre Aufsätze allgemeinen Inhaltes über die Beziehungen der
Genealogie zur wissenschaftlichen Behandlung des Staatsrechtes, über Ziele und Aufgaben
der wissenschaftlichen Genealogie und über Ahnenproben auf Kunstwerken. Von den genea-
logischen Detailaufsätzen seien die über Philipp Jakob Spener in seiner Bedeutung für die
Heraldik und die Genealogie und „Ein genealogischer Schnitzer in Wilhelm Maurenbrechers
.Gründung des Deutschen Reiches'" hervorgehoben. Die zuletzt genannte Abhandlung
nimmt Bezug auf die „Luxemburger Frage", welche 1867 die öffentliche Meinung in Deutsch-
land stark beschäftigte, und zeigt an einem typischen Beispiele, „daß ein wenig Genealogie
für die großen Geschichtsschreiber eine ganz nützliche Sache ist". Man kann hinzufügen,
daß derartige genealogische Schnitzer, wie Maurenbrecher einen machte, dazu beitragen, die
Darstellungen wichtiger Geschichtsvorgänge an unseren Schulen unrichtig zu beeinflussen,
und daß daher auch unsere Lehrer gut daran tun, sich mit den Grundsätzen der wissen-
schaftlichen Genealogie bekannt zu machen. Der zweite ebenso verdienstvolle Band Kekules
von Stradonitz bringt außer anderen Beiträgen Aufsätze über das Haus Oldenburg, über die
Adelsfälscherprozesse in Österreich, über „Wissenschaftliche Genealogie als Lehrfach", den
Handapparat des Ahnenforschers, die Eintragungen der Taufen unehelicher Kinder in die
Kirchenbücher, genealogische Merkwürdigkeiten, Goethe als Pate, die Ahnen des Prinzen
Georg von Preußen, Rechtsgeschäfte über Wappen und Wappenteile im Mittelalter, die
Wappenkunst der Bühne, Goethes Orden, die Friedensklasse des Ordens pour le merite, den
Kgl. Preußischen Orden vom Schwarzen Adler und den Kgl. Bayer. Hausritterorden vom
Heiligen Hubertus. Beide Bände sind in einer edlen Sprache bei voller Beherrschung des
Stoffes geschrieben und gehören zu den bei weitem besten Erscheinungen der modernen
genealogischen Literatur.
Kindler von Knobloch, J., Oberbadisches Geschlechterbuch, herausgegeben
von der badischen historischen Kommission, mit Wappen. 1. Bd. 1898, 2. Bd.
1905. Heidelberg, Carl Winters Universitätsbuchhandlung.
Dieses groß angelegte, auf den eingehendsten Forschungen tief gegründete Werk liegt
gegenwärtig bis zum Buchstaben L (letzter Artikel: von Lych) vor und umfaßt alle dem
hohen und niederen Adel sowie dem Patriziate angehörigen Geschlechter, welche seit den
ältesten Zeiten bis etwa zur Zeit des dreißigjährigen Krieges auf Oberbadischem Gebiete
urkundlich auftraten. Zahlreiche Wappenzeichnungen und Stammtafeln erleichtern das Ver-
ständnis. In dem der Badischen Historischen Kommission jederzeit zur Verfügung stehenden
Manuskripte sind die Quellen, auf deren Angabe der Raumersparnis wegen verzichtet werden
mußte, bezeichnet; der Verfasser hat auf gelegentlich an ihn gerichtete Anfragen bezüglich
des Nachweises einzelner Daten diesen bereitwilligst stets geführt. Soweit das Werk von
Kindler von Knobloch noch nicht fortgesetzt ist, ist zu verweisen auf Becke-Klüchtzner,
L. v. d., Stammtafeln des Adels des Großherzogtums Baden. Mit Nachtrag. Baden-Baden
1886—88. — Cast, Fr., Historisches und genealogisches Adelsbuch des Großherzogtums
Baden. Nach offiziellen, von den Behörden erhaltenen und anderen authentischen Quellen
259
bearbeitet. 1845. — Graß, Frhr. v., Wappenbuch des gesamten Adels des Qroßherzogtums
Baden und die fürstlich Fürstenbergischen Standeserhöhungen. 1878.
Kneschke, Ernst Heinrich, Deutsche Grafen-Häuser der Gegenwart in
heraldischer, historischer und genealogischer Beziehung. 3 Bde. Leipzig, Weigel,
1852—54.
Das Werk ist die noch heute nützliche Frucht eines mühsamen Quellenstudiums und
bietet Abbildungen und Beschreibungen der Wappen und den Nachweis der Abstammung
der jetzigen Familienglieder, soweit er nachweisbar war. Der bei Erscheinen des Werkes
vorhandene gesamte Mannesstamm der Häuser wird aufgezählt. Vgl. auch Seifert, J.,
Geneal. Beschreibung aller des H. R. R. jetzt lebender Graffen u. Herren. 2. Aufl. Regens-
burg 1722. — Genealogie Hoch-Adelicher Eltern und Kinder. 2 Tle. Regensburg 1716 — 24.
— Hochadl. Familien. 5 Tle. 1707 — 11. — Recht aufeinander folgende Ahnen in genealog.
Tabellen. Regensburg 1712. — Ahnentafeln. 5 Bde. Regensburg 1716—1730. — Hochadl.
Stammtafeln. 4 Bde. Regensburg 1721.
Kneschke, Ernst Heinrich, Die Wappen der deutschen freiherrlichen und
adeligen Familien in genauer, vollständiger und allgemein verständlicher Beschrei-
bung. Mit geschichtlichen und urkundlichen Nachweisen. 4 Bände. Leipzig,
Weigel, 1855—57.
Jeder Band dieses noch heute sehr nützlichen Werkes enthält eine Reihe von Familien
in alphabetischer Folge von A — Z. Ein Gesamtregister fehlt. Band 4 enthält von Seite 474
an Nachträge zu Band 1—3.
Kneschke, Ernst Heinrich, Neues allgemeines deutsches Adelslexikon
1859 ff. 9 Bände.
Dieses Werk ist das ausführlichste unserer deutschen Adelslexika, vollständiger als die
Lexika über den deutschen Adel von Gauhe (I 1740, II 1747) und Hellbach (I 1825,
II 1826) und die Lexika über den preußischen Adel. Leider hat Kneschke auch sehr un-
zuverlässige Quellen mit verwendet. Seine Angaben sind daher stets streng nachzuprüfen.
Sehr dankenswert sind fortlaufende Nachweise über die benutzten Quellen und Hilfsmittel
für fast jede Familie. Zur Ergänzung von Kneschke ist zu empfehlen das lexikalisch gearbeitete,
von v. Hefner benutzte Stammbuch des Adels in Deutschland, 4 Bde. 4° (Regensburg
1860—66). Besonders hervorgehoben zu werden verdient der erste Band von Kneschkes Adels-
lexikon, weil sich hier am Schlüsse des Vorwortes ein in chronologischer Ordnung abgefaßtes
Verzeichnis der wichtigeren adelsgeschichtlichen Werke seit dem 16. Jahrhundert befindet.
Knesebeck, Frhr. von dem, Handbuch des Adels im Königreich Han-
nover. 1840.
Enthält manche sonst schwer erreichbare Notiz. Zur Ergänzung dient Grote, H.,
Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig.
Hannover 1843. Vgl. auch: Verzeichnis der in den Chur-Hannöverschen Landen in dem
laufenden Jahrhundert publizierten Standes- und Namensveränderungen, Grafen-, Freiherrn-
und Adel-Stand betr. Hannover 1800.
Knothe, Hermann, Geschichte des Oberlausitzer Adels und seiner Güter
vom XIII. bis gegen Ende des XVI. Jahrhunderts. Leipzig 1879. Fortsetzung
der Geschichte des Oberlausitzer Adels und seiner Güter von der Mitte des
16. Jahrhunderts bis 1620. Jetzt Verlag von Warnatz und Lehmann in Dresden.
Ein vorzügliches Werk von großer Zuverlässigkeit, jedoch unter Vernachlässigung der
Heraldik. Bei dem Ein- und Auswandern unserer Geschlechter ist das Werk nicht nur für
die Familiengeschichte der Lausitz eine Fundgrube ersten Ranges, sondern einer unserer
besten Beiträge zur deutschen Familiengeschichte überhaupt. Vgl. auch oben unter Carpzov
und Mülverstedt, S. A. v., Der oberlausitzische Adel im großen preußischen Bundeskriege
1454—1466 und unter den Rittern des deutschen Ordens in Preußen, NLM 66, 262; ders.,
Über die Nationalität alter oberlausitzischer Adelsgeschlechter, ebenda 67, 147; 70, 287 (vgl.
17*
260
hierzu auch Knothe, ebenda 68, 50). Bestand des oberlausitzischen Adels im 16. Jahrh.,
ebenda 16, 199. Der oberlausitzische angesessene Adel im Jahre 1657, ebenda 11, 76. —
Schneider, Magnus' genealogische Collectaneen. Inhaltsangabe zweier Bände, ebenda 17,
294. — Familiennachrichten und Stammbaummaterialien in der Zittauer Stadtbibliothek,
ebenda 31, 80. — Pescheck, Literatur des oberlausitzischen Adels, ebenda 36, 365. Derselbe
hat über gelehrte Lausitzer gehandelt, ebenda 21, 343; 12, 93; 13, 61; 17, 299; 18, 342; 19,
217; 21, 123, 434; 34, 177; 41, 68. Vgl. auch Knothe, Höherer und niederer Adel in der
Oberlausitz, ASG, N. F. 4. — Grosser, Samuel, Lausitzer Merkwürdigkeiten, Leipzig
1714, Fol., gibt im 4. Teil ein Verzeichnis des Lausitzer Adels mit seinen Gütern.
Koner, Dr. W., Kustos an der k. Universitätsbibliothek zu Berlin, Repertorium
über die vom Jahre 1800 bis zum Jahre 1850 in akademischen Abhandlungen,
Gesellschaftsschriften und in wissenschaftlichen Journalen auf dem Gebiete der Ge-
schichte und ihrer Hilfswissenschaften erschienenen Aufsätze. Bd. II. Hilfswissen-
schaften der Geschichte. Heft 1. Genealogie, Heraldik und Sphragistik, Biographie,
Diplomatik. Berlin, Verlag der Nicolaischen Buchhandlung, 1853.
In Betracht kommt hier namentlich der Abschnitt „Zur Genealogie einzelner adeliger
Geschlechter" (S. 3—66), der sich keineswegs auf Familien Deutschlands und Österreichs
beschränkt. Dieses Repertorium ist noch heute wichtig wegen der darin enthaltenen Hin-
weise auf die beiden großen genealogischen handschriftlichen Aufzeichnungssammlungen
zu Berlin, nämlich die Collectio Koenigiana und die Collectio Plothoniana, erstere die be-
deutendere und umfangreichere, beide in der königlichen Bibliothek daselbst.
Lang, Karl Heinrich Ritter von, Adelsbuch des Königreichs Baiern 1815.
Supplement zum Adelsbuch des Königreichs Bayern 1820.
Der ehemalige Vorstand des bayrischen Reichsherold-Amtes bietet Auszüge
aus der bayrischen Adelsmatrikel. Es ist aus dem Buche und seinem Supplement
zu entnehmen, welche Geschlechter bis 1820 in Bayern als adelig anerkannt sind.
Diese Familien gehören nicht nur dem bayrischen Briefadel, sondern allen mög-
lichen deutschen und außerdeutschen Adelsgruppen an. Das Beste über das bayrische
Adelsrecht findet sich in Seydel, Max von, Bayrisches Staatsrecht. Leipzig 1895.
2. Aufl. Bd. I. Über den bayrischen Adel sind außerdem folgende Arbeiten vorhanden:
Böhaimb, Beiträge zur Genealogie oberpfälzischer Adels-Geschlechter, Verhandlgn.
d. hist. Ver. v. Oberpfalz und Regensburg 23. N. F. 15.
Brechtel von Sittenbach, Bayerisches Turniergeschlechter- Register. Regens-
burg 1625. Vgl. oben Seite 180.
Einziger von Einzig, J. M., Bayrischer Low, . . . historisches und heraldisches Ver-
zeichnis der Bayrischen Turnierer und Helden. 2 Bände. Mit vielen Wappen auf 23 Kupfer-
tafeln. München 1762.
Fellner, Rob., Die fränkische Ritterschaft von 1495 — 1524. Mit einer Einleitung.
Hauptsächlich nach Quellen aus dem Hochstift Würzburg. Berlin 1905 (= Historische
Studien, veröffentlicht von E. Ebeling, Heft 50).
Föringer, Verzeichnis der in den drei Bänden von Hundt vorgetragenen Adels-
geschlechter, Jahrb. d. hist. Ver. v. Oberbayern 1843 u. OBA 12.
v. Hefner, Adliger bayerischer Antiquarius. I: der große, II: der kleine Adel 1866/67.
Vgl. auch v. Hefner, Altbayrische Heraldik, OBA 23, 30.
Hund, Wiguleus, Zu Sultzenmos. Bayr. Stammbuch. Der erst Theil, Von den ab-
gestorbenen Fürsten, Pfaltz-, March-, Landt- und Burggrauen, Grauen . . . deß löblichen
Fürstenthumbs in Bayern dienende Theil, von den Fürsten, Grauen, Herren, auch andern
alten adelichen Bayrischen Geschlechten, so die Thurnier besuchet, vnd under dieselben
gerechnet werden, noch der Zeit im Leben. 2 Bände. Mit Wappen und Holzschnitten.
Ingolstadt 1585, 86. Ein dritter handschriftlicher Band existiert in mehreren Exemplaren. Die
Arbeiten von Hund sind mit Vorsicht zu benutzen.
261
Kohlhagen, H. Th. von, Das Domkapitel des alten Bistums Bamberg und seine
Canoniker. Ein Beitrag zur Geschichte des fränkischen Adels. (Selbstverlag, Bamberg.)
Leoprechting, Karl Frhr. v., in Neuötting, General-Acta der während der kaiserl.
Administration für ungiltig erklärten und zu kaiserlicher Renovation angewiesenen von Kur-
bayern aus erhobenen Freiherrn und Adelichen in annis 1709 — 1712. Nebst einer Spezifikation
aller unter Maria und Max Emanuel in Bayern gegraften, gefreiten und geadelten Geschlechter
von 1654—1703, NBV 8.
Nibler, Eman., Die Edelmannsfreiheit in Bayern. Landshut 1808 (mit Verzeichnissen
des altbayrischen Adels aus Hund).
Pleß, Verzeichnis des oberbayrischen Adels, in: „Festgabe zum Witteisbacher Jubiläum"
I. Heft. Donauwörth 1880.
Primbs, K., Güter und Wappen des altbayrischen Adels, AZ 10. Die zahlreichen
sonstigen Arbeiten von Primbs sind an anderer Stelle verzeichnet, vgl. Register.
Scheuerer, Oskar, Die Stiftsmäßigkeit des gegenwärtig in Bayern immatrikulierten
Adels. Würzburg 1871.
Seyler, Gust. A., Adelsbuch des Königr. Bayern (1820 — 1875). Nach amtlichen Quellen
in Anschluß an das gleich betitelte Werk des Ritters Karl Heinrich von Lang. Nürnberg,
Bauer & Raspe, 1877. (Dieses Werk ist um so dankenswerter, als O. T. von Hef ner bei seiner
Bearbeitung des bayer. Adels im Siebmacherschen Wappenbuch gerade diejenige Quelle, welche
die besten Grundlagen für das Werk geliefert hätte, das bayrische Regierungsblatt, nicht benutzte.
Stinglheim, Christof v., Die erloschenen u. noch blühenden altadlig bayrischen
Familien. Regensburg 1798.
Tyroff s. S. 157.
Wölckern, M. C.W. v., Beschreibung aller Wappen der fürstl., gräfl., freih. u. adlichen
jetzt lebenden Familien im Kgr. Baiern, Nbg. 1831 f., 4 Bde., deren Reihenfolge, nach dem
Tyroffschen Bayrischen Wappenbuch behandelt, bis Caspar geht (mehr erschien nicht).
Würfel, Histor., genealog. u. diplom. Nachrichten zur Nürnbergischen Stadt- u. Adels-
geschichte. 2 Bde. Nürnberg 1766 — 67.
Oberpfälzischer Adel. Bayrische Annalen. 1835. — Parnassus boicus. München u.
Regensburg 1722 — 40. 7 Bde. — Wohl das umfangreichste Werk über den bayrischen Adel
sind 31 Bände mit weiteren 7 Bänden Ergänzungen v. Prey, Bayrische Adels-Beschreibung,
zirka 1750 mit Unterstützung des Fürstbischofs Franz (Eckner) von Freysing gesammelt u.
mit Wappen illustriert. Cod. bav. 2290. — Eine andere Sammlung ist: Schifer, Carl
Frhr. v. u. z. Freyling, „Von vornehmen und adeligen Geschlechtern". Sieben Bände
genealogischer Exzerpte gesammelt zu Regensburg 1668 ff. Cod. bav. 888 — 94. — Diese
älteren Arbeiten sind freilieh nur mit Kritik zu benutzen. — Als ein genealogisches Unikum
kann das von Fr. Warnecke herausgegebene „Augsburger Hochzeitsbuch" (Berlin,
R. Kühn, mit 3 Wappentafelbeilagen) bezeichnet werden. Von Hans Schellenberger i. J. 1484
angelegt und von dessen Nachkommen bis zum Jahre 1591 fortgeführt, enthält es ein genaues
Verzeichnis der in dem genannten Zeiträume innerhalb der sogenannten „Mehreren Gesell-
schaft zu Augsburg" geschlossenen Vermählungen sowie historische Begebenheiten jener
Epoche in höchst originellen und naiven Reimen. So ist uns für einen Zeitraum und einen
Gegenstand, hinsichtlich dessen uns andere Quellen, namentlich die Kirchenbücher, vollständig
im Stiche lassen, hier eine reiche Fülle genealogischer Nächrichten überliefert, für die
Genealogie der Augsburger Geschlechter, darunter die weltberühmten Fugger, Welser etc., von
höchstem Werte. Die über mehrere tausend Personen gegebenen Daten betreffen hauptsächlich,
jedoch nicht ausschließlich, süddeutsche, insbesondere schwäbische und österreichische Familien.
Lehr, E., L'Alsace noble, suivie du „Livre d'or du patriciat de Strasbourg".
3 vols. avec portraits vues armoiries etc. Paris 1870.
Aus der reichen einschlagenden französischen Literatur über den Elsaß erwähne ich
das offizielle, auf Befehl Ludwigs XIV. verfaßte, aber erst 1861 herausgegebene Armorial de
la generalite d'Alsace. Recueil officiel dresse par les ordres de Louis XIV et publie pour la
premiere fois. Paris, Colmar et Strasbourg 1861. Ferner ist zu vergleichen Kindler von
Knobloch, Der alte Adel im Oberelsaß, Berlin 1882. Vgl. auch Register.
262
Lippert, Woldemar, und Beschorner, Hans, Das Lehnbuch Friedrichs
des Strengen, Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, 1349 bis
1350. Leipzig, Teubner, 1903.
Inhalt: Die Entstehung und Entwickelung der deutschen Lehnbücher. Das Lehnbuch
Friedrichs des Strengen von Meißen und Thüringen, Entstehung und Anlage des Lehnbuches.
Text des Lehnbuches mit Kommentar. Anhang: Verzeichnis der Herren und Edlen in
Meißen, Osterland, Thüringen und der Niederlausitz um 1347 usf. Von diesen Anhängen ist
für familiengeschichtliche Studien wichtig die im Erfurter Urkundenbuch nicht enthaltene
Zusammenstellung der markgräflichen Kanzlei über den Gerichtsstand von Erfurter Bürgern
vor dem landgräflichen Gerichte „in den vier Stühlen". Sodann folgen Ergänzungen zum
Kommentar, Übersichten und Register. Das Werk bildet Band VIII der Schriften der Kgl.
Sächsischen Kommission für Geschichte und ist für die Erforschung der ältesten sächsisch-
thüringischen Adelsgeschichte unentbehrlich. Vgl. zu diesem Werke: Lippert, Vasallenverzeich-
nisse der niederlausitzischen Herrschaften Forst und Pforten aus den Jahren 1740 und 1746
in den Niederlausitzer Mitteilungen Bd. VIII.
Lorenz, Ottokar, Lehrbuch der gesamten wissenschaftlichen Genealogie.
Stammbaum und Ahnentafel in ihrer geschichtlichen, soziologischen und natur-
wissenschaftlichen Bedeutung. Berlin 1898.
Dieses epochemachende Werk stellt die Genealogie als Wissenschaft in ihren gesamten
Beziehungen zu historischen, gesellschaftlichen, staatlichen, rechtlichen und vor allem auch
naturwissenschaftlichen Fragen und Aufgaben systematisch dar. Nach einer ausgedehnten
Einleitung über Genealogie als Wissenschaft behandelt der erste Teil des Werkes die Lehre
vom Stammbaum in vier Kapiteln: Genealogische Grundformen. Die Stammtafel in formaler
Beziehung. Der Inhalt der Stammtafel. Von dem Beweise der genealogischen Tafeln.
Hierauf folgt der zweite Teil über die Ahnentafel: 1. Form und Inhalt der Ahnentafel.
2. Ahnenprobe und Ebenbürtigkeit. 3. Das Problem des Ahnenverlustes. 4. Bevölkerungs-
statistik und Ethnographie. Den Schluß bildet der dritte Teil über Fortpflanzung und Ver-
erbung: 1. Vater, Mutter und Kinder. 2. Erblichkeit und Variabilität. 3. Vererbung und
Familie. 4. Physische und moralische Vererbung. 5. Vererbung pathologischer Eigenschaften.
6. Leben und Tod.
Löwe, Victor, Bücherkunde der deutschen Geschichte. Kritischer Wegweiser
durch die neuere deutsche historische Literatur. Berlin W. 15, Verlag von
Rade, 1903.
Diese Bücherkunde ist für den, der eingehendere historische Fachstudien nicht gemacht
hat, warm zu empfehlen. Das kritische Urteil, welches über die einzelnen Bücher rasch
orientiert, ist sehr maßvoll. Ausführlich behandelt ist außer der allgemeinen deutschen Ge-
schichte die preußische. Da die Geschichte der Familien aufs engste mit der Provinzial- und
Landesgeschichte zusammenhängt, so sind die hier von Löwe dargebotenen Kritiken, die zu-
gleich einen Kommentar zu Dahlmann-Waitz- Brandenburgs Quellenkunde der Deutschen
Geschichte bilden, vielen nützlich.
Loewe, Victor, Bibliographie der Hannoverschen und Braunschweigischen
Geschichte. Posen 1908. Verlag von Jos. Jolowicz. VIII u. 450 Seiten gr. 8°.
Die Absicht des Verfassers ist es, die in selbständigen Schriften oder in Zeitschriften
niedergelegten Arbeiten, soweit sie seit ungefähr 1815 erschienen sind, mit Ausscheidung der
rein populären Darstellungen möglichst vollständig zu verzeichnen, im Hinblick auf die vor-
trefflichen älteren Bibliographien von Baring 1 ), Erath 2 ), Praun 3 ), Ompteda 4 ), Schlüter 5 ) dagegen
x ) Baring. D. E., Succincta notitia scriptorum rerum Brunsvicentium ac Luneburgensium.
Hannover 1729.
2 ) Erath, Ant. U., Conspectus historiae Brunsvico-Luneburgicae. Braunschweig 1745.
3 ) Praun, G. S. A. v., Bibliotheca Brunsvico-Luneburgensis. Wolfenbüttel 1744.
4 ) Ompteda, Fr. v., Neue vaterländische Literatur. Hannover 1810.
6 ) Schlüter, E. W. G., Neue vaterländische Literatur. Celle 1830.
263
aus der früher erschienenen Literatur nur dasjenige aufzunehmen, was in irgendeiner Hin-
sicht heute noch von Bedeutung ist. Victor Loewe wurde bei seiner Arbeit durch seine
frühere amtliche Stellung am Staatsarchive von Hannover unterstützt und hat ein Buch
geschaffen, das für andere Landschaften als ein sehr nachahmungs wertes, schönes Vorbild
hinzustellen ist. Familiengeschichten und Biographien finden sich Seite 364—432 verzeichnet.
Aus der allgemeinen Literatur für Personalien seien hervorgehoben: Scheidt, Chr. L.,
Historische u. diplomatische Nachrichten von dem hohen und niederen Adel in Teutschland
mit vielen ungedruckten Urkunden, welche . . . besonders das ruhmvolle Altertum u. den
Zustand des Adels in den Braunschweigisch-Lüneburgischen Landen ... in ein näheres Licht
setzen. H. J. Chr. Richter 1754. 4°. — Knesebeck, v. d., Die Rittermatrikeln des König-
reichs Hannover und des Herzogtums Braunschweig. Nebst einer alphabetischen Übersicht
der Ritterschaft und der von derselben vertretenen ritterschaftlichen Güter. Göttingen,
Deuerlich, 1860 (vgl. auch unten). — Troschke, v., Genealogische Nachweise für han-
noversche Familien, DH 1903, Nr. 2. — Estorff, L. O. v., Verzeichnis des Adels des
Fürstentums Lüneburg. Archiv des Fürstentums Lüneburg Bd. 6, Nr. IX. — Pfeffinger,
Joh. Frdr., Historie des Braunschw.-Lüneb. Hauses, nebst den darin befindlichen hochgräfl.,
freiherrl. u. adl. Geschlechtern. 3 Bde. Hamburg 1731 — 34. — Die älteren Matrikeln der
Lüneburger Ritterschaft. Archiv . . . des Fürstentums Lüneburg Bd. 6, Nr. X. — Von den
Lehndörfern u. d. Musterrolle der Lüneburger Ritterschaft. Archiv . . . des Fürstentums
Lüneburg Bd. 6, Nr. XVII. — Hodenberg, W. v., Lüneburger Lehnregister der Herzöge
Otto u. Wilhelm u. der Herzöge Bernhard u. Wilhelm seculi XIV u. XV, nebst einem Hom-
burger, einem Hallermunder u. einem Wölper Lehnregister. Archiv . . . des Fürstentums
Lüneburg Bd. 9, Nr. 1. — Bodemann, E., Das Aufschwörungsbuch der Domherrn zu
Hildesheim 1632—1801, ZHV, Niedersachsen 1903, 646—658. — Ledebur, v., Urkundliche
Nachrichten von den in den Grafschaften Hoya u. Diepholz ansässig gewesenen u. noch be-
güterten adligen Familien. Neues Vaterl. Archiv 12, 1827, 1—29; 13, 8—31. — Decken,
v. d., Ritterollen der bremenschen Ritterschaft. Vaterl. Archiv 1837, S. 228—271. Vgl. ZHV
Niedersachsen 1856, I, S. 106 — 112. — Grote, Frhr., Beiträge zur Gesch. d. Adels im ehe-
maligen Bistum Verden, DHJ, 93. — Müller, G. H., Das Lehns- u. Landesaufgebot unter
Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel. Hannover u. Leipzig, Hahn, 1905 (= Quellen
u. Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens Bd. 23, S. 258—507 ein Verzeichnis der
Lehndienstpflichtigen des Herzogtums enthaltend. — Bege, C, Geschichten einiger der be-
rühmtesten Burgen und Familien des Herzogtums Braunschweig. Mit lithographischer An-
sicht u. Grundriß der Asseburg i. J. 1658. Wolfenbüttel, Holle, 1844. — Manches Ein-
schlagende wird genannt im „Verzeichnis der bis zum Jahre 1815 erschienenen Druck-
sachen und der Handschriften der Landschaftlichen Bibliothek zu Braunschweig". Braun-
schweig 1907. Hier wird registriert: S. 98ff. Literatur über die Genealogie des Weifen-
hauses. S. 138 ff. Literatur über adlige Geschlechter. S. 141 Biographisches über Gelehrte,
Beamte etc. S. 191 Sammlungen von Leichenpredigten. S. 191 ff. Familiengeschichtliche
Einzelschriften. Vgl. ferner Büttner, Jos. Hnr., Genealogie der Stamm- u. Geschlechts-
register der vornehmsten Lüneburgischen Adligen Patricier-Geschlechter. Lüneburg 1704.
Lütgendorf-Leinburg, Willibald Leo Freiherr von, Familiengeschichte,
Stammbaum und Ahnenprobe. Kurzgefaßte Anleitung für Familiengeschichts-
forscher. Frankfurt a. M. 1890 (erscheint soeben in neuer Auflage).
Dieses vortreffliche Buch, das namentlich dem Neuling in der Behandlung familien-
geschichtlichen Materials warm zu empfehlen ist, gibt eine populäre Anleitung, wie man die
Geschichte seiner Familie erforschen kann, in folgenden Abschnitten: Einleitung und Vor-
bedingungen. Beschaffung des Urkundenmateriales. Ausarbeitung. Name der Familie. Ge-
schichte des Wappens. Allgemeine Geschichte der Familie. Genealogie der Familie. Rechts-
und Vermögensverhältnisse. Urkundenbuch. Register. Drucklegung. Der Stammbaum und
die Ahnentafel. Die Ebenbürtigkeit. 1 ) Die Ahnenprobe.
x ) Dungern, Otto Frhr. v., Das Problem der Ebenbürtigkeit. Eine rechtsgeschicht-
liche und genealogische Studie. München und Leipzig 1905. — Göhrum, Chr. G., Ge-
264
Mansberg, Richard Freiherr von, Erbarmanschaft Wettinischer
Lande. Urkundliche Beiträge zur Obersächsischen Landes- und Ortsgeschichte
in Regesten vom 12. bis Mitte des 16. Jahrhunderts. I. Band: Das Osterland.
Mit 6721 Regesten, 22 Tafeln und 66 Holzschnitten. 1903. IL Band: Die Mark
Meißen. Mit 5830 Regesten, 15 Tafeln, 43 Holzschnitten. 1904. III. Band:
Thüringen. Mit 5939 Regesten, 16 Tafeln, 60 Holzschnitten, 6 Zinkdrucken.
1905. IV. Band: Die Ostmark (Niederlausitz) und Fürstentum Sachsen, Ober-
lausitz, Sagan-Nordböhmen. Mit 6657 Regesten, 19 Tafeln, 62 Abbildungen.
1908. Verlag von Wilhelm Baensch in Dresden.
Der Herausgeber dieses groß angelegten und vom Verlage glänzend ausgestatteten
Regestenwerkes, durch sein Buch über den Turnierzug beim 800jährigen Jubiläum des Hauses
Wettin (Dresden 1889) und eine Reihe kleinerer Arbeiten bereits vorteilhaft bekannt, ver-
arbeitet ein höchst umfangreiches, weit zerstreutes und zum Teil schwieriges Material. Das
Werk gibt Aufschluß über Genealogie, Grundbesitz und Heraldik des ältesten Adels der
Wettinischen Lande und ist für jeden unentbehrlich, der sich mit dieser Materie wissen-
schaftlich beschäftigen will. Quellenangaben sind zwar nicht beigefügt, doch gibt der Ver-
fasser privatim auf briefliche Anfrage über die im einzelnen Fall benutzten Quellen die ein-
schlagenden Nachweise. Ein Generalregister ist in Vorbereitung.
Hier seien noch einige Arbeiten zur Geschichte des thüringischen Adels (vgl. den dritten
Band des Werkes des Frhrn. v. Mansberg) angeführt: Funkhänel, Zur Geschichte alter
Adelsgeschlechter in Thüringen, ZTG 3, 4. — His, Rudolf, Zur Rechtsgeschichte des
thüringer Adels, ZTG, NF 14. — Hörschelmann, Frdr. L. A., Genealogische Adels-
historie, mit dazu gehörigen Wappen. Erfurt 1772, 75; Sammlung zuverlässiger Stamm- und
Ahnentafeln verschiedener jetzt florierender adel. u. freiherrl. Familien. Coburg 1774; Ver-
mischte Sammlung gräfl. , freiherrl. u. adl. Wappen (Nachrichten von 21 Familien). Groß-
rudestedt 1776. — Weitere Literatur unter: Heroldsämter, Kgrch. Sachsen. — Viele Nach-
richten über Adelsgeschlechter findet man bei der Geschichte der Rittergüter in dem Buch
von Lobe, Gesch. d. Kirchen u. Schulen des Herzogt. Sachsen-Altenburg mit besonderer
Berücksichtigung der Ortsgeschichte. Altenburg 1886ff.
Meding, Christian Friedrich August von, Nachrichten von adelichen
Wapen (sie!). Hamburg. 3 Bde. 1786—1791.
Jeder Band enthält die Wappen einer Reihe von Familien alphabetisch von A — Z ge-
ordnet. Um sich zu vergewissern, ob eine Familie in diesem Werke abgehandelt ist, muß
man alle drei Bände durchsehen. Das Werk ist zwar veraltet, enthält aber über die zur
Zeit seines Erscheinens in Gebrauch gewesenen Wappenformen viele, noch heute wertvolle
Notizen.
Meyermann, Georg, Göttinger Hausmarken und Familienwappen. Nach
den Siegeln des Göttinger städtischen Archivs bearbeitet. Mit 607 Abbildungen
auf 25 Tafeln. Göttingen 1904.
schichtliche Darstellung der Lehre von der Ebenbürtigkeit nach gemeinem deutschen Rechte,
mit besonderer Rücksicht auf die Entwicklung der Geburtsstände und den Rechtsbegriff des
hohen Adels in Deutschland. Tübingen 1846. 2 Bde. — Kekule von Stradonitz, Eben-
bürtigkeit, Die Grenzboten, 57. Jahrg., Nr. 38 vom 22. Sept. 1898, abgedruckt in den Aus-
gewählten Aufsätzen aus dem Gebiete des Staatsrechts und der Genealogie I, 1905, S. 19ff.
Vgl. auch folgende Liste: „Gründungsjahr und Ursprung der deutschen Standesherren bis
zur Gegenwart nach ihrem Alter, d. h. der deutschen, vormals reichsständischen, jetzt standes-
herrlich untergeordneten fürstlichen und gräflichen Häuser, denen das Recht der Ebenbürtig-
keit mit den regierenden Fürstenhäusern zusteht" bei Bülow, H. von, Geschichte des
Adels. Ursprung und Entwickelung. Berlin, Wilhelm Süßerott, 1903, S. 62ff. — Edgar
Loening, Die Autonomie der standesherrlichen Häuser Deutschlands nach dem Rechte der
Gegenwart. Denkschrift im Auftrage des Vereins der deutschen Standesherren. Halle 1905.
265
Nachdem schon der Kammerrat von Münchhausen in einem Aufsatze über die
gotischen Steinmetz- und Wappenzeichen (Vaterl. Archiv f. Hannov.-Braunschw. Geschichte,
Jahrg. 1833, S. 236ff.) unter anderen auch einige von Göttinger Bürgerhäusern entnommene
Hausmarken hatte abbilden lassen und G. Schmidt in seinem Göttinger Urkundenbuche
neben anderen Siegeln auch 12 bürgerliche Siegel veröffentlicht hatte, bietet Meyermann eine
detaillierte Beschreibung aller ihm erreichbar gewesenen Wappen Gottinger Familien in
alphabetischer Folge. Der in den Göttinger Fehdebriefen zahlreich vertretene Landadel ist
mit berücksichtigt worden, weil viele Angehörige desselben das Göttinger Bürgerrecht be-
saßen und weil die vorgefundenen Siegel vielfach Abweichungen von den aus den heraldi-
schen Sammelwerken bekannten Wappen ergaben. Vorausgeschickt sind zwei Abhandlungen :
„Über Siegel und Wappen der Stadt Göttingen" und über „Hausmarken und Familienwappen".
Mitzschke, Paul, Wegweiser durch die historischen Archive Thüringens.
Gotha, Fr. Andr. Perthes, 1900.
Dieses nützliche Buch enthält auf Grund amtlichen Materiales genaue Angaben über
die Bestände und Öffnungszeiten der thüringischen historischen Archive, sowohl der staat-
lichen als auch der städtischen und der wichtigeren Privatarchive.
Moule, Thomas, Bibliotheca heraldica Magnae Britanniae. An
analytical Catalogue of Books on Genealogy, Heraldry, Nobility, Knighthood &
Ceremonies: with a list of Provincial visitations, pedigrees, collections of Arms,
and other manuscripts; and a Supplement, an amerating the principal foreign
genealogical Works. London : printed for the autor, Duke Street, Grosvenor Square.
Published by Lackington, Hughes, Harding, Mavor and Lepard, Finsbury Square;
J. Major, Skinner Street; and K. Triphook, Old Bond Street. 1822.
Das Werk ist ein chronologisch geordnetes, mit lehrreichen kritischen Bemerkungen
versehenes Verzeichnis der damals in England bekannten genealogischen Bücher und Hand-
schriften aus den oben bezeichneten Gebieten. Zuerst werden die gedruckten Werke auf-
geführt (S. 1—556), dann folgt: a list of visitations made by the Kings of arms usw., and
of various manuscript collections of pedigrees and arms, arranged under the several counties
of England, North & South Wales, Scotland, and Ireland, endlich der sehr brauchbare An-
hang: a list of the principal foreign Books on Heraldry and Genealogy. Das ausgezeich-
nete Werk ist glänzend ausgestattet und noch heute mit Nutzen zu gebrauchen. Ein Ver-
zeichnis vom Vorkommen einzelner Familien in Zeitschriften und Sammelwerken stellt es
nicht dar.
Posse, Otto, Die Siegel des Adels der Wettiner Lande bis zum Jahre 1500.
Im Auftrage der Königlich Sächsischen Staatsregierung herausgegeben. 1. Band:
Grafen von Käfernburg-Schwarzburg, Vögte von Weida, Plauen und Gera. Adel
Buchstabe A. Dresden, Verlag des Apollo (Franz Hoffmann), 1903. 2. Band:
Buchstaben B und C, und 3. Band: Buchstaben D bis HEN. Dresden, Wilhelm
Baensch, 1906. 1908.
Dieses mustergültige Werk allerersten Ranges schafft für die Erforschung der Geschlechter-
geschichte der sich über fast ganz Mitteldeutschland erstreckenden Wettiner Lande zur Zeit
der Blüte des Wappenwesens eine sichere Grundlage. Die Siegel sind mit allen Mitteln
unserer hochentwickelten Technik reproduziert. Der ausführliche Text gibt nicht nur über
das Vorkommen der weit zerstreuten Siegel die zuverlässigste Auskunft, sondern auch höchst
sorgfältige sphragistische und genealogische Erörterungen aller Art. Von den zahlreichen
beigegebenen Stammbäumen seien beispielsweise die der Grafen von Käfernburg und Schwarz-
burg (Bd. 1, Seite 4), der Grafen von Gleichen (vgl. J. Chr. Hellbach, Archiv f. d. Geogr.,
Gesch. u. Statistik d. Grafsch. Gleichen 2, 1 ff.), Bd. 3, zu Seite 82, und der Grafen von Henne-
berg, Bd. 3, zu Seite 118, von den sonstigen Beigaben die Karte über den Güterbesitz der
Familie von Salza in der Oberlausitz (14. bis 18. Jahrh.), Bd. 3, zu Seite 74, genannt. Durch
dieses Werk erhalten ferner die Forschungen über die Geschichte der Kolonisation sowie
266
die weiteren Studien zur Diplomatik, zum Wappenrecht und zur Geschichte der Kleinkunst
im Mittelalter wesentliche Förderung. Die Anordnung ist alphabetisch, die Fortsetzung in
kurzer Zeit zu erwarten.
Prittwitz und Gaffron, Hans von, Verzeichnis gedruckter Familien-
geschichten Deutschlands und der angrenzenden Länder und Landesteile. Zuerst
erschienen in der „Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie",
hrsg. vom Verein „Herold" zu Berlin, redigiert von Ad. M. Hildebrand, Kg. S. A.
Professor. X. Jahrg. Berlin, C. Heymanns Verlag, 1882. Auch als selbständige
Schrift erschienen.
Auch noch heute neben Oundlach nicht entbehrlich, vortrefflich angelegt und mit großer
Sachkenntnis gearbeitet. Außer den selbständigen gedruckten Familiengesch